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Die TeilnehmerInnen setzen sich aufgrund mehrerer Fallstudien mit der Idee der freien Meinungsäußerung auseinander. Sie müssen entscheiden, was mit kontroversen, beleidigenden oder potentiell gefährlichen Kommentaren oder Mitteilungen geschehen soll.

THEMEN Freie Meinungsäußerung, Demokratie und Partizipation, Menschenrechte SCHWIERIGKEITSGRAD Stufe 2

GRUPPENGRÖSSE 12 bis 20 Personen DAUER 45 Minuten

ZIELE • Auseinandersetzung mit dem Konzept der freien Meinungsäußerung

• Bedeutung der freien Meinungsäußerung verstehen – für Einzelne und für die Gesellschaft

• Beschäftigung mit Gründen, die eine Einschränkung der freien Meinungs-äußerung zum Schutz der Menschenrechte notwendig machen, insbesondere im Kontext von Hate Speech

MATERIAL • Flipchart und Filzstifte

• Kopien der Karten auf Seite 78

VORBEREITUNG • Kopieren der Karten (ausreichend für jede kleine Arbeitsgruppe)

ANLEITUNG

1. Fragen Sie die TeilnehmerInnen, was für sie „freie Meinungsäußerung” bedeutet. Sammeln Sie auf einem Flipchart-Bogen Ideen und regen Sie die Diskussion folgender Punkte an, wenn sie nicht von TeilnehmerInnen selbst aufgeworfen werden:

– Bedeutet freie Meinungsäußerung, dass man alles sagen kann, was man will?

– Wenn ihr denkt, dass manche Äußerungen nicht erlaubt sein sollten, wie kann man entscheiden, was verboten werden muss? Wer sollte darüber entscheiden?

– Abgesehen vom Sprechen oder Schreiben: Auf welche Arten äußern wir uns noch (Musik, Theater, Bilder, Körpersprache etc.)?

Unbegrenzte Freiheit?

STUFE 2

GRÖSSE 12-20

DAUER 45’

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Unbegrenzte Freiheit?

2. Versuchen Sie zu diesem Zeitpunkt nicht, die Probleme zu lösen: Sammeln Sie einige Meinungen und erklären Sie, dass diese Fragen häufig kontrovers sind und die Übung sich genauer damit aus-einandersetzt.

3. Fragen sie, ob jemand je daran gehindert wurde, etwas zu sagen, was er oder sie äußern wollte – zu Hause, in der Schule oder in der Öffentlichkeit. Wie ist es dir damit gegangen? Warum war es dir wichtig, deinen Standpunkt äußern zu können?

4. Informieren Sie die TeilnehmerInnen kurz über freie Meinungsäußerung. Verwenden Sie die folgenden Information oder ergänzen Sie sie mit den Hintergrundmaterialien (Seite 173 bis 179):

5. Erklären Sie den TeilnehmerInnen, dass sie in Kleingruppen (4 bis 5 Personen) arbeiten und eine Reihe von Fällen diskutieren werden, in denen Menschen online Dinge posten, die anderen schaden und deren Menschenrechte verletzen. Die Gruppen sollen entscheiden, ob in diesem Fall Material offline genommen werden sollte – mit anderen Worten, ob die freie Meinungsäußerung eingeschränkt werden sollte.

– Wenn sie sich dafür entscheiden: Was sollte offline genommen werden und warum?

– Wenn nicht: warum nicht? Was kann sonst getan werden und wer kann das tun?

6. Die Gruppe wird in Kleingruppen zu 4 bis 5 Personen eingeteilt, jede Gruppe erhält eine Kopie der Fälle auf Seite 78. Sie haben ca. 20 Minuten Zeit, um alle Fälle zu diskutieren. Sie sollten versuchen, ihre Entscheidungen zu begründen.

NACHBEREITUNG

Gehen Sie jede Fallstudie einzeln durch und bitten Sie um die Reaktionen der Gruppen. Diskutieren Sie kurz die Argumente für die getroffenen Entscheidungen. Verwenden Sie einige der folgenden Fragen, um weitere Kernpunkte herauszuarbeiten:

z Gab es Fälle, bei denen ihr euch in der Gruppe nicht einigen konntet? Worin bestanden die hauptsäch-lichen Meinungsverschiedenheiten?

z Hat es einen Unterschied gemacht, wer für die Posts verantwortlich war? Hat es einen Unterschied gemacht, wie viele Menschen reagiert haben, oder wie sie reagiert haben?

FREIE MEINUNGSÄUSSERUNG

Das Recht, Gedanken und Meinungen frei äußern zu dürfen, ist ein wichtiges Menschenrecht und Teil der internationalen Menschenrechtsnormen. Dieses Recht ist sowohl deshalb wichtig, weil unsere Gedanken, Meinungen und die Fähigkeit sie mitzuteilen, ein zentraler Teil dessen sind, was es ausmacht, ein Mensch zu sein, aber auch, weil Kommunikation und Diskussion für den Aufbau einer demokratischen Gesellschaft unerlässlich sind. Verständnis für andere und das Zusammeleben mit anderen beruhen auf offener, freier Kom-munikation – auch wenn wir uns manchmal Meinungen anhören müssen, mit denen wir nicht übereinstimmen.

Dennoch ist freie Meinungsäußerung kein absolutes Recht, das immer ohne Einschränkung gilt. Es ist ein Recht, das gegen die Rechte anderer oder das Wohl der gesamten Gesellschaft abgewogen werden muss.

Wenn Meinungsäußerung entweder bestimmten Personen extremen Schaden zufügt oder dazu geeignet ist, der Gesellschaft zu schaden, kann sie eingeschränkt werden.

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z Seid ihr zu irgendwelchen allgemeinen Prinzipien gekommen, um zu entscheiden, wann freie Meinungsäußerung eingeschränkt werden kann (oder muss)? Worin bestehen die Gefahren einer übermäßigen Einschränkung? Worin bestehen die Gefahren einer übermäßigen Toleranz?

z Denkt ihr, dass das Schließen von Websites oder das Löschen verletzender Posts ein effizienter Weg ist, Hate Speech im Internet zu bekämpfen?

z Gibt es in eurem Land Einschränkungen dafür, was man sagen darf – online oder offline? Sind die Regeln für die Meinungsäußerung im Internet anders?

MODERATIONSTIPPS

z Während die TeilnehmerInnen die Fälle diskutieren, sollten sie darüber nachdenken, wie viel Material sie offline nehmen würden, wenn sie sich dafür entscheiden. Zum Beispiel könnten sie entscheiden, die gesamte Seite (oder das gesamte Profil) zu entfernen, oder einen einzelnen Post, ein Video, den/

die UserIn zu sperren, der/die gepostet hat etc.

z Es kann hilfreich sein, die TeilnehmerInnen daran zu erinnern, dass der Europäische Menschenrechts-gerichtshof jede Einschränkung der freien Meinungsäußerung als äußerst ernsten Schritt ansieht!

Sie sollte nur dann erfolgen, wenn es dafür eine starke Rechtfertigung gibt.

z Sie könnten mit den TeilnehmerInnen besprechen, inwieweit ihnen die Diskussionen bei der Meinungsbildung geholfen haben, und was das über freie Meinungsäußerung aussagt.

z Wenn nötig, oder wenn es die Zeit erlaubt, könnten Sie erklären, dass Menschenrechtsnormen und freie Meinungsäußerung auch eine Herausforderung für Regierungen sind. Die Einschränkung der Meinungsäußerung im Internet ist oft komplizierter, weil ein Großteil des Internets im Besitz von privaten Firmen ist (zum Beispiel private Hosting-Anbieter, Nachrichtenseiten im Besitz von Firmen).

Es gibt Diskussionen darüber, ob und inwieweit Regierungen die freie Rede im Internet regulieren sollten und können. Sehen Sie sich die Hintergrundinformationen zur freien Meinungsäußerung in Kapitel 5 an oder machen Sie sich mit dem Abschnitt „Meinungs- und Informationsfreiheit“ im Leitfaden Menschenrechte für InternetnutzerInnen vertraut.

z Versuchen Sie vor dem Beginn der Übung herauszufinden, ob einer der Fälle im Sinne Ihrer nationalen Gesetzgebung verboten wäre.

z Es könnte sinnvoll sein, die Übung damit abzuschließen, andere Reaktionen auf die Fälle zu be-trachten. Anregungen finden Sie im Material über die No Hate Speech-Bewegung in Kapitel 2. Erinnern Sie die TeilnehmerInnen daran, dass das Löschen verletzenden Materials oder der Website nicht die einzige Reaktion ist! Das kann angesichts der Menge des geposteten Materials auch praktisch sehr schwer umzusetzen sein.

VARIANTEN

Die Fallstudien könnten als Rollenspiel dargestellt werden, wobei jede Kleingruppe eines der Szenarien vorbereiten und den anderen vorspielen könnte. Über die angemessenste Reaktion würde dann in der Gesamtgruppe diskutiert.

Unbegrenzte Freiheit?

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Unbegrenzte Freiheit?

WEITERE AKTIVITÄTEN

Wie viel wissen die TeilnehmerInnen über ihre/n Bundestagsabgeordnete/n? Sie könnten seine/ihre Aus-sagen über Minderheiten oder andere schutzbedürftige Gruppen recherchieren und ihm/ihr schreiben, um Unterstützung oder Widerspruch zu äußern. Ein eigener Brief von jedem/jeder Einzelnen in der Gruppe könnte sogar eine Antwort bringen!

Diskutieren Sie mit der Gruppe mögliche Maßnahmen, wenn eine/r der TeilnehmerInnen im Internet auf rassistische Posts stößt. Entwickeln Sie gemeinsam einige Argumente oder kurze Nachrichten, die die TeilnehmerInnen benutzen können, wenn sie im Internet Beispiele von Hate Speech finden.

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FÄLLE ZUR DISKUSSION

1. Eine Gruppe namens „Rückeroberung der Nation“ richtet eine Website ein, die „traditionelle Werte“ verkündet.

Viele der Posts sind rassistisch. Die Seite wird stark kommentiert und es entwickelt sich eine hitzige Diskus-sion. Dabei werden auch schwer beleidigende Formulierungen verwendet. Allerdings gibt es unter den Kommentierenden auch eine große Gruppe, die sich gegen die rassistische Ideologie der Seite ausspricht.

• Sollte etwas offline genommen werden? Wenn ja, wie viel und warum?

• Wenn nicht, was könnte man anderes tun?

2. Nikolai, ein Politiker, ruft auf seiner persönlichen Website zur Räumung einer Rom(nj)a-Siedlung in seinem Wahlbezirk auf und macht sie für die hohe Kriminalitätsrate verantwortlich. Auf seine Aufrufe hin werden im ganzen Land Angehörige der Rom(nj)a-Gruppen angegriffen. Ein großer Teil der Medien beginnt, Geschichten über Verbrechen zu drucken, die Angehörige der Minderheit begangen haben – aber nichts über die Verbrechen, die an ihnen begangen werden.

• Sollte etwas offline genommen werden? Wenn ja, wie viel und warum?

• Wenn nicht, was könnte man anderes tun?

3. Auf einem persönlichen Blog postet Rory einen Cartoon von einem bekannten Politiker: Seine Hände triefen vor Blut und er ist von Leichen umgeben. Viele Leute schreiben Kommentare. Den meisten gefällt der Cartoon.

• Sollte etwas offline genommen werden? Wenn ja, wie viel und warum?

• Wenn nicht, was könnte man anderes tun?

4. Ella postet auf ihrem öffentlichen Profil ein Video, das sich über Menschen mit körperlichen Beeinträch-tigungen lustig macht und sie als inkompetente „fremdartige“ Wesen darstellt. Die Website-Statistik zeigt, dass fast niemand sich das Video angesehen hat, und es gibt keine Besucherkommentare.

• Sollte etwas offline genommen werden? Wenn ja, wie viel und warum?

• Wenn nicht, was könnte man anderes tun?

5. Eine Journalistin sieht dieses Video (aus Beispiel 4) und lanciert eine Kampagne, um Ellas Profil von der Social Media-Seite löschen zu lassen. Das Ergebnis ist, dass das Video tausende Hits hat. Leute kom-mentieren, das sei „das beste Video ever“, „wir sollten langsam mal realistisch werden mit behinderten Menschen“ usw.

• Sollte etwas offline genommen werden? Wenn ja, wie viel und warum?

• Wenn nicht, was könnte man anderes tun?

6. Ditta, eine bekannte Prominente, postet einen Artikel auf einer Online-Nachrichtenseite, in dem sie behauptet, dass Transgender-Frauen eine „Beleidigung für die Menschheit“ sind. Eine Website „Nieder mit Ditta“ wird eingerichtet, die Details über ihr Privatleben enthält. Sie erhält Hunderte persönlich beleidigende E-Mails und Tweets. In manchen wird sie bedroht.

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• Wenn nicht, was könnte man anderes tun?

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HANDOUTS

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Gruppe X

GRUPPE X

Die TeilnehmerInnen ordnen die Rechte aus der Europäischen