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Die Ausgangsüberlegungen zu Strategien und Wettbewerb orientieren sich im Wesentlichen an der Tatsache, dass der Erfolg eines Unternehmens von den Rahmenbedingungen und Anforde-rungen des Marktes, aber vor allem von den Kunden/Abnehmern und den Konkurrenten ab-hängt. Dauerhafte Kundenbeziehungen bestehen nur, wenn die Abnehmer den besonderen Wert des Nutzens erkennen.16 In der Literatur und im praktischen Umgang in Unternehmen existieren viele verschiedene Definitionen von Strategie und Wettbewerb. Eine einheitliche Li-nie, der Bedeutung der Begriffe und was sie beinhalten, existiert nicht. Aus diesem Grund wer-den in diesem Abschnitt unterschiedliche Ansätze aufgezeigt.

Um zunächst eine Ausgrenzung vorzunehmen, sagt Porter: „Betriebliche Effizienz ist keine Stra-tegie“.17 Strategie ist der Definition nach allerdings immer wieder im Zusammenhang mit militä-rischen Aktivitäten zu finden.18 Chandler definiert Strategie als

„the determination of the basic long-term goals and objectives of an enterprise, and the adoption of courses of action and the allocation of resources necessary for carrying out these goals“.19 Darüber hinaus hat er mit seiner Arbeit den inzwischen weit verbreiteten Begriff 'Structure fol-lows Strategy' geprägt.20 Die Frage nach Strategie an sich beantwortet Porter mit

„Strategy is the creating of a unique and valuable position, involving a different set of activities.

If there were only one ideal position, there would be no need for strategy. Companies would face a simple imperative – win the race to discover and preempt it. The essence of strategic po-sitioning is to choose activities that are different from rivals“.21

Eine Strategie kann sich hierbei an den Bedürfnissen der Kunden orientieren oder sich durch besondere Produkte oder Serviceleistungen auszeichnen.22 Strategische Vorzüge setzen sich dagegen immer aus Ressourcen und Fähigkeiten eines Unternehmens sowie den Businessein-heiten zusammen.23

Die Anwendung von Strategien in Unternehmen unterteilt das Modell der Harvard Business School in zwei Phasen, die Formulierung und die Implementierung (siehe Abbildung 2-1). In Phase 1 hat das Unternehmen Entscheidungen zu treffen, die durch vier Einflussbereiche ge-prägt sind: Chancen und Risiken, Ressourcen und Wertvorstellungen des Unternehmens sowie

16 Vgl. Faix / Görgen (1994; S. 160 ff.)

17 Porter (1999a; S. 45)

18 Siehe hierzu Ansoff (1965), Chandler (1973), Mintzberg (1991a; S. 12) und Andrews (1991)

19 Chandler (1973; S. 13)

20 Vgl. ebenda (S. 13)

21 Porter (2008a; S. 270)

22 Vgl. Porter (2008a; S. 267) und Porter (2008b; S. 43 - 47)

23 Vgl. Amit / Schoemaker (1993; S. 33 - 46)

Verantwortungen gegenüber der Gesellschaft. Phase 2 folgt im Anschluss, hier werden die

3. Top Leadership Strategic, Organizational, Personal

Abbildung 2-1: Strategiemodell der Harvard Business School Quelle: Andrews (1991; S. 47)

Das allgemeine Ziel von Wettbewerb im Markt ist es, die Effizienz bzw. die Qualität der Leistun-gen zu steigern und gleichzeitig den Ressourceneinsatz zu mindern. Wettbewerbsstrategie für ein Unternehmen wiederum „is about being different“.25 Das erste Ziel von Wettbewerbsstra-tegien ist es, sich am Markt gut und richtig zu positionieren.26 Neben der klassischen Kunden-orientierung ist auch das Verhalten der Wettbewerber zu untersuchen.27 Aus Taylors Sicht exis-tieren drei Positionen, um im Wettbewerb überlegen zu sein:

„(1) operational excellence, that is, providing customers with reliable products or services that are easily available at competitive prices; (2) customer intimately, which involves getting to know customers intimately and being able to respond quickly to their individual needs; and (3) product leadership, that is, offering innovative products and services that exceed competitive offerings and enhance customer utility“.28

D`Aveni spricht dagegen von Hyperwettbewerb. Dieser zeichnet sich durch immer wieder auf-einander folgende Maßnahmen und Gegenmaßnahmen aus.29 Als vier existierende Schauplät-ze für den Hyperwettbewerb werden genannt:

„1. der Wettbewerb auf der Basis von Kosten und Qualität, 2. Wettbewerb auf der Grundlage von Zeitwahl und Know-How, 3. Wettbewerb um die Errichtung und Zerstörung von Hochburgen und 4. Wettbewerb um den Aufbau und die Neutralisierung finanzieller Stärke“.30

Es geht bei diesen Elementen jedoch nicht allein um deren Stärke, sondern auch um die Schnelligkeit und Aggressivität.31

Die Betrachtung von Wettbewerbskräften führt zur Strukturanalyse, welche die Untersuchung der fünf Wettbewerbskräfte sowie die Möglichkeit, sie durch eine Strategie zu beeinflussen (sie-he Abbildung 2-2), beinhaltet. Bei den Wettbewerbskräften handelt es sich um den Markteintritt potenzieller neuer Konkurrenten, die Gefahr von Ersatzprodukten, die Verhandlungsstärke von Kunden und Lieferanten sowie die Rivalität bestehender Konkurrenten. Die stärkste der fünf Kräfte ist entscheidend für die Auswahl der Strategie.32

Abbildung 2-2: Die fünf Wettbewerbskräfte Quelle: Porter (1999b;S. 34)

Ob neue Konkurrenten in den Markt eintreten, hängt von den bestehenden Markteintrittsbarrie-ren ab. Die Wahrscheinlichkeitsprüfung kann anhand verschiedener FaktoMarkteintrittsbarrie-ren geschehen (siehe Abschnitt 2.2 Markteintritt und Marktpionier).33

Die Wettbewerbskraft der Rivalität bestehender Konkurrenten kann unterschiedliche Auswir-kungen haben. Zum einen kann es zu einem regionalen Verdrängungswettbewerb kommen, wobei die qualitativ besten Unternehmen bestehen bleiben. Zum anderen sind Konzentrationen in Form von Zusammenschlüssen eine Reaktionsvariante. Weitere Verdrängungen entstehen durch das Angebot von Unternehmen, die die gleichen Leistungen anbieten. Letztlich findet

30 D`Aveni (1995; S. 21)

31 Vgl. ebenda (S. 22)

32 Vgl. Porter (1999b; S. 36) und Porter (1991; S. 60 - 70)

33 Vgl. Porter (1999b; S. 35 - 43)

Verdrängung durch nicht-traditionelle Anbieter statt.34 Die klassische Konkurrenzanalyse ist ein Teil der Strukturanalyse (siehe Abschnitt 2.3 Konkurrenzanalyse).

Bei der Substitution durch Ersatzprodukte ist es in den letzten Jahren im Gesundheitsmarkt bspw. zunehmend zu einer Verschiebung von stationären zu ambulanten Leistungen gekom-men.

Die Beziehung zu Lieferanten bildet ebenfalls eine Wettbewerbskraft. Sie betrifft z. B. im Kran-kenhaus den Einkauf von Sachgütern und medizinischen Anlagegütern, wie Arzneimittel, phar-mazeutische Produkte oder Einmalartikel. Lieferanten sind dann besonders stark, wenn ein Krankenhaus durch Zielkonflikte keine Einkaufsstrategien verfolgt. Solche Zielkonflikte entste-hen u. U. durch die verschiedenen Auffassungen von Ärzten bei der Verordnung bestimmter Medikamente oder in Einkaufsabteilungen, die durch Sortimentsbereinigung oder ein System von Lieferantenkontakten die Kostenstruktur der Produkte steuern wollen.35 Dies zeigt, dass sich Krankenhäuser beim Einkauf zunehmend zu Systemlieferanten hin orientieren sollten. Die-se bündeln die Einkaufsaktivitäten und entfalten gegenüber Anbietern mehr Verhandlungs-macht. Ein weiterer Vorteil für das Krankenhaus ist die Reduzierung der Ansprech- und Ver-handlungspartner, so entstehen weniger Reibungsverluste.36

Die Wettbewerbskraft der Kunden/Abnehmer sind aus Sicht von Krankenhäusern die Kranken-kassen. Es könnten auch Patienten als Abnehmer gesehen werden, da sie die Leistungen un-mittelbar in Anspruch nehmen. Aber Patienten verfügen nur über wenig medizinisches Wissen und sind bzgl. der Weiterbehandlung von der Entscheidung des behandelnden Arztes abhängig.

Auch wenn Patienten nicht mehr uneingeschränkt der Wahl ihres behandelnden Arztes bei der Auswahl des Krankenhauses vertrauen, hat der Arzt für sie eine wichtige Rolle inne. Allerdings gaben 42 % der Patienten bei einer Befragung in den USA an, dass sie bereit wären, ihren be-handelnden Arzt zu wechseln, wenn sie mit dem ausgesuchten Krankenhaus nicht einverstan-den sind. 58 % der Schwangeren suchen sich für die Entbindung erst das Krankenhaus aus und danach den behandelnden Arzt.37 Doch da Patienten im Rahmen der gesetzlichen Krankenver-sicherung nur selten die Leistungen tatsächlich zahlen und diese darüber hinaus weder fachlich noch neutral beurteilen können, sind Krankenkassen im Vordergrund als Abnehmer zu sehen.

Krankenkassen als Wettbewerbskraft spielen heute insbesondere beim Schließen von Selektiv-verträgen eine wichtige Rolle (siehe Abschnitt 5.1 Selektivverträge).38

Porter vertritt die Auffassung, dass zwei Grundtypen (Differenzierung und Kostenführerschaft) für Strategien bestehen und ein Kombinationstyp (Konzentration auf Schwerpunkte). Die grafi-sche Darstellung der Strategietypen befindet sich in Abbildung 2-3.

34 Vgl. Braun von Reinersdorff (2007; S. 121 - 125)

35 Vgl. Raphael (2007; S. 566 - 568)

36 Vgl. Braun von Reinersdorff (2007; S. 141)

37 Vgl. Price Waterhouse Coopers (2000; S. 9 ff.)

38 Vgl. Jacobs / Schulze (2004; S. 89)

Differenzierung Umfassende Kostenführerschaft

Konzentration auf Schwerpunkte

Einzigartigkeit Kostenvorsprung

Beschränkung auf ein Segment Innerhalb des Umfeldes

Abbildung 2-3: Strategietypen Quelle: Porter (1999b; S. 75)

Differenzierung entsteht vor allem an der Schnittstelle zwischen Abnehmer und einem Unter-nehmen. Das Unternehmen kann bspw. einen Preiszuschlag durchsetzen, größere Mengen zu einem festgesetzten Preis verkaufen oder Kundentreue erlangen, obwohl konjunkturbedingt Flaute herrscht. Für den Abnehmer muss entweder eine Kostensenkung oder eine Leistungs-steigerung durchzusetzen sein, damit er den höheren Preis zu zahlen bereit ist. Differenzierung bedeutet vor allem, dass ein Unternehmen einem Kunden etwas bietet, das für diesen mehr Wert besitzt als der bloße Kaufpreis. Ein Abnehmer zahlt nur einen höheren Preis, wenn er ei-nen entsprechenden Nutzen hat.39 Insgesamt können drei Typen für eine Differenzierung fest-gehalten werden: 1. Qualität, 2. Varietät und 3. Innovation.40 Für Krankenhäuser sind vor allem Qualitäts- (medizinische Qualität) oder Serviceleistungen (begeisterte Patienten und Angehöri-ge) für eine Differenzierung geeignet.41

Die umfassende Kostenführerschaft beinhaltet einen Kostenvorsprung zur Konkurrenz. Die De-finition des Kostenvorsprungs besagt, dass nur dann tatsächlich ein Kostenvorsprung besteht, wenn die Durchführung aller Wertaktivitäten niedriger ist als bei den Konkurrenten.42 Fleck sieht eine reine Strategie der Kostenführerschaft/Preisführerschaft kritisch, da eine auf Stückkosten-minimierung fokussierte Produktion standardisierte Massengüter voraussetzt, die z. B. kürzere Lebenszyklen haben.43

Bei der Strategie der Konzentration auf Schwerpunkte sucht sich das Unternehmen Marktni-schen oder einen regional begrenzten Markt. Der Grundgedanke besagt, dass die Konzentrati-on auf ein eng definiertes Ziel eine intensivere Tätigkeit zulässt. Dies lässt Unternehmen effi-zienter arbeiten und verschafft ihnen Vorteile gegenüber ihren Konkurrenten. Die Strategie

39 Vgl. Porter (2000; S. 85 f., S. 169 und S. 182 f.)

40 Vgl. Fleck (1995; S. 104)

41 Vgl. von Eiff (1998; S. 103)

42 Vgl. Porter (2000; S. 140)

43 Vgl. Fleck (1995; S. 44 f.)

tioniert immer in Kombination mit der Differenzierung oder der Kostenführerschaft. Entweder be-inhaltet die Konzentration etwas Einmaliges im Markt oder es gelingt, kostengünstiger zu pro-duzieren.44 Als weitere Anwendung ist dann eine Untergliederung nach Mintzberg möglich. Die Differenzierungsstrategien reichen dabei von der Kategorie 'one size fits all', über Segmentie-rung unterschiedlicher Bedürfnisstrukturen, einer Nischenstrategie bis hin zu absoluter Kunden-anpassung, in der jeder Kunde ein eigenes Segment darstellt.45

Porter geht neben der Existenz der drei oben erläuterten Strategietypen davon aus, dass eine Entscheidung für eine Strategie notwendig ist, da ein Unternehmen ansonsten 'zwischen den Stühlen' sitzt. Diese Position ist strategisch schlecht und kann zu niedriger Rentabilität, demoti-vierten Mitarbeitern durch Orientierungslosigkeit und zu schlechten Organisationsstrukturen füh-ren.46 Dess / Davis haben dagegen herausgefunden, dass Geschäfte, die sich in einer Position 'zwischen den Stühlen' befinden, eine höhere Fähigkeit haben, sich Umweltbedingungen anzu-passen. Sie sind also flexibler in ihren Reaktionen.47 Hybride Strategien können demnach unter Rentabilitäts- und Risikoaspekten überlegen sein. Weiterhin befinden sich Unternehmen, die ähnlich lange am Markt sind, in vergleichbaren Kostenstrukturen und Lebenszyklen mit ihren Produkten. Die Kostenführerschaft erwirtschaftet nur dann auch überdurchschnittliche Erträge, wenn es nur einen Kostenführer am Markt gibt. So diskutiert Fleck zu hybriden Wettbewerbs-strukturen kritisch das erweiterte dreidimensionale Strategietypenmodel, das an Porters Strate-gietypen anknüpfen soll (siehe

Abbildung 2-4

).48

niedrig hoch Quelle:Fleck (1995; S. 53)

Als Ansatz zur Wettbewerbserforschung werden ähnlich wie bei Porter oftmals drei Größen er-forscht: Der Konzentrationsgrad der Anbieter, der Grad der Produktdifferenzierung und die Exis-tenz von Eintrittsbarrieren.49 Ermittelt werden diese durch Auswertungen sekundärer ökonomi-scher Daten (z. B. Kennzahlen). Görgen ist in diesem Zusammenhang allerdings der Auffas-sung, dass eine solche Vorgehensweise mit Kennzahlen einem Unternehmen nur sehr begrenzt gerecht wird.50

Porter erweitert den eben beschriebenen Basisansatz der Wettbewerbsforschung, indem er von 'strategischen Gruppen' innerhalb einer Branche spricht. Solche Unternehmen verfolgen ähnli-che Strategien am Markt.51 Hamelau hat im Rahmen der Wettbewerbsforschung eine Gegen-überstellung der Konzepte Konkurrenzanalyse, Benchmarking und strategische Wettbewerbs-analyse erstellt.Die Konkurrenzanalyse zielt demnach auf eine reine Analyse der direkten Kon-kurrenten ab, wobei die Betrachtung auf Geschäftsfeldebene geschieht. Benchmarking analy-siert und hat demgegenüber den Fokus auf Verbesserungen gerichtet, außerdem ist die Unter-suchung in der Regel partnerschaftlich und greift auf interne und externe Daten verschiedener Unternehmen zu. Eine strategische Wettbewerbsanalyse soll dagegen auch die Abgrenzung strategisch relevanter Wettbewerber eines Unternehmensumfelds heranziehen. Der Grund liegt in der Identifizierung strategisch bedeutsamer Unternehmen und nicht einfach im Erkennen di-rekter Konkurrenten.52

Das zweites Ziel von Wettbewerbsstrategien ist die Schaffung neuer Kernfähigkeiten.53 Da-bei können und müssen sich Strategien darauf konzentrieren, neue Produkte an neuen Märkten zu verkaufen. „Die Optimierung des Geschäftsportfolios ist eine Daueraufgabe für die Unter-nehmensführung“.54 Als Gründe für ein solches Vorgehen nennt Ansoff nicht ausreichende Ex-pansionsmöglichkeiten auf den bisherigen Märkten bzw. mit den bisherigen Produkten oder ei-ne Diversifikation verspricht mehr Gewinn als das derzeitige Produkt auf dem gegenwärtigen Markt.55 Ansoff untersuchte daher sehr früh Strategien auf Produktebene. Er entwickelte die sehr bekannte Matrix mit Komponenten für strategisches Handeln, die in Zusammenhang mit dem 'product-market scope' stehen. Dabei beschränken sich Unternehmen auf die Betrachtung des jeweils untersuchten Produktes. In bestehenden Märkten kann ein Unternehmen versu-chen, seinen Marktanteil durch erhöhten Absatz auszuweiten. Dies geschieht vor allem durch die Gewinnung von Neukunden. Im Bereich 'Market development'/'New' entwickeln Unterneh-men neue Produkte für einen bestehenden Markt. Die Markterweiterung geht von neuen Pro-dukten für bestehende Kunden (einen bestehenden Markt) aus. 'Diversification' ist die Entwick-lung eines neuen Produkts bei gleichzeitiger Erschließung neuer Märkte. Es handelte sich hier-bei jedoch um die ungewisseste Strategie. Eine Diversifikation kann in horizontaler oder

49 Vgl. Shepherd (1972; S. 25)

50 Vgl. Görgen (1992; S. 7)

51 Vgl. Porter (1999b; S. 183 - 213)

52 Vgl. Hamelau (2004; S. 57 f.)

53 Vgl. Bitzer (1992; S. 25)

54 Hamelau (2004; S. 162)

55 Vgl. Ansoff (1965; S. 129 f.)

ler Struktur vorgenommen werden.56 Die Einführung neuer Produkte hängt nach Ernst von drei Faktoren für die tatsächliche Erfolgsmessung ab:

„(1) Umsatzwachstum durch neue Produkte, (2) Profitabilität neuer Produkte und (3) Erreichung von Umsatz- und Gewinnzielen mit neuen Produkten“.57

Innerhalb der Wettbewerbsforschung ist das dritte Ziel der Wettbewerbsstrategie der Ausbau von Wettbewerbsvorteilen. Zwar gibt es auch hierzu keine einheitliche Definition oder Einigkeit in Fachkreisen zur Erlangung eines solchen, trotzdem sollen an dieser Stelle einige For-schungsergebnisse erläutert werden. Bei einer Definition nach Faix / Görgen können drei Ele-mente identifiziert werden, die einen Wettbewerbsvorteil ausmachen: Den situativen Vorteil selbst, die resultierenden Marktergebnisse und die Reinvestition in die Grundlagen des Vor-teils.58

Day / Reibstein verstehen die Realisierung eines Wettbewerbsvorteils als dreistufigen Prozess.

Im ersten Schritt wird ermittelt, ob ein überlegener Kundennutzen vorhanden ist. Nicht zu ver-nachlässigen sind bei der Betrachtung die Zielkonflikte, die ein Leistungsträger haben kann. Im zweiten Schritt werden die Wettbewerbsvorsprünge betrachtet. Es gilt hier auch z. B., medizini-sche Technologien und Strukturen der Konkurrenz herauszufinden.59 Denn Technologien „ver-größern tendenziell den Freiraum für organisatorische Gestaltungsmaßnahmen“.60 Im dritten Schritt geht es um das Halten der Wettbewerbsvorteile. Folglich ist zu hinterfragen, wie der Konkurrent daran gehindert werden kann, gleich aufzuschließen oder seinerseits einen Wett-bewerbsvorteil zu erlangen.61 Um Konkurrenzvorteile/Wettbewerbsvorteile aufrechtzuerhalten, sei eine Synthese von strategischer und operativer Exzellenz notwendig, betont Braun von Rei-nersdorff. Die operative Exzellenz ist nach ihrer Auffassung die 'Pflicht' und die strategische Ex-zellenz die 'Kür'.62

Nach Cohen müssen demgegenüber vier Kriterien erfüllt sein, um tatsächliche Wettbewerbsvor-teile zu erlangen:

„1. The advantage[s] must be real. Just wishing it to be there does not make it so. Saying you have the lowest prices does not make it true. 2. They must be important to the customer. Com-petitive advantages exist only when they ultimately translate into a benefit that you have a true competitive advantage. […] 3. They must be specific. It is not enough to say, `We`re the best.`

The question is, the best what? And why? To the customer nonspecificity translates into mere puffery and is not a competitive advantage. 4. They must be promotable. Meaning, you must be able to communicate the advantage to the customer in language which he or she not only un-derstands but which is also highly motivating“.63

56 Vgl. Ansoff (1965; S. 108 - 112 und S. 122 - 138)

57 Ernst (2001; S. 317)

58 Vgl. Faix / Görgen (1994; S. 161)

59 Vgl. Day / Reibstein (1998; S. 37)

60 Braun (1991; S. 129)

61 Vgl. Day / Reibstein (1998; S. 37)

62 Vgl. Braun von Reinersdorff (2007; S. 36 f.)

63 Wrenn (1998; S. 270)

Um eine Einordnung von Wettbewerbsstrukturen vornehmen zu können, ist die Sechs-Felder-Matrix von Fleck eine Visualisierungsmöglichkeit (siehe Abbildung 2-5). Sie zeigt die zentralen Merkmale auf der Angebots- und der Nachfrageseite. In der Grafik befindet sich ein Feld mit der Bezeichnung 'Hybrid'.

„Dieses Feld ist durch heterogene, Differenzierung ermöglichende Nachfragebedingungen und eine mit steigenden Produktionsvolumen sinkende Stückkostenkurve gekennzeichnet“.64

Volumenabhängiges Kostenverhältnis

Nachfrage heterogen

positiv neutral negativ

homogen Fragment Patt Volumen

Hybrid Nische Spezialisierung

Volumenabhängiges Kostenverhältnis

Nachfrage heterogen

positiv neutral negativ

homogen Fragment Patt Volumen

Hybrid Nische Spezialisierung

Abbildung 2-5: Hybride Wettbewerbsstrukturen Quelle: Fleck (1995; S. 43)

Unberücksichtigt bleiben in Flecks Darstellung jedoch Fragen, wie z. B. nach den Auswirkungen von Preissensitivität (Wahrnehmung einer Differenzierung ohne Auswirkungen auf den Preis) und die Frage der Wahlfreiheit beim Kauf einer Leistung. Weiterhin werden nur skalenabhängi-ge Kosten und keine skalenunabhängiskalenabhängi-gen Kosten betrachtet.

Zum Schluss dieses Abschnitts soll festgehalten werden, dass es verschiedene Ebenen für Analysen gibt. Darüber hinaus kann der Zeitpunkt für Wettbewerbsuntersuchungen unterschied-liche Ansatzpunkte liefern. Görgen hat dazu zu den Ebenen eine Matrix entworfen. Die erste Ebene sollte demnach von strategischen Grundsatzentscheidungen geprägt sein. Auf der Ge-schäftsfeldebene sind dagegen Angebots- und Nachfrageorientierung entscheidend. Außerdem erfolgt die Festlegung des Zielmarktes, was bereits eine Abgrenzung von bestimmten Konkur-renten und des Marktes selbst darstellt. Die letzte Ebene bezieht sich direkt auf Produkte, deren Verlauf, das Nachfrageverhalten der Abnehmer und sie untersucht die Konkurrenz in diesem Bereich. Diese Ebene geht stark mit Marketinganalysen einher.65 Für eine Analyse des Wettbe-werbs ist demnach von Bedeutung, für welche Ebene ein Unternehmen dies vornehmen möchte

64 Fleck (1995; S. 43)

65 Vgl. Görgen (1992; S. 78 - 85 und S. 193)

und ob es sich um Routineanalysen, Planung zur Früherkennung oder eine erste Bestandsauf-nahme handelt.