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4. Regional-empirischer Teil

4.2 Die Gletscher der Hispar-Südabdachung / Spantik-Sosbun-Gruppe .1 Hispar-Gletscher

4.2.1.5 Kunyang-Gletscher

Der 16 km lange Kunyang-Gletscher wird in seinem oberen Einzugsbereich von drei Fast-Achttausendern (Trivor 7720 m, Destighil Sar 7885 m, Kunyang Chhish 7885 m) sowie von dem 7200 m hohen Bularung Sar und den Yazghil Domes (7300 m) eingerahmt (Photo 4.2.1.21).

Eislawinen tragen maßgeblich zu seiner Ernährung bei. Der flacher geneigte Teil der Gletscheroberfläche dieses Lawinenkesselgletschers setzt bei circa 4700 m ein und ist nach kurzer Lauflänge bereits stark verschuttet. Der Kunyang-Gletscher konfluiert in 3700 m Höhe mit dem Hispar-Gletscher. Eisrandtäler sind an diesem meridional verlaufenden Gletscher in beiden Expositionen ausgebildet.

Auf der westseitigen Kunyang-Gletscherseite ist zwischen 3700 m – 4300 m ein diskontinuierlicher Ufermoränensaum vorhanden. Lediglich im Mittelteil setzt das Eisrandtal streckenweise durch die Unterschneidung des Gletschers aus (Photo 4.2.1.4 & 21). Zum Teil ist die Ufermoräne durch Hangschuttkörper bereits übermantelt und zerschnitten. Im unteren Gletscherabschnitt ist die Ufermoränenterrasse nur ansatzweise von einem Ufermoränenwall begrenzt. Hier sind einige kleinere, 30 m – 40 m hohe Schuttkegel und –haufen aufgeschüttet, die auf glazigen-induzierte Nachbruchereignisse zurückzuführen sind. Beim unteren Schuttkegel ist die Abbruchnische deutlich sichtbar. Auch beim weiter talaufwärts gelegenen Schutthaufen ist die Abrutschspur des

4.2.1.5 Hispar-Gletscher: Kunyang-Gletscher 126

Gesteinsmaterials durch einen hellen gradlinig verlaufenden Streifen nachgezeichnet und weist auf die Jugendlichkeit des Ereignisses hin. Die Ufermoränenoberkante zeichnet die ehemals wellige Gletscheroberfläche nach. Ein größerer Nachbruch schließt sich weiter talaufwärts an. Sobald die Einzugsbereiche in die nivale, und damit schmelzwasserliefernde Höhenstufe hineinreichen, zeigen die Schuttkörper fluviale Zerschneidungen. In diesem Zusammenhang ist die Tatsache bemerkenswert, dass die Ufermoräneninnenhänge bereits stark durch Lawinen-, Mur- und Schmelzwasserabgänge zerschnitten sind. Eine Überlieferung einer intakten Kamesform nach dem Gletscherrückgang ist rar.

Photo 4.2.1.21: Die Hangabtrag ausgesetzt. Die Höhe der Ufermoränenaußenhänge nimmt taleinwärts ab. Beim Aufbau der Ufer-moräne sind nicht nur Schuttlieferungen vom Gletscher beteiligt, sondern zum Teil wird auch Hangschuttmaterial vom Gletscher im Zuge der beachtlichen vertikalen Gletscherschwankungen dieser Lawinenkesselgletscher emporgedrückt und wallförmig aufgeschüttet. Aufnahme: L. Iturrizaga 04.06.1999/29.

Der bis zu über 50° geneigte rechte Ufermoräneninnenhang, der talabwärts merklich an Höhe gewinnt, wird nur in seiner unteren Partie von einem seichten Schutthaldensaum eingehüllt. Im mittleren bis unteren Kunyang-Gletscherabschnitt (3900 m – 4000 m) sind die Ufermoräneninnenhänge bis zu 60 m vom Gletscher freigelegt. Eine typische dreiteilige Sequenz lässt sich im Aufschluss beobachten: Im oberen Drittel ist eine gleichmäßige Zerrunsung des Moränenmaterials ausgebildet. Darunter folgt ein relativ ebenmäßiger, leicht konvex gewölbter einheitlicher Moränenhang. An der Basis, d.h. im Übergang von dem Moränenhang zum Gletscher, ist ein Saum resedimentierter Schutthalden vorzufinden. Oftmals schließt sich ein wenige Meter mächtiger subsequenter und von Eis unterlegter Seitenmoränenwall an. Talaufwärts werden die Ufermoränen mehr und mehr durch Hangschuttkegel überschüttet.

Zum Talschluss verbreitert sich das Eisrandtal noch einmal bei Bularung (4100 m), ähnlich wie am Pumari Chhish-Gletscher (Photo 4.2.1.22). Ein Bachlauf mäandriert am Fuße des Ufermoränenaußenhanges. Der Ufertalboden wird durch gletscherparallel verlaufende Sedimentablagerungen gebildet. In dem etwa 500 m breiten Ufertalboden sind mehrere, bereits stark abgerundete Moränenwälle eingebettet, die durch die Ufertalfüllungen allmählich einsedimentiert werden, wobei ein Moränenwall besonders durch seine Breite von mehreren Dekametern besonders prägnant hervortritt. Es handelt sich um Relikte einer älteren, breiter ausgedehnten Vergletscherungsphase. Am talaufwärtigen Ende wird der Ufermoränenschweif durch einen über einem Murschuttkegel abgegangenen Murgang gänzlich zerstört. Im oberen Kunyang-Gletscherabschnitt ist in 4100 m Höhe zwischen Gletscherkörper und rechtem Ufermoräneninnenhang eine kleine Ablationsschlucht ausgebildet. Dieser Ausraum ist von einem kleinen See erfüllt.

Photo 4.2.1.22: Am Kunyang-Gletscher sind beidseits Eisrandtäler in W- und O-Exposition ausgebildet. Die Auf-nahme zeigt im Vorder-grund den Eisrand-talabschnitt bei Bula-rung (4100 m), in dem im Ufertalboden ein älterer Ufermoränenwall () des Bitanmal-Stadiums parallel zur Hauptufermoräne () abgelagert ist. Er korrespondiert mit den Moränenwällen in Bi-tanmal. Die Gletscher-oberfläche verläuft meh-rere Dekameter unter-halb der Ufermoränenfirste. Schutt- und Murlawinenkegel sowie eine Podestmoräne () sind in das Eisrandtal eingestellt. Im Hintergrund ragt der 6607 m hohe Makrong Chhish auf. Aufnahme: L. Iturrizaga 05.06.1999-21.

Von der Westseite des 7852 m hohen Kunyang Chhish ergießt sich ein Hängegletscher, der Kunyang-W-Gletscher, bis in eine Höhe von etwa 4400 m (Photo 4.2.1.23). Die Steilwand ist übersät mit abbruchbereiten Eisbalkonen. Die Gletscherzunge endet in einer Übergangsform von Podestmoräne zu Übergangsmurkegel. Die Form wird heute zentral zerschnitten. Die Ufermoräneninnenleiste setzt sich deutlich vom frontalen Eisrandkegel ab - ein Hinweis darauf, dass die Erniedrigung der Gletscheroberfläche noch nicht vor allzu langer Zeit stattgefunden haben kann. Das Moränenpodest ist der rezenten bis historischen Eisrandlage zugehörig, während die vorzeitliche, tiefer hinabreichende Eisrandlage einen flacheren glaziofluvialen Kegel aufgeschüttet hat. Nach der Kartierung von VISSER

(1928) hatte der Kunyang-W-Gletscher mit dem Kunyang-Gletscher im Jahre 1925 noch Kontakt.

Photo 4.2.1.23: Verzahnung von Podestmoräne (U) des Kunyang-W-Gletschers mit dem Kunyang-Eisrandtal. Die Podestmoräne staut den Abfluss des Eisrandtales ().

Deutlich ist die Zäsur zwischen den lateroglazialen basalen Sedimenten des Kunyang-Gletschers und den hangenden Sedimentlagen des Kunyang-W-Gletschers ( ) zu erkennen.

Aufnahme: L. Iturrizaga 03.06.1999/21.

4.2.1.6 Hispar-Gletscher: Garumbar-Gletscher 128

Die heute, im Gletschervorfeld ausgebildete Podestmoräne wäre demnach nicht älter als 75 Jahre. Die geomorphologischen Indizien der Verzahnung von Hangschuttkegel und Ufermoräne deuten darauf hin, dass der Kunyang-Gletscher erst in den letzten Jahrzehnten herunter geschmolzen ist. Unser einheimischer Führer Ayub Khan berichtete, dass bei seiner letzten Begehung im Jahre 1957 die Gletscheroberfläche wesentlich höher gelegen habe. Parallele Gletscheraufhöhungen zum Pumari Chhish-Gletschersurge bestehen allerdings nicht.