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Entwicklung der Moderhinke-Situation im Untersuchungszeitraum

5 EINFLUSS DER VAKZINATION AUF DEN MODERHINKE-STATUS

5.3.3 Entwicklung der Moderhinke-Situation im Untersuchungszeitraum

Untersuchungs-zeitraum signifikant zurückgegangen. Bei den mit Footvax® geimpften Tieren betrug die Prävalenz akuter Moderhinke-Infektionen beim ersten Besuch 12,3 %, und ging bis zum dritten Besuch auf 2,5 % zurück. In der stallspezifisch geimpften Gruppe lag der Ausgangswert mit 28,4 % deutlich höher, und es erfolgte bis zur letzten Untersuchung ein Absinken auf 8,9 % (vgl. Tab. 33).

Somit reduzierte sich die Moderhinke-Prävalenz bei einem Einsatz von Footvax® um knapp 10 Prozentpunkte, und bei den bestandsspezifischen geimpften Tieren um nahezu 20 Prozentpunkte. Da die stallspezifisch geimpften Tiere vor Impfstoffeinsatz eine mehr als doppelt so hohe Prävalenz aufwiesen als die kommerziell geimpften, könnte man zunächst von einem in etwa gleich starkem Rückgang der Erkrankung in beiden Gruppen ausgehen. Eine Berechnung der impfstoffbezogenen Heilungs- und Schutzrate, wie sie durch MULVANEY und Mitarbeiter (1984) und anderen Arbeitsgruppen (GLENN et al. 1985; LAMBELL 1986) durchgeführt wurde, ist aufgrund der quantitativ schwach besetzten Kontrollgruppe nicht praktikabel.

Die Ergebnisse der statistischen Auswertung bezüglich der Wirksamkeit der Vakzinen erscheinen auf den ersten Blick widersprüchlich: Für die Tiere aus beiden Herden (DS 2) bedeutet die stallspezifische Impfung im Vergleich zu einer Impfung mit Footvax® eine signifikant geringere Chance, an Moderhinke erkrankt zu sein (Tab. 39), während sich bei Betrachtung der Herdbuchtiere kein signifikanter Unter-schied zwischen beiden Gruppen ergab (Tab. 40). Beurteilt man schließlich die Herdbuchtiere aus Betrieb 1, scheint sich die Wirkung des Impfstoffes umzukehren, da in diesem Fall die stallspezifisch geimpften Tiere für jedes der untersuchten Merkmale eine signifikant höhere Chance hatten, an Moderhinke erkrankt zu sein.

Dieses Phänomen ist durch die Art der Auswertung und das Impfregime in Betrieb 1 zu erklären. Die Tiere im Auslauf von Betrieb 1 wurden alle mit der bestandsspe-zifischen Vakzine geimpft, und waren zu Untersuchungsbeginn gegenüber den im Stall gehaltenen Tieren mehr als doppelt so häufig erkrankt (vgl. Tab. 29).

Auch wenn sich die Moderhinke-Situation in der gesamten Herde im Laufe der Untersuchungen stark verbesserte, blieb die stallspezifisch geimpfte Gruppe doch immer stärker betroffen als die Tiere aus der ehemaligen Stallhaltung (vgl. Tab. 32 u.

33), und diese Befunde gingen aufgrund der gemeinsamen Betrachtung aller drei Untersuchungstermine 3-fach in die Auswertung ein.

Um dieses Problem der gemeinsamen Auswertung aller drei Besuche zumindest teilweise zu umgehen, wurden die Interaktionseffekte zwischen Impfstoff und

Unter-suchungstermin ermittelt. Dieser Faktor beeinflusste die Klauen-Scores je Gliedmaße und das Auftreten von Moderhinke signifikant.

Betrachtet man die in den Tabellen 40 und 41 aufgeführten OR-Werte, gewinnt man den Eindruck, dass die Wirkung der bestandsspezifischen Impfstoffe bereits nach Besuch 1 eintritt, während die mit Footvax® geimpften Tiere bei Besuch 2 sogar eine (nicht signifikant) höhere Chance hatten erkrankt zu sein als bei Besuch 1. Im Zeitraum zwischen Besuch 2 und 3 führte dagegen die Footvax®-Impfung zu den besseren Heilerfolgen: Die Chance, dass an einer Gliedmaße akute Moderhinke vorlag, war drei Monate nach abgeschlossener Grundimmunisierung mit Footvax® weitaus geringer als beim zweiten Besuch (vgl. Tab. 40, OR = 4,83). Das gilt zwar auch für die stallspezifische Impfung, allerdings ist der Chancenunterschied in dieser Gruppe weniger ausgeprägt (OR = 1,92). Betrachtet man die Entwicklung über den gesamten Untersuchungszeitraum, also von Besuch 1 bis Besuch 3, ergeben sich zumindest für die Herdbuchtiere aus beiden Herden nahezu identische OR-Werte (Tab. 40, OR FV = 4,26 bzw. 4,29, OR ssp = 4,24 bzw. 4,23). Aus diesen Daten lässt sich schließen, dass sich beide Gruppen im gesamten Untersuchungszeitraum unter Berücksichtigung der ungleichen Ausgangssituation gleich stark verbessert haben.

Bei der stallspezifisch geimpften Gruppe trat die stärkere Verbesserung in der ersten Hälfte des Untersuchungszeitraumes ein, während es in der kommerziell geimpften Gruppe später zum Absinken der Scores und Erkrankungsraten kam.

Ein Vergleich dieser Ergebnisse mit der Literatur gestaltet sich schwierig. Es liegen zahlreiche Untersuchungen über die Heilungs- und Schutzwirkung von Footvax® vor (MULVANEY et al. 1984; GLENN et al. 1985; LAMBELL 1986; LEWIS et al. 1989;

WHITTINGTON et al. 1992), aber nur wenige (EGERTON et al. 2002; GURUNG et al. 2005) über die Effizienz von serotypspezifischen Vakzinen, die für eine bestimmte Schafpopulation produziert wurden. Dabei zeigten letztere im Falle ihres Einsatzes sehr gute Wirksamkeit, vor allem, wenn es sich dabei um monovalente Vakzinen handelte (EGERTON et al. 2002; ABBOTT u. EGERTON 2003; GURUNG et al.

2005).

Bei der Interpretation der hier dargestellten Ergebnisse sollte berücksichtigt werden, dass es sich um einen Feldversuch handelt, der sich mit dem Verlauf einer

multifaktoriell bedingten Lokalinfektion beschäftigt. Unter diesen Umständen ist es nahezu unmöglich, alle beobachteten Veränderungen bezüglich des Moderhinke-Verlaufs ausschließlich den eingesetzten Impfstoffen zuzuschreiben. Vielmehr ist es bei derartigen Untersuchungen wahrscheinlich, dass Infektionsruck bzw. Übertra-gungsrate vom Klima (ESCAYG et al. 1997) und weiteren Faktoren beeinflusst werden, und dadurch die Wirkung des Impfstoffes über- oder unterschätzt wird.

Dass bei der vorliegenden Studie vor allem die Haltungsbedingungen innerhalb eines Betriebes Virulenz und Übertragungsrate beeinflussten, wurde bereits in Kapitel 4 dargestellt. Im Anschluss an den ersten Bestandsbesuch änderten sich die Umwelteinflüsse für alle Schafe insofern, dass es durch das Ende der Stallhaltungsperiode bedingt zu einer Zusammenführung der Tiere aus Stall und Auslauf (Betrieb 1) bzw. aus Stall und Weide (Betrieb 2) kam. Dadurch wurde ein hoher Infektionsdruck auf die bisher kaum erkrankten Gruppen ausgeübt, womit sich die Neuerkrankungen bei den stallspezifisch geimpften Merinolandschafen erklären, die bis zur ersten Untersuchung auf der Weide gehalten wurden (vgl. Kap.5.2.1). Für diese Tiere kam die Challenge-Situation zu früh, während bei allen anderen Gruppen durch die Veränderung der Haltungsumwelt in Kombination mit der einsetzenden Wirkung des Impfstoffes ein Rückgang an Grad und Frequenz der Moderhinke bewirkt wurde (Abb. 17).

Abgesehen von den geänderten Haltungsbedingungen gab es weitere Faktoren, die unter Umständen zur Verbesserung der Klauengesundheit im Beobachtungszeitraum beigetragen haben: Zunächst ist die Klauenpflege zu nennen, die im Rahmen von Untersuchung 1 und 2 durchgeführt wurde. Zusätzlich haben beide Besitzer entgegen entsprechender Abmachungen Klauenbadebehandlungen durchgeführt.

Über die Wirksamkeit einer Behandlung von Moderhinke-Infektionen mit gelöschtem Kalk, wie sie in Betrieb 1 durchgeführt wurde, liegen keine wissenschaftlichen Untersuchungen vor. Es ist jedoch vorstellbar, dass durch die desinfizierende und austrocknende Wirkung des gelöschten Kalks zumindest der prädisponierenden Entzündung der Haut im Zwischenklauenspalt begegnet werden kann.

Das Klauenbad in Betrieb 2 dürften dagegen kaum zur Verringerung der Moderhinke-Prävalenz beigetragen haben: Die Konzentration des eingesetzten Kupfersulfates war mit 2 % zu niedrig, um gegen D. nodosus wirken zu können. Die Konzentration von Formalin war dagegen hoch (5 %), was zu einer Härtung der Klauen im Außenbereich führt, die das Fortbestehen tiefer gelegener Läsionen begünstigt.

Zudem können durch solche Formalinkonzentrationen Risse im Interdigitalspalt entstehen, die das Auftreten von Moderhinke-Infektionen begünstigen.

Der wirksame Bestandteil des bei der zweiten Untersuchung in Bestand 2 auf Wunsch des Besitzers eingesetzten Blausprays (Agri, Bezug über Westfalia, Hagen) war Benzalkoniumchlorid in alkoholischer Lösung. Dieses Desinfektionsmittel ist eigentlich zur Flächendesinfektion vorgesehen und soll laut Herstellerangaben zuverlässig gegen Bakterien, Pilze und Hefen wirken. Das breite Wirkungsspektrum der quarternären Ammoniumbase gegen grampositive und gramnegative Keime lässt eine Wirkung gegen D. nodosus vermuten. Dass eine einmalige Anwendung eines solchen Sprays die Heilung einer von Moderhinke befallenen Gliedmaße bewirken kann, ist dagegen als unwahrscheinlich anzusehen.

Um Hinweise darauf zu erhalten, wie sich die Klauengesundheit der Tiere durch den Einfluss von Umweltfaktoren und anderer unterstützender Maßnahmen entwickelt hat, wurde in beiden Herden eine geringe Zahl an Tieren ungeimpft gelassen.

Betrachtet man die Kontrollgruppen aus beiden Herden als eine Einheit, erfolgte ein Rückgang der Moderhinke-Erkrankungen bezüglich Schweregrad und Prävalenz (Tab. 32 u. 33).

Betrachtet man die Kontrollgruppen dagegen getrennt nach Herkunftsbetrieb (Tab.

34), erscheint vor allem der vollständige Rückgang klinischer Moderhinke-Symptome in Herde 1 ungewöhnlich, vor allem wenn man bedenkt, dass in dieser Herde die ca.

200 nicht in die Untersuchung eingegangenen Zutreter ungeimpft blieben. Allerdings wurden diese Tiere auch alle mehrfach durch den gelöschten Kalk getrieben (vgl.

Kap. 3.4). Eine ähnliche Verbesserung innerhalb der Kontrollgruppe wurde jedoch auch von GHIMIRE und Mitarbeitern (1996) beobachtet: In der in Nepal durchgeführten Studie dieser Arbeitsgruppe kam ein monovalenter Impfstoff zum

Einsatz (EGERTON et al. 2002). Die Gruppe der ungeimpften Kontrolltiere umfasste 1296 Schafe und 741 Ziegen (25 % der Gesamtherde). Ein Jahr nach Beginn des Impfstoffeinsatzes gab es in der Kontrollgruppe weder klinische noch bakteriologische Hinweise auf das Vorliegen virulenter D. nodosus-Stämme.

Allerdings fanden auch in dieser Studie zu Beginn der Untersuchung neben der Impfung weitere Maßnahmen wie Klauenbäder, parenterale Antibiose und Merzen der therapieresistenten Tiere Anwendung.

LIARDET und Mitarbeiter (1986) berichteten über eine äußerst dynamische Situation innerhalb der Kontrollgruppe, wobei Selbstheilungen, chronische Infektionen und Neuerkrankungen gleichzeitig auftraten. Neuerkrankungen kamen bei den eigenen Untersuchungen innerhalb der Kontrollgruppe von Herde 2 vor, obwohl in diesem Betrieb die ungeimpften Tiere nur 5 % des Gesamtbestandes ausmachten.

Da die Ergebnisse in der vorliegenden Studie sehr stark von den betrachteten Datensätzen und dem untersuchten Klauenmerkmal abhängen, kann kein definitives vergleichendes Urteil über die Wirksamkeit der beiden Impfstoffe ausgesprochen werden. Bezüglich der Nebenwirkungen zeigte sich allerdings ein deutlicher Unterschied, der im folgenden Abschnitt erläutert wird.