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Sanierung und Prophylaxe ohne Beeinflussung des Immunsystems

2 LITERATURÜBERSICHT

2.3 Sanierung und Prophylaxe ohne Beeinflussung des Immunsystems

Sanierungsmethoden hat STEWART (1989) im Detail beschrieben. Sie sollen hier mit Ausnahme der ausführlich dargestellten Immunisierung lediglich kurz zusammen-gefasst bzw. um neue oder selten beachtete Erkenntnisse ergänzt werden.

2.3.1 Management-Maßnahmen

Entscheidend ist, dass es sich bei der Moderhinke um eine Herdenerkrankung handelt, weshalb bei jeder Form der Sanierung der gesamte Bestand, einschließlich der Lämmer und Böcke, in ein Sanierungskonzept miteinbezogen werden muss.

Bestandserneuerung:

Der Austausch des gesamten Bestandes stellt die einfachste und effektivste Methode der Moderhinke-Bekämpfung dar (STEWART 1989). Nach zwei Wochen können gesunde Tiere in den Bestand verbracht werden. Die Durchführbarkeit hängt allerdings von den Absatzmöglichkeiten der erkrankten Herde und dem Wert der Schafe ab. Außerdem ist eine Reinfektion durch den Wildbestand oder durch das Treiben über kontaminierte Flächen jederzeit möglich.

Absondern der erkrankten Tiere:

Nur die lahmen Schafe aus der Herde zu entfernen, bringt keinen Erfolg: In einer von MULVANEY und Mitarbeitern (1986) durchgeführten Feldstudie zeigten 8 % der Tiere Lahmheiten, aber 34 % wiesen bei eingehender klinischer Untersuchung Moderhinke-Infektionen auf.

Deshalb sollte das Absondern erkrankter Tiere durch sorgfältige Untersuchung aller Klauen erfolgen (GREEN et al. 2002), wie z.B. im Moderhinke-Sanierungsprogramm der Schweiz (BERATUNGS- UND GESUNDHEITSDIENST FÜR KLEIN-WIEDERKÄUER 2003).

Die erkrankten Tiere können entweder therapiert oder sofort der Schlachtung zugeführt werden. Da sich die Individuen in jeder Gruppe von Schafen in ihrer Empfänglichkeit gegenüber Moderhinke unterscheiden, und man die Tiere mit den schwerwiegendsten Läsionen in der Gruppe der empfänglichsten Tiere finden wird (WHITTINGTON u. NICHOLLS 1995b), würde ein Merzen der betroffenen Tiere in

Richtung der Resistenzzucht (s.u.) führen und somit die Situation in der betroffenen Herde nachhaltig verbessern.

In einer in England durchgeführten Umfrage zeigte sich, dass nur die wenigsten Schäfer diesen bedeutenden Punkt des Managements beherzigen, obwohl sie anderweitig viel Geld und Mühe in Therapieversuche investieren (WASSINK u.

GREEN 2001).

2.3.2 Therapie-Maßnahmen Klauenkorrektur:

Entgegen der weit verbreiteten Ansicht hat das regelmäßige Ausschneiden der Klauen keinen prophylaktischen Nutzen bezüglich Moderhinke (WASSINK u. GREEN 2001; WASSINK et al. 2003), was sich durch den typischen Ausbreitungsweg vom Zwischenklauenspalt aus erklären lässt (EGERTON u. PARSONSON 1969). Die oft im Zusammenhang mit Moderhinke erkennbaren deformierten Klauen (STEWART 1989) entstehen wahrscheinlich durch die permanente Reizung der Zellen des Stratum germinativum der Klauenlederhaut durch die Infektion und sind somit vielmehr Folge als Ursache der Erkrankung (NATTERMANN et al. 1991).

Zur Moderhinke-Bekämpfung ist der Klauenschnitt dagegen eine entscheidende Maßnahme, vor allem, wenn lokal applizierte Medikamente oder Klauenbäder zum Einsatz kommen sollen. Der komplette Entfernung allen nekrotischen Horns stehen einige Autoren allerdings kritisch gegenüber, da auf diese Weise zusätzliche Lahmheiten verursacht werden können (GREEN et al. 2002; HOSIE 2004), z.B.

wenn sich infolge von starken Blutungen Granulome bilden (WINTER 2004b). Aus Tierschutzgründen und um eine gute Diagnostik aller Veränderungen zu gewährleisten sollten Blutungen durch ein zu starkes Ausschneiden vermieden werden (JORDAN et al. 1996); Schafe mit dennoch stark blutenden Klauen sind vom Klauenbad auszuschließen (MURER 2005, pers. Mitteilung).

Andererseits birgt ein zu vorsichtiges Ausschneiden das Risiko, dass infizierte Schafe nicht erkannt werden und somit unbehandelt bleiben (JORDAN et al. 1996), woran die Sanierungsmaßnahmen scheitern können.

Klauenbad:

Die Effektivität eines Klauenbades hängt stark von den Bedingungen ab, unter denen es durchgeführt wird:

So sind trockenes Wetter, korrekte Konzentration der Badelösung, ausreichende Einwirkzeit und ein befestigter Boden, auf dem die Klauen der Schafe im Anschluss trocknen können einige wichtige Faktoren, die zu beachten sind (STEWART 1989;

HOSIE 2004).

Das Persistieren der Erreger im Zwischenklauenspalt kann aber auch bei optimaler und regelmäßiger Durchführung von Zinksulfat-Klauenbädern nicht ausgeschlossen werden (GLYNN 1993). Auch BOTH (1997) konnte trotz vorangegangener Formalin-Behandlung D. nodosus isolieren.

Auch ohne initiale Klauenpflege kann tägliches Klauenbaden für 10 Minuten in Zinksulfat mit Surfactant über einen Zeitraum von fünf Tagen zur Eradikation unterschiedlich virulenter Moderhinke-Stämme führen (JELINEK et al. 2001); liegen allerdings hochgradige und verdeckte Läsionen sowie chronische Veränderungen mit atypischem Erscheinungsbild vor, führt dasselbe Verfahren nicht zum Erfolg (JELINEK u. DEPIAZZI 2003).

Werden gesunde und kranke Tiere im Wechsel ausgeschnitten, empfiehlt es sich generell, im Anschluss an die Klauenpflege ein Klauenbad durchzuführen, da es die Desinfektion der Messer und Scheren nach jedem erkrankten Tier überflüssig macht und dadurch ein schnelleres Arbeiten ermöglicht (WINTER 2004b).

Aktuelle Zusammenfassungen der verwendbaren Badelösungen sowie ihrer Vor- und Nachteile findet man bei verschiedenen Autoren (KAULFUß 2004; LOTTNER u.

GANTER 2004; ABBOTT u. LEWIS 2005). Vor Einsatz dieser Mittel sollte das aktuelle Arzneimittelrecht stets darauf geprüft werden, ob eine legale Anwendung dieser Stoffe möglich ist.

Systemische Antibiose:

Die meisten Antibiotika, die gegen gramnegative Bakterien wirksam sind, können auch zur Therapie von Moderhinke-Erkrankungen eingesetzt werden. Unabhängig vom Präparat wird eine einzige, hoch dosierte Behandlung empfohlen (RENDELL u.

CALLINAN 1997; PIRIZ et al. 2001; GREEN et al. 2002). Dadurch können selbst ohne vorausgegangene Klauenpflege Heilungsraten von > 85 % erreicht werden (EGERTON et al. 1968; JORDAN et al. 1996). Drei Punkte limitieren die Einsatzmöglichkeiten:

• Damit die Antibiotika an die Oberfläche der Läsionen diffundieren können, muss für 24 Stunden eine Aufstallung in trockener Umgebung gewährleistet sein; nur so kann an der Hautoberfläche eine höhere Antibiotika-Konzentration als im Serum erreicht werden (EGERTON et al. 1968; EGERTON 2000).

• Es besteht kein Schutz vor Reinfektionen (ABBOTT u. MAXWELL 2002).

• Wartezeiten müssen eingehalten werden (JORDAN et al. 1996; SEAMAN 2003).

Trotz ihrer theoretisch eingeschränkten Wirksamkeit gegen gramnegative Keime gilt die β-Lactam-Gruppe als effektivste zur Bekämpfung der Moderhinke; dies ergab ein Vergleich von 25 ausgewählten Antibiotika bezüglich ihrer Wirksamkeit gegen D.

nodosus und verschiedene Fusobakterien (JIMENEZ et al. 2004a).

Bei bestimmten Formen der Moderhinke sowie vor der Beurteilung der Tiere zur Einteilung in eine gesunde und kranke Herde ist die parenterale Antibiose kontraindiziert (ABBOTT u. EGERTON 2003). Die Begründung liegt darin, dass der Einsatz von Antibiotika die Keimflora im Interdigitalspalt der subklinisch infizierten Schafe dahingehend beeinflusst, dass milde entzündliche Veränderungen verschleiert werden, ohne dass es zum Absterben aller D. nodosus Bakterien kommt.

Infektionen werden so gegebenenfalls nicht erkannt.

Zudem bewirkt die parenterale Behandlung mit Antibiotika die Beseitigung des antigenen Stimulus, was in Kombination mit dem Katabolismus der existierenden Antikörper und der Dezimierung der AK-sezernierenden Zellen zu einem Absinken der D. nodosus Antikörper im Serum führt (WHITTINGTON u. NICHOLLS 1995a).