• Keine Ergebnisse gefunden

5 Diskussion

5.1 In vivo Versuche

5.1.1 Effekt von Sexualsteroidhormonen auf die hypophysäre GH-Sekretion 115

5.1.2.2 Regulation des hepatischen GHR-Signaltransduktionsweges

Neben der mRNA-Expression von IGF-I und IGF-II wurde in der vorliegenden Studie auch die Expression von ERα, GHR, JAK2, STAT5B, SOCS2 und SOCS3 bestimmt um festzustellen, ob die endogenen Sexualsteroide diese Komponenten des hepatischen GH-Signaltransduktionsweges direkt auf Leberebene beeinflussen.

Die Expression von ERα, JAK2, STAT5B und SOCS3 unterschied sich hierbei nicht zyklusabhängig, während die Expression von GHR in Tendenz und von SOCS2 deutlich in der Lutealphase niedriger war als in der Follikelphase und sich auch vor und nach der Ovulation signifikant unterschieden.

ERα

In der vorliegenden Arbeit wurde davon ausgegangen, dass Östrogene die GHR- und SOCS2-Expression nicht nur indirekt über die GH-Sekretion aus der Hypophyse, sondern auch direkt über den ERα, welcher in der boviner Leber bereits nachgewiesen werden konnte (Colak et al. 2011; Szreder et al. 2008) stimulieren.

Gestützt wird diese Hypothese durch eine Studie von Leong et al. (2004), in der gezeigt wurde, dass nur bei ovarektomierten Mäusen, die den ERα in der Leber exprimierten, die hepatische SOCS2- und 3-Expression durch dreiwöchige Gabe von E2 gesteigert werden konnte. Bei Mäusen ohne ERα, aber mit ERβ oder ohne beide ERs, konnte dieser Effekt hingegen nicht beobachtet werden.

123 Es ergibt sich allerdings die Frage, ob man nicht theoretisch eine Erhöhung der hepatischen ERα-Expression in der Östrogen-dominierten Follikelphase der Färsen hätte ermittelt haben müssen oder ob die stimulierende Wirkung von E2 auch bei gleichbleibender mRNA-Expression des ERα über diesen vermittelt werden kann. In der Literatur wird kontrovers diskutiert, ob Sexualsteroidhormone ihre eigenen Rezeptoren regulieren oder nicht. Basierend auf einer Studie von Jungblut et al.

(1976) wird davon ausgegangen, dass E2 im Uterus zu einer vermehrten Expression des ERα führt. Auch in einer Studie an adulten weiblichen Schafen konnte eine erhöhte Expression von ERα im Uterus in der späten Follikelphase im Vergleich zu anderen Zyklusphasen beobachtet werden (van Lier et al. 2006). Jedoch führte die exogene Verabreichung von E2 bei präpubertären Lämmern zu keiner Veränderung ERα-Expression im Uterus (Meikle 2001). Auch eine Studie von Pfaffl et al. (2001) widerlegte, dass Sexualsteroidhormone die Expression ihrer eigenen Rezeptoren definitiv steigern. Diese Untersuchung zeigte, dass Färsen, die mit Östrogen-wirksamen Zearalenon behandelt wurden, im Nierenmark und im Jejunum sogar eine verminderten Expression des ERα aufwiesen und auch in der Leber eine in Tendenz verminderte Expression dieses Rezeptors vorlag, obwohl die Tiere deutliche Symptome eines Hyperöstrogenismus zeigten (Pfaffl et al. 2001) und Zearalenon an den ERα bindet (Kiang et al. 1978). Basierend auf dieser Studie von Pfaffl et al.

(2001) kann geschlussfolgert werden, dass der ERα, zumindest in anderen Geweben als dem Uterus, selbst nicht unbedingt vermehrt exprimiert werden muss, um den Effekt von E2 auf die Transkription der Ziel-Gene zu vermitteln. Deshalb kann auch in der vorliegenden Studie davon ausgegangen werden, dass die Wirkung von E2 via ERα Einfluss auf die Gentranskription von GHR und SOCS2 haben kann, ohne dass ein Unterschied in der Expression in den verschiedenen Zyklusstadien nachweisbar war.

In der Literatur wird beschrieben, dass der ERα nicht ausschließlich im klassischen Sinne als Liganden-aktivierter Transkriptionsfaktor, der an die „estrogen response elements“ der Ziel-Gene bindet, wirkt (Collins 1994; Gronemeyer 1992), sondern seine Effekte auch über andere Wirkungsmechanismen vermitteln kann (Björnström

& Sjöberg 2005). Dieser Zusammenhang wird dadurch belegt, dass beim Menschen

124

rund ein Drittel der durch E2 induzierten Gene keine „estrogen response elements“

aufweisen (O’Lone et al. 2004). Zu den Genen, bei denen keine „estrogen response elements“ nachzuwiesen werden konnten, gehört unter anderem auch das IGF-I-Gen (Umayahara et al. 1994). In einer Untersuchung von Umayahara et al. (1994) an Plasmid-transferierten HepG2-Zellen konnte gezeigt werden, dass Östrogene die Transkription von IGF-I durch einen Protein-vermittelten Effekt beeinflussen. Hierbei führte die Bindung von E an den ER zur Interaktion des E-ER-Komplexes mit einem Komplex aus „Fos“ und „Jun“-Proteinen, der dann an die Aktivator-Protein-1-Dömane des Gens bindet und dadurch die Transkription der DNA reguliert. Dieser Mechanismus wird in der Literatur oft als „transcriptional cross talk“ bezeichnet. Es wird auch beschrieben, dass E2 über den ERα STAT5-Proteine aktiviert, die wiederum die Transkription der Ziel-Gene initiieren (Björnström & Sjöberg, 2005).

Neben den Transkriptions-induzierenden Mechanismen beschreiben Lösel und Wehling (2003), dass E2 auch nicht-genetische Effekte über Zellmembran-assoziierte ERs, welche Protein-Kinase-Kaskaden aktivieren, auslösen kann. Demnach ist, basierend auf der nicht nachgewiesenen Veränderung des ERα in den Zyklusphasen, kein Rückschluss auf die Wirkung der GHR-Signaltransduktionskaskade möglich.

GHR

In der vorliegenden Dissertation wurde in der Lutealphase eine in Tendenz geringere hepatische GHR-Expression nachgewiesen als in der Follikelphase (ante und oost ovulationem). Wobei die relative Menge der GHR-mRNA vor der Ovulation signifikant höher war als nach der Ovulation und in der Lutealphase. Kurz nach der Ovulation war die hepatische GHR-Expression wieder mit der der Lutealphase vergleichbar.

Auf Grundlage der eigenen Ergebnisse kann vermutet werden, dass die Expression des GHRs von endogen gebildetem E2, welches vor der Ovulation in höchster Konzentration im Blut nachweisbar war, beeinflusst wurde. Der Einfluss von E2 auf die hepatische GHR-Expression könnte entweder indirekt durch Erhöhung der

GH-125 Ausschüttung aus der Hypophyse oder durch direkte Wirkung von E2 auf die Gentranskription des GHR vermittelt werden.

Auch nach intensiver Literaturrecherche konnte keine andere Arbeit gefunden werden, in der die hepatische GHR-Expression während des physiologischen Zyklus der Färse untersucht wurde. In den Arbeiten von Kawashima et al. (2007) und Alvarez et al. (2000) wurden lediglich die Hormonprofile der Komponenten der somatotropen Achse im Blut untersucht, nicht aber die hepatische Genexpression der entsprechenden endokrinen Parameter.

Allerdings wurde die hepatische Expression des GHR in einer Studie von Colak et al.

(2011) an ovarektomierten Färsen nach der Injektion von Östradiol-Benzoat oder der Behandlung mit einer intravaginalen P4-Spirale oder einer Kombination gemessen.

Die Expression des GHR im Lebergewebe war zwei Tage nach der Injektion von Östradiol-Benzoat, im Vergleich zu den Kontrolltieren und den mit P4 oder P4 und E2

behandelten Tieren, deutlich erhöht. Zudem konnte in einer Arbeit von Carmignac et al. (1993) an Ratten gezeigten werden, dass eine Behandlung mit E2

und GH zu einer gesteigerten Expression der hepatischen GHR-mRNA führte. Beide Arbeiten bestätigten die Hypothese, dass E2 einen steigernden Einfluss auf die Expression des GHR hat. In einer Studie von Rhoads et al. (2008) wurde die hepatische und uterine Genexpression in Abhängigkeit vom Tag post partum, vom Sexualzyklus und von der Trächtigkeit bei Kühen untersucht. Die Autoren beschrieben, dass die relative Menge der totalen GHR-mRNA während des Östrus im Uterus höher war als vor und nach dem Östrus, allerdings wurden in dieser Studie nur jeweils am vierten Tag nach dem Östrus Leberbiopsien genommen, weshalb der Einfluss des Zyklusstandes und des resultierenden Sexualhormonprofiles auf die hepatische GHR-Expression nicht genauer betrachtet werden konnte.

Sauerwein et al. (1991) beschrieben, dass bei Schafen eine GH-Therapie dosisabhängig die Anzahl der GHR mit hoher Affinität steigerte und dies mit der IGF-I-Konzentration im Blut korrelierte. Auch in einer Untersuchung von Jiang et al.

(2007) wurde nachgewiesen, dass bei Rindern sieben Tage nach der Injektion eines GH-Retard-Präparates eine signifikante Steigerung der hepatischen GHR1A-Expression beobachtet werden konnte, die mit einer Erhöhung GHR1A-Expression der

IGF-I-126

mRNA in der Leber korrelierte. Diesen Effekt konnten Jiang et al. (2007) ebenfalls sechs Stunden nach der GH-Injektion nachweisen. Die Autoren folgerten, dass GH die GHR1A-Expression in der Leber wahrscheinlich durch Bindung von STAT5 an den Promoter des GHR1A-Gens erhöht. Auch die Ergebnisse der eigenen Studie unterstützen die Hypothese, dass E durch die Stimulation der GH-Ausschüttung aus der Hypophyse die GHR-Expression in der Leber anregt. Allerdings ist ein zusätzlicher Effekt von E2 via ERα auf die Gentranskription des GHR naheliegend, da in der eigenen Studie eine Expression von ERα in der Leber nachgewiesen werden konnte, dem wahrscheinlich eine von E ausgelöste Funktion zuzuordnen ist. Zudem konnte in einer Studie an primären Maushepatozyten gezeigt werden, dass E2 und GH in Kombination die Expression von GHR deutlich steigern (Contreras &

Talamantes 1999). In dieser Studie wurden primäre Maushepatozyten mit GH oder E2 oder mit GH und E2 oder mit GH, E2 und ICI 182-780, einem kompetitiven Inhibitor des ERs, behandelt. Dabei führte nur die Behandlung der Hepatozyten mit einer Kombination von GH und E2 zu einer zwei- bis dreifachen Erhöhung der GHR-Expression und auch des ER. Nur E2 oder GH alleine konnten die GHR-Expression der Zellen nicht steigern. Der kompetitive ER-Inhibitor ICI 182-780 verhinderte den durch GH und E2 stimulierten Effekt auf die primären Maushepatozyten. Contreras und Talamantes (1999) nutzen in ihrer Studie primäre Hepatozyten und eine einmaligen Dosis GH, um so den Einfluss der pulsatilen hypophysären GH-Sekretion zu umgehen. In diesem Modell konnte gezeigt werden, dass E2 über den ER auch eine direkte Wirkung auf die GHR-Expression in der Leber haben muss. Denn die Kombination aus E2 und GH hatte eine deutlich stärker stimulierende Wirkung auf die GHR-Expression als nur GH. Die Anwesenheit von GH scheint jedoch Grundvorrausetzung für die anregende Wirkung von E2 zu sein (Contreras &

Talamantes 1999). Zusammenfassend ist also von einem Zusammenspiel der Wirkung von E2 auf die GH-Ausschüttung aus der Hypophyse und einem direkten Effekt auf die Genexpression in der Leber auszugehen.

127 SOCS2

Laut bereits veröffentlichter Studien an Menschen, Nagern und Zellkulturen kann SOCS2 den, dem GHR nachgeschalteten, Jak-Stat-Signaltransduktionsweg inhibieren (Du 2003; Morales et al. 2002; Davey et al. 1999; Hansen et al. 1999;

Karlsson et al. 1999; Tollet-Egnell et al. 1999; Adams 1998). Bei der Milchkuh wurde die Expression von SOCS2 in der Leber nach unserem Wissen lediglich in der späten Trächtigkeit und nach der Kalbung untersucht (siehe Kapitel 5.1.2.3). Über die hepatische mRNA–Expression von SOCS2 unter dem Einfluss des endogenen Sexualsteroidhormon-Profils im physiologischen Zyklus konnten auch nach ausführlicher Literaturrecherche keine Studien an Rindern oder anderen Wiederkäuern gefunden werden. In der vorliegenden Dissertation wurde nachgewiesen, dass die SOCS2-Expression in der Leber während der P4 -dominierten Lutealphase signifikant niedriger war als in der E2-dominierten Follikelphase rund um die Ovulation. Hier konnte gezeigt werden, dass die mRNA-Expression von SOCS2 direkt vor der Ovulation, parallel zu den nachweislich höchsten E2-Konzentrationen im Blut, deutlich höher war als direkt nach der Ovulation und in der Lutealphase. Ferner war die Expression von SOCS2 direkt nach der Ovulation, wieder mit der mRNA-Expression in der Lutealphase vergleichbar, obwohl die hepatische SOCS2-Expression in der Follikelphase (ante und post ovulationem) insgesamt höher war als in der Lutealphase. Basierend auf diesen Ergebnissen kann geschlussfolgert werden, dass das während des Zyklus gebildete E2 einen stimulierenden Einfluss auf die SOCS2-Expression in der Leber zu haben scheint. Dieser Mechanismus könnte auch die Ursache dafür sein, dass in der vorliegenden Arbeit die hepatische IGF-I-Expression über den Zyklus hinweg vergleichbar war, obwohl sich die IGF-I-Konzentration im Blut deutlich unterschieden.

Induziert durch die hohen E2-Konzentrationen vor der Ovulation, könnten die SOCS2-Proteine den GH-Signaltransduktionsweg schon so stark inhibiert haben, dass die hepatische IGF-I-Expression bereits vermindert war und kein Unterschied mehr zu der Expression in der Lutealphase ausgemacht werden konnte, obwohl im Blut aufgrund der längeren Halbwertszeit von IGF-I durch die Bindung der IGFBPs noch erhöhte IGF-I-Konzentrationen nachgewiesen werden konnten.

128

In Studien an Nagern und primären Hepatozyten-Kulturen von Nagetieren konnte bereits gezeigt werden, dass die Transkription von SOCS2 durch GH via STAT5 deutlich erhöht wird ( Thangavel & Shapiro 2007; Tollet-Egnell et al. 1999; Davey et al. 1999; Adams 1998;). Folglich ist davon auszugehen, dass E2 eine Steigerung der GH-Sekretion aus der Hypophyse der Kuh induziert, welches dann via STAT5 die SOCS2–Expression stimuliert. Für die Induktion von SOCS2 durch GH spricht auch, dass SOCS2 knock-out Mäuse Gigantismus zeigen (Greenhalgh et al. 2005), was die Folgerung zulässt, dass endogenes GH im Körper wahrscheinlich dauerhaft die Expression von SOCS2 stimuliert und so das Wachstum limitiert.

Zudem liegen auch Studien vor, die darauf hindeuten, dass E2 zusätzlich direkt in der Leber über den ERα die Transkription von SOCS2 erhöhen kann. In einer Untersuchung von Leung et al. (2003) an humanen embryonalen Nierenzellen (HEK 293) mit einkloniertem GHR, STAT3, STAT5A und ERα Plasmid, an humanen Hepatomzellen (HuH7-Zellen) sowie Brustkrebszellen (T-47D) wurde gezeigt, dass bei gleichzeitiger Inkubation der Zellen mit 500 ng/ml GH und verschiedenen Dosen von E2 über bis zu 18 Stunden hinweg, eine dosisabhängig verminderte JAK2-Phosporylierung und STAT 3 und STAT5-Transkriptionsaktivität im Vergleich zu einer reinen GH-Behandlung vorlag. Parallel dazu beobachteten die Autoren bereits nach einer Stunde eine E2-dosisabhängige Steigerung der mRNA-Expression von SOCS2, die im zeitlichen Verlauf zunahm. Der inhibitorische Effekt von E2 war nicht an Zellen reproduzierbar, denen die Synthesefähigkeit für SOCS2 fehlte. Außerdem wiesen Leung et al. (2003) nach, dass auch die ERα-Aktivität der Zellen während der Inkubation mit GH und E2 zunahm. Die Autoren folgerten, dass E2 die Phosphorylierung von JAK2 und damit die gesamte GH-Signaltransduktion durch eine gesteigerte SOCS2-Expression und SOCS2-Proteinsynthese in der Leber inhibiert. Diese E2-induzierte gesteigerte SOCS2-Expression war auch im eigenen Versuch nachweisbar. Allerdings ist fraglich, ob es bei den Färsen im Zyklus unter E2-Einfluss bereits zu einer Inhibition des dem GHR nachgeschalteten Signaltransduktionsweges gekommen ist. Die deutlich erhöhte IGF-I-Konzentration im Blut während der Follikelphase und die, im Vergleich zur Lutealphase, vergleichbare IGF-I-Expression in der Leber lassen keine eindeutige Aussage

129 darüber zu. Es scheint lediglich denkbar, dass die IGF-I-Expression eigentlich durch die vermehrte GHR–Expression gesteigert gewesen wäre, dieser Effekt aber durch die vermehrte Synthese von SOCS2-Protein vermindert wurde. Die hohe IGF-I-Konzentration im Blut wäre dann nur durch eine erhöhte IGF-I-Expression vor Einflussnahme von SOCS2 und die längere Halbwertszeit von IGF-I im Blut der Tiere aufgrund der IGFBPs zu erklären.

In dem in vivo Teil der Studie von Leong et al. (2004) wurde der Effekt von E2 auf die Leber an ovarektomierten Mäusen ohne ERα, ohne ERβ und ohne beide ERs, sowie ihren Wildtyp-Wurfgeschwistern mittels DNA-Microarray untersucht. Die Autoren konnten zeigen, dass Mäuse, welche einen funktionellen ERα in der Leber aufwiesen, nach dreiwöchiger Gabe von E2 vermehrt SOCS2 und 3 exprimierten, während sich bei den Tieren nach einer nur 24-stündigen E2-Gabe lediglich eine Steigung der SOCS3-Expression nachwiesen ließ. Im in vitro Teil der Arbeit von Leong et al. (2004) konnten die Autoren jedoch zeigen, dass bei plasmidtransferierten HuH7-Zellen bereits nach 18-stündiger Inkubation mit E2 eine signifikant gesteigerte SOCS2 und 3 Expression nachzuweisen war. Leong et al.

(2004) folgerten aus dem Projekt, dass Östrogene über den ERα, wahrscheinlich durch die Aktivierung der Gentranskription, die hepatische Expression von SOCS2 und 3 steigern. Interessant ist, dass im in vivo Versuch an gesunden Färsen eine zeitnahe Expressionssteigerung von SOCS2 durch E2 beobachtet werden konnte, was so nicht bei den von Leong et al. (2004) untersuchten Mäusen, sondern nur in der Zellkultur gezeigt werden konnte. Die nötige Dauer der Einwirkung von E2 auf die Leber, wird auch im Kapitel 5.1.2.3 nachfolgend ausführlich diskutiert.

Da auf Basis der eigenen Daten keine eindeutige Suppression der GH-Signaltransduktion nachgewiesen werden konnte, sondern im Gegenteil in der Follikelphase sogar deutlich erhöhte IGF-I-Konzentrationen im Blut gemessen wurden, ist es denkbar, dass die gesteigerte GHR-Expression unter E2–Einfluss den inhibitorischen Effekt von SOCS2 ausgleicht oder SOCS2, wie von Favre et al.

(1999) postuliert, sogar einen stimulierenden Effekt haben könnte.

In der Studie von Favre et al. (1999) wurden humanen Nieren-Fibroblasten 293-Zellen SOCS-Gene sowie ein Luziferase-Signaltransduktions-Marker transfiziert. Es

130

konnte gezeigt werden, dass bei Zellen mit niedriger Expression der SOCS-Gene eine Inhibition der Aktivität des Signaltransduktionsweges nach GH-Stimulation stattfand, während in den Zellen mit sehr hoher Expression der SOCS-Gene ein Wiedereinsetzen und sogar eine Erhöhung der Aktivierung des GH-Signaltransduktionsweges nachgewiesen werden konnte. Die Autoren schlussfolgerten aus diesen Ergebnissen, dass SOCS2 als dualer Modulator des Signaltransduktionsweges wirken kann und in hohen Konzentrationen sogar einen stimulierenden Effekt aufweist. In der eigenen Dissertation konnte trotz vermehrter hepatischer SOCS2-Expression im Blut eine erhöhte IGF-I-Konzentration nachgewiesen werden, weshalb sich die Frage stellt, ob SOCS2 während des Zyklus ebenfalls eher einen stimulierenden Einfluss auf die GH-Signaltransduktion gehabt haben könnte. Die relative Menge der SOCS2-Expression in der eigene Studie vor der Ovulation war jedoch mit der relativen Menge der SOCS2-mRNA kurz vor der Abkalbung, die in der Arbeit von Piechotta et al. (2013) mit der gleichen PCR-Methode, den gleichen Housekeeping-Genen und im gleichen Labor gemessen wurde, vergleichbar. Folglich könnte davon ausgegangen werden, dass während des Zyklus keine höhere Konzentration an SOCS2 vorlag als rund um die Kalbung, wo ein inhibitorischer Effekt von SOCS2 auf die IGF-I-Ausschüttung aus der Leber diskutiert wird (Winkelman et al. 2008; Radcliff et al. 2003), sondern eher eine niedrigere Konzentration, da SOCS2 nur über einen kurzen Zeitraum hinweg exprimiert wurde. Aus diesem Grund scheint die Hypothese, dass SOCS2 im Zyklus als stimulierender Modulator der GHR-Signaltransduktion wirkt, eher nicht zuzutreffen. Dennoch wären weitere detaillierte Studien nötig, um diese Frage abschließend zu klären.

5.1.2.3 Vergleich der Regulationsmechanismen der somatotropen Achse im