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4. Untersuchungsmodell und empirischer Ansatz der Arbeit

4.7. Vorgehensweise bei der Produktauswahl der empirischen Untersuchung

4.7.1. Anspruch an die ausgewählten Produkte

Bei der Auswahl der Produkte wurden anfangs einzelne Basiskriterien, welchen die poten-ziellen Produkte grundsätzlich im Hinblick auf die Fragestellung entsprechen, definiert. Nach-folgende Übersicht fasst diese Grundsätze zusammen.

Abbildung 24: Kriterien der Produktauswahl zur empirischen Untersuchung (Quelle: Eigene Darstellung)

Die grundlegendste Voraussetzung an die auszuwählenden Produkte der empirischen Un-tersuchung war, dass diese aus dem FMCG Sortiment des österreichischen Lebensmittel-einzelhandels stammen mussten. Dies ergibt sich zwangsläufig durch die Forschungsthema-tik bzw. -frage. Der Autor legte besonderen Wert darauf, dass die selektierten Produkte von führenden Markenartikel-Unternehmen stammten. Diesbezüglicher Hintergrund ist unter an-derem die Theorie des Eckartikeleffekts, welcher mit der bewussten Aktionierung bestimmter Produkte von vielen Unternehmen zur Beeinflussung bzw. Färbung der Konsumentenwahr-nehmung eines Geschäfts bzw. einer Handelskette zum Einsatz kommt (Diller 2008, 131ff) Für die Untersuchung der Veränderung des Konsumentenpreiswissens war eine langfristige Preisänderung der untersuchten Produkte notwendig. Da das empirische Studiendesign ins-gesamt vier Wellen über rund vier Monate hinweg vorgesehen hat, konnte eine kurzfristige Preisänderung, wie etwa eine temporäre Flugblattschaltung, nicht als Basis herangezogen

Langfristige

werden. Die Langfristigkeit der Preisänderung definiert sich für die Untersuchung als nicht-temporäre Veränderung der Preishöhe, deren zeitliche Dauer länger als vier Wochen und somit, den Erfahrungswerten folgend, keine temporäre Flugblattwerbung ist (Nielsen 2009a, o.S. zitiert nach Schnedlitz 2009, 235; Nielsen 2009b, 5). Preisänderungen im Rahmen der Billa „Top 300 Aktion“ sowie ein Dauertiefpreis der Spar genügen diesen Ansprüchen und waren auch die Grundlage für die finale Produktauswahl. Des Weiteren erwartete der Autor für ein Produkt der Warengruppe Milch aufgrund zahlreicher, öffentlicher Diskussionen zu-ständiger Produzenten- und Lieferantenkreise eine umgesetzte Preissteigerung im Untersu-chungszeitraum. Auf diesen Zusammenhang wird in der konkreten Produktvorstellung noch genauer eingegangen.

Um die Ergebnisse der empirischen Untersuchung des Konsumentenpreiswissens auf meh-rere Warengruppen übertragen zu können bzw. auch Unterschiede zwischen den Waren-gruppen herauszuarbeiten51, wurde als weiteres Kriterium festgelegt, dass die zu untersu-chenden Produkte aus verschiedenen Warengruppen stammen sollten. Der Autor erwartete sich daraus Implikationen und erkennbare Unterschiede, in welchen Warengruppen Konsu-menten vermehrt auf Preise und Aktionen achten. Auch dieser Punkte wurde in der Literatur als Forschungslücke definiert. Estelami/Lehmann (2001, 43) haben die fehlende statistische Signifikanz des Preiswissens im direkten Vergleich verschiedener Warengruppen festgestellt und damit die früheren Ergebnisse von Wakefield/Inman (1993, 231) nochmals bestätigt. Der Autor möchte die Ergebnisse seiner Untersuchung gleichsam testen.

Ein weiteres, vom Autor festgelegtes Kriterium für die zur Untersuchung herangezogenen Produkte waren eine hohe Einkaufshäufigkeit und Penetration innerhalb der Warengruppe.

Durch die Messung des Preiswissens von oft gekauften Produkten steigt die Validität der Ergebnisse, da das Konsumentenpreiswissen bei Produkten des täglichen Bedarfs am ge-nauesten sein dürfte. Vor allem Urbany/Dickson (1991) stellten in diesem Zusammenhang geringere Abweichungen des Preiswissens bei regelmäßig gekauften Warengruppen fest (Urbany/Dickson 1991, 50). Auch für die Händlerseite ist eine Untersuchung von Produkten mit hoher Einkaufsfrequenz interessant, da insbesondere Änderungen des Referenzpreises bei häufig gekauften Gütern des täglichen Bedarfs vorteilhaft sind (Lowengart/Mizrahi 2001, 377).

Um den erwähnten Kriterien in dieser empirischen Untersuchung zu entsprechen, wurde im Vorfeld der nachfolgend vorgestellten Feldstudie eine Analyse auf Basis von Schweizer Haushaltspanelzahlen der Firma Nielsen durchgeführt52. Da der Autor über sehr gute takte zu Nielsen verfügte, in Österreich jedoch das Haushaltspanel der Gesellschaft für Kon-sumforschung (kurz GfK) dominiert und Nielsen deshalb lokal in diesem Geschäftszweig nicht tätig ist, griff der Autor auf Daten des Schweizer Marktes zurück. Der direkte Vergleich des Schweizer und Österreichischen Umfelds ist nicht pauschal zulässig, worauf der Autor auch bewusst geachtet hat. Für die Ableitungen zur Bestimmung der relevanten Warengrup-pen wurde über diese Aspekt jedoch aus studienökonomischen Gründen hinweg gesehen.

51 Der Mangel an Untersuchungen des Preiswissens von Produkten mehrerer Warengruppen wurde zuletzt von Sinha/Prasad (2004, 30) mehrfach betont.

52 Das vorliegende Untersuchungsdesign kann dem Single-Source-Ansatz nicht zugeordnet werden, da keine direkte Verknüpfung von Panel-Daten erfolgte. Überdies handelt es sich in diesem Zusammenhang, trotz einer qualitativ orientierten Vorstudie, um keinen klassischen Mixed Method Ansatz (bspw. Walter 2009, 63ff).

Die Warengruppen-Informationen zum Schweizer Markt wurden anhand deren Einkaufshäu-figkeit und Penetration auf Jahrestotal-Basis analysiert und in der Folge gerankt53. Dabei basiert die Definition von Einkaufshäufigkeit und Penetration auf länderübergreifend gültigen Standards des in über 28 Ländern verfügbaren und weltweit über 300.000 Haushalte umfas-senden Nielsen-Haushaltspanels (Nielsen 2009c, o.S.). Tabelle 21 bietet auf Basis ausge-wählter Literatur einen Überblick über deren Definition.

Basiskennzahl Definition Einkaufshäufigkeit Anzahl der Käufe eines Produkts in einer Berichtsperiode

(Un-ger 2008, 338) Penetration in %

= Käuferreichweite in %

Anteil der Käufer einer Warengruppe in Relation zu den Käu-fern aller Warengruppen (Reutterer 1998, 250; Koch 2004, 112)

Käuferreichweite Anzahl oder Prozentsatz der Haushalte, die das Produkt zu-mindest einmal in der Berichtsperiode gekauft haben (Unger 2008, 335)

Tabelle 21: Definition von Einkaufshäufigkeit und Penetration (Quelle: Eigene Darstellung)

Eine Fragestellung der empirischen Untersuchung befasst sich mit der absoluten Höhe des Kurantpreises. Der Autor wird prüfen, ob der Unterschied der Genauigkeit des Preiswissens bei verschieden hohen Kurantpreisen signifikant ist. Die Vermutung basiert auf der Hypothe-se, dass sich Konsumenten mit den Preisen teurer Produkte kognitiv stärker beschäftigen als mit Preisen von Produkten unterer Preisniveaus (Laurent/Kapferer 1985, 41; Estelami 1998, 257; Chandrashekaran 2001, 85ff; Shirai 2003, 262). Eine genaue Grenze zwischen teuren und billigen Produkten wurde in der Referenzpreisliteratur anhand eines absoluten Preises noch nicht gezogen. Stattdessen wird vor allem über Low- und High-Involvement Produkte diskutiert, deren Operationalisierung beispielsweise über den Suchaufwand innerhalb und zwischen den Geschäften sowie über die Bereitschaft, Meinungen von Freunden und Han-delsangestellten über Produkte anzunehmen, erfolgt (Sinha/Prasad 2004, 28; Pechtl 2005, 50).

Aufgrund der Forschungsfrage ergibt sich noch ein weiteres Kriterium für die Auswahl der für die empirische Untersuchung herangezogenen Produkte. Dauertiefpreise werden in der ös-terreichischen Handelslandschaft nie im Vorfeld angekündigt, da nur deren Umsetzung an die Öffentlichkeit kommuniziert wird. Es gibt kaum Untersuchungen, welche einer Vorankün-digung von Preissenkungen vorteilhafte Effekte zusprechen würden. Lattin/Bucklin (1989) vertreten in diesem Zusammenhang aber die Meinung, dass die Reaktion auf eine unerwar-tete Preissenkung, sie bezeichnen es als „pleasant surprise“, größer ist als auf eine erwarte-te und im Vorfeld angekündigerwarte-te (Lattin/Bucklin 1989, 299).

Die Forschungsfrage dieser Arbeit basiert auf der Untersuchung von Dauertiefpreisen, wobei sich die Produktauswahl vor allem auf den Account Billa bezogen hat, da diesbezüglich der

53 Eine im Anschluss an die empirische Erhebung durchgeführte Überprüfung der Daten wird nachweisen, ob die Unterschiede der Warengruppen anhand der beiden Kennzahlen

kant sind.

Einsatz einer Dauertiefpreisaktion im Vorfeld absehbar war54. Um jedoch auch eine Differen-zierung und einen Vergleich zu anderen Accounts zu ermöglichen, wurde ein zuletzt auf Dauer preisgesenktes Produkt der Spar Schiene ebenfalls in das finale Studiendesign auf-genommen. Eine detaillierte Vorstellung der einzelnen Produkte folgt im nachfolgenden Ab-schnitt 4.7.4.

Die untersuchten Vertriebsschienen Billa und Spar (Supermärkte) werden im internationalen Vergleich den Supermärkten und demnach der dominierenden Betriebsform am österreichi-schen Markt zugeordnet. Österreich wird oftmals als Land der Supermärkte bezeichnet, da es in keinem anderen Land Kontinentaleuropas eine derart hohe Dichte an Supermarkt-Filialen pro Einwohner gibt (Lebensministerium 2008, o.S.). Auch nach der Gesamtzahl an Einkaufsstätten je Million Einwohner liegt Österreich nach Norwegen an vorderster Front.

Nachfolgende Darstellung wird dies im europäischen Vergleich verdeutlichen:

Abbildung 25: Dichte an Verbraucher- und Supermärkten ab 400m² in Europa (Quelle: Nielsen 2008, o.S. zitiert nach Lebensministerium 2008, o.S.)

In Abbildung 25 wurde die Relation zwischen sämtlichen Filialtypen ab 400m² und der jewei-ligen Gesamtbevölkerung gesetzt. Der kleinstrukturierte Lebensmittelhandel, der in Öster-reich trotz enormen Wachstums der Filialketten mit 37%55 der Filialen noch immer eine sehr große Bedeutung hat, fand keine Berücksichtigung in der Darstellung.

54 Das Datum des Beginns der Dauertiefpreisaktion „Billa Top 300“ konnte aufgrund der drei-monatigen Dauer der Aktion im Vorfeld bestimmt werden. Informationen zu den darin enthal-tenen und dauerhaft preisgesenkten 300 Produkten waren jedoch nicht verfügbar.

55 Der kleinstrukturierte Lebensmittelhandel (bis 400m²) umfasst zwar 37% der Gesamt-Le-bensmittelfilialen, setzt jedoch nur 11,4% des Gesamtumsatzes um (Nielsen 2011, 11). Über-dies zeigt sich, dass, aufgrund des enormen Wachstums des filialisierten LEH sowie des Dis-kontbereichs, die Bedeutung der kleinstrukturierten Betriebsform sowie die entsprechende Filialanzahl kontinuierlich zurückgehen.

Ein Supermarkt wird der Größe nach gemäß Nielsen als eine Handelsfiliale mit einer Ver-kaufsfläche von 400m²-1.000m² definiert. Katalog E (2006) bestimmt die VerVer-kaufsfläche ei-nes Supermarktes mit mindestens 400m² und höchstens 800m²-1.500m² (Schröder 2002, 20; Katalog E 2006, 56), wobei Billa und die Spar Supermärkte ebenso diesem Segment zugerechnet werden.

Nachdem nun auf alle Kriterien näher eingegangen wurde, wird im nächsten Schritt die Da-tenbasis der Produktauswahl näher vorgestellt. Der Rahmen des Schweizer Haushaltspanel sowie dessen Grundgesamtheit leitet in die Vorgehensweise der Auswahl bzw. anschließend in die Vorstellung der ausgewählten Produkte über.