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4. Regional-empirischer Teil

4.2 Die Gletscher der Hispar-Südabdachung / Spantik-Sosbun-Gruppe .1 Hispar-Gletscher

4.2.1.8 Pumari Chhish-Gletscher

y Gletschersurges (Gletscheroberflächensurge) und geomorphologische Überprägungen des lateroglazialen Sedimentationsraumes y Überfahrung der Hauptufermoräne y V-förmige Eisrand-täler

Neben dem Kunyang -, Yutmaru- und Khani-Basa-Gletscher zählt der Pumari Chhish-Gletscher mit 7 km Länge zu einem der kürzeren nordseitigen Nebengletscher des 60 km langen Hispar-Gletschers (Abb. 4.2.1.8.1). Bezüglich seiner Ernährungsweise und Topographie ist der Pumari Chhish-Gletscher als Lawinenkesselgletscher einzuordnen. Die Schneegrenze verläuft in 5300 m Höhe in der Steilwand, die Gletscheroberfläche setzt erst in einer Höhe von 4600 m ein. Die höchsten Gipfel der Kammumrahmung (Kunyang Chhish S, 7620 m und Kunyang Chhish E, 7400 m) fallen in einer imposanten Gebirgsflanke um über 3 km auf einer Horizontaldistanz von weniger als 4 km zur Gletscheroberfläche ab (Photo 4.2.1.8.1). Der überwiegende Teil des weiteren Einzugsgebietes des Pumari Chhish-Gletschers verweilt in Höhen von über 6000 m. Den extremen Reliefverhältnissen in der Vertikalen steht ein vergleichsweise schmales Talgefäß am Fuß der Gebirgsflanken gegenüber.

Der oberste Gletscherkessel misst lediglich eine Breite von wenigen hundert Metern. Wie für die Karakorum-Gletscher typisch, ist das Verhältnis von Nähr- zu Zehrgebiet im Vergleich zu den Alpengletschern zugunsten des Zehrgebietes verschoben und liegt bei rund 1:3.

Der Pumari Chhish-Gletscher vollzog 1989 einen markanten Gletschersurge (WAKE & SEARLE

1993). Überschüttungen der Ufermoränenfirste sowie Toteisanlagerungen an den proximalen Ufermoränenflanken zeugen heute von dem dramatischen Vorstoßereignis (Photo 4.2.1.8.8). Die extremen Aufhöhungen der Gletscheroberfläche, die sich innerhalb eines Jahres vollzogen, spiegeln sich im lateroglazialen Sedimentationsumfeld in Form von Überarbeitungen der Ufermoräne wieder.

Supraglaziale Seen sowie eine bogenförmige Schuttzeichnung auf dem Hispar-Gletscher markieren die einstige Überschiebungsfront des Pumari Chhish-Gletschers. Der letzte registrierte Ausbruch des Pumari Chhish-Gletschers liegt über 100 Jahre zurück.

Gletschersurges im Karakorum sind in der Literatur vielfach dokumentiert. Die meisten Studien stammen aus den nordischen Gletschergebieten (Alaska, Yukon, Svalbard und Island), die jedoch zumeist ein anderes Sedimentationsumfeld als die Karakorum-Gletscher besitzen. Nur vereinzelte Arbeiten befassen sich mit geomorphologischen Auswirkungen dieser Ereignisse (SHARP 1985, 1989). In den letzten 100 Jahren sind für den Karakorum 26 Gletschersurges dokumentiert, bei denen insgesamt 17 verschiedene Gletscher involviert waren (HEWITT 1969). Für außergewöhnliche Gletscherschwankungen sind insbesondere die mittellangen Lawinenkesselgletscher prädestiniert.

Unvermittelte Gletschervorstöße von bis zu 10 km Reichweite, wie sie vom Hassanabad-Gletscher in der Talschaft Hunza bekannt sind (CONWAY 1894, HAYDEN1907) oder vom Kutiah-Gletscher, der im Jahre 1953 in 3 Monaten um 12 km vorgestoßen sein soll (DESIO 1954), erreichen hierbei die Ausmaße neoglazialer Gletschervorstöße. DOWDESWELL et al. (1991) ermittelten für die aktive Surgephase für Gletscher des Pamir-Gebirges durchschnittliche Werte von 1-3 Jahren und für die Ruhephase Werte von 20 - 40 Jahren. In diese im weltweiten Vergleich sehr rasch ablaufenden Vorstoßphasen fällt auch der Pumari Chhish-Gletschersurge. Bislang sind für die Karakorum-Gletscher aufgrund der geringen Datenbasis zumeist nur einmalige Karakorum-Gletscherausbruchsereignisse dokumentiert.

WAKE& SEARLE (1993: 204) registrierten im Juni 1988 ein Anschwellen der Zunge des Pumari Chhish-Gletschers um 20 m. Seinerzeit lag die Gletscheroberfläche noch 30 m - 40 m unterhalb des Ufermoränenfirstes (SEARLE 1991: 269). Im Juli 1989 überragte die Gletscheroberfläche die Ufermoräne bereits bis zu 22 m. Absolut erfuhr die Eisoberfläche im Randbereich eine Aufhöhung um mindestens 60 m innerhalb eines Jahres. Nach dem Surge erreichte die Gletscheroberfläche wieder ihre Ausgangshöhe. Im Juni 1999 lag sie bei der Begehung der Verfasserin sogar bis zu 50 m unter dem Ufermoränenfirst (Photo 4.2.1.8.10).

Die hammerkopfförmige Schuttzeichnung auf der Oberfläche des Hispar-Gletschers sowie der Reichtum an supraglazialen Seen im Bereich der Konfluenz beider Gletscher gaben bei der Begehung im Jahre 1999 erste Hinweise auf den jüngsten Vorstoß. Bereits WORKMAN & WORKMAN

(1910a: 119) registrierten auf dem Hispar-Gletscher das häufige Auftreten von supraglazialen Seen.

Die Autoren deuteten diese als reine in situ-Abschmelzformen. Auffallend ist, dass sich die Seen generell im Bereich der einmündenden Nebentäler scharen und von daher unmittelbar mit Rückzugsbewegungen der Nebengletscher in Zusammenhang gebracht werden können. Die WORKMANs berichten von 85 m hohen, parallel verlaufenden und langgestreckten Moränenwällen auf dem Hispar-Gletscher, die von ihnen auf Pressungsvorgänge durch einmündende Seitengletscher zurückgeführt werden. Eine tränenförmige Ausbuchtung der Mittelmoräne des Hauptgletschers, wie sie als kennzeichnend für Gletschersurges beschrieben wird (GRIPP1929, CROOT1988), ist auf dem Hispar-Gletscher nicht hinterblieben.

Der Pumari Chhish-Gletschersurge trat als singuläres Ereignis auf. Weder der benachbarte Kunyang Chhish- noch der Yutmaru-Gletscher stießen in diesem Zeitraum vor. Ein ähnlicher Gletschersurge ereignete sich am Pumari Chhish-Gletscher in den Jahren 1890-1892. CONWAY (1894) berichtet, dass der Gletscher in dieser Zeit seine laterale Moränenfassung überfahren und sich auf den Hispar-Gletscher aufgeschoben hat (vgl. VISSER 1938: 76ff). Zu dieser Zeit stießen auch die N-exponierten Hispar-Nebengletscher Yengutz und Garumbar vor.

L. Iturrizaga

Abb. 4.2.1.8: Das lateroglaziale Sedimentationsumfeld des Pumari Chhish-Gletschers

Das lateroglaziale Sedimentationsumfeld

Der nach Süden abfließende Pumari Chhish-Gletscher wird beidseits von der charakteristischen Hauptufermoräne begleitet. Tief eingelassene, schmale in W- und O-Exposition liegende Ufertäler in einer Höhenlage von 3975 m – 4200 m trennen den Gletscher von der Talflanke (Photo 4.2.1.8.12). Im Gegensatz zu der sehr flach abfallenden Gletscheroberfläche verlieren die Ufertäler

4.2.1.8 Hispar-Gletscher: Pumari Chhish-Gletscher 134

talauswärts stark an Höhe, so dass der Gletscher während des Vorstoßes im Zungenmittenbereich den Ufermoränentalboden um mehrere Dekameter überragte.

Die Ufermoränenwurzeln im oberen Einzugsbereich werden von Eislawinenabgängen überfahren, etwas talabwärts setzen die Ufertäler durch die Überschüttung durch Mur- und Lawinenkegel beidseits des Gletschers streckenweise aus. Im mittleren bis unteren Abschnitt hingegen liegt der Gletscher in einer wannenförmigen, hochaufragenden Ufermoränenfassung. Die distalen Ufermoränenhänge weisen Höhen von bis zu 30 m auf (Photo 4.2.1.8.6) und sind mit Neigungen zwischen 25°-35° flacher als die Innenhänge, die eine Höhe von bis zu 50 m und Neigungen von durchschnittlich 30°-50°, vereinzelt von bis zu 70° erreichen (Photo 4.2.1.8.8).

Generell dominiert am Pumari Chhish-Gletscher beim Ufermoränenaufbau der Prozess der Überschüttung wie für eng kanalisierte Gletscher typisch. Ufer- bzw. Seitenmoränenanlagerungen, wie sie entlang des Hispar-Gletschers häufig anzutreffen sind, wurden selbst im rezenten bis subrezenten Gletscherumfeld nur ansatzweise angetroffen. Entlang der linken Ufermoräne an der Konfluenz zum Hispar-Tal lugt an ihrer Außenflanke ein älterer Moränenwall hervor (Abb.

4.2.1.8.1).

Die Ufermoräneninnenhänge waren – mit Ausnahme der obersten 1 – 2 m – während der Surgephase vollständig vom Gletscherkörper bedeckt. Wie auch beim benachbarten Bualtar-Gletscher (GARDNER & HEWITT 1990) sind beim Pumari Chhish-Gletscher die Erhöhung der Eisoberfläche kennzeichnend für den Gletschersurge. Der Pumari Chhish-Gletscher vollzog lediglich einen Vorstoß um etwa 1 km (WAKE& SEARLE 1993: 205). Er quoll in seiner Ufermoränenfassung auf, hat die Ufermoränen aber nicht in Form von lokalen Eislappenmoränen überfahren. Auch eine Ufermoränenanlagerung bzw. die Ausbildung von Doppelfirsten blieb aus. Es kam lediglich zu vereinzelten Überschüttungen der Ufermoränen. Die Ufermoränenfirste sowie die distalen Moränenflanken sind insbesondere im unteren Talabschnitt mit nahezu unverwittertem, hell leuchtendem Gesteinsschutt bestückt. Die Ufermoränenaußenhänge zeigen geringe fluviale Überprägungen. Für die Ausbildungen von Schuttloben reichte der supraglaziale Schmelzwasserfluss nicht aus. Bei dem Überschüttungsprozess waren vorwiegend teller- bis stuhlgroße Gesteinskomponenten beteiligt. Vereinzelt wurden Blöcke von bis zu 2 m Durchmesser umgelagert.

Die Verlagerung von Feinschutt sowie ganz großen Blöcken spielte eine untergeordnete Rolle.

Die Aufhöhung der Gletscheroberfläche erfolgte primär im mittleren und unteren Gletscherbereich.

Im oberen Einzugsbereich sind keinerlei Anzeichen für eine Überfahrung oder Überschüttung der rundkuppigen, bis zu 5 m hohen, adulten Ufermoränen erkennbar. Nach dem Gletscherrückzug sind selbst noch im oberen Einzugsbereich bis zu 10m hohe Ufermoräneninnenhänge freigelegt. Die proximale Ufermoränenflanke und der Gletscherkörper sind durch einen einheitlichen Schuttsaum verbunden. Bei den Schutthalden, die die Ufermoräneninnenhänge bedecken, handelt es sich vorwiegend um Reste der Obermoränenbedeckung des Gletscherhochstandes. Dies wird insbesondere durch die Toteiseinlagerungen ersichtlich, die den Ufer- bzw. Seitenmoränensaum durchsetzen. Vereinzelt sind auch sekundäre Schutthalden ausgebildet, die unmittelbar aus der Moränensteilwand hervorgehen. Ein weiteres Indiz für den kürzlichen Gletscherrückzug lieferte im mittleren Talverlauf ein Eislawinenschuttkegel (Photo 4.2.1.8.11). Er wird von einer markanten linienförmigen Absitzung im distalen Bereich gequert. Durch das rasche Schwinden des Pumari Chhish-Gletschers ist der eisdurchsetzte Schuttkörper aufgrund des Entzugs des Widerlagers im unteren Teil nachgesackt.

Mit der Umlenkung des Pumari Chhish-Gletschers in das Hispar-Tal verliert die Ufermoränenfassung abrupt an Höhe (Photo 4.2.1.8.8). Es erfolgt der Übergang von der geschütteten hochaufragenden Ufermoräne zu einem rundkuppigen, nur noch etwa 5 m hohen Ufermoränenwall des Hispar-Gletschers. Gleichzeitig fiedert sich die Ufermoräne in drei Hauptwälle auf, die durch intramoränale Talungen getrennt sind. Diese Ufermoränensequenzen stammen aus einer Zeit des Hispar-Gletscherhochstandes. Heute wird die seinerzeitige Ufermoränenformation durch die jüngeren Ablagerungen des Pumari Chhish-Gletschers gekappt.

Da bei dem Gletschersurge die Ufermoräneninnenhänge bis zu den Firsten mit Eis bedeckt waren, besteht hier die Möglichkeit der Maximalaltersdatierung der Formgestaltung der anerodierten Ufermoräneninnenhänge. Die Aufnahmen von SEARLE (1991) belegen, dass keine Rand- bzw.

Ablationsschlucht ausgebildet war, die den Kontakt zur Ufermoräne unterbunden hätte. Die

proximalen Ufermoränenflanken weisen insbesondere auf der linken Talseite ein ausgeprägtes, paralleles Runsenmuster auf, deren Bildungszeitraum demnach nicht länger als 10 Jahre betragen haben kann. Von den rein fluvial entstandenen Runsenformen sind diejenigen, die durch Lawinenabgänge und glaziofluviale Schmelzwässer der angrenzenden Stichtäler herauspräpariert worden sind, zu differenzieren. Die größeren Runsen in der Ufermoränensteilwand im Talmittellauf sind auf Lawinenabgänge zurückzuführen. Typisch ist ihr trichterförmiger Grundriss. An der oberen Ufermoränenkante reißt die Lawine einen kerbenförmigen Einschnitt in das Lockermaterial. Weiter talabwärts folgt das akkurate parallele fluviale Runsenmuster, das besonders gut am ostseitigen Ufermoräneninnenhang ausgebildet ist. Der Runsenabstand ist so dicht angelegt, dass sich in Zukunft keine Erdrippen oder Erdpyramiden entwickeln können wie sie entlang der Ufermoräneninnenhänge des Hispar-Gletschers anzutreffen sind.

Die Oberfläche des zerspalteten Pumari Chhish-Gletschers zeigte sich in seiner Hochstandsphase von 1989 äußerst schuttarm (Photo 4.2.1.8.1). Das rasche Schwinden der Obermoränenbedeckung, die den Gletscher zuvor einkleidete, ist beachtlich. Ein Großteil des supraglazialen Schuttes wurde bereits in der ersten Phase des Aufquellens des Gletscherkörpers zwischen der Ufermoräne und dem Gletscherrand abgelagert. Wie für surgende Gletscher typisch wird bei der weiteren Aufhöhung der stark konvex-aufgewölbte Gletscherkörper tiefgehend von Spalten zerklüftet. Der supraglaziale Schutt wird nun großteils englazial vom Gletscher einverleibt. Auf der Gletscheroberfläche steht nur wenig Ausgangsmaterial für Überschüttungen der Ufermoränen bereit.

Diese kleinräumigen und kurzzeitigen Oszillationen tragen durch den fehlenden Abtransport des Moränenmaterials zu einer erheblichen Gletscherbettaufhöhung bei. Beim nächsten Gletschervorstoß besitzt der Pumari Chhish-Gletscher eine erhöhte und verengte Ausgangsbasis, so daß die Ufermoränen durch den Eiskörper leichter überfahren werden können.

Mögliche Ursachen für den Gletschersurge: Bemerkenswert ist die geringe Ausdehnung des Talkessels des Pumari Chhish-Gletschers. Sie ist auch bei anderen surgenden Gletschern zu beobachten (Hassanabad, Bualtar). Der Kunyang Chhish- und Yutmaru-Gletscher sind in ihren oberen Einzugsbereichen wesentlich weiträumiger angelegt. Das sehr kleine und unter der Schneegrenze gelegene Auffangbecken für die Lawinenernährung des Gletschers könnte eine günstige Rolle für den Verlauf eines Surges darstellen. Die kurzläufige Kanalisation des Gletschers führt zu einer relativen Erhöhung der Gletscheroberfläche, die sich in Phasen erhöhter Eislawinenzufuhr schubweise weiter talabwärts fortsetzt. Gletscherausbrüche werden in der Literatur mit der Fortpflanzung von kinematischen Wellenbergen in Verbindung gebracht (NYE 1958). Die Aufnahme aus dem Jahre 1989 von SEARLE (1991: 270) zeigt den Gletscher allerdings mit einem relativ stetigem Oberflächengefälle und geringen Neigungsbeträgen. Erst an der Einmündung zum Hispar-Gletscher fällt der Hispar-Gletscher steil ab, so dass der ganze Gletscher im Zehrgebiet von der "Gletscherwoge" erfasst worden sein muss. Der westseitige Ufermoränenfirst zeichnet eine deutliche Wellenform nach, die auf einen vorzeitlichen Gletscherhochstand zurückgeht. Des weiteren befindet sich auf der rechten Pumari Chhish-Talseite ein großer Hängegletscher, der frische Abbruchkubaturen sowie eine darunterliegende Abrutschbahn aufweist. Wiederholte Eisabbrüche größeren Ausmaßes können bereits Mitauslöser für ein Surgeereignis darstellen. So sehen GARDNER

& HEWITT (1990) die Ursache für den Vorstoß des Bualtar-Gletschers in den Abgängen von Felsstürzen. Es muss auch berücksichtigt werden, dass der Hispar-Gletscher auf die auf die vergleichsweise kurzen, aber stark vergletscherten Nebentäler mit sehr hohen Einzugsbereichen von bis zu knapp 8000 m einen Rückstaueffekt ausübt.

Die Pumari Chhish-Gletscheroszillationen zeigen, dass sich vertikale Gletscherschwankungen von mehreren Dekametern innerhalb weniger Monate vollziehen können. Die akkumulative und erosive Umgestaltung des paraglazialen Gletscherumfeldes im Laufe solcher kurzfristigen Hochstände ist vergleichsweise gering. Die alte Ufermoränenfassung des Pumari Chhish-Gletschers ist trotz der gewaltigen Gletscherexpansion intakt geblieben. Der Gletscher schwoll innerhalb der kanalisierenden Moränenbegrenzungen an. Die Aufhöhung der Gletscheroberfläche vollzog sich am prägnantesten im unteren Gletscherabschnitt. Das Surgeereignis zeichnete sich durch die Aufhöhung der Gletscheroberfläche und nicht durch seine Vorstoßweite aus. Erstaunlicher als die dramatische Gletscheraufhöhung ist das ebenso rasche Abschmelzen bzw. Einsinken der Gletscheroberfläche, bei dem ein Eisvolumen von rund 50 Millionen m³ wieder verschwand. Angesichts dieser kurzfristigen

4.2.1.8 Hispar-Gletscher: Pumari Chhish-Gletscher 136

extremen Gletscherschwankungen ist bei der Einordnung der postglazialen Gletscherstände in eine relative Chronologie nach ihrer horizontalen sowie vertikalen Distanz in Relation zum rezenten Gletscherende Vorsicht geboten.

Durch die enge Verzahnung von Gletschern und temporärem sowie permanentem Siedlungsraum im Karakorum können bereits geringe Gletscherschwankungen zu erheblichen Beeinträchtigungen der Wegeinfrastruktur führen (ITURRIZAGA1997). Am Hispar-Gletscher werden die Ufertäler von Juni bis September als Almgebiete genutzt. 1989 waren die höchstgelegenen Almen des Hispar-Gletschers bei Skambarish und Yutmaru durch den Gletschervorstoß für die Weidetiere nicht mehr zugänglich (WAKE& SEARLE1993).

Photo 4.2.1.8.1: Bis zu 3000 m hohe Steilwände flankieren den engräumigen Talschluss des Pumari Chhish-Gletschers. Der Kunyang Chhish (7858m) umrahmt als höchster Gipfel den ausgesprochen engräumigen Talkessel. Das Nährgebiet nimmt im Vergleich zum Zehrgebiet nur einen kleinen Flächenanteil ein. Die stark zerspaltene Gletscheroberfläche erreichte während des Gletschersurges von 1988/89 selbst im oberen Einzugsbereich beinahe die Ufermoränenfirste. Aufnahme: M. Searle, Sommer 1989.

Photo 4.2.1.8.2: Zehn Jahre später, im Sommer 1999, liegt die Gletscheroberfläche tief eingesunken in ihrer Ufermoränenfassung. Sie beginnt nach nur kurzer Lauflänge in einer Höhe von 4300 m stark zu verschutten. Zur Bildlinken sind die nun eisfreien und dekameterhohen Ufermoräneninnenhänge des Pumari Chhish-Gletschers ersichtlich. Der Steinmann im Vordergrund markiert den neu angelegten Pfad am Ufermoräneninnenhang zur Querung des Pumari Chhish-Gletschers. Aufnahme: L. Iturrizaga 22.06.1999.

Photo 4.2.1.8.3: Blick aus 4200 m während des 1989-Hochstandes von der rechten Ufermoräne des Pumari Chhish-Gletschers talabwärts in Richtung Süden. Es erfolgten im Oberlauf keine Überschüttungen der Ufermo-räne in das Eisrandtal. Aufnahme: M. Searle, Sommer 1989.

Photo 4.2.1.8.4: Die Aufnahme zeigt den Pumari Chhish-Gletscher von einem etwas weiter talabwärts gelegenen Standpunkt als in Photo 4.2.1.8.3. Die ehemals stark zerrissene und bauchig aufgewölbte Gletscheroberfläche wird im Jahre 1999 von einer mächtigen Obermoräne verkleidet. Die Ufermoräneninnenhänge werden durch Schuttschleier gesäumt, die sich sowohl aus supraglazialem Moränenmaterial als auch resedimentiertem Ufer-moränenmaterial zusammensetzen. Aufnahme: L. Iturrizaga 09.06.1999.

4.2.1.8 Hispar-Gletscher: Pumari Chhish-Gletscher 138

Photo 4.2.1.8.5: Blick aus dem Eisrandtal an der Konfluenz des Pumari Chhish- und Hispar-Gletschers Richtung Osten auf die rechte Pumari Chhish-Ufermoräne. Die Pumari Chhish-Gletscheroberfläche quillt während des Surges über mehrere Meter bis Dekameter über den Ufermoränenfirst. Überschüttungen der Ufermoränen finden nur vereinzelt statt. Siehe Yaks am Fuße der Ufermoränen als Größenvergleich. Aufnahme:

M. Searle, Sommer 1989.

Photo 4.2.1.8.6: Im Vergleich zu Photo 4.2.1.8.5, das 10 Jahre zuvor aufgenommen wurde, ist die Gletscheroberfläche aus dem Eisrandtal nicht mehr sichtbar. Sie liegt vielmehr weit unterhalb des Ufermoränenfirstes (s. Bild 4.2.1 8). Der bis zu 30 m hohe distale Ufermoränenhang ist mit frischen Schuttinseln aus supraglazialem Schutt gemustert Aufnahme: L. Iturrizaga 09.06.1999.

Photo 4.2.1.8.7: Aufnahme von der linken Hispar-Talseite in Richtung NE.

1989 war der sonst übliche Aufstiegs-weg zum Hispar La über den Pumari Chhish-Gletscher nicht mehr passier-bar. Der tributäre Pumari Chhish-Gletscher schiebt sich auf den Haupt-gletscher auf (). Sehr gut ersichtlich sind aus dieser Perspektive die mächtigen konisch zerschnittenen Hangmoränen. Aufnahme: M. Searle, Sommer 1989.

Photo 4.2.1.8.8: Blick talabwärts in Richtung W von der Konfluenz des Hispar-Gletschers (…) mit dem Pumari Chhish-Gletscher (z) aus 4000 m Höhe. In der Bildmitte ragt die proximale Ufermoränenflanke von mehreren Dekametern Höhe auf (S).

Im Jahre 1989 überragte der Gletscher den Ufermoränenfirst. An der Umlenkung ins Hispar-Tal sind hintereinander gestaffelte Moränen-wälle ausgebildet (). Die angren-zende Talflanke wird von älteren Hangmoränen (š) verkleidet. Im Vordergrund sind jüngste Über-schüttungen der linken Ufermoräne des Pumari Chhish-Gletschers er-sichtlich (). Die dunklere Schutt-zeichnung ({) sowie supraglaziale Seen (n) markieren das Ausmaß des Gletscherausbruches auf der Hispar-Gletscheroberfläche. Aufnahme: L.

Iturrizaga 22.06.1999.

Photo 4.2.1.8.9: Die Aufhöhung der Gletscheroberfläche in Bezug zur Ufermoräne war im unteren Pumari Chhish-Gletscherabschnitt am höchsten. Allerdings kommt es nur an einigen Stellen zu supraglazialen Überschüttungen der Ufermoränenfassung. Aufnahme: M. Searle, Sommer 1989.

Photo 4.2.1.8.10: Der im Bild sichtbare rechte proximale Ufermoränenhang des Pumari Chhish-Gletschers war 10 Jahre zuvor noch gänzlich vom Gletschereis bedeckt. Siehe Personen auf dem Pumari Chhish-Gletscher im Vordergrund als Größenvergleich (). Aufnahme: L. Iturrizaga 09.06.1999.

Photo 4.2.1.8.11: Der Lawinenschuttkegel in einer Höhe von 4200 m ist eingestellt auf die Überreste der Ufermoräne (…) des Pumari Chhish-Gletschers. Der Gletscherschwund führte zum Nachsacken des Schuttkörpers, das durch die markante lineare Absatzlinie (I) sichtbar wird. Aufnahme: L. Iturrizaga 09.06.1999.

4.2.2 Barpu-Gletscher 140