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2.5. Einflussfaktoren auf das Preiswissen

2.5.2. Psychographische Faktoren

Psychographische Faktoren sind Merkmale, welche die Einstellung und Wertehaltung eines Konsumenten näher beschreiben und der Abgrenzung von Zielgruppen dienen (Kroeber-Riel/Weinberg 2003, 371). Je nach Ausprägung der Faktoren wird auch die Genauigkeit des Referenzpreiswissens bestimmt (Estelami 1998, 257).

Aus der Vielzahl möglicher psychographischer Faktoren sind wiederum einige ausgewählte im Hinblick auf das Referenzpreiswissen von besonderem Interesse. Dazu zählen Kontakt-häufigkeit, Loyalität, Involvement, der Anlass des Kaufs, die Affinität zu Promotions oder die Wertschätzung qualitativ hochwertiger Produkte. Nachfolgend werden ausgewählte Erkennt-nisse zu den Faktoren angeführt und auch deren direkter Zusammenhang näher diskutiert.

Der Anlass des Einkaufs, ob dieser spontan oder geplant durchgeführt wird, gilt nach Ma-zumdar et al. (2005) als wesentlicher Kontextfaktor für das Referenzpreiswissen (MaMa-zumdar et al. 2005, 86). Der Autor versteht unter einem geplanten Einkauf den überwiegenden Er-werb von im Vorfeld des Einkaufs definierten Produkten. Geplante Einkäufe bedürfen auch einer bestimmten Vorbereitung. So werden neben der möglichen Erstellung einer Einkaufs-liste auch der aktuelle Lagerstand sowie aktuell verfügbare Angebote, bspw. aus diversen Flugblättern, berücksichtigt. Basierend auf studienübergreifenden Erfahrungswerten gelten zumindest 50% aller Einkäufe im Lebensmittelhandel als geplant (Park et al. 1989, 429).

Auch das Suchverhalten nach Angeboten oder bestimmten Produkten, definiert nach der Anzahl von besuchten Geschäften vor dem eigentlichen Kauf (Kujala/Johnson 1993, 250), spielt diesbezüglich eine wichtige Rolle.

Als wichtiger Faktor für das jeweilige Preiswissen gilt auch die individuelle Affinität zur Be-achtung von Werbeschaltungen (Moon/Voss 2009, 32). In der Literatur werden auf Händler-seite gesetzte Maßnahmen die beeinflussend vor dem eigentlichen Einkauf wirken als Pre-Store Approaches bezeichnet. Dazu zählen im FMCG Bereich vor allem Flugblattschaltun-gen, weil diese bei geplanten Einkäufen und bestehender Affinität im Vorfeld berücksichtigt werden können (Mazumdar et al. 2005, 87). Ein erhöhtes Interesse an Flugblatt- oder Anzei-genschaltungen führt meist auch zu einer stärkeren Beachtung bzw. stärkerem Interesse an produktspezifischen Merkmalen. Auch der Preis ist in diesem Zusammenhang inkludiert.

Die im Vorfeld angeführten Kriterien hängen auch eng mit dem psychographischen Faktor des Involvements zusammen. Der Begriff des Involvements wurde in der Literatur bislang nicht eindeutig mit einer allgemein gültigen, abschließenden Definition bestimmt (Kroeber-Riel/Weinberg 2003, 371). Beispielsweise bezieht sich Involvement nach Sinha/Prasad (2004) auf das Interesse und die aktive Suche nach Promotions – innerhalb und über Han-delsunternehmen hinweg – sowie die Empfänglichkeit für Empfehlungen dritter Personen (Sinha/Prasad 2004, 28). Siems (2009) hingegen definiert Involvement auch als Maß des Engagements eines Menschen, sich Entscheidungen und/oder einem Meinungsgegenstand zu widmen (Gröppel-Klein 2004c, 361ff; Kuß/Tomaczak 2007, 73ff; Siems 2009, 227). Eine mehr als zwei Jahrzehnte, aber noch heute akzeptierte Definition von Lichtenstein et al.

(1988) umschreibt den Begriff des Involvements vor allem mit den Kriterien, welche Bedeu-tung man dem Produkt zuschreibt, ob man den Eigenschaften des Produktes einen höheren Wert beimisst als dem Preis und wie sehr man sich für dessen Preis generell interessiert (Lichtenstein et al. 1988, 245).

Im Hinblick auf das Inhaltselement des internen Referenzpreises ist die Unterscheidung zwi-schen High- und Low-Involvement Konsumenten entscheidend (Chandrashekaran 2001, 90).

Auch aus unternehmerischer Sicht ist diese Unterscheidung von Relevanz. So ist es insbe-sondere bei Low-Involvment Konsumenten vorteilhaft Veränderungen im Preis oder den Ei-genschaften des Produkts besonders zu kommunizieren (Chandrashekaran 2001, 87). High-Involvement Konsumenten greifen hingegen vor allem auf numerische Informationen zurück, weshalb aus unternehmerischer Sicht versucht werden sollte, den internen Referenzpreis zu erhöhen (Laurent/Kapferer 1985, 41; Chandrashekaran 2001, 90f). In diesem Zusammen-hang ist überdies vorteilhaft, dass für High-Involvement Konsumenten nicht der Preis allein ausschlaggebendes Kriterium für den Kauf ist (Helgeson/Beatty 1987, 385).

Die Häufigkeit und Regelmäßigkeit des Kontakts mit einem Produkt haben einen indirekten Einfluss auf das Preiswissen bzw. die Wahrnehmung von Preisveränderungen (Janis-zewski/Lichtenstein 1999, 366). Unter Kontaktfrequenz wird in diesem Zusammenhang auch die Kaufhäufigkeit, schlussfolgernd die Anzahl der Kaufakte innerhalb einer bestimmten Pe-riode bei einem einzelnen Händler, verstanden. Nach Bucklin/Lattin (1991) bildet sich die Kaufhäufigkeit aus einer Funktion von Haushaltslager, Verwendungshäufigkeit und aktuellem Preis (Bucklin/Lattin 1991, 25). Überdies ist auch die Stärke der Assoziation von Preis und Qualität als bestimmender Faktor festzuhalten (Biswas/Blair 1991, 3; Estelami/De Maeyer 2004, 130ff; Völckner 2006, 477; Diller 2008, 151). Dieser Zusammenhang ist und wird umso stärker, je mehr der Konsument von vornherein ein Risiko beim Kauf ausschließen möchte (Fürst et al. 2004, 539ff; Diller 2008, 154) und je stärker der Konsum in der Öffentlichkeit stattfindet (Völckner 2006, 481). In Anlehnung an die Assimilation-Kontrast Theorie (Kalya-naram/Little 1994) wird nicht zuletzt auch die Größe des jeweiligen Preisakzeptanzbereichs von der Kontaktrate bestimmt.

Mit steigender Kontaktfrequenz erhöht sich die Wahrscheinlichkeit sich den Preis zu merken und damit auch Preisänderungen wahrzunehmen. Dabei kann die Kontaktart in jeweils eine indirekte und direkte Ebene unterschieden werden. Diesbezüglich ist einerseits der indirekte, passive Kontakt mit dem Produkt beim Kauf innerhalb der Warengruppe gemeint, anderer-seits der direkte und aktive Kontakt im Zuge des direkten Erwerbs des Produkts. Krishna et al. (1991) erweitern diese Betrachtung um eine weitere Kontaktebene, welche lediglich den Einkauf innerhalb des Geschäfts beinhaltet (Krishna et al. 1991, 10). Generell ziehen Kon-sumenten mit hoher Kontaktrate eher den Preis des letzten aktiven Kontakts als deren Refe-renzpreis heran, da eine bewusste, kognitive Verfestigung aufgrund der hohen Kontaktfre-quenz nicht notwendig ist (Sinha/Prasad 2004, 29). Überdies besteht ein starker Konnex zwischen der Kaufhäufigkeit innerhalb der Warengruppe und der jeweiligen Experimentier-freudigkeit. Grund dafür ist, dass entweder der Wunsch nach Abwechslung entsteht oder der regelmäßige Kontakt mit der Warengruppe zu Probierkäufen animiert (Sinha/Prasad 2004, 29).

Als Grundvoraussetzung für eine hohe Kaufhäufigkeit sowie entsprechende Anhäufung von Lagerständen einzelner Produkte gilt eine in gewisser Ausprägung vorhandene Loyalität (Bucklin/Lattin 1991, 25; Moon/Voss 2009, 32). Diese kann einerseits gegenüber einem Pro-dukt, andererseits natürlich auch gegenüber einer Einkaufsstätte bestehen (Urbany et al.

2000, 244). Dem Kurantpreis wird im Hinblick auf die Loyalität eine höhere Bedeutung zuge-schrieben als dem Promotionspreis (Guadagni/Little 1983, 225). Als direkter Effekt kann bei einer hohen Loyalität von einem Zuwachs des Lagerstandes bei Promotionsaktionen der bevorzugten Marke bzw. des bevorzugten Produkts ausgegangen werden (Krishnamurthi et al. 1992, 390). Dabei erlangt vor allem die Bevorratungsfähigkeit beim Kauf von Mengen über dem Durchschnitt große Bedeutung. Natürlich ist diesbezüglich auch das Ausmaß der aktuellen Bevorratung ein wichtiges Kriterium. Bei fehlender Loyalität wird das Kaufverhalten oftmals unter dem Synonym „Variety Seeking“ als spontan und aktionsgeleitet bezeichnet.

Durch den Wunsch des Kunden andere Produkte bzw. Einkaufsstätten als bisher in

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Preiswissen

spruch zu nehmen (Tscheulin 1994, 54; Bänsch 1995, 350f), gilt die Entstehung von über-höhten Lagerständen als unwahrscheinlich. In diesem Zusammenhang unterstützt eine hohe Preissensitivität das Verhalten (Helmig 1997, 148).

Abschließend erscheint es dem Autor notwendig, den Zusammenhang der vorgestellten psy-chographischen Faktoren darzustellen. Diese Betrachtung der direkten und indirekten Inter-aktionen ist einerseits für die Hypothesengenerierung, andererseits für die Interpretation der empirischen Ergebnisse wichtig.

Abbildung 12: Zusammenhang psychographischer Faktoren (Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der zitierten Literatur)

Die Faktoren Kaufhäufigkeit, Loyalität bzw. Involvement, Anlass des Einkaufs und Affinität zu Flugblättern sind in direkter bzw. indirekter Weise entscheidend für das Ausmaß des jeweili-gen Lagerstandes. Voraussetzung ist dafür die grundsätzliche Bevorratungsfähigkeit beim Kauf von Mengen über dem Durchschnitt, wobei diese wiederum direkten Einfluss auf die Einkaufsfrequenz und folglich auf den Lagerstand hat (Neslin/Henderson/Quelch 1985, 160;

Gupta 1988, 352; Jedidi et al. 1999, 10).

Aus der Darstellung ist ersichtlich, dass vor allem die Kaufhäufigkeit bzw. -frequenz als zent-rales Element von weiteren Indikatoren beeinflusst wird und somit wesentliche Bedeutung für das Preiswissen hat. Das empirische Konzept wird insbesondere auf diesen Faktor in der Hypothesengenerierung und -beantwortung konkreter eingehen.

Neben den soziodemo- und psychographischen Faktoren gibt es noch weitere wesentliche, unter dem Begriff Kontextfaktoren vereinte Elemente des Preiswissens. Diese werden im nächsten Schritt ebenso angeführt und diskutiert, um die Zusammenhänge, Indikatoren und Treiber des Preiswissens zu verstehen.