• Keine Ergebnisse gefunden

4. Regional-empirischer Teil

4.3 Die Gletscher der Spantik-Sosbun-Südabdachung / Haramosh-Nord- abdachung

4.3.1 Chogolungma-Gletscher

4.3.1.1 Die tributären Gletscher des Chogolunmga-Gletschers und ihr Einfluss auf die Eisrandtalbildung des Chogolungma-Gletschers Eisrandtalbildung des Chogolungma-Gletschers

4.3.1.1.4 Sgari-byen-Gletscher (Hoh-Gletscher)

Das Sgari-byen- und das benachbarte Bolocho-Tal sind sich im Hinblick auf die topographische und glazialmorphologische Ausstattung ausgesprochen ähnlich. Auch in dem steilwandigen Sgari-byen-Tal sind Ufermoränen nicht überliefert bzw. nicht zur Ablagerung gekommen. Weiterhin sind es keine reinen Lawinenkesselgletscher, so dass der abrupte Gefällsknick, der die exzessive Schuttablagerung fördert, fehlt.

Die Gletscherzunge liegt circa 1 km zurückgezogen in ihrem Talgefäß in rund 4100 m Höhe. Sie ruht auf einem Schuttpodest. Talabwärts schließen sich Kamekegel an. Auch am Sgari-byen-Gletscher kommt es zur temporären Seebildung. Lakustrine Sedimente sind an der Konfluenz zum Chogolungma-Gletscher in 3865 m abgelagert. An der Nahtstelle von Sgari-byen-Tal und Chogolungma-Gletscher hat sich letzterer in das Sgari-byen-Tal pfropfenförmig eingefügt. Bislang erfolgte noch keine Ufermoränenneubildung.

Photo 4.3.1.28: Die Sgari-byen-Gletscherzunge () liegt weit zurückgezogen vom Chogolungma-Gletscher entfernt, der im Rücken des Bildbetrachters liegt. Im Gletschervorfeld schließen sich relikte lateroglaziale Schuttkörper (‘) an, die allerdings durch hangiale Prozesse einer raschen Degradation unterliegen. Auf-nahme: L. Iturrizaga 22.07.2000/8.

Photo 4.3.1.29: Das Photo wurde vom Chogolungma-Gletscher mit Blick in das Bolocho-Tal aufgenommen. Lateroglaziale Sedimentkomplexe, z.T. bereits reliktisch, säumen ähnlich wie beim Sgari-byen-Tal die Talflanken (). Sie ziehen sich deutlich bis zur Konfluenz mit dem Chogolungma-Gletscher hinab. Die Bolocho-Gletscherzunge () liegt tief eingesunken in der Ufermoränenfassung und hatte nach KICK

(1956) im letzten Jahrhundert keinen Anschluss mehr zum Hauptgletscher. Aufnahme: L.

Iturrizaga 20.07.2000/12.

4.3.1 Chogolungma-Gletscher 170

Historische Gletscherschwankungen des Chogolungma-Gletschers: Die Zungenbewegungen des Chogolungma-Gletschers sind recht gut dokumentiert (MERCER 1975: 382), während die Informationen über die Schwankungen der Gletscheroberfläche, die für die Ufertalbildung von Interesse sind, spärlich ausfallen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war der Gletscher stark im Vorstoß begriffen und endete kurz vor Arandu. Für das Jahr 1835 notierte VIGNE (1842: 285) langsame Vorstoßbewegungen des Gletschers. 1861 lag das Gletscherende nur noch 365 m von Arandu entfernt. Am Eisrand wurden Bäume vom Gletscher überfahren (GODWIN-AUSTEN 1864: 49f.) und supraglazialer Schutt fiel von der Gletscherstirn in den Flurbereich Arandus (GODWIN-AUSTEN

1893: 300). Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lag die Chogolungma-Gletscherzunge 2,5 km talaufwärts von Arandu (GODWIN-AUSTEN 1864: 51). OESTREICH (1911: 29) vermerkt, dass der Gletscher im Jahre 1902 Rückzugserscheinungen aufweist. WORKMAN (1905: 251; 1910b: 195) konstatierte, dass ein großer Nebentalgletscher (Anm. der Verf.: der Tippuri-Gletscher) vorgestoßen sei, während der Hauptgletscher bemerkenswert geschrumpft sei. Die Zunge des Chogolungma-Gletschers war aus dem Feldbereich von Arandu zurückgewichen und die Gletscheroberfläche lag 60 m unterhalb der Ufermoränenfassung. 1913 beobachtete de FILIPPI(1932: 88), dass die Gletscherzunge Felder unter sich begraben hätte. KICK (1956: 337) weist für das Jahr 1954 auf eine merkliche Ausdünnung des Gletscherkörpers hin. Er geht davon aus, dass der Chogolungma-Gletscher seit dem 12.-13.

Jahrhundert – als das Dorf Arandu gegründet wurde - nicht weiter vorgestoßen sei als die Gletscherendlage von 1913. Die tief eingesunkene Gletscherzunge stirnte 2000 vor dem Kero-Lungma-Talausgang.

Das stark schuttverhüllte Gletscherende wird heute von einem bewachsenen, etwa 600 m – 800 m langen Toteissaum umkränzt, der im Wesentlichen die Ausdehnungen des Gletscherendes im Jahre 1954 markiert. Die Form der Gletscherzunge hat sich in den letzten 50 Jahren wenig verändert. Die zurückspringende Gletscherseeausbruchsstelle auf der rechten Zungenseite (vgl. Photographie Abb. 1 in KICK 1956) ist trotz des Gletscherrückzugs erhalten geblieben. Die taleinwärtige Siedlungsexpansion Arandus tastet dem zurückweichenden Gletscher und dem von ihm freigegebenen Sedimentstreifen in diesem buchtförmigen Bereich nach.

Spuren zur vorzeitlichen Vergletscherung und ihre Bedeutung für den lateroglazialen Sedimentationsaufbau: Auch am Chogolungma-Gletscher spielen vorzeitliche Moränenablagerungen an den Hängen eine elementare Rolle beim Aufbau der Eisrandtäler. Bereits DAINELLI(1922, zit. aus KICK 1956: 37) zeigte für die letzte pleistozäne Eiszeit, dass das Basha-Tal, also der Bereich talabwärts des Chogolungma-Gletschers bis zu seinem Talausgang an der Konfluenz mit dem Shigar-Tal (2400 m) vergletschert war. Der eiszeitliche Basha- und Braldu-Gletscherstrom reichten somit bis mindestens nach Skardu (2300 m). KUHLE (2001: 143) zeigt, dass im Talgefäß des heutigen Chogolungma-Gletschers als Teil des Karakorum-Eisstromnetzes die Mindesthöhe des Gletscherpegels während des Hochglazials von 5900 m ü. N.N. verlief und damit auch eine umfangreiche Grundmoränenverkleidung der Talflanken vorhan-den war. In Bezug auf die vorzeitliche Verglet-scherungsgeschichte wird die Hauptufermoräne auf der Basis der Glazialstadien von KUHLE (1994) in das Neoglazial bis zum historischen Stadium eingeordnet (Stadium V-X) (KUHLE2001).

In der Talkammer unterhalb von Arandu säumen insbesondere auf der linken Talseite moränale Sedimentkegel die Talflanke. Die Oberkanten ihrer distalen Steilufer sind in Moränenpfeiler aufgelöst, die die glazigene Genese erkennen lassen. Identische Zerrunsungsformen sind aktuell an den lateroglazialen Kamekegeln des Bolocho-Tales ersichtlich, die erst seit kurzer Zeit ihr Eiswiderlager verloren haben. Die Talflanken im aktuell lateroglazialen Bereich weisen ebenfalls deutliche Spuren der vorzeitlichen Vergletscherung auf. Die rechte Chogolungma-Talseite zwischen East-Marpoh- und Marpoh-Gletscher in einer Höhe zwischen 3600 m – 4000 m ist mit zahlreichen Nachbrüchen versehen, die auf das fehlende Eiswiderlager zurückzuführen sind. Zwischen Arencho und Bolocho sind in 3700 m Höhe in einer Einbuchtung des Eisrandtales mehrere Dekameter hohe glazifluviale Schotterlagen abgelagert (Photo 4.3.1.32, s. auch KICK 1956). Talabwärts von Arencho befinden sich Absitzungen im Hangmoränenmaterial und relikte Ufertalungen sind dem Hang angelagert (Photo 4.3.1.31). Diese glazialen und glazifluvialen Sedimente zeichnen die ehemals um mindestens mehrere

hundert Meter höher gelegene Gletscheroberfläche nach. Im Gletscherzungenbereich ist insbesondere die linke Talflanke mit residualen Hangmoränenkegeln versehen.

Photo 4.3.1.30: Die Talflanken des Eisrandtales sind hier in einer Höhe von 3500 m – 3700 m mit Hangmoränen verkleidet, die zum Teil alte Eisrandtalniveaus nachzeichnen. Sie sind mindestens dem Girgindil-Stadium zuzuordnen. Die Resedimen-tation dieser Ablagerungen hat zum Aufbau des Eisrandtales beigetragen. Aufnahme: L. Iturrizaga 14.07.2000/30.

Photo 4.3.1.31: Eine bis zu rund 200 m über das Eisrandtal (…) aufragende Ufermoräne (U) kommt aus diesem kleinen linken Chogolungma-Nebental (). Sie verdeutlicht die vitale Rolle, die die Ablagerungen der vorzeitlichen Vergletscherung beim Schutt-körperaufbau der Eisrandtäler gespielt hat. Im Mittelgrund ist die verschuttete Chogolungma-Gletscheroberfläche ersichtlich ({). Aufnahme:

L. Iturrizaga 15.07.2000/16.

Photo 4.3.1.32: Auf der linken Chogolungma-Talseite sind oberhalb von Arencho mächtige Schotterlagen () abgelagert, die vorzeitlich gegen das Gletscherwiderlager (Yukshin Gardan/Girgindil-Stadium) geschüttet wurden.

Ähnliche Sedimentablagerungen finden sich auch am Batura-Gletscher. Aufnahme: L.

Iturrizaga 20.07.2000/14.