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4 AUSPRÄGUNG UND PRÄVALENZ DER MODERHINKE

4.3 Diskussion

Die Herdenprävalenz einer Moderhinke-Infektion kann Aufschluss über die vorliegende Form der Erkrankung geben. STEWART (1989) nennt den Wert von 10 % der Schafe mit unterminiertem Klauenhorn als Schwelle für die Abgrenzung der bösartigen von der gutartigen Moderhinke (vgl. Kap. 3.1.5).

Dieser Wert wird in beiden in dieser Studie untersuchten Betrieben deutlich überschritten (22,10 % bzw. 17,93 % akut an Moderhinke erkrankte Schafe). In Ergänzung zu diesem Grenzwert gilt ein D. nodosus-Stamm im Rahmen des staatlichen australischen Eradikationsprogramms dann als virulent, wenn mehr als 1 % der Tiere in einer Herde Läsionen aufweisen, die bis zur abaxialen Wand des Hornschuhes reichen (NEW SOUTH WALES FARMERS' ASSOCIATION 1991;

SEAMAN 2003). Auch diese Schwelle wird überschritten (vgl. Tab. 8, Score 4), so dass in beiden Herden vom Vorhandensein virulenter D. nodosus-Stämme ausgegangen werden kann.

Da in beiden untersuchten Betrieben seit Jahren Probleme mit Moderhinke-Erkrankungen bestehen, entstanden Schwierigkeiten bei der exakten Bestimmung der Moderhinke-Prävalenz. Es gibt bisher kein praktikables System, um den hohen Anteil an Tieren mit chronisch deformierten Klauen (22,25 %) zu erfassen. Diese Deformationen sind als Folge der Moderhinke-Infektion anzusehen (NATTERMANN et al. 1991) und treten in der Regel während des Heilungsprozesses auf. Es besteht aber immer die Gefahr, dass sich in der Tiefe solcher deformierten Klauen erregerhaltige Taschen befinden, die bei geeigneten Umweltbedingungen einen akuten Krankheitsschub bei dem entsprechenden Tier verursachen. Obwohl bereits BEVERIDGE (1941) diese trockenen, in Abheilung befindlichen Läsionen beschrie-ben hat, wurde bisher nur durch SKERMAN und Mitarbeiter (1988) der Versuch unternommen, sie in einen Beurteilungsschlüssel aufzunehmen. Dieser Schlüssel fand jedoch aufgrund seiner Komplexität keine breite Anwendung. Auch in der vorliegenden Untersuchung wurden die chronischen Deformationen nicht in den

Moderhinke-Score einbezogen. Stattdessen wurde der Versuch unternommen, die deformierten Klauen unabhängig von den Moderhinke-Veränderungen zu erfassen, um zu überprüfen, ob ein Zusammenhang zwischen chronischen und akuten Veränderungen besteht. Ein solcher Zusammenhang war nachweisbar, da ein Drittel (n = 63, 34,6 %) aller Tiere mit chronisch deformierten Klauen zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung gleichzeitig an akuter Moderhinke erkrankt war. Dem gegenüber standen 119 Schafe, die zwar chronisch deformierte Klauen, aber keine akute Moderhinke-Infektion aufwiesen. Da bei den letztgenannten Tieren das Vorhandensein tief gelegener Infektionsherde nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden konnte, wurde die Prävalenz unter Umständen zu niedrig eingeschätzt.

4.3.2 Einfluss von Betrieb, Haltungsform und Herdbuchzugehörigkeit

Der signifikante Einfluss des Betriebes auf die Ausprägung der Moderhinke ist kaum verwunderlich, da sich beispielsweise die klimatischen Verhältnisse, Bodenbe-schaffenheit und die Mineralstoffversorgung der Tiere voneinander unterscheiden und zudem ein anderes Erregerspektrum vorliegt (vgl. Kap. 5). Da außerdem in beiden Betrieben unterschiedlichen Schafrassen in verschiedenen Haltungsformen gehalten wurden, ist es nicht möglich, eine Aussage über das exakte Ausmaß des Betriebseinflusses zu tätigen. Auffällig ist allerdings die Tatsache, dass sich die betriebsbedingten Unterschiede nivellieren, wenn man ausschließlich Herdbuchtiere betrachtet (Tab. 17 - 19). Eine mögliche Erklärung besteht darin, dass durch die Beschränkung auf die Herdbuchtiere die Gruppe der Schwarzköpfigen Fleischschafe aus dem Datensatz ausgeschlossen wird. Somit wäre also nicht die Herdbuchzu-gehörigkeit, sondern die Zugehörigkeit zur Merinoschafrasse dafür ursächlich, dass sich der signifikante Unterschied zwischen den Betrieben verliert (vgl. Kap. 4.3.3).

Da es sich bei der Moderhinke um eine multifaktoriell bedingte Erkrankung handelt, wird der Einfluss der Haltungsbedingungen auf den Krankheitsverlauf und die Übertragungsrate immer wieder hervorgehoben (STEWART et al. 1984; DEPIAZZI et al. 1998; ABBOTT u. LEWIS 2005). Die Weidehaltung in Betrieb 2 stellt sich in der vorliegenden Studie als den anderen Haltungssystemen überlegen dar, da die dort

gehaltenen Tiere selten und vergleichsweise schwach erkranken (vgl. Tab. 20 und 21). Davon sollte man allerdings nicht die generelle Aussage ableiten, dass Weidehaltung zu einer geringeren Moderhinke-Prävalenz führt als Stallhaltung. In einer von WASSINK und Mitarbeitern (2003) durchgeführten Befragung unter englischen Schäfern ergab sich während des Winters eine signifikant höhere Prävalenz für nicht aufgestallte im Vergleich zu aufgestallten Schafen. Dieselbe Arbeitsgruppe wies darauf hin, dass die Moderhinke-Prävalenz ein Resultat aus kurzfristigen Wettereffekten und den generellen Haltungsbedingungen ist. Somit haben einigen Schäfer während der Stallhaltungsperiode die größten Probleme mit Moderhinke, andere während der Weideperiode.

Dennoch liefern die erhaltenen Ergebnisse einen entscheidenden Hinweis darauf, wie bedeutend das Haltungssystem für die Vermehrung und Virulenz von D. nodosus ist. Moderhinke-Infektionen kamen in beiden Betrieben in den verschiedenen Haltungsformen vor, somit kann die unterschiedliche Prävalenz nicht durch An- bzw.

Abwesenheit des Erregers erklärt werden. Aufgrund des immer wieder stattfindenden Tierverkehrs zwischen den Haltungsformen kann außerdem davon ausgegangen werden, dass beide Gruppen eines Betriebes von den gleichen Erregerstämmen betroffen sind. In Betrieb 1 waren die beiden Haltungssysteme Auslauf und Stall nur wenige Meter voneinander entfernt. Die Prävalenz war bei den im Auslauf gehaltenen Tieren jedoch nahezu doppelt so hoch (30,26 %) wie bei der Stallhaltung (15,57 %). In Betrieb 2 war die Entfernung zwischen Stall und Weide zwar größer (ca. 1000 m), aber auch hier war der Unterschied in der Prävalenz erheblich (Weidehaltung: 7,6 %, Stallhaltung: 36,6 %). Diese Ergebnisse entsprechen den Beobachtungen von DEPIAZZI und Mitarbeitern (1998): Von dieser Arbeitsgruppe wurden jeweils 40 Merinoschafe einer Blutlinie, die auf fünf unterschiedliche Standorte verteilt waren, artifiziell mit einem virulenten D. nodosus-Stamm infiziert.

Es ergaben sich für die verschiedenen Regionen, die bezüglich Klima, Bodenzusam-mensetzung und Weidebewuchs deutliche Unterschiede aufwiesen, maximale Prävalenzwerte erkrankter Gliedmaßen von 80.6, 1.3, 14.4, 3.8 und 88.1 %.

Sollte die Haltungsform tatsächlich den größten Teil zur Moderhinke-Empfänglichkeit beitragen, bleibt die Frage bestehen, warum bei 74 % der Moderhinke-infizierten

Schafe an nur einer Gliedmaße unterminiertes Klauenhorn nachgewiesen wurde.

Unter der Voraussetzung, dass sich ein empfängliches Tier in einer Umwelt befindet, die gute Übertragungsbedingungen ermöglicht, würde man erwarten, dass in der überwiegenden Zahl der Fälle mehrere Gliedmaßen eines Schafes befallen werden.

Eine mögliche Begründung liegt darin, dass infolge der Unterminierung des Klauenhorns IgG1-Antikörper gebildet werden (EMERY et al. 1984b; EMERY 1989), die für einen kurzen Zeitraum (WHITTINGTON u. MARSHALL 1990) ein Übergreifen der Moderhinke auf weitere Gliedmaßen verhindern. Bei Rückgang der Antikörper-titer treten neue Infektionen an weiteren Gliedmaßen auf. Ein solcher wellenförmiger Krankheitsverlauf würde die häufig vorkommenden chronischen Deformationen an bis zu fünf Einzelklauen pro Tier (Kap. 4.1.4) erklären. Eine weitere, genetisch bedingte Möglichkeit für die begrenzte Zahl an gleichzeitig akut von Moderhinke betroffenen Gliedmaßen ist in Kap. 6.2.4 dargestellt.

4.3.3 Rasseeinfluss

Ein direkter Vergleich zwischen zwei Rassen ist nur innerhalb von Betrieb 2 möglich, da dort Merinolandschafe und Schwarzköpfige Fleischschafe in jeweils derselben Haltungsform gehalten wurden (SK: n = 226, ML: n = 142). Für diesen Datensatz ergab sich mittels χ2-Test zunächst kein signifikanter Rasseeinfluss. Man muss allerdings berücksichtigen, dass es sich bei einem Großteil der Tiere in Betrieb 2 um Kreuzungstiere handelt, die gemäß ihres Phänotyps einer der beiden Rassen zugeordnet wurden. Unter Umständen kam es dadurch zu Fehleinschätzungen, die einen gegebenenfalls signifikanten Rasseeinfluss verschleiert haben.

Zudem verliert sich eine eventuell vorhandene rassespezifische Resistenz bei hohem Infektionsdruck (EMERY et al. 1984a), der in der vorliegenden Studie in der Haltungsform „Stall“ in Betrieb 2 gegeben war (vgl. Tab. 12, Prävalenz = 36,36 %).

Bezieht man allerdings zusätzlich zur Rasse der Tiere ihre Haltungsumwelt in die Auswertung ein, ergibt sich anhand der Odds ratio-Werte, dass für Merinolandschafe grundsätzlich eine höhere Chance besteht an Moderhinke zu erkranken als für Schwarzköpfige Fleischschafe (vgl. Tab. 20). Dieser Rasseeinfluss war allerdings nicht signifikant, wenn sich beide Rassen in derselben Haltungsform (Stall bzw.

Weide) befanden. Somit scheinen die Umwelteinflüsse den Rasseeffekt zu überwiegen. Dadurch unterscheiden sich die vorliegenden Ergebnisse von den durch RAHMANN (2003) erzielten: Er wies bei einem Vergleich von sechs verschiedenen Schafrassen eine generell höhere Empfänglichkeit der Merinoschafe nach.

Im Laufe der vorliegenden Untersuchungen bestätigte sich allerdings der bereits in Rahmen eines längeren Vorversuches gewonnene Eindruck, dass feinwollige Merinos mit unpigmentierten Klauen zu stärkerem Klauenhornwachstum neigen als grobwollige Schafe mit pigmentierten Klauen, was zumindest für Jungtiere auch von ERLEWEIN (2002) bestätigt wurde. Dieser Effekt wird durch das Vorliegen einer Moderhinke-Infektion verstärkt (NATTERMANN et al. 1991), so dass unpigmentierte, Moderhinke-infizierte Merinoklauen zu extrem starkem Hornwachstum neigen, das vor allem im Bereich der Klauenspitze erfolgt. Dadurch tritt eine Überbelastung der kaudalen Bereiche der Klaue ein, und es kann durch einwirkende Scherkräfte zu Steifigkeitssprüngen und dadurch zu einem Abbrechen der Klauenspitze oder zur Entstehung von Hornspalten kommen, was Schmerzen und somit Lahmheitserschei-nungen hervorruft. Aufgrund dieser langfristigen funktionellen Veränderungen am Hornschuh besteht die Möglichkeit, dass Merinoschafe auch nach Abklingen der eigentlichen Moderhinke-Symptome noch hochgradige Lahmheiten zeigen. Findet keine Kontrolle von Einzeltieren statt, werden diese Tiere aufgrund ihrer Gangstörungen länger als an Moderhinke erkrankt angesprochen als Schafe mit unpigmentierten Klauen, die aufgrund ihres langsameren Hornwachstums weniger unter derartigen Folgeschäden leiden.

EMERY und Mitarbeiter (1984a) stellten bezüglich der unterschiedlichen Empfäng-lichkeit verschiedener Schafrassen fest, dass Merinoschafe zu einer höheren Anzahl unterminierender Läsionen tendieren, während Britische Schafrassen vermehrt Läsionen im Interdigitalspalt aufweisen, die nur über einen kurzen Zeitraum nachgewiesen werden können. Obwohl die Zuchtgeschichte der im Laufe dieser Studie untersuchten Schwarzköpfigen Fleischschafe im Wesentlichen auf britische Fleischschafrassen zurückgeht (SAMBRAUS 2001), lässt sich eine solche Unterscheidung zwischen Merinoschafen und Schwarzköpfigen Fleischschafen anhand der vorliegenden Ergebnisse nicht nachvollziehen. Im direkten Vergleich mit

den Schwarzköpfigen Fleischschafen weisen die Merinolandschafe sowohl bezogen auf Läsionen im Zwischenklauenspalt als auch bezogen auf unterminiertes Klauen-horn eine höhere relative Chance auf, an Moderhinke zu erkranken (vgl. Tab. 20).

4.3.4 Einfluss von Altersklasse, Position der Gliedmaße und Lammungen Sowohl von SKERMAN und Mitarbeitern (1984) als auch von WOOLASTON (1993) liegen Untersuchungen darüber vor, dass Mutterschafe mit zunehmendem Alter höhere Moderhinke-Infektionsraten aufweisen und stärker erkranken als jüngere Mutterschafe. Signifikante Effekte des Alters auf die untersuchten Scores oder das Auftreten von Moderhinke pro Gliedmaße konnten im Rahmen der ersten Untersuchung nicht nachgewiesen werden (vgl. Tab 17 - 19). Diese Beobachtung deckt sich mit dem Untersuchungsergebnis von SCHULER (1996), der bei unbehan-delten Tieren keine signifikanten Unterschiede zwischen den von ihm untersuchten Altersgruppen feststellen konnte.

Bei den in dieser Studie betrachteten Muttertieren wurde sowohl mit Hilfe des χ2 -Tests als auch bei Einsatz des entwickelten Modells eine gleichmäßige Verteilung der Erkrankung über alle Gliedmaßen beobachtet (vgl. Tab. 17 - 19). Dieses Ergebnis deckt sich mit einer Untersuchung in Tiroler Schafzuchtbetrieben, bei der sich die Befallshäufigkeit der einzelnen Extremitäten ebenfalls sehr ausgeglichen darstellte (SCHULER 1996).

Die Zahl der Lämmer bei der letzten Lammung des Muttertieres wurde dann in die Auswertung miteinbezogen, wenn die Geburt innerhalb von 150 Tagen vor dem Untersuchungstermin stattgefunden hat. Dadurch sollte die Aussage von WOOLASTON (1993) überprüft werden, dass Mutterschafe, die ihre Lämmer verloren haben, höhere Scores aufweisen als solche, die entweder gar nicht gelammt haben oder ihre Lämmer erfolgreich aufzogen. Signifikante Unterschiede ergaben sich bei der vorliegenden Untersuchung lediglich für die IDS-Scores, und zwar dahingehend, dass Schafe, die eines (Tab. 22) oder mehrere (Tab. 21 u. 22) Lämmer geboren haben weniger zu Entzündungen im Zwischenklauenspalt neigten als Tiere, die nicht gelammt haben. Sehr wahrscheinlich wurde dieses Ergebnis wesentlich von der Haltungsform der Tiere in Betrieb 1 beeinflusst (vgl. Tab. 4): Die

Schafe, bei denen Ende November 2004 mittels Ultraschalluntersuchung keine Trächtigkeit nachweisbar war, verbrachten den Winter im Auslauf und waren dort dem höheren Infektionsdruck ausgesetzt, was in einer größeren Zahl von Entzün-dungen im Zwischenklauenbereich resultierte. Die tragenden Tiere verbrachten dagegen den Winter im Stall unter im Vergleich zum Auslauf relativ guten Haltungsbedingungen und hatten dadurch kaum Entzündungen im Interdigitalspalt.

4.3.5 Besonderheiten chronischer Moderhinke-Infektionen

Bei Schafen, die schon seit längerer Zeit an Moderhinke erkrankt sind, lassen sich als Folge vermehrten Liegens häufig Hautveränderungen im Bereich des Sternums nachweisen (STEWART 1989), die von Wollverlust über Rötung und Schwielen-bildung der Haut bis zu Drucknekrosen und FistelSchwielen-bildung reichen können (vgl. Abb. 6 a - c). Bei den in dieser Studie untersuchten Schafen zeigte ein Drittel (33,74 %) der Tiere mit unterminiertem Klauenhorn solche Veränderungen im Bereich des Brust-beins. Allerdings konnte auch bei 12,11 % der klauengesunden Tiere sternale Hautveränderungen verzeichnet werden.

Von praktischer Bedeutung sind diese Beobachtungen insofern, dass man bei einem Tier mit vorliegender Dekubitalstelle besondere Sorgfalt bei der Untersuchung der Klauen walten lassen sollte. Je nach Haltungsform und eventuell vorliegenden weiteren Krankheitserscheinungen können natürlich auch andere Ursachen (z.B.

Stoffwechselstörungen, Frakturen, harter Untergrund) die beschriebenen Veränderungen verursacht haben.

Ein weiteres Anzeichen für das chronische Bestehen einer Moderhinke-Infektion ist das Vorliegen von unterminiertem Klauenhorn unabhängig von einer Entzündung der Haut im Zwischenklauenspalt, was in dieser Studie bei 53 % der von Moderhinke betroffenen Gliedmaßen der Fall war. Da die Haut im Zwischenklauenspalt aufgrund der Pathogenese der Erkrankung (vgl. Kap. 2.1.4) im akuten Stadium zwangsläufig entzündlich verändert ist, erhält der Untersucher bei abgeheiltem Zwischenklau-enspalt und Fortbestehen der Unterminierung des Klauenhorns die Information, dass es sich um ein an dieser Gliedmaße bereits länger bestehendes Geschehen handeln

4.3.6 Resultate und Ausblick

Trotz der wirtschaftlichen Relevanz der Erkrankung (GREER 2005) gab es in den letzten Jahren keine Studien über die Moderhinke-Prävalenz in deutschen Schafherden. Durchgeführte Untersuchungen konzentrieren sich stattdessen meist auf die Verbreitung von D. nodosus in einen relativ kleinen geographischen Raum (BOTH 1997; YOUNAN et al. 1999).

Die Durchführung groß angelegter Prävalenzstudien scheitert an den mangelhaften Diagnosemöglichkeiten: Dem Versenden von Fragebögen an die Schafhalter, wie es in England durchgeführt wurde (WASSINK et al. 2003), steht entgegen, dass viele Schäfer ein Vorliegen der Erkrankung verschweigen, da die Moderhinke hierzulande immer noch als ein durch einen „faulen Schäfer“ hervorgerufenes Problem bezeichnet wird. Vor allem die Herdbuchzüchter befürchten Absatzschwierigkeiten beim Bekanntwerden von Moderhinke-Infektionen in ihrer Herde. Andererseits neigen Schäfer mit Moderhinke im Bestand dazu, jede auftretende Lahmheit unabhängig von ihrer Genese mit einer Moderhinke-Infektion gleichzusetzen. Aber auch die als alternative zum Fragebogen einsetzbare, arbeitsaufwändige klinische Untersuchung bietet keine diagnostische Sicherheit: Liegt unterminiertes Klauenhorn vor, ist die Diagnose eindeutig und nachvollziehbar. Probleme bereitet viel mehr die Beurteilung der initial im Krankheitsgeschehen auftretenden interdigitalen Dermatitis.

Diese muss zum einen nicht zwangsläufig eine Moderhinke-Infektion nach sich ziehen, und zum anderen ist die Beurteilung von Rötung und Feuchtigkeitsgrad stark vom subjektiven Eindruck des jeweiligen Untersuchers geprägt. Schließlich bereiten auch die chronisch veränderten Klauen diagnostische Schwierigkeiten.

Da die Moderhinke von deutschen Lammfleischvermarktern als die bedeutendste Erkrankung mit Einfluss auf die Schlachtkörper der Lämmer angesehen wird (BAUMANN 2004, pers. Mitteilung), bieten sich für zukünftige Untersuchungen Prävalenzstudien am Schlachthof an. Dabei sollte neben der Vorkommenshäufigkeit von Moderhinke das Gewicht Moderhinke-infizierter und Moderhinke-unverdächtiger Schlachtkörper erfasst werden. Auf diese Weise könnte man den entstehenden ökonomischen Schaden in Zahlen ausdrücken, wodurch sich die Bereitschaft der Schäfer zur Moderhinke-Sanierung vermutlich steigern würde.