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Differenzierung einzelner Stämme in Bezug auf ihre Virulenz

2 LITERATURÜBERSICHT

2.2 Dichelobacter nodosus

2.2.6 Differenzierung einzelner Stämme in Bezug auf ihre Virulenz

Das kulturelle Wachstum von D. nodosus wird durch Faktoren wie die Zusammensetzung des Mediums, die Agarkonzentration, die Schichtdicke des Agars in den Petrischalen sowie die Zeitdauer des Kontakts zur sauerstoffreichen Luft auf der Laborbank beeinflusst (SKERMAN 1989; CAGATAY u. HICKFORD 2005).

Bestimmte Hauptmerkmale sind aber bei allen Kolonien zu finden und stellen sich gemäß THORLEY (1976) wie folgt dar:

• Eine zentrale Zone, die von kleinen isolierten Papillen oder Perlen besetzt ist.

Unter dieser kann die Agaroberfläche vertieft sein.

• Eine Mittelzone, die sich blass und granulär darstellt.

• Eine periphere Zone, die in der Weite variiert, mit einer mattglasartigen Textur und fimbrinierten Rändern.

Diese Kultureigenschaften kann man sowohl in der Primär- als auch in der Subkultur nachweisen, wobei auf Platten mit 2 %-igem Agaranteil und auf Blut-Eugon-Agar ein gewisser Zusammenhang zwischen der Koloniemorphologie und der Virulenz des entsprechenden Stammes besteht (STEWART et al. 1986c).

SKERMAN und Mitarbeiter (1981) unterscheiden generell drei Kolonieformen:

• den fimbrinierten, virulenten B-Typ (für beaded = perlschnurförmig), der sich durch den dichten papulären Besatz in der zentralen Zone auszeichnet.

• den kaum oder nicht-fimbrinierten und dadurch wenig virulenten M-Typ (für mukoid) mit einer glänzenden, erhabenen Zentral-Region von konfluierender, mukoider Textur.

• den nicht-fimbrinierten, avirulenten C-Typ (für circulär) mit halbmondförmigem Profil und vollständig ebenem Rand, der aus beiden anderen Formen entstehen kann, wenn man wiederholt nicht-selektiv subkultiviert.

Der Existenz dieser drei Kolonieformen stimmen auch CAGATAY und HICKFORD (2005) zu; allerdings ergaben ihre Untersuchungen, dass man von der Kolonie-morphologie keine Rückschlüsse auf die Zahl der Fimbrien oder die Virulenz des entsprechenden Isolates ziehen dürfe.

Abb. 1-2: Fünf Tage alte D. nodosus-Kulturen auf NLD-Agar, Lupenvergrößerung (12,5 x 2,5)

Abb. 1: mehrere Kolonien vom C-Typ

Abb. 2: M-Typ (kleinere Kolonien am Rand) und B-Typ (Mitte)

Makroskopisch sind virulente Stämme an deutlichen Ringmulden unterhalb der Mittelzone erkennbar, die sich nach Abschwemmen der Kolonien als tiefe, kraterähnliche Erosionen des Nährbodens darstellen. STEWART und Mitarbeiter (1986c) stellen nach umfangreichen Untersuchungen die Theorie auf, dass das dafür verantwortliche agarolytische Enzym auch beim Abbau der Polysaccharide zwischen den Epithelzellen der interdigitalen Epidermis eine Rolle spielen könnte.

Abb. 1 Abb. 2

C - Typ B - Typ

M - Typ

2.2.6.2 Anzahl der Pili

Die Fimbrien von D. nodosus gelten neben den extrazellulären Proteasen als wichtigste Virulenzfaktoren des Erregers und sind unbestritten Sitz des Haupt-Immunogens (KENNAN et al. 2001). Darüber, ob ihre Quantität die Virulenz entscheidend beeinflusst, gibt es gegenteilige Meinungen (EVERY 1983; STEWART et al. 1986c).

Im Rahmen der kulturellen Anzucht sinkt die Zahl der Pili mit der Zahl der durchgeführten Subkulturen (NATTERMANN et al. 1993).

Die genaue Rolle der Fimbrien in der Pathogenese der Moderhinke ist noch nicht abschließend geklärt. Nach bisherigem Kenntnisstand sind sie wahrscheinlich für die Kolonialisierung der epidermalen Klauenmatrix und die nachfolgende Penetration des Stratum corneum verantwortlich (MATTICK et al. 1984; KENNAN et al. 2001).

2.2.6.3 Thermostabilität der Proteasen

Alle Stämme von D. nodosus haben stark proteolytische Eigenschaften. Allerdings sind die von den virulenten Stämmen gebildeten extrazellulären Proteasen wenig hitzeempfindlich. Diese thermostabilen Proteasen werden für die Ablösung des Klauenhorns bei der bösartigen Form der Moderhinke verantwortlich gemacht (DEPIAZZI et al. 1991; BILLINGTON et al. 1996).

Zur Messung der Hitzeresistenz wurde der Gelatine-Gel-Test entwickelt (PALMER 1993), der in Australien routinemäßig eingesetzt wird (PALMER 2002). Dazu werden D. nodosus Kulturen in einer Bouillon angezüchtet und mit dieser in Vertiefungen eines proteinhaltigen Agarose-Gels verbracht. Verglichen wird die Aktivität der extrazellulären Proteasen, die sich in Form von aufgehellten Zonen um die Vertiefungen darstellt, vor und nach Erhitzen der Bakteriensuspension auf 68°C. Die Proteasen werden dann als stabil (S für stable) bezeichnet, wenn trotz 8-minütigem Erhitzens noch mindestens 10 % der ursprünglich vorhandenen Enzyme aktiv sind.

Solche S-Stämme werden als virulent eingeschätzt. Bleiben jedoch weniger als 4 % der Proteinasen erhalten, spricht man von instabilen Stämmen (U für unstable) (PALMER 1993).

Es kommt gelegentlich vor, dass Stämme klinische Erscheinungen hervorrufen, die deutlich von den Ergebnissen der Protease-Untersuchungen abweichen (STEWART et al. 1986c; LIU u. YONG 1993b). Zum einen liegt das an der Subjektivität der klinischen Untersuchungen, zum anderen aber daran, dass unterschiedliche Kulturbedingungen wie z.B. geringste Temperaturschwankungen oder Abweichun-gen in der Nährboden-Zusammensetzung zu unterschiedlichen Ergebnissen bei den Virulenz-Tests führen (LIU et al. 1994).

2.2.6.4 Zymogram-Test

Dieser Test wurde von GORDON und Mitarbeitern (1985) zur Unterscheidung zwischen gutartigen und virulenten Stämmen von D. nodosus eingesetzt. Bis heute wird er in West-Australien im Rahmen der staatlichen Moderhinke-Bekämpfung als Bestätigungsreaktion für den Gelatine-Gel-Test eingesetzt (PALMER 2002). Dabei werden die von einem Stamm produzierten Protease-Enzyme mittels Polyacrylamid-Gelelektrophorese separiert, so dass ein sog. Zymogram entsteht. Anhand dessen erfolgt dann eine weitere Unterteilung der Gruppen S und U aus dem Gel-Test:

Gelatine-Test positive Isolate können in die Gruppen S1, S2 und S4 eingeteilt werden, die negativen in die Gruppen U1 bis U8. Der virulente Zymogram-Typ S3 stellt sich im Gel-Test zweifelhaft dar. U5 ruft dagegen im Gel-Test ein negatives Ergebnis hervor, verursacht aber im Feld relativ schwerwiegende Läsionen. In den beiden letztgenannten Fällen ist der Zymogram-Test also notwendig, da der Gel-Test alleine keine ausreichende Sicherheit bringt.

2.2.6.5 Genetische Untersuchungen: vap und vrl Regionen

Aufgrund der insgesamt unbefriedigenden und aufwändigen Diagnostikmethoden kam es zur Entwicklung verschiedener dot-blot (KATZ et al. 1991; LIU u. YONG 1993a; LIU et al. 1994) und PCR-Techniken. Solche Untersuchungsverfahren wurden zunächst zur Identifizierung des Erregers eingesetzt (LA FONTAINE et al.

1993; MOORE et al. 2005); nach entsprechender Weiterentwicklung konnte aber gleichzeitig eine Aussage über die Virulenz der entsprechenden Stämme getroffen werden (LIU u. WEBBER 1995).

Auf einem von drei Plasmiden, die Gen-Regionen tragen, welche mit der Virulenz von D. nodosus in Zusammenhang stehen (KATZ et al. 1991), konnte ein Gen nachgewiesen werden, das bei virulenten Stämmen häufig und bei gutartigen selten vorkommt. Es wird deshalb als vap-Region (virulence associated protein) bezeichnet (KATZ et al. 1992; CHEETHAM et al. 1995).

Ein weiterer Genort, der vrl (virulence-related locus) kommt ebenfalls nur bei manchen Stämmen von D. nodosus vor. Durch das Vorhandensein von vap und/oder vrl lässt sich die Virulenz mit Hilfe eines PCR-basierten Tests angemessen voraussagen (ROOD et al. 1996). Dennoch wird empfohlen, die Tests auf vap/vrl mit Protease-Schnelltests zu kombinieren, da wahrscheinlich nicht nur ein einziger Virulenzfaktor ausschlaggebend ist. Eine vrl-Region ohne vap-Region wurde bisher nicht nachgewiesen. Auch über die Funktion der Genprodukte ist noch nichts bekannt (BILLINGTON et al. 1996).

2.2.7 Differenzierung einzelner Stämme im Bezug auf die Serogruppe