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2.5. Einflussfaktoren auf das Preiswissen

2.5.1. Soziodemographische Faktoren

Unter soziodemographischen Merkmalen versteht man klassische, quantitative Segmentie-rungskriterien, die eine Zielgruppe in sozialer und wirtschaftlicher Sicht näher beschreiben (Fuchs/Unger 2007, 115; DMVÖ 2010, o.S.).

In der Referenzpreisforschung wurde bislang auf lediglich ausgewählte soziodemographi-sche Faktoren empirisch Bezug genommen. Geschlecht, Alter, Wohngebiet, Einkommen und Haushaltsgröße stehen in diesem Zusammenhang in der Literatur im besonderen Interesse, wobei unterschiedliche Auffassungen über deren Wirkung auf das Preiswissen vorherrschen.

So haben manche Untersuchungen eindeutig einen konkreten Zusammenhang des Preis-wissens mit dem Einkommen oder Geschlecht festgestellt (bspw. Dickson/Sawyer 1990, 50;

Estelami/Lehmann 2001, 41), andere wiederum konnten keine direkten Beziehung der Vari-ablen nachweisen (bspw. Wakefield/Inman 1993, 228f; Estelami 1998, 261f). Mägi/Julander (2005) fordern deshalb weiterführende Untersuchungen zur Konkretisierung dieses Phäno-mens (Mägi/Julander 2005, 322).

Bei jenen Untersuchungen, in denen ein Zusammenhang des Preiswissens mit weiteren so-ziodemographischen Faktoren festgestellt werden konnte, decken sich die Ergebnisse je-doch weitgehend. So kommen Estelami/Lehmann (2001) bei der Untersuchung mehrerer Studien zum Schluss, dass Frauen generell über ein höheres Preiswissen als Männer verfü-gen (Estelami/Lehmann 2001, 41). Dies kann unter anderem mit dem klassischen Klischee, dass Frauen Sammler, Männer jedoch Jäger sind, in Verbindung gebracht werden (Hen-ning/Schneider 2010, 18). Demnach sind Frauen anfälliger für Reize innerhalb des Ge-schäfts, da sich diese üblicherweise deutlich länger als Männer darin aufhalten. Auch die Preissensibilität ist bei Frauen stärker ausgeprägt. Ohne jetzt im Detail auf das geschlechter-spezifische Kaufverhalten einzugehen wird offensichtlich, dass Männer bereits mit konkreten Vorstellung das Geschäft betreten und demnach zielgerichteter Einkaufen, Frauen hingegen ihre Entscheidungen oftmals auch spontan28 treffen (Henning/Schneider 2010, 18). In jenen Fällen, in denen kein eindeutiger und signifikanter Zusammenhang festgestellt werden konn-te, haben Wakefield/Inman (1993) die teilweise geänderte Rollenverteilung im Haushalt und in der Familienführung sowie die beiderseitige Karriereorientierung der Haushaltspartner als Argumente abgeleitet (Wakefield/Inman 1993, 220).

Neben dem Geschlecht spielt vor allem das Alter eine entscheidende Rolle im Hinblick auf die kognitive Elaboration von Preisen. So nimmt die Verfügbarkeit von Preisinformationen aufgrund eines zurückgehenden Suchaufwands nach günstigen Preisen mit zunehmendem Alter ab (Zeithaml/Fürst 1983, 415f; Beatty/Smith 1987, 91; Campo/Yagüe 2007, 279). Be-gründung könnte sein, dass der erwartete Nutzen durch einen verstärkten Sucheinsatz die besten Angebote zu finden, mit zunehmendem Alter geringer wird (Kujala/Johnson 1993, 251; Ratchford 2009, 92). In diesem Zusammenhang bestätigt sich einmal mehr auch das Phänomen, dass Konsumenten oftmals ihre eigene Kompetenz falsch bewerten. So schät-zen ältere Personen deren eigenes, generelles Wissen über das Preisgefüge im Markt als sehr hoch ein, die Realität der empirischen Untersuchungen bestätigt jedoch ein anderes Bild (Mc Goldrick/Marks 1986, 27).

Weiters entstand in der thematischen Diskussion die Hypothese, dass sich ältere Konsumen-ten29 mehrfach von Faktoren beeinflussen bzw. ablenken lassen, so dass deren kognitive Speicherung von Preisen beeinträchtigt wird (Kausler 1982 zitiert nach Estelami 1998, 256).

Generell betrachtet steht der zusätzliche Wissenserwerb durch eine intensive Preissuche mit dem Preiswissen in einem nur degressiven Zusammenhang, wobei das Verhältnis mit zu-nehmendem Alter immer weiter auseinander geht (Pechtl 2005, 49). Dabei ist es auch wich-tig zu beachten, dass ältere Konsumenten gegenüber der jüngeren Bevölkerungsschicht ein anderes Kaufverhalten vorweisen und andere Ansprüche stellen.

28 In diesem Zusammenhang der Hinweis auf eine aktuelle Veröffentlichung von Hen-ning/Schneider (2010) wonach rund 70% der Entscheidungen erst im Geschäft getroffen wer den (Henning/Schneider 2010, 18).

29 Der Begriff der älteren Konsumenten wird in dieser Arbeit mit der, meist nicht mehr erwerbstä-tigen Generation 65+ in Anlehnung an Erwin (2000, 24) definiert. Die Bezugnahme der zitier-ten Studie auf die amerikanische Bevölkerung, aus dem Bereich auch die Mehrzahl wissen-schaftlicher Beiträge stammte, war ausschlaggebend für die Auswahl der Quelle.

Erst wenige empirische Studien haben die geographischen Unterschiede des Preiswissens näher untersucht. Eine inner- und außerstädtische Studie zu dem Thema wurde erstmalig vor etwas mehr als 40 Jahren von Wells/Lo Sciuto (1966) veröffentlicht und bestätigt, dass dem Wissen um Preise in urbanen Regionen eine höhere Bedeutung zugemessen wird als in suburbanen (Wells/Lo Sciuto 1966, 232). Zu ähnlichen Ergebnissen führt auch die Untersu-chung von Wakefield/Inman (1993), wobei diesbezüglich auch Argumente für diesen Zu-sammenhang angeführt wurden (Wakefield/Inman 1993, 229). So dürfte das Preiswissen in geographisch suburbanen Regionen aufgrund der generell weniger hektischen Lebensweise (Rethans et al. 1986, 59) und der geringeren Konsumentendichte innerhalb der Geschäfte, die auch ausreichend Zeit für Preisvergleiche ermöglicht (Hui/Bateson 1991, 182), besser sein als im städtischen, urbanen Bereich. Auch auf übergeordneter Ebene gibt es diesbezüg-lich vorherrschende Erkenntnisse. So wurde in weitläufigen Recherchen festgestellt, dass sich die Güte des Preiswissens im Sinne der Preiserinnerung in den westlichen Industriena-tionen im Laufe der letzten Jahrzehnte zunehmend verschlechtert hat (McGoldrick/Marks 1987, 73; Estelami et al. 2001, 350).

Das Einkommen ist insbesondere bei jenen Personengruppen ein bedeutsamer Faktor, de-ren frei verfügbare Mittel beschränkt sind. Nicht zuletzt deshalb werden Mitglieder dieser Gruppen regelmäßig über ein genaueres Preiswissen oder umfassenderes Wissen über ak-tuelle Promotionsaktionen verfügen (Wakefiled/Inman 1993, 227; Urbany et al. 1996, 96;

Mägi/Julander 2005, 320). Überraschenderweise steht dieser Zusammenhang in keinem direkt linearen, sondern umgekehrt u-förmigen Verhältnis zur Vorstufe des Preiswissens, konkret dem Preisinteresse. Besonders in der sich nach oben orientierenden, jedoch nicht über das entsprechende Einkommen verfügenden sozialen Mittelschicht konnte dieses Phä-nomen nachgewiesen werden (Diller 2008, 112).

Sozio- und Demographische Informationen sind bzw. sollten insbesondere für das Marketing im Hinblick auf deren Maßnahmen und Kommunikation von großem Interesse sein (Estelami 1998, 265). Auch der Verkauf kann von einem genaueren Profil seiner Käufer profitieren. Im Falle von Promotionsaktionen ist es für die Evaluierung der Effizienz wichtig zu wissen, wer von der Aktion mit welchem konkreten, demographischen Hintergrund angesprochen wird (Partch/Litwak 1990, 15). Kaufen beispielsweise vorwiegend Single Haushalte bei einer Akti-on, bei welcher der Verkaufsleiter aber einen großen Mengenhebel durch die Mehrpersonen-Haushalte erwartet hätte, ist diese Information essentiell für die zukünftige Aktionsführung der eigenen Artikel. Der Familienstand der haushaltsführenden Person ist ein Faktor, der in der Literatur nur beiläufig erwähnt und kaum näher untersucht wurde (Moon/Voss 2009, 32).

Rosa-Diaz (2004) hat in diesem Zusammenhang beispielsweise festgehalten, dass verheira-tete Paare bzw. Lebensgemeinschaften generell über ein höheres Preiswissen verfügen als Single-Haushalte (Rosa-Diaz 2004, 416). Eine mögliche Ursache könnte diesbezüglich die Abstimmung über die Erledigung und somit kognitiv stärkere Beschäftigung mit dem Einkauf sein.

Zusammenfassend bestätigt sich, dass der Zusammenhang von soziodemographischen Faktoren und der Genauigkeit des Preiswissens in der Literatur noch nicht hinreichend be-antwortet wurde. Zusätzliche empirische Untersuchungen können in diesem Zusammenhang noch wesentliche Beiträge zur Verbesserung des Erkenntnisstandes liefern und die Basis der wissenschaftlichen Diskussion erweitern (bspw. gefordert von Estelami 1998, 256). Der Autor wird in diesem Zusammenhang auch in der empirischen Auswertung Bezug nehmen und einen Beitrag leisten.