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Der Begriff Tenazität stammt von dem lateinischen Substantiv tenacitas und bedeutet Hartnäckigkeit, Zähigkeit bzw. Festhalten. Der Begriff der Tenazität bedeutet im Be-reich der Mikrobiologie die Überlebensfähigkeit gegenüber verschiedenen Einflüssen von außerhalb. Bei Salmonella Arten ist diese „Fähigkeit zu Überleben“ unter verschiede-nen Stressoren von außen sehr hoch. Teilweise überleben Salmonellen Monate oder auch Jahre in von ihnen kontaminierten Futter- und Lebensmitteln und bleiben ebenso lan-ge vermehrungsfähig und krankmachend. Unter bestimmten Bedingunlan-gen vermehren sich Salmonellen auch in organischem Material exzessiv. Dabei spielen die sie umgebenden Umweltbedingungen wie die Temperatur, die Feuchtigkeit, der pH-Wert und die Verfüg-barkeit von Nährstoffen eine wichtige Rolle [Blaha, 1993]. Die hohe Tenazität erfordert

geprüfte Möglichkeiten zur Eliminierung der Keime aus der Umwelt beispielsweise in Bio-gasanlagen. Bei einer Untersuchung in thermophil betriebenen Laboranlagen mit einer Temperatur von 55°C wurde neben anderen Bakterienarten und Parasiten die Tenazität von Salmonella Senftenberg W 775 untersucht. Hierbei wurde dieses Serovar innerhalb einer Stunde inaktiviert. In einer Pasteurisierungsanlage (70°C–90°C) wurde das Serovar nach einer Stunde nicht mehr nachgewiesen [Ade-Kappelmann, 2008]. Im Folgenden wird auf die verschiedenen möglichen Einflüsse und die damit verbundenen Problematiken der Elimination der Erreger näher eingegangen.

2.8.1 Temperatur

Salmonellen besitzen eine hohe Hitzeresistenz. Um ein Lebensmittel salmonellenfrei zu machen, muss dieses 1 Minute lang auf eine Kerntemperatur von 70°C gebracht werden.

Beim Erhitzen auf 60°C sterben Salmonellen erst nach einer halben Stunde ab. Bei ei-ner Erwärmung auf 55°C wird das Lebensmittel sogar erst nach eiei-ner Stunde erregerfrei [Meyer, 2004]. Um eine Vermehrung der Keime zu verhindern empfiehlt sich demnach die Erhitzung bzw. die Kühllagerung. Das Temperaturoptimum von Salmonellen liegt bei 35–37°C [Meyer, 2004] [Sinell, 2004] bzw. bis zu 45° C [Baumgart u. Becker, 1994]. Die Vermehrung findet bei minimalem Nährstoffangebot aber auch schon bei 5°C statt und kann auch bis 47°C anhalten [Meyer, 2004] [Sinell, 2004]. Teilweise wird in der Litera-tur aber auch schon über eine Vermehrung bei 2°C berichtet. Bestätigt werden konnten solche Angaben bisher jedoch nicht. Salmonellen sind in der Lage, Thermoresistenzen zu entwickeln [Sinell, 2004]. Höchste Temperaturresistenzen werden bei relativ neutralen pH-Werten erreicht. Stark ausgeprägte Hitzeresistenzen zeigen nur wenige Stämme, wie S. Senftenberg 775W und S. Irumu [D’Aoust, 2000], doch auch einige Typhimuriummu-tanten sind bei einer Temperatur von 54°C noch vermehrungsfähig [Baumgart u. Becker, 1994] [Sinell, 2004].

In einer auf älteren Untersuchungen aufbauenden Studie von [Mattik et al., 2000b]

konnte gezeigt werden, dass eine Gewöhnung der Bakterien an eine geringe Wasserakti-vität, beispielsweise einem aW-Wert von 0,95, unabhängig vom Testmedium, auch einen Anstieg der Hitzetoleranz bei 54°C bewirken kann. Auch andere Autoren sehen eine Stei-gerung der Hitzeresistenz bei sinkender Feuchtigkeit, beispielsweise in Lebensmitteln [Po-dolak et al., 2010].

Wie gut Salmonellen Gefriertemperaturen überdauern, hängt zum einen vom Stamm ab und zum anderen von der Konsistenz des Lebensmittels. Beispielsweise können sie in Speiseeis oder rohen Schnecken jahrelang unter -20°C gefroren bleiben. Auch die Art und Weise wie der Gefrierprozess abläuft ist entscheidend. So überleben Salmonellen tiefe

Temperaturen besser, wenn sie eine Anpassungsphase durchlaufen und mit einer weni-ger tiefen Temperatur begonnen wird [D’Aoust, 2000]. Bei tiefen Temperaturen zwischen 1°C bis 3°C lassen sich Salmonellen in Frischfleisch etwa 2 Wochen lang nachweisen. Im Gegensatz dazu können sie in tiefgefrorenem Fleisch über einen Zeitraum von mehreren Jahren überleben [Meyer, 2004].

2.8.2 Feuchtigkeit

Die Bezeichnung aW-Wert bedeutet Wasseraktivität. Diese drückt das Maß für das frei verfügbare Wasser in Lebensmitteln durch den Quotienten aus Wasserdampfdruck des Lebensmittel zum Dampfdruck des Wassers bei gegebener Temperatur aus [Opfer, 2008].

Der aW-Wert des umgebenden Mediums bestimmt ebenfalls die Überlebensrate der Salmonellen. Ist dieser Wert tief, also bei trockenen Produkten, wird das Salmonellen-wachstum verhindert, doch es wird so auch eine Art Stress ausgelöst, der eine höhere Überlebensfähigkeit und auch ein größeres Ausbruchspotential einer humanen Salmo-nellose bewirkt [D’Aoust, 2000] [Meyer, 2004]. Wie oben bereits erwähnt, kann durch einen sinkenden aW-Wert auch die Beständigkeit gegenüber Hitzeeinwirkung erhöht wer-den [Mattik et al., 2000b] [Podolak et al., 2010]. Salmonellen können niedrige aW-Werte lange Zeit überdauern. Sie stagnieren im Wachstum und bilden Filamente aus. In ei-nem Forschungsprojekt mit zwei Serovaren zeigte sich, dass aW-Werte zwischen 0,93 und 0,98 nicht bakterizid wirken, sondern dass lediglich das Wachstum stoppt und Filamen-te geformt werden. Je nach Medium liegt der minimale aW-Wert für ein Wachstum der untersuchten Salmonella Stämme zwischen 0,95 (NaCl) und 0,92 (Glycerol). Unterhalb dieser Werte wirken die Medien bakterizid [Mattik et al., 2000a]. In einer anderen Stu-die lag der niedrigste aW-Wert bei dem einSalmonella Typhimurium DT 104 Wachstum festgestellt werden konnte bei 0,92 und einer Temperatur von 25°C. Bei einer Reduktion der Temperatur auf 4°C und einem aW-Wert von 0,92 sank die Überlebensfähigkeit in der Studie stark [Kinsella et al., 2006]. Insbesondere in Abwässern in günstigen Temperatur-und Sauerstoffbereichen Temperatur-und mit Eiweißanteilen von mindestens 100 mg/l können Salmo-nellen bis zu 200 Tage im Wasser überleben. Bei derart günstigen Bedingungen kann eine explosionsartige Vermehrung der Keime auftreten. Auch in Einstreu, Gülle, Fischmehl und Erde finden Salmonellen günstige Habitate und können hier ebenfalls je nach Tem-peratur und Austrocknungsgrad bis zu mehreren hundert Tage überdauern. Je trockener das Material ist, also je niedriger der aW-Wert liegt, um so höher sind auch die Über-lebenszeiten. Teilweise überdauern Salmonellen bei günstigen Voraussetzungen so bis zu 6 Jahre [Meyer, 2004]. Andere Autoren sprechen aber auch von einer schlechteren Ver-mehrungsmöglichkeit der Erreger, wenn das Einstreufundament sehr niedrige aW-Werte

vorweist und einer dadurch resultierenden hygienischeren Broilerproduktion [Carr et al., 1995].

Die Haut von Geflügel besitzt ein hohes Wasserabsorbtionsvermögen und ist während des Produktionsprozesses immer wieder Wasser ausgesetzt. Die Haut quillt auf und Keime werden regelrecht eingebettet und können aus diesem Grund auch nur schlecht durch Ab-spülen wieder entfernt werden. Sie erreichen so teilweise sogar bessere Resistenzen gegen die Temperaturen des Brühwassers. Das Brühwasser selbst ist durch den hohen Blutgehalt und den daraus hervorgehenden hohen Eiweißgehalt ein weiteres großes Kontaminations-risiko. Anhaftende Verschmutzungen des Gefieders kontaminieren das Wasser zusätzlich.

Keime können durch den erhöhten Proteingehalt eine erhöhte Hitzeresistenz ausbilden.

Gelangen noch nicht getötete Tiere in den Brühkessel kann es hier zu einem Ansaugen von Brühwasser in Lungen und Luftsäcke kommen und somit zu einer Kontamination von Innen. Die Brühtemperaturen im Brühtank sind nicht ausreichend, um den Keim-druck zu senken. Der Keimgehalt steigt schnell auf Werte zwischen 104 und 106 pro ml.

Durch Bewegung des Wassers und der Tiere am Schlachtband wird die Keimaufnahme bis in tiefere Hautschichten und sogar bis in die Muskulatur forciert. Die Epidermis wird zerstört. Durch die Zerstörung der Epidermis verliert die Schlachtkörperoberfläche ihre natürliche Schutzschicht, sodass Erreger leichter eindringen können und sich in tiefere Gewebeschichten einlagern können. Der folgende als kritischster Schritt im Schlachtpro-zess zu sehende RupfproSchlachtpro-zess massiert die Keime in feucht warmem Klima tief in die Haut ein und erhöht den Druck auf innere Organe, so dass Fäkalien herausgedrückt und mit über die Haut verteilt werden. Durch die Bewegung entsteht ein Aerosol das wiederum eine Kreuzkontamination der Tierkörper möglich macht [Fries et al., 2001] [Weber, 2008]

[Russell, 2009].

2.8.3 pH-Wert

Tiefe pH-Werte stellen im Allgemeinen für Salmonellen kein Problem dar. Sie überdau-ern in Säuren, gesäuerten Lebensmitteln und fermentierten Produkten. Einige Stämme können jedoch mit Hilfe von tiefen pH-Werten inaktiviert werden. Wie bei tiefen Tempe-raturen auch, können Salmonellen auch an saure Umgebung adaptiert werden, indem der pH-Wert langsam sinkt. Bei anfangs mild-saurem pH-Wert von 5,5 bis 6 und folgendem Absinken auf 4,5 kann durch die Synthese eines Säureschockproteins (ATR, engl. acid tolerance response) eine Säureresistenz entstehen, die ein Überleben und teilweise auch noch ein Wachstum bei pH-Werten zwischen 4–3 ermöglicht [Foster, 1991] [Lin et al., 1995] [Sinell, 2004]. Unter Säurestress versteht man ein Umweltmilieu mit einem niedrigen pH-Wert und das Vorliegen schwacher organischer Säuren (flüchtige Fettsäuren).

Schwa-che Säuren können durch Zellmembranen hindurch diffundieren und den intrazellulären pH-Wert nach unten verschieben. Entscheidend ist dabei, je niedriger der extrazellulä-re pH-Wert ist, desto mehr undissoziierte schwache Säuextrazellulä-re dringt durch die Zellmembran hindurch und beeinflusst den intrazellulären pH-Wert. Daraus ergibt sich eine größere Le-talität für die Zelle, je niedriger der umgebende pH-Wert ist. Doch auch die Kumulation schwacher Säuren schädigt die Zelle [Bearson et al., 1997]. Ab Werten die unter 3,8 liegen sistiert die Vermehrung von Salmonellen [Sinell, 2004]. Das Wachstum vonS. Typhimuri-um stagniert aber schon bei einem pH-Wert ab 4,0. Der pH-Wert, der bakterizid auf das Serovar wirkt, liegt mit 3,0 noch viel weiter im sauren Bereich [Lin et al., 1995].

S. Typhimurium kann sich durch 3 Systeme an ein saures, potentiell bakterizides Mi-lieu anpassen. Dazu werden als erste Reaktion auf einen niedrigen pH-Wert durch die Reaktion von Zellen ein log-Phasen Säureschockprotein (ATR) und folgend mehr als 40 weitere Säure Schock Proteine gebildet. Hier durch wird ein pH-Gleichgewicht möglich.

Auf der zweiten Ebene wird ein stationäres Phasen-Protein gebildet, welches noch größe-re Säugröße-regröße-resistenz generiert. Dieses Protein beteiligt sich auch an der Synthese von Fieber Proteinen. Dieses Protein tritt am stärksten ab einem pH-Wert von 4,3 auf [Lee et al., 1994]. Das dritte System, welches eine Säuretoleranz bewirkt, wird nicht durch niedrige pH-Werte induziert, sondern wird durch die stationäre Phase aktiviert und ist Teil einer generellen Stress-Antwort. Dieses System benötigt den wachstumsphasenabhängigen al-ternativen sigma Faktor RpoS. Sigma Faktoren stellen eine Klasse von Proteinen dar, die zur Initiation der Transkription und für eine Vermittlung von Zellreaktionen auf veränder-te Milieubedingungen notwendig sind. Die Regulation der zwei vorangegangenen Stufen mit der log-Phase und der stationären Phase ist vom RpoS abhängig. RpoS-abhängige Systeme sind von besonderer Bedeutung bei einem Überleben in schwach saurem Milieu, wie beispielsweise im Darm und in Exkrementen. Hier liegen durch Fermentationsprozes-se flüchtige Fettsäuren, wie Butter-, Essig- und Propionsäure vor [Lee et al., 1994] [Baik et al., 1996]. Werden SalmonellaSerovaren über 2 Tage unter einem pH von 5,5 gehalten, ist eine nahezu vollständige Abtötung gegeben [Fukushi et al., 2003].

Der pH-Wert und die Milieutemperatur beeinflussen untereinander das Wachstumspo-tential von Salmonellen. Bei einer Studie wurden verschiedene Serovaren bei pH-Werten zwischen 3,8 und 4,0 verschiedenen Temperaturen (10°C, 20°C und 30°C) bebrütet und die Zeit bis zum Salmonellawachstum gemessen. Bei einer höheren Bebrütungstemperatur zeigte sich bereits nach 1 bis 3 Tagen ein Wachstum. Bei einer Temperatur von 10°C war selbst bei einem pH zwischen 4,4 und 4,8 erst nach 10 bis 19 Tagen ein Wachstum zu verzeichnen. Hier zeigt sich, dass die Temperatur einen wichtigen wachstumsforcierenden Effekt auch bei einem sauren pH-Wert darstellt [Ferreira u. Lund, 1987].

Bei alkalischen pH-Werten zwischen 9 und 11 wird die cytoplasmatische Zellmembran zerstört. Es gibt ein synergistisches Zusammenwirken von alkalischem Milieu mit hohen Temperaturen bei denen Salmonellen vermehrt abgetötet werden [Stevens, 2005] [McKee et al., 2008].

2.8.4 Desinfektionsmittel und organische Säuren

Durch gebräuchliche Desinfektionsmittel, Definition nach der Desinfektionsmittelliste der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG), werden Salmonellen in wenigen Minuten inaktiviert, sofern sie nicht durch einhüllende Stoffe wie Kot und Schleim ge-schützt sind [Waldmann u. Plonait, 1997].

In einer Untersuchung mit Broilerherden wurde die Hälfte der Tiere mit Nalidixin-säureresistenten Salmonellaserovaren infiziert. Nachfolgend wurde in unterschiedlichen Konzentrationen organische Säure über das Trinkwasser verabreicht. Eine Kontrollgrup-pe erhielt keine Medikation. Die Auswertung der Ergebnisse zeigte bei den Tieren mit organischer Säure als Trinkwasserzusatz eine deutliche Verminderung der Salmonella-kolonialisierung, eine Verringerung der horizontalen Ausbreitung der Erreger und eine Minimierung der Kontamination der Umgebung mit Salmonellen [Parker et al., 2007]

[Le Bouquin et al., 2010]. Auch Versuche mit dem Futter zugesetzter Buttersäure zeigte eine signifikante Reduktion an S. Enteritidis Infektionen bei dem beobachteten Geflügel [Fernández-Rubio et al., 2009]. Der Effekt von organischen Säuren ist bei grampositi-ven Erregern wie Clostridium perfringens allerdings ausgeprägter als bei gramnegativen Enterobacteriacaeen wie Escherichia coli und Salmonella spp. [Skrivanova et al., 2006].