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2 LITERATURÜBERSICHT

2.4 Immunisierung und Immunologie

2.4.1 Immunreaktion infolge natürlicher Infektion

Bei der Moderhinke handelt es sich um eine Lokalinfektion. Da keine Generalisierung erfolgt, ist es für diese Art des Infektionsgeschehens in der Regel typisch, dass der Gesamtorganismus bezüglich der spezifischen Abwehr unbeteiligt bleibt. Deshalb kommt es normalerweise nach Überstehen der lokalen Infektion zu keiner komplexen Immunitätsbildung, sondern lediglich zu einer kurz dauernden Paramunität (MAYR 2002). Bei der Moderhinke hingegen lassen sich zwei bis vier Wochen nach Unterminierung des Klauenhorns spezifische IgG1-Antikörper nachweisen, die kaum kreuzreaktiv sind (EMERY et al. 1984b; EMERY 1989). Anhand der Höhe der AK-Titer ist es möglich, eine Aussage über den Schweregrad der Erkrankung zu treffen (WHITTINGTON et al. 1990). Zusätzlich wirkt sich die Dauer der Erkrankung auf die Serokonversion aus: Von den Tieren, bei denen die Läsionen nur für eine Woche präsent sind, werden 40 % im Anschluss seropositiv, bestehen die Läsionen aber für über drei Wochen sind es 98,3 % (WHITTINGTON u. EGERTON 1994). Die gebildeten Antikörper sinken innerhalb weniger Monate nach der Genesung wieder auf annähernd das Niveau ab, das vor der Infektion bestanden hat; allerdings lässt sich das immunologische Gedächtnis durch Verabreichung entsprechender Antigene ohne Adjuvans stimulieren (WHITTINGTON u. MARSHALL 1990).

Die in Folge einer natürlichen Infektion gebildeten AK führen nicht in jedem Fall zu einer Genesung der Tiere. Schafe mit vergleichsweise lange persistierenden AK weisen aber einen verbesserten Schutz gegen Neuinfektionen auf (WHITTINGTON et al. 1990).

Bei klauengesunden Schafen im Alter von ein bis zwei Jahren kommt es gelegentlich zur Bildung von unspezifischen AK, die zu falsch positiven Ergebnissen im Rahmen eines ELISA-Tests auf D. nodosus-Antikörper führen können und somit die Spezifität eines solchen Tests herabsetzen (WHITTINGTON u. EGERTON 1994).

Die unspezifische zelluläre Immunabwehr (EMERY u. STEWART 1984;

WHITTINGTON u. MARSHALL 1990) sowie die Komplement-vermittelten Reaktio-nen (EMERY 1984) scheiReaktio-nen keine entscheidende Rolle im Abwehrprozess zu

Kolostrale Antikörper, die durch infizierte sowie geimpfte (BARTRAM et al. 1992) Muttertiere übertragen werden, konnten bei Lämmern mittels ELISA maximal bis zum 55. Lebenstag nachgewiesen werden (WHITTINGTON u. EGERTON 1994).

2.4.2 Immunreaktion infolge der Vakzination

Im Unterschied zu den anderen Therapiemethoden hängt der Erfolg der aktiven Immunisierung neben der Qualität des Impfstoffes sehr wesentlich davon ab, wie stark die spezifische Abwehrleistung des Immunsystems beim Impfling stimuliert, erhöht oder reguliert worden ist. Ohne die Reaktivität des Individuums hat die Vakzination keine Wirksamkeit (MAYR 2002), was bei der Moderhinke insofern besonders erwähnenswert ist, weil innerhalb der einzelnen Schafrassen bestimmte Tiere durch eine besonders stark beziehungsweise schwach ausgeprägte Immunantwort auffallen. Unter Umständen spielt diese tierindividuelle Reaktion eine entscheidendere Rolle als die Qualität oder Quantität des Impfstoffes selbst (O'MEARA et al. 1993).

Im Vergleich zur natürlichen Infektion führt eine Impfung zu höheren AK-Titern.

Dieser Schutzwert eines Impfstoffes ist bei multifaktoriellen Infektionskrankheiten wie der Moderhinke aber generell niedriger einzustufen (60 bis 70 %) als es bei klassischen Infektionskrankheiten der Fall ist (90 %) (URBANECK et al. 1998).

Häufig kommt die Moderhinke-Impfung nicht nur prophylaktisch, sondern auch therapeutisch zum Einsatz, da sie im letztgenannten Fall zu einer schnelleren Heilung der Tiere beitragen soll.

2.4.3 Historische Entwicklung der Impfstoffe

Bei den ersten Impfstoffen gegen Moderhinke, die in den Jahren 1968 - 1969 produziert wurden, handelte es sich um monovalente Ganzzell-Vakzinen (EGERTON u. BURRELL 1970; EGERTON u. ROBERTS 1971). Bereits im Jahre 1972 waren drei kommerzielle Präparate erhältlich, die allerdings wenige Jahre später, bedingt durch ihr schlechtes Abschneiden bei Feldversuchen wieder vom Markt genommen wurden (KEOGH 1976, zit. nach O'MEARA et al. 1993).

Auf die Entdeckung der verschiedenen Serogruppen von D. nodosus (CLAXTON et al. 1983) wurde mit der Entwicklung von multivalenten Ganzzell-Vakzinen reagiert.

Bereits zu dieser Zeit wurde von mehreren Autoren postuliert, dass ein gleichwertiger oder sogar verbesserter Impfschutz durch den Einsatz isolierter, Pilus-assoziierter Antigene erzielt werden kann (STEWART et al. 1982).

Die Herstellung reiner Pili-Vakzinen in großen Mengen wurde durch die Nutzung von Pseudomonas aeruginosa-Massenkulturen nach DNA-Rekombination möglich (EGERTON et al. 1987; MATTICK et al. 1987). Monovalente (EGERTON et al. 1987) sowie polyvalente (SCHWARTZKOFF et al. 1993a) rekombinante Vakzinen erwiesen sich als mindestens genauso wirkungsvoll im prophylaktischen und therapeutischen Einsatz wie Ganzzell- und gereinigte Fimbrien-Präparate. Ein ausreichender Schutz kann durch solche Impfstoffe nur erreicht werden, wenn die Quartärstruktur der Proteine im Verlauf der Impfstoffherstellung intakt bleibt (STEWART et al. 1991a);

denaturierte Pili, die als sog. Pilin-Impfstoff verabreicht wurden, waren wirkungslos (EMERY et al. 1984b).

2.4.4 Qualität des Impfschutzes

Sowohl der therapeutische als auch der prophylaktische Nutzen der Impfung hängen stark vom eingesetzten Impfstoff ab. Generell lässt sich sagen: Reine Pili-Impfstoffe wirken besser als Ganzzell-Vakzinen mit vielen Pili; die geringste Immunität wird durch Ganzzell-Formulierungen hervorgerufen, die kaum Pili enthalten (THORLEY u.

EGERTON 1981; STEWART et al. 1982). Darüber hinaus haben aber weitere Faktoren, wie etwa die eingesetzten Adjuvantien und/oder die Quantität der Antigene entscheidenden Einfluss (s.u.).

2.4.4.1 Therapeutischer Einsatz

Die Heilungsrate lässt sich bei einem therapeutischen Einsatz eines Impfstoffes anhand von klinischen Untersuchungen berechnen und sollte im Idealfall nach der ersten Impfung 20 %, und nach abgeschlossener Grundimmunisierung 80 % betragen (HOSIE 2004). Allerdings ist kein Impfstoff in der Lage, Infektionen im Bereich des Zwischenklauenspalts zu verhindern oder zu heilen, weshalb die

Untersuchungsergebnisse sehr stark variieren, je nachdem, ob solche Läsionen in die Beurteilung einbezogen wurden oder nicht (STEWART et al. 1982).

So wurde bei Feldversuchen in Neuseeland nach Einsatz eines nanovalenten Impfstoffes in vier von fünf Herden keine klinisch signifikante Verbesserung im Vergleich zur ungeimpften Kontrollgruppe festgestellt (MULVANEY et al. 1984), während in anderen Untersuchungen mit polyvalenten Vakzinen von Schutzraten zwischen 47 – 100 % berichtet wird (GLENN et al. 1985; LAMBELL 1986; LIARDET et al. 1986; HUNT et al. 1994).

2.4.4.2 Prophylaktischer Einsatz

Die Schutzrate gegenüber Neuinfektionen wird von einigen Autoren ebenfalls anhand klinisch erhobener Daten bestimmt. Sie erreicht bei Einsatz einer Ganzzell-Vakzine, die zehn Stämme enthält, Werte zwischen 82 und 100 % (LIARDET et al. 1986). In anderen Untersuchungen wird der Erfolg einer vorangegangenen Impfung durch die Messung der K-agglutinierenden Antikörper (STEWART et al. 1982; RAADSMA et al.

1994b) beurteilt, da diese infolge einer Vakzination im Vergleich zur natürlichen Infektion um das mindestens 100-fache ansteigen (EGERTON u. MERRITT 1973).

Für Serogruppe A sollen laut EGERTON und Mitarbeitern (1987) Antikörpertiter über 3000 eine Erkrankung infolge homologer Infektion verhindern. Andere Autoren erhielten in verschiedenen Studien für diese und andere Serogruppen abweichende Ergebnisse (THORLEY u. EGERTON 1981; STEWART et al. 1982; SCHWARTZ-KOFF et al. 1993a). Daraus resultiert, dass die schützenden Schwellenwerte für jede Serogruppe und je nach Infektionsdruck unterschiedlich sind (RAADSMA et al.

1994b). Das Ziel einer Impfung sollte somit stets der höchste zu erreichende Titer sein und nicht ein willkürlich festgesetzter Schwellenwert (O'MEARA et al. 1993). In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass der K-Agglutinations-titer keine absolute Einheit ist, sondern unter anderem von der Methode abhängt, mit der er bestimmt wird (SCHWARTZKOFF u. HANDLEY 1986).

In einer von SCHWARTZKOFF und Mitarbeitern (1993b) durchgeführten Studie konnten nach abgeschlossener Grundimmunisierung mit einer multivalenten Pilus-Vakzine umso höhere AK-Titer nachgewiesen werden, je weiter man den Abstand zwischen Erstimpfung und Booster-Impfung ausdehnte. Die höchsten Titer konnten

bei einem Abstand von 52 Wochen nachgewiesen werden, wobei der Titer vor der zweiten Impfung keinen zuverlässigen Schutz bot. Außerdem fielen die hohen Titer im Anschluss an die Zweitimpfung auch rapider ab als bei einer Durchführung der Grundimmunisierung im Abstand von vier bis sechs Wochen.

2.4.5 Dauer des Impfschutzes

FERRIER und Mitarbeiter (1988) wiesen durch den Einsatz von ELISA und Immunelektrophorese zwei Wochen nach abgeschlossener Grundimmunisierung die höchsten Antikörpertiter nach, die für weitere zwei Wochen konstant blieben und dann sukzessive abfielen. Andere Forscher berichten, dass eine multivalente Vakzine Merinoschafe für einen Zeitraum von bis zu zwölf Wochen nach der Booster-Impfung schützen kann, wobei einzelne Tiere bereits nach acht Wochen keine ausreichend hohen AK-Titer mehr aufweisen (O'MEARA et al. 1993;

SCHWARTZKOFF et al. 1993b). Bei Einsatz einer trivalenten Ganzzell-Vakzine konnten die höchsten AK-Titer in Abhängigkeit von der Serogruppe sechs bis 14 Wochen nach der zweiten Impfung nachgewiesen werden, und ein deutliches Absinken der Titer war erst nach vier bis sechs Monaten zu erkennen (MARTIN-PALOMINO et al. 2004).

Britische Rassen und deren Kreuzungen scheinen besser auf die Impfung anzusprechen, so dass sie im Vergleich zu den Merinos einige Wochen länger geschützt sind (LIARDET et al. 1986). Aufgrund der insgesamt kurzen Schutzdauer sollte die Grundimmunisierung einige Wochen vor Beginn der Hauptübertra-gungsperiode abgeschlossen sein (EGERTON 2000), da vor allem in der Frühphase der Infektion ein hoher Titer an zirkulierenden Antikörpern für einen effektiven Schutz notwendig ist (RAADSMA et al. 1994b). Bleiben die Übertragungsbedingungen sehr lange günstig, können eine weitere Booster-Impfung oder flankierende Maßnahmen zum Einsatz kommen. Vollständig grundimmunisierte Tiere reagieren ausreichend auf eine Wiederholungsimpfung einmal pro Jahr (SCHWARTZKOFF et al. 1993b).

Mittels ELISA konnten WHITTINGTON und EGERTON (1994) auch noch drei Jahre nach der letzten Impfung mit polyvalenten Ganzzell-Vakzinen bei 58,5 % der untersuchten Tiere AK-Titer nachweisen, die deutlich über dem Niveau bei

2.4.6 Einfluss des Adjuvans auf den Impfschutz

Bei der Auswahl geeigneter Adjuvantien sind die beiden, meist gegensätzlichen Aspekte

• möglichst effiziente Immunantwort

• möglichst geringe Impfschäden zu beachten.

Die bisher bei Moderhinke-Impfungen wegen ihrer starken immunogenen Wirkung häufig eingesetzten Öl-Adjuvantien können neben den regelmäßig auftretenden Abszessen (JANETT 1993) auch diverse andere tierschutzrelevante Impfreaktionen, wie z.B. Granulome, Ulzera, Fisteln sowie Muskelatrophien im Bereich der Injektions-stelle verursachen (CLAASSEN et al. 1992).

Um Alternativen aufzutun, untersuchten WALDUCK und OPDEBEECK (1996) die Antikörpertiter von mit einem monovalenten Pili-Impfstoff geimpften Schafen über einen Zeitraum von 32 Wochen. Dabei wurden Öl-Emulsionen und das zu den Saponinen gehörende Detergens Quil A bezüglich der Immunantwort als effektiver eingestuft als DAEA-Dextran oder L-Tyrosin, aber die Impfschäden waren bei Einsatz von Quil A und DAEA-Dextran niedriger als bei den Öl-Emulsionen. Aus dieser Studie geht Quil A als überlegenes Adjuvans hervor, da es zu den genannten Vorteilen bessere Verarbeitungsmerkmale aufweist als die Öl-Emulsionen.

In einer spanischen Untersuchung kommt man nach Verabreichung einer trivalenten Ganzzell-Vakzine mit zwölf verschiedenen Adjuvans-Kombinationen zu dem Ergebnis, dass Freundsches unvollständiges Adjuvans die humorale Immunabwehr am effektivsten stimuliert. Empfohlen wird dennoch der Einsatz von Aluminium-hydroxid, da es die humorale Immunantwort annähernd genauso effektiv stimuliert wie die Öl-in-Wasser-Emulsion, aber die Inzidenz von Impfschäden an der Injektionsstelle geringer ausfällt (MARTIN-PALOMINO et al. 2004).

2.4.7 Antigenkonkurrenz

Aufgrund der zehn existierenden Serogruppen von D. nodosus spielt das Phänomen der Antigenkonkurrenz (antigenic competition) eine wichtige Rolle. Es äußert sich in

niedrigeren Antikörpertitern nach Anwendung polyvalenter Impfstoffe im Vergleich zu Vakzinen, die nur eine Serogruppe beinhalten (SCHWARTZKOFF et al. 1993a;

SELBITZ 2002), und zwar unabhängig davon, ob Ganzzell- oder Pili-Impfstoffe zum Einsatz kommen (LIARDET u. CHETWIN 1981, zit. nach RAADSMA et al. 1994b).

Auch durch die simultane Verabreichung mehrerer monovalenter Impfstoffe, die zum einen eine eventuell schädliche in-vitro-Reaktion der Pili verhindert und zum anderen die Aufnahme eines einzelnen Antigens durch individuelle Makrophagen garantiert, lässt sich das Problem nicht lösen (SCHWARTZKOFF et al. 1993a). Entgegen der früheren Annahme, dass diese Erscheinung immer dann auftritt, wenn mehr als fünf bzw. sechs Serogruppen in einem Impfstoff vorhanden sind (HUNT et al. 1994;

RAADSMA et al. 1994b), wurde in Versuchen mit ingezüchteten Mäusen festgestellt, dass es sich um ein Dosis-Phänomen handelt. Dieses tritt auf, sobald eine große Menge Antigen einer zweiten Serogruppe zu einem monovalenten Impfstoff zugegeben wird (HUNT et al. 1995). Beim Einsatz von monovalenten Impfstoffen führt hingegen eine Erhöhung der Antigen-Menge zunächst zu einer gesteigerten und ab einer bestimmten Höhe zu einer sistierenden Antikörper-Produktion (STEWART et al. 1983b), aber auch bei einer sehr hohen Antigen-Dosis stets zu einem ausreichenden Schutz gegen homologe Stämme (EGERTON et al. 1987;

HUNT et al. 1994).

Durch Vergrößerung des Abstandes zwischen Erst- und Zweitimpfung kann die Antigenkonkurrenz zumindest teilweise ausgeglichen werden (SCHWARTZKOFF et al. 1993b).

Ursächlich für dieses Phänomen ist die T-Zell-Antwort, die unabhängig davon, ob monovalent oder polyvalent geimpft wird, stets gleich hoch ausfällt. Diesbezüglich bewiesen HUNT und Mitarbeiter (1995), dass eine große Anzahl der T-Zellen zur Kreuzreaktion zwischen den verschiedenen Serogruppen in der Lage sind. Somit müssen die B-Zellen auf eine polyvalente Impfung hin um die limitierte Anzahl der T-Zellen konkurrieren. Um einen möglichst effektiven polyvalenten Impfstoff zu entwickeln, müsste man einen Weg finden, den Pili-spezifischen B-Zellen eine größere Menge an T-Zellen zur Verfügung zu stellen. Eventuell könnten nicht-Pili-spezifische T-Zellen zum Erreichen dieses Ziels eingesetzt werden.

Ein anderer Lösungsansatz besteht darin, durch den Einsatz von monoklonalen Antikörpern eine belastbare passive Immunität zu erzielen. Solche AK müssen in der Lage sein, verschiedene Serogruppen des Erregers zu erkennen. Die Arbeitsgruppe um GRADIN (1991) hat zu diesem Sachverhalt viel versprechende Untersuchungen vorgenommen, bei denen ein AK neun von elf getesteten Serotypen binden konnte.

Über den tatsächlichen Einsatz solcher AK in Form einer Vakzine ist nichts bekannt.

2.4.8 Footvax®

Nur eine einzige Vakzine ist derzeit in Europa, den USA, Malaysia, Australien und Neuseeland kommerziell erhältlich: Es handelt sich um Footvax® (ESSEX Tierarznei, München). Dieser inaktivierte Impfstoff in öliger Emulsion enthält Antigene der Serogruppen A bis H in Form von Fimbrien, wobei die Serogruppe B durch die Serotypen B1 und B2 vertreten ist. Die Konzentration beträgt jeweils 10 μg Pili/ml.

Die auch im Impfstoff vorhandene Serogruppe I wird als Ganzzell-Präparation in einer Konzentration von 5 x 108 Zellen/ml zugegeben (Angaben des Herstellers).

Somit enthält der Impfstoff neun von derzeit zehn bekannten Serogruppen.

Gegen Stämme der Serogruppe M, die in Australien und Neuseeland mit einer Prävalenz von 5 bzw. 6 % vorkommen, kann durch die Impfung kein Schutz erreicht werden (CHETWIN et al. 1991). Laut Gebrauchsinformation werden sechs Wochen nach einmaliger Immunisierung K-agglutinierende Antikörper gegen jeden im Impfstoff enthaltenen Serotyp mit einem Titer von mindestens 1:400 entwickelt.

2.4.9 Bestands- und serotypspezifische Impfstoffe

Bei bestandsspezifischen bzw. stallspezifischen Vakzinen handelt es sich um Impfstoffe (90/677/EWG, Art. 1.3. [1]), deren Herstellung in der BRD im Wesentli-chen durch das TierseuWesentli-chengesetz (§17c Abs. 1 [2] und §17d Abs. 2) und die Verordnung über Sera, Impfstoffe und Antigene nach dem Tierseuchengesetz geregelt wird.

Die bisher in Deutschland hergestellten bestandsspezifischen Impfstoffe enthielten alle aus den eingesandten Klauen isolierten, obligat anaeroben Bakterien. Dabei handelt es sich also nicht nur um den Moderhinke-Erreger, sondern auch um Keime

wie Porphyromonas levii, Prevotella spp. und insbesondere Fusobakterien.

Durchschnittlich kommen zwölf bis 13 verschiedene Bakterienstämme in einem Impfstoff vor (URBANECK et al. 1998). Die Ergebnisse aus Herden, die mit diesen Impfstoffen behandelt wurden, basieren vorrangig auf Rückinformationen von Tierärzten und Besitzern. Diese berichten bei ca. 90 % der Fälle von einer sehr guten und guten Verbesserung der Krankheitssituation.

Setzt man stattdessen nur D. nodosus als Impf-Antigen ein und reduziert die Serogruppen auf die Zahl der wirklich vorhandenen, kann man das Problem der Antigenkonkurrenz stark einschränken und somit höhere Antikörpertiter erzielen (RAADSMA et al. 1995), die länger persistierten (O'MEARA et al. 1993; ABBOTT u.

EGERTON 2003).

Mit Hilfe einer monovalenten Ganzzell- und einer bivalenten Pili-Vakzine konnte die Moderhinke in nepalesischen Schaf- und Ziegenherden erfolgreich bekämpft werden (GHIMIRE et al. 1996; EGERTON et al. 2002). Nach Einsatz dieser Impfstoffe und dem Merzen einiger non-responder-Tiere wurden in Nepal nur noch Symptome der gutartigen Moderhinke nachgewiesen.

Serotypspezifische Impfstoffe kommen vorwiegend als Ganzzell-Vakzinen zum Einsatz. Diese sind im Gegensatz zu reinen Pili-Präparaten in der Lage, einen gewissen Schutz gegen heterologe Stämme zu vermitteln (STEWART et al. 1983a;

STEWART et al. 1986a; STEWART et al. 1986b; MORCK et al. 1994).