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Die Privatsphäre ist ein Sonderaspekt des Privatlebens und fällt auch unter den Schutz von Artikel 8 der EKMR. Die Privatsphäre betrifft diejenigen Bereiche unseres physischen, sozialen oder emotionalen Lebens, die wir nicht öffentlich teilen wollen. Ohne ausdrückliche Genehmigung oder ohne sehr ernste Gründe im Zusammenhang mit dem Schutz der Rechte anderer sollten die Dinge, die wir privat halten wollen, privat bleiben! Kein Mensch und keine Organisation hat das Recht, etwas über unser Privatleben zu wissen, das wir nicht offenlegen wollen.

Allerdings sind die Standardeinstellungen vieler Internetforen oder Websites nicht immer leicht zu ver-stehen und nicht immer hauptsächlich dafür entworfen, die Privatsphäre der UserInnen zu schützen.

Sicherzustellen, dass private Details tatsächlich privat bleiben, verlangt sorgfältige Aufmerksamkeit sowie ein allgemeines Bewusstsein für potentielle Gefahren.

Probleme bezüglich der Privatsphäre können auch in Bezug auf das Teilen von Inhalten im Internet wichtig sein. Jugendliche müssen sich darüber bewusst sein, dass die Privatsphäre anderer ebenso wichtig ist wie ihre eigene. Die Leichtigkeit, mit der Fotos, Videos, Nachrichten oder andere Informationen geteilt werden können, kann zu Nachlässigkeit führen, die anderen schaden kann. Die Kernbotschaft an Jugendliche ist, dass Material, das sich direkt auf jemand anderen bezieht, nur dann geteilt werden sollte, wenn es bereits Das richtige Gleichgewicht ist nicht immer leicht zu finden. Im Fall Copland v. Großbritannien befand der Europäische Menschenrechtsgerichtshof darüber, ob die Kontrolle des gesamten E-Mail-Verkehrs und aller Telefongespräche ihrer Angestellten durch eine Hochschule eine Verletzung von Artikel 8 darstellt.

Das Gericht entschied im Sinne einer Verletzung des Rechts auf Privatsphäre.

Im Fall K.U. v. Finnland entschied das Gericht, dass der Schutz des Privatlebens und der Sicherheit eines Minderjährigen wichtiger ist als das Privatleben desjenigen zu schützen, der in seinem Namen eine falsche Anzeige gepostet hatte.

Privatleben und Sicherheit

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öffentlich zugänglich (und nicht verletzend oder beleidigend) ist oder wenn der/die Betroffene das Teilen ausdrücklich genehmigt hat.

Es soll hier auch darauf hingewiesen werden, dass Kommunikationin im Internet fast nie privat ist. Auf E-Mails und alles, was online gepostet wird, können fast immer andere zugreifen. Auch kann nichts je vollständig aus dem virtuellen Raum entfernt werden.

Schwache Passwörter oder ungenügende Sicherheitsmaßnahmen können es anderen ermöglichen, auf Informationen in „privaten“ Bereichen von Userprofilen oder in E-Mail-Eingängen zuzugreifen. Selbst ein starkes Passwort ist keine vollständige Garantie gegen das Eindringen von HackerInnen oder staatlichen Sicherheitsbehörden!

Jugendliche müssen sich dieser Risiken bewusst sein und durch Vorsicht und verantwortlichen Umgang die Details ihres Lebens schützen, die sie anderen nicht bekanntgeben wollen. Sie müssen sich auch des-sen bewusst sein, dass es höchstwahrscheinlich illegal und eine Verletzung ihres Rechts auf Privatsphäre ist, wenn sich jemand trotz angemessener Sicherheitsmaßnahmen Zugang zu ihren persönlichen Infor-mationen verschafft.

Der Abschnitt über Cybermobbing beschäftigt sich mit einigen Vorsichtsmaßnahmen, die Jugendliche treffen können, um ihre persönlichen Details vor öffentlichem Zugriff zu schützen.

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5.6 DEMOKRATIE UND PARTIZIPATION

VERBINDUNGEN ZU HATE SPEECH

FREIE MEINUNGSÄUSSERUNG UND DEMOKRATISCHER DIALOG

Die Verbindung zwischen Demokratie und Hate Speech kann aus zwei verschiedenen Blickwinkeln be-trachtet werden. Einerseits ist Hate Speech in einer Demokratie wahrscheinlicher und möglicherweise schwieriger zu bekämpfen. Am deutlichsten wird das, wenn man sich eine undemokratische Gesellschaft mit strenger Zensur vorstellt: Theoretisch wäre es in einer solchen Gesellschaft möglich, Hate Speech, auch im Internet, zu verhindern. Alles, was als Beleidigung anderer eingestuft wird, könnte verboten und Übertretungen könnten streng bestraft werden. Eine solche Gesellschaft hätte allerdings aufgrund des Mangels an freier Meinungsäußerung viele Nachteile.

In einer Demokratie, in der man seine Meinung frei äußern kann, ist es wahrscheinlich, dass man auch Mei-nungen zu hören bekommt, denen man nicht zustimmt. Manche sind ärgerlich, manche können hart und erschütternd sein, und manche gehen darüber hinaus und sind zutiefst beleidigend und sogar gefährlich.

In gewisser Hinsicht kann man Hate Speech als unausweichliche Folge dessen ansehen, dass wir unsere Meinungen frei äußern können und sie Beachtung finden. Keine Demokratie ist perfekt!

BETEILIGUNG UND PARTIZIPATION

Einer der Vorteile von Demokratie und freier Meinungsäußerung ist allerdings, dass sie uns auch die Instru-mente liefern, uns mit Hate Speech effektiver auseinanderzusetzen und sicherlich auf eine Art und Weise, die andere Freiheiten besser gewährleistet. Also bietet von einem anderen Blickwinkel aus Demokratie die vielversprechendste Hoffnung auf einen erfolgreichen Kampf gegen Hate Speech, bei dem der Schutz der Menschenrechte dennoch gewahrt bleibt.

In einer gut funktionierenden Demokratie, in der die Menschen am Schutz der Rechte und Freiheiten, die alle wertschätzen, aktiv beteiligt sind, kann die Verteidigung der Gesellschaft gegen Hate Speech wesent-lich präziser und potentiell sehr viel umfassender sein, als sie es mit einer strengen Form der Zensur wäre.

Wenn die Aufgabe der „Beobachtung“ von Hate Speech und des Umgangs mit den schlimmsten Beispielen nicht nur als Aufgabe der Regierung oder einer Internet-„Polizei“ betrachtet wird und „Beobachtung“ sich auf die Beobachtung des eigenen ebenso wie des fremden Verhaltens erstreckt, sollte es möglich sein, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu erhalten und dennoch sicherzustellen, dass Einzelne vor Missbrauch geschützt werden.

Eine wirksame Reaktion auf Hate Speech hängt von einem guten Verständnis der Vorteile, Herausforder-ungen und Ansprüche einer demokratischen Gesellschaft und von der aktiven Partizipation der Einzelnen ab, aus denen die Gesellschaft besteht. Vieles, das für das Funktionieren der Demokratie notwendig ist, verlangt auch der Kampf gegen Hate Speech. Ein Bewusstsein für den Wert von Diversität und demo- Demokratie und Partizipation

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kratischer Diskussion kann dazu beitragen, die Beteiligten darauf vorzubereiten, auf bestimmte Äußerungen von Intoleranz oder Hass zu reagieren.