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2 LITERATURÜBERSICHT

2.1 Moderhinke

2.1.5 Klinisches Bild und Verlauf

In Australien und Neuseeland wird eine gutartige Form der Moderhinke von einer bösartigen bzw. virulenten abgegrenzt (EGERTON u. PARSONSON 1969; GLYNN 1993). Von australischen Wissenschaftlern wird zusätzlich eine so genannte intermediäre Moderhinke beschrieben (STEWART 1989; ABBOTT u. EGERTON 2003), die durch subvirulente Stämme verursacht wird. Da sich die letztgenannte aber anhand klinischer Kriterien nicht eindeutig von der virulenten Form unterscheiden lässt (LIU et al. 1994), sollen in dieser Arbeit nur die beiden anderen Ausprägungsarten näher erläutert werden. Aber auch vom klinischen Erscheinungs-bild der bösartigen bzw. gutartigen Moderhinke kann nicht stets auf die Beteiligung der entsprechend virulenten Stämme geschlossen werden, da die

Umweltbedingun-gen und die Kondition der Tiere einen sehr starken Einfluss auf den Ausprägungs-grad haben.

Die Prävalenz innerhalb einer Herde kann von < 5 % bis > 95 % reichen (RAADSMA 2000).

2.1.5.1 Gutartige Moderhinke

Bei dieser Form der Erkrankung steht die interdigitale Dermatitis im Vordergrund.

Sehr selten kommt es bei wenigen Schafen der Herde zu einer ggr. Unterminierung des Klauenhorns. Die Lahmheiten sind mild und häufig nur unmittelbar nach dem Auftreiben der Tiere zu erkennen. Es kommt meist zu Spontanheilungen, sobald sich die Umweltbedingungen für den Erreger verschlechtern (STEWART 1989).

Bei entsprechendem Klima kommt es zu erneuten Ausbrüchen, weil die schwach virulenten D. nodosus-Stämme offensichtlich in der Lage sind, lange Zeit in der Haut des Interdigitalspaltes zu überleben (GLYNN 1993), wo sie auch bei klinisch unauffälligen Tieren sowohl kulturell (DEPIAZZI et al. 1998), als auch histologisch (EGERTON u. PARSONSON 1969) als auch mit Hilfe des Immunfluoreszenztests (GLYNN 1993) nachgewiesen werden können. Dadurch treten bei dieser Form der Erkrankung auch infolge von scheinbar erfolgreichen Sanierungen häufiger Rückfälle auf, als es bei stärker virulenten Stämmen der Fall ist (ALLWORTH u. EGERTON 1995).

Eine Bekämpfung der gutartigen Form, die aus wirtschaftlicher Sicht meist nicht nötig ist, könnte aus epidemiologischen Gründen sinnvoll sein, da gutartige Stämme unter Umständen eine wichtige Rolle als Reservoir für Fimbrien-Antigene spielen (KENNAN et al. 2003) und so eine Serogruppen-Konversion virulenter Stämme ermöglichen.

Im australischen „Footrot Strategic Plan“, der die Sanierungsmethoden für New South Wales festlegt, steht hingegen gleich zu Beginn, dass die Eradikation der gutartigen Moderhinke weder als möglich noch als wirtschaftlich gerechtfertigt zu betrachten ist (NEW SOUTH WALES FARMERS' ASSOCIATION 1991).

Ob es sich in einer Herde tatsächlich um D. nodosus Stämme handelt, die Auslöser der gutartigen Form der Erkrankung sind, oder ob es an den für den Erreger schlechten Umweltbedingungen liegt, dass die virulente Form nicht zum Ausbruch

kommen kann, lässt sich mit letzter Sicherheit nur anhand von Labor-Parametern bestimmen (DEPIAZZI et al. 1991; LIU u. WEBBER 1995; BILLINGTON et al. 1996).

2.1.5.2 Bösartige Moderhinke

Im Unterschied zur gutartigen Moderhinke kann bei der bösartigen Verlaufsform bei einem hohen Prozentsatz der Tiere eine Unterminierung des Klauenhorns nachgewiesen werden (EGERTON et al. 1969; EGERTON 2000). Im Rahmen der australischen Eradikationsprogramme gilt ein D. nodosus Stamm dann als virulent und somit als Erreger der bösartigen Form der Moderhinke, wenn mehr als 1 % der Tiere in einer Herde Läsionen aufweisen, die bis zur abaxialen Wand des Hornschuhes reichen (NEW SOUTH WALES FARMERS' ASSOCIATION 1991).

Chronisch infizierte Tiere haben infolge des verstärkten Blutflusses stark deformierte Klauen (NATTERMANN et al. 1991), die zwischen den Übertragungsperioden als Habitat für virulente D. nodosus Stämme dienen; die Erreger können aber auch in kleinen Taschen im Klauenhorn persistieren, die kaum Deformationen verursachen (GLYNN 1993).

Dadurch verursachen virulente Stämme meist chronische, hochgradige Lahmheiten, die über einen langen Zeitraum bestehen bleiben, wenn sie nicht mit großem Aufwand bekämpft werden (STEWART u. CLAXTON 1993).

2.1.5.3 Klinische Diagnose und Scoring System

Fortgeschrittene Moderhinke als klinische Diagnose zu stellen ist aufgrund des typischen Erscheinungsbildes der stark zerklüfteten bzw. deformierten Klaue sowie des charakteristischen, fauligen Geruches ohne große Schwierigkeiten möglich. Die Diagnose der Anfangsstadien und die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Formen der Moderhinke ist weitaus schwieriger, und macht je nach Herdenprävalenz eine eingehende Untersuchung mehrerer Tiere nötig (STEWART u. CLAXTON 1993).

Liegt lediglich eine interdigitale Dermatitis ohne Unterminierung des Klauenhorns vor, kann es sich um die gutartige Form der Moderhinke, um die Frühform der bösartigen

Moderhinke oder um eine aufgrund der Umweltbedingungen nicht vollständig ausgebildete Form der bösartigen Moderhinke handeln. In solchen Fällen ist eine Nachuntersuchung der betroffenen Tiere nach 10 bis 14 Tagen notwendig. Stallt man über diesen Zeitraum einige Tiere auf feuchtem Stroh oder nassen Gummimatten auf, können eventuell vorhandene Moderhinke-Erreger ihre größtmögliche Virulenz entfalten (STEWART u. CLAXTON 1993). Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, über ein Abklatschpräparat oder die kulturelle Anzucht Aufschluss über die Anwesenheit von D. nodosus zu gewinnen (s.u.).

Um den Grad der Veränderung einzustufen, existieren eine Reihe unterschiedlicher Systeme für einzelne Klauen, individuelle Schafe oder ganze Herden. EGERTON und ROBERTS (1971) entwickelten ein einfaches System, um einzelne Füße zu beurteilen: Eine Zwischenklauenentzündung erhält Score 1 bzw. 2, je nach Schweregrad. Wenn das Horn unterminiert ist, erfolgte eine Beurteilung mit 3 oder 4;

letzteres falls die Unterminierung bis zum abaxialen Rand der Sohle reicht. Dieses System wurde von STEWART und Mitarbeitern (1982) in der Weise modifiziert, dass Score 3 in die Untergruppen 3a, 3b und 3c unterteilt wurde, je nachdem, wie weit die Ablösung des Horns vorangeschritten ist. Diese beiden Methoden werden bis heute am häufigsten angewendet, obwohl durch andere Autoren weitere mehr oder weniger abgewandelte Systeme entwickelt wurden (SKERMAN et al. 1981;

WOOLASTON 1993).

1995 wurden in Australien 16 verschiedene Bewertungssysteme für Moderhinke-Läsionen im Bezug darauf verglichen, wie exakt sie die Immunantwort der Tiere widerspiegeln (WHITTINGTON u. NICHOLLS 1995b). Dabei stellte sich heraus, dass eine Beurteilung der einzelnen Klauen (Innen- bzw. Außenklaue) eines Fußes von Vorteil ist. Zusätzlich wird der Einsatz von Bewertungssystemen empfohlen, die unterminierende Läsionen höher gewichten als solche, die auf den Zwischenklauenspalt beschränkt bleiben. Ein System, das auch chronische Veränderungen einbezieht, wurde bisher nur bei SKERMAN und Mitarbeitern (1988) beschrieben.

Will man die Schafe auf ihre angeborene Moderhinke-Resistenz überprüfen, empfiehlt RAADSMA (2000) die Zahl der betroffenen Füße mit unterminierenden Läsionen als einfachsten Indikator.

2.2 Dichelobacter nodosus