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2 LITERATURÜBERSICHT

2.5 Resistenzzucht

2.5.2 Mögliche Ursachen für angeborene Resistenz

Als züchterisch beeinflussbare Klauenmerkmale kommen die Klauenhorn-röhrchenanzahl, die Hornpigmentierung und die Klauenmaße in Betracht (ERLEWEIN 2002).

Die Zahl der Klauenhornröhrchen ist für ein Individuum pro Flächeneinheit genetisch festgelegt, und lediglich die Größe der Röhrchen kann durch Umweltfaktoren beeinflusst werden. Je weniger Röhrchenhorn vorhanden ist, desto größer ist das Feuchtigkeitsaufnahmevermögen und damit auch die Lahmheitsanfälligkeit der Tiere.

Bezüglich der Hornpigmentierung liegen für das Schaf keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vor. Es wird aber generell davon ausgegangen, dass pigmentierte Klauen aufgrund der höheren Hornröhrchendichte eine geringere Lahmheitsdisposition bedingen (KAULFUß 2004), so wie es für Rinder bereits nachgewiesen wurde (VERMUNT u. GREENOUGH 1995).

Neben dem Röhrchenhornanteil wird die Klauenhärte auch durch die Form der Klaue bestimmt, wobei vor allem bei den Parametern Diagonalenlänge und Dorsalwand-winkel der genetische Einfluss hoch genug ist, um züchterische Verbesserungen zu ermöglichen (ERLEWEIN 2002). Allerdings ist ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Parametern und dem Auftreten von Moderhinke-Infektionen noch nicht abschließend geklärt.

2.5.2.2 Beschaffenheit der Haut im Zwischenklauenspalt

Die Haut im Zwischenklauenspalt spielt unter Umständen eine viel größere Rolle als die einer passiven Barriere (EMERY et al. 1984a; BULGIN et al. 1988). Als integrales und aktives Element des Immunsystems bindet sie Antigen, das mit der Haut in Kontakt kommt, an die hauteigenen dendritschen Zellen, die sog. Langerhans Zellen.

Diese präsentieren es, nachdem sie zu den regionalen Lymphknoten gewandert sind, spezifischen T-Helferzellen (EDELSON u. FINK 1985; DANDIE et al. 1994), was theoretisch schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Infektion die Immunabwehr in Gang setzen könnte. Da die humorale Immunantwort bei der Moderhinke erst eine entscheidende Rolle spielt, wenn schon Unterminierung des Klauenhorns stattgefunden hat (EMERY et al. 1984a), vermuten WHITTINGTON und NICHOLLS (1995a), dass die Epidermis des Klauenhorns besser mit Antigen-präsentierenden und Antigen-verarbeitenden Zellen ausgestattet ist als die Haut im Interdigitalspalt.

2.5.2.3 Überlegener MHC-Genotyp

Ein Zusammenhang zwischen Moderhinke-Resistenz und bestimmten ovinen Leukozyten-Antigenen (OLA) wurde bereits im Jahr 1989 von OUTTERIDGE und Mitarbeitern (1989) postuliert.

OLA ist die genetische Bezeichnung für den ovinen Haupthistokompatibilitätskom-plex (MHC). Dieser ist sowohl polygen als auch polymorph, was bedeutet, dass es sowohl mehrere Gene (durch Großbuchstaben gekennzeichnet) als auch für jedes Gen multiple Allele (durch Zahlen gekennzeichnet) gibt. Die Kombination von MHC-Allelen auf einem bestimmten Chromosom bezeichnet man als MHC-Haplotyp; er definiert, welches Spektrum an Peptiden von den Antigen-präsentierenden MHC-Molekülen gebunden werden kann. Da es sich bei D. nodosus um ein bakterielles und somit exogenes Antigen handelt, werden einzelne Peptide des Erregers an MHC-II Moleküle gebunden, da sie nur in dieser Form von CD4-T-Zellen erkannt werden können (JANEWAY u. TRAVERS 1997; AMILLS et al. 1998).

Dass zwischen der Moderhinke-Anfälligkeit eines Tieres und dessen MHC-Haplotyp ein Zusammenhang besteht, wurde durch mehrere Arbeitsgruppen bestätigt (OUTTERIDGE et al. 1989; LITCHFIELD et al. 1993; ESCAYG et al. 1997).

Aufbau MHC-Komplex Schaf

Mit Hilfe der In-situ-Hybridisierung konnte nachgewiesen werden, dass der MHC-Komplex des Schafes auf dem Chromosom 20 lokalisiert ist (MAHDY et al. 1989).

Die Klasse II Genregion des ovinen MHC-Komplexes ist der des Menschen ähnlich (SCOTT et al. 1987), die aus den fünf Unterregionen DR, DQ, DP, DO und DZ besteht; eine funktionelle DP-Region fehlt allerdings beim Schaf. Bei beiden Spezies sind die Unterregionen DR und DQ für den Polymorphismus verantwortlich (AMILLS et al. 1998). Den höchsten Grad an Polymorphismus findet man allerdings beim Schaf - im Gegensatz zum Menschen - in der DQ-Region (ESCAYG et al. 1996).

In dieser Region befinden sich wiederum zwei Gene, DQA1 und DQA2 (SCOTT et al.

1991), die beide polymorph sind (ESCAYG et al. 1996). An diesen beiden Genorten wurden im Laufe der letzten Jahre immer neue Allele entdeckt. Aktuell sind für das DQA1-Gen 14 mögliche Sequenzen bekannt (ZHOU u. HICKFORD 2004), und für den DQA2-locus konnten 23 Nukleinsäure-Sequenzen nachgewiesen werden, die für 22 Aminosäuren codieren (HICKFORD et al. 2004). Im Vergleich dazu sind beispielsweise für den DQB-locus sechs und für den DRA-locus lediglich drei Allele nachgewiesen (ESCAYG et al. 1996).

Fünf der 23 DQA2-Sequenzen sind allerdings näher mit den DQA3 oder DQA4

Sequenzen von Rindern als mit den übrigen ovinen DQA2-Sequenzen verwandt (SNIBSON et al. 1998). Analysiert man diese Sonderformen phylogenetisch, fällt auf, dass sie zusammen in einem Cluster liegen, der sich von den übrigen DQA2- Sequenzen unterscheidet; deshalb repräsentieren sie wahrscheinlich einen anderen Genort des DQA2-Gens und werden als DQA2-ähnliche Sequenzen (DQA2 -like-sequences) bezeichnet (HICKFORD et al. 2004). Sie kommen immer nur gemeinsam mit bestimmten „echten“ DQA2-Sequenzen vor, und nur bei Haplotypen, denen das DQA1-Gen fehlt. Bei diesen so genannten DQA1-Null Tieren kommt es also regelmäßig zu einer Duplikation der DQA2-Region (ESCAYG et al. 1996; HICKFORD et al. 2000).

Die Häufigkeit der jeweiligen Haplotypen ist in Tabelle 2 dargestellt:

Tab. 2: Häufigkeitsverteilung der DQA-Gene beim Schaf (nach ESCAYG et al.

1996)

Genotyp Häufigkeit des Vorkommens

DQA1/DQA2 82 – 89 %

DQA1-Null (homozygot)/ DQA2 (dupliziert) 11 – 18 %

Bezieht man die Schafe in die Untersuchung mit ein, die an ihrem DQA1-Genort heterozygot sind, kommt das DQA1-Null-Allel bei 27 - 45 % aller untersuchten Schafe vor, was es zum häufigsten Allel bei allen untersuchten Rassen macht (ESCAYG et al. 1996).

Eine Duplikation der DQ-Gene kommt auch bei Rindern vor, und führt bei diesen zu überlegenen Immunantworten infolge einer Impfung (GLASS et al. 2000).

Abb. 3: Ausgewählte Genorte auf dem ovinen Chromosom 20 (Roslin Institute, http://iowa.thearkdb.org/anubis: SM3/best positions-male)

2.5.3 Nutzungsmöglichkeiten der DQA2-Haplotypen für die Resistenzzucht