• Keine Ergebnisse gefunden

5 EINFLUSS DER VAKZINATION AUF DEN MODERHINKE-STATUS

5.1.1 Anzucht und Serotypisierung von Dichelobacter nodosus

Probenahme:

Für beide Schafherden wurde im Zeitraum vor Untersuchungsbeginn jeweils eine bestandsspezifische Vakzine hergestellt. Um geeignete Stämme für die Impfstoff-produktion zu erhalten, wurden im November 2004 hochgradig lahme Tiere für eine Probenentnahme ausgewählt, die klinisch akute Anzeichen einer Moderhinke-Infektion zeigten.

Im Falle der Herde 1 handelte es sich dabei um sieben Muttertiere, die zur Zeit der Probenahme im Stall gehalten wurden.

In Herde 2 wurden Proben von einem Lamm und einem Bock aus Stallhaltung sowie von zwei Muttertieren aus Weidehaltung entnommen.

Die Probeentnahme von maximal fünf Einzelproben pro Tier erfolgte auf folgende Art und Weise:

Nach Umsetzen des Schafes wurde die zu beprobende Klaue mit Zellstoff sorgfältig gereinigt und die Übergangszone von gesundem zu erkranktem Gewebe mit einem desinfizierten Klauenmesser bzw. einer Klauenschere vorsichtig freigelegt, wobei Blutungen nach Möglichkeit vermieden wurden.

Die eigentliche Probeentnahme erfolgte zum Teil mit dem Holzstäbchen eines sterilen Abstrichtupfers (Sarstedt, Nümbrecht), indem dieses einfach aus dem Röhrchendeckel herausgezogen wurde, teilweise aber auch mit sterilen Knopfsonden aus Metall (WDT, Garbsen) und nur bei einem Tier der Herde 2 auch mit einem Tupfer, der in modifiziertes Amies-Transportmedium verbracht wurde (Bakteriette®, EM-TE-Vertrieb, Hamburg). Das Läsionsmaterial wurde von einer Stelle entnommen, die mit dem Klauenschneidewerkzeug noch nicht in Kontakt

1Alle verwendeten Materialien, Gebrauchslösungen und Geräte sind in einer Liste im Anhang aufgeführt.

gekommen war; im Idealfall handelte es sich dabei um den freigelegten Hohlraum zwischen Lederhaut und Wandhorn im abaxialen Bereich der Klaue. In Fällen, in denen die Infektion weniger weit fortgeschritten war, erfolgte die Probenahme von feuchten, entzündeten Stellen im Interdigitalbereich oder aus der Tiefe kleinerer Taschen an der axialen Klauenwand oder an der Sohlenfläche.

Das erhaltene Probenmaterial wurde umgehend sowohl nach dem Schema eines Dreiösenausstriches als auch nach der bei PITMAN und Mitarbeitern (1994) beschriebenen Methode auf spezielle Nährböden verbracht (vgl. Abb. 13).

Abb. 13: Ausstrichschema nach PITMAN und Mitarbeitern (1994): Der erste Impfstrich (1) soll möglichst tief in den Agar eindringen, die übrigen Impfstriche (2 - 4) sollen die Agar-Oberfläche zumindest anlösen.

Lediglich der von einer Schafklaue entnommene Tupfer wurde erst einige Stunden nach ungekühltem Transport ins Labor in gleicher Weise auf entsprechende Nährmedien (s.u.) aufgebracht.

In jeden Petrischalen-Deckel wurden mehrere Rundfilterpapiere (Macherey-Nagel, Düren) eingelegt, die zum Auffangen des bei der Gasbildung im Anaerobiertopf entstehenden Wassers dienen sollten. Aus demselben Grund wurde in jeden Anaerobiertopf (Anaerocult®, Merck) neben maximal 13 Petrischalen und einem Gas-Kit (BBL™GasPak™ Plus, Becton Dickinson, Heidelberg) sowie einem

Indikatorstreifen zur Kontrolle des anaeroben Milieus (BBL™Dry Anaerobic Indicator Strips, Becton Dickinson, Heidelberg) zusätzlich gefaltete Filterpapiere eingebracht.

Anzucht:

Die Anaerobiertöpfe wurden direkt nach der Probenahme im jeweiligen Bestand verschlossen und unverzüglich in die Klinik für kleine Klauentiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover transportiert. Dort wurden die Töpfe in einen Wärmeschrank mit einer Temperatur von 37° C verbracht.

Die anaerobe Bebrütung der Primärkultur erfolgte vier Tage lang, bei einer Atmo-sphäre von 4 - 10 % Kohlendioxid zusätzlich zum vorrangig erzeugten Wasserstoff.

Nach Ablauf der vier Tage wurden die Platten auf D. nodosus-verdächtige Kolonien untersucht. Alle Platten wurden reinkubiert; die positiven, um im Falle eines Nichtanwachsens der Subkultur die Primärkultur nicht zu verlieren, die negativen, um sie drei bis vier Tage später erneut zu beurteilen. Nährböden, auf denen nach sieben bis acht Tagen kein Wachstum D. nodosus-verdächtiger Kulturen feststellbar war, wurden verworfen.

Von jeder Primärkultur mit verdächtigen Kolonien wurden mit einer feinen, ausgeglühten Edelstahl-Öse (∅ 2mm, Schütt Labortechnik, Göttingen) mindestens zwei und höchstens zehn Subkulturen angefertigt, die nach drei bis vier Tagen kontrolliert wurden. Auf diese Weise wurde die Subkultivierung bis zur Reinkultur fortgesetzt.

Eingesetzte Nährböden:

Die Anzucht und Subkultivierung von D. nodosus erfolgte in der Klinik für kleine Klauentiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover zunächst auf Blut-Eugonagar (STEWART u. CLAXTON 1993) und auf Trypsinmedium (NLD-Platten) (THORLEY 1976), später wegen der einfacheren Handhabung der Nährböden nur noch auf Blut-Eugonagar (BEA)2.

2 Die Herstellung erfolgte in der Nährbodenküche des Instituts für Mikrobiologie der Tierärztlichen Hochschule

Alle Stämme, die für die Impfstoffherstellung in Frage kamen, wurden an die Firma Dr. Felgenträger & Co. (Rodleben) weitergeleitet, in der sie zum Zweck der bioche-mischen Diagnosesicherung erneut subkultiviert wurden. Der dafür eingesetzte Anaerobiernährboden nach Höhne (Medium 5) wurde in der dort befindlichen Nährbodenküche hergestellt.

Eine ausführliche Beschreibung der Herstellung aller verwendeten Nährmedien ist im Anhang zu finden.

Koloniemorphologie:

Der erste Schritt zur Identifizierung war die Beurteilung der Koloniemorphologie, die sowohl auf den Primärplatten als auch nach jeder Subkultur erfolgte.

In der Primärkultur wurden alle Kolonien als D. nodosus-verdächtig betrachtet, die schwach durchscheinend und halbmondförmig an der Peripherie des Impfstriches zu erkennen waren, der meist von schnell wachsenden, pigmentierten Keimen gebildet wurde.

Bei der Beurteilung nach Subkultivierung wurden die Kolonien makroskopisch und im Falle eines Anwachsens auf den lichtdurchlässigen NLD-Platten zusätzlich mikroskopisch bei Lupenvergrößerung unter dem Auflichtmikroskop (Okular 12,5x, Objektiv 2,5x) beurteilt.

Aerobe Kontrolle:

Von allen in Frage kommenden Reinkulturen wurde ein Dreiösenausstrich auf BEA-Platten angelegt, der für 72 Stunden aerob bei 37°C bebrütet wurde.

Wenn sich auf den so bebrüteten Nährböden Wachstum zeigte, wurde das entsprechende Bakterien-Isolat nicht weiter untersucht.

Gramfärbung:

Zur weiteren Differenzierung erfolgte eine Gramfärbung aller obligat anaerob wachsenden, verdächtigen Isolate. Die zur Gegenfärbung üblicherweise benutzte Fuchsin-Lösung wurde durch Safranin-Lösung (Merck, Darmstadt) ersetzt, was eine bessere Anfärbung von D. nodosus bewirkt (STEWART u. CLAXTON 1993).

Der Nachweis von gramnegativen, geraden oder leicht gebogenen, großen und plumpen (1 - 1,7 x 3 - 6 μm) Stäbchen wurde als Verdacht auf das Vorliegen von D.

nodosus gewertet (SKERMAN 1989).

Abb. 14: Gramfärbung von D. nodosus (Vergrößerung: 12,5 x 100, Ölimmersion)

Biochemische Eigenschaften:

In der Firma Dr. Felgenträger & Co. (Rodleben) wurde die Identifizierung durch fol-gende biochemische Testverfahren ergänzt (SKERMAN et al. 1981; SKERMAN 1989):

• Katalase-Test: Auf die Zugabe von H2O2 zu Koloniematerial von D. nodosus erfolgt keine Blasenbildung (katalase-negativ).

• Oxidase-Test: Der Test auf das Vorhandensein von Cytochromoxidase fällt bei Vorliegen von D. nodosus negativ aus.

• Nitratreduktase: D. nodosus-Isolate sind nicht in der Lage, Nitrat zu Nitrit zu reduzieren.

• Indolbildung: Von D. nodosus-Stämmen wird im Gegensatz zu vielen gramne-gativen Anaerobiern kein Indol gebildet.

• Schwefelwasserstoffbildung: D. nodosus ist in der Lage, Schwefelwasserstoff zu bilden.

Serologie:

Die Serotypisierung erfolgte sowohl in Hannover (Klinik für kleine Klauentiere der Tierärztlichen Hochschule) als auch in Rodleben (Dr. Stache, Fa. Dr. Felgenträger &

Co.) unter Verwendung der Objektträgeragglutination (STEWART u. CLAXTON 1993).

Die zu diesem Zwecke in beiden Labors eingesetzten Antiseren wurden über Herrn Prof. Richard Whittington (Veterinärmedizinische Fakultät der Universität von Sydney/Australien) bezogen. Die genaue Beschreibung dieser Seren ist aus Tabelle 23 ersichtlich.

Tab. 23: Ursprung und Bezeichnung der eingesetzten D. nodosus-Antiseren Serogruppe Zugrunde liegender Bakterienstamm Serum - Bezeichnung

A 1001 362

B 1006 364

C 1008 366

D 1172 368

E 1137 369

F 1017 371

G 1220 373

H 1687 375

I 1623 378

M neuseeländischen Ursprungs 3319/94

Um das zu testende Antigen zu gewinnen, wurde direkt auf den mit einer vier Tage alten D. nodosus-Reinkultur bewachsenen Nährboden 1 ml Formalin-PBS-Lösung (1:80, pH 7,4) aufgebracht. Durch Kippen der Petrischale erfolgte die gleichmäßige Verteilung der Lösung und anschließend wurden alle auf der Platte vorhandenen Kolonien mit Hilfe eines Drigalski-Spatels abgeschwemmt.

Von der so hergestellten Antigen-Lösung wurden in gleichmäßigem Abstand drei große Edelstahl-Impfösen (∅ 3 mm) auf einen gereinigten Objektträger aufgebracht.

Neben das Antigen wurde mit einer kleinen Öse (∅ 2 mm) das zu überprüfende Referenz-Antiserum unverdünnt aufgebracht. Antigen und Antiserum wurden mit einem Holz-Zahnstocher durch kurzes, kräftiges Rühren miteinander vermischt, der Objektträger einige Male gekippt, und dann sofort gegen das Licht beurteilt. Positive

Reaktionen stellten sich als flockige Agglutinate innerhalb von 5 Sekunden dar. Die vorher milchig-trübe Antigen-Suspension wurde im positiven Fall klar, so dass die Agglutinate deutlich zu erkennen waren. Negative Proben bildeten milchige Schlieren. Reaktionen, die nicht sofort sichtbar wurden sowie alle geringgradigen Agglutinationen wurden als nicht Serogruppen-spezifisch betrachtet.

Die Aufbewahrung der Seren erfolgte bei -20°C. Dazu wurden sie so fraktioniert, dass einmal aufgetautes Serum maximal viermal wieder eingefroren wurde.

Aufgetaute Seren, die am folgenden Tag wieder verwendet werden sollten, wurden über Nacht im Kühlschrank gelagert.