• Keine Ergebnisse gefunden

3. Dynamik des Preiswissens im Umfeld sich verändernder Preise

3.2. Ursachen und Wirkung von Preisänderungen

3.2.1. Preissenkungen und Aktions- bzw. Sortimentspolitik

Preissenkungen werden in der Literatur auch unter dem Begriff Sonderpreisaktionen geführt und gelten als zeitlich befristet (Barth et al. 2007, 211). Der Begriff sollte nicht mit dem Preis-nachlass verwechselt werden, da dieser einem anderen Verständnis unterliegt (für eine Übersicht siehe etwa Armstrong et al. 2009, 314). Dauerhafte Preissenkungen, die vor allem Basis für diese Arbeit sind, fallen bei strenger Betrachtung nicht mehr unmittelbar in die Defi-nition der Preissenkung. Dennoch bestehen sehr ähnliche Ursachen und Effekte, wodurch nachfolgende Punkt auch für die bearbeitete Forschungsfrage Relevanz haben.

Folgende beispielhaften Hintergründe können Ziele von Preissenkungen sein: Profilierung der Betriebsstätte, Kaufanreiz für bestehende und neue Kunden, Frequenzerhöhung, Abbau von Überkapazitäten, Generierung von Impulskäufen, Steuerung des Kaufzeitpunkts oder Absatzsteigerung von Verbundeinheiten, die besonders gute Margen abwerfen (Barth et al.

2007, 211; Sandhusen 2008, 460). Durch Preissenkungen und dem dadurch steigenden Absatz bzw. meist auch Umsatz sind kurzfristige Marktanteilszugewinne möglich (Sandhu-sen 2008, 460). Sofern der Mitbewerb den Markt jedoch mit ähnlichen Instrumenten und Strategien bearbeitet, können Markt- bzw. Marktanteilsverhältnisse auch trotz eigener Maß-nahmen unverändert bleiben (Jedidi et al. 1999, 3).

Grundsätzlich kann zwischen echten und unechten Preissenkungen unterschieden werden (Barth et al. 2007, 211). Echte Rückgänge sind direkte Preisreduktionen ohne Veränderung des Produkts, unechte hingegen bringen indirekte Preisvorteile durch beispielsweise Überfül-lungen, Sonderverpackungen oder Beigaben. Als Mischform gilt in diesem Zusammenhang die Idee des „cash back“ der Hersteller. Dabei wird dem Konsumenten unter festzulegenden Voraussetzungen im Nachhinein ein Teil des Kaufpreises rückerstattet (Armstrong et al.

2009, 319).

Preissenkungen sind bei kurzfristiger Betrachtung ein wesentlich stärkerer Absatzhebel als Werbemaßnahmen oder verbesserte Vertriebsmöglichkeiten (Nagle/Holden/Larsen 1998, 11). Barth et al. (2007) führen diesbezüglich eine achtmal stärkere Elastizität einer Preissen-kung gegenüber üblichen Werbemaßnahmen an, wodurch die Bedeutung dieses Hebels betont wird (Tellis 1988, 340; Bijmolt et al. 2005, 150; Barth et al. 2007, 212). Auch Baker et al. (2010) haben in einer globalen Untersuchung über 1.200 Unternehmen eine Preiselastizi-tät von knapp vier bei potenziellen Preissenkungen festgestellt (Baker et al. 2010, 6f). Die Thematik der Preiselastizitäten wird in der Folge in Kapitel 3.2.5 noch umfassend detailliert diskutiert.

Preissenkungen können sich auf einzelne Produkte, auf bestimmte Marken oder gar gesam-te Warengruppen beziehen (Barth et al. 2007, 211). Folgende Faktoren bestimmen die Ei-genschaften einer Preissenkung:

- Frequenz und Häufigkeit der Preisreduktion, - Dauer bzw. Länge des Aktionszeitraums, - Ausmaß des Preisnachlasses,

- Auswahl der aktionierten Produkte bzw. des Sortiments und - Standort der Preisaktion (Barth et al. 2007, 211).

Die Entwicklung von Preispromotions kann einerseits in Korrelation mit der Entwicklung und dem Wachstum der Eigenmarken oder der stärker werdenden Konkurrenzsituation in Ver-bindung gebracht werden. Die gestiegene Bedeutung der Eigenmarken (siehe nachfolgen-des Kapitel) wie auch die zunehmende Breite an Anbietern setzen Markenartikelhersteller zusehends unter (Preis-)Druck. Klassische, im österreichischen LEH tätige Industrieunter-nehmen müssen dieser Entwicklung mit verstärkten Aktionen entgegen steuern, was sich wiederum im Promotionsdruck der Warengruppe bzw. der einzelnen Marke widerspiegelt.

Nach Auffassung des Autors besteht die Notwendigkeit diese beiden Entwicklungen (Bedeu-tung der Eigenmarken; Promotionsdruck) im österreichischen LEH näher zu betrachten.

Nachfolgen werden diesbezüglich einige Kennzahlen und Entwicklungen angeführt.

3.2.1.1. Eigenmarkenentwicklung im österreichischen LEH / DFH

Ziel dieses Abschnitts ist die Entwicklung der Eigenmarkenanteile im österreichischen LEH exkl. Hofer/Lidl bzw. LEH exkl. Hofer/Lidl + DFH aufzuzeigen. Der damit einhergehende Zu-sammenhang zum Anstieg der Preisreduktionen wurde bereits diskutiert und ist auch Grund-lage für den im Anschluss folgenden Abschnitt zur Entwicklung der Promotionsintensität.

Nachfolgende Abbildungen stellen die Entwicklungen der Eigenmarkenanteile im Zeitverlauf seit 2001 dar:

Ϭ

Abbildung 14: Anteilsentwicklung der Eigenmarken im österreichischen LEH / DFH (Quelle: Nielsen 2011, 34)

Während sich Eigenmarken (eingedeutscht auch unter „Private Label Brand“ oder „PLB“ ge-bräuchlich) im Drug-Bereich seit 2004 dem Gesamtmarkt entsprechend entwickeln und kaum einen relativen Zuwachs verzeichnen, ist im Food-Bereich ein deutlicher Anstieg von einem Niveau von 10% in 2001 auf mittlerweile 15,5% am Gesamtumsatz erkennbar. Treiber der Entwicklung war zuletzt die Einführung der Diskont-Schiene S-Budget im Jahr 2008, die den Eigenmarkenanteil auf nationalem Level wieder deutlich anstiegen ließ (Spar AG 2010, o.S.).

Überdies wurde das Wachstum mit Preisaktionen auf die ohnehin schon im Preiseinstieg angesiedelten Eigenmarken unterstützt.

Die angeführten Werte umfassen aufgrund der Datenverfügbarkeit den österreichischen Ge-samtmarkt exklusive dem vom Nielsen definiertem Diskontbereich, also ohne Hofer/Lidl. Die-se beiden Märkte führen jedoch vor allem Eigenmarken im PreiDie-seinstiegsbereich und würden dementsprechend den Eigenmarkenanteil weiter erhöhen. Bei einer direkten Kumulation des Eigenmarkenumsatzes im LH exkl. Hofer/Lidl und des Gesamtumsatzes von Hofer/Lidl34 würde der Eigenmarkenanteil insgesamt auf knapp 35% ansteigen (Nielsen 2010, 11ff). Im europäischen Vergleich liegt Österreich damit im vorderen Mittelfeld.

3.2.1.2. Promotionsdruck im österreichischen LEH

Das Promotions zu einem für viele Unternehmen wichtigen Absatzhebel geworden sind, ist Inhalt zahlreicher Diskussionen in Wissenschaft und Praxis. Die selbst auferlegte

34 In diesem Kontext möchte der Autor auf eine gewisse Unschärfe der Berechnung hinweisen, da sowohl der Diskonter Hofer wie auch Lidl auch über ein nicht unerhebliches Markensorti-ment verfügen. Aufgrund der Datenverfügbarkeit können jedoch keine genaueren Angaben präsentiert werden.

Total Food Total Drug

keit und der bestehende Druck der Unternehmen, stets die Werte des Vorjahres zu übertref-fen und somit eine positive Entwicklung anzuführen, erhöhen die Präsenz dieses Instru-ments. Ein recht unkonventioneller Vergleich zur Abhängigkeit von Konsumenten oder Un-ternehmen wird im Buch von Armstrong et al. (2009, 319) gezogen: „Price promotions are the brand equivalent of herion: easy to get into but hard to get out of.“ Dies bestätigt sich auch im stetig steigenden Promotionsdruck, dessen Entwicklung der letzten zehn Jahre nachfolgend angeführt wird. Die Basis bilden dafür Zahlen des Marktforschungsunterneh-mens Nielsen, welche als die genauesten, weil nahezu ausschließlich auf gescannten Ab-verkaufsdaten basierenden, Informationen über den österreichischen Markt gelten.

ĂƐŝƐ͗EŝĞůƐĞŶDĂƌŬĞƚdƌĂĐŬĞdžŬů͘&ƌŝƐĐŚĞŝŵ>,ĞdžŬů͘,ŽĨĞƌͬ>ŝĚů;ƉĞƌƉƌŝůϮϬϭϬͿ

Abbildung 15: Entwicklung der Promotionsintensität im österreichischen LEH (Quelle: Nielsen 2010, 42)

Wie in der Darstellung ersichtlich ist, wächst der Promotionsdruck kontinuierlich und im letz-ten Jahr sogar deutlich über dem Vorjahr. Nach Einschätzung von Handelsexperletz-ten dürfte der Druck im Jahr 2010 die 30%-Grenze überschreiten, da der Wachstumsdruck eher stärker als geringer geworden ist. Bei aktuell publizierten Werten ist dies für die Top 15 Kategorien bereits der Fall (Nielsen 2011, 33).

Auch die Intensität von Preissenkungen wird auf Produkt-, Warengruppen- oder Kategorie-ebene meist mit dem vorherrschenden Promotionsdruck verglichen. Zwar ist diesbezüglich zu beachten, dass auch – insbesondere für preissensible Konsumenten relevante (Gün-ther/Vossebein/Wildner 1998, 264ff; Erdem et al. 2001, 456) – Display- und Flugblattplatzie-rungen in den Nielsen-Zahlen als Promotion gewertet werden, jedoch gibt es den Erfah-rungswerten zufolge nur vereinzelt Promotionsformen ohne gleichzeitiger Kommunikation des Preises bzw. einer Preissenkung (siehe auch Lattin/Bucklin 1989, 301). Aus diesem Grund unterstellt der Autor eine direkte Korrelation des Wachstums der Promotionsintensität im österreichischen LEH und der allgemeinen Preissenkungen.

Eine Sonderform und ein in der Realität von vielen Seiten kritisierter Punkt ist die Auswei-sung von Promotionsaktionen, deren Preisreduktion länger als 4 Wochen andauert (siehe Kapitel 1.3.4 bzw. 2.7). Sofern die Aktion nur durch eine Preisreduktion und nicht begleitend von Flugblatt- bzw. Displayplatzierungen gefördert wird, werden die relevanten Ab- und

Um-sätze ab der fünften Woche in den Nielsen-Zahlen nicht mehr als Promo-, sondern als Ku-rantwerte erfasst. Aufgrund dieses berechnungs- und ausweisungstechnischen Problems darf ein generell höherer Promotionsdruck im österreichischen LEH angenommen werden.

Eine exakte Berechnung ist jedoch nicht weiter möglich. Möglicherweise bieten Erkenntnisse dieser Arbeit einen ersten Ansatzpunkt für eine genauere Bestimmung bzw. Klärung der Dis-kussion.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Preissenkungen ein wichtiges Instrument für im Handel tätige Unternehmen geworden sind und durch den Anstieg des Promotionsdrucks sowie des Eigenmarkenanteils an zunehmender Präsenz gewinnen. Dabei werden Preisakti-onen auch zur Etablierung der eigenen Vertriebsschienen sowie zur Imagebildung gesetzt.

Die Überbewertung dieses Absatzhebels birgt jedoch auch die Gefahr, sich aufgrund der wachsenden Bedeutung in zu große Abhängigkeit des Instruments zu begeben.

Neben Preissenkungen bewirken aber auch Preiserhöhungen Veränderungen des Preises, die wiederum direkt auf den Referenzpreis des Konsumenten wirken. Im nächsten Abschnitt wird ergänzend auf die Ursachen und Hintergründe von Preiserhöhungen eingegangen.