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Regionale Verteilungswirkungen des Morbi‐RSA

4   Beschreibung der regionalen

4.2   Regionale Verteilungswirkungen des Morbi‐RSA

RSA‐Daten dieses Gutachtens wurde bereits gezeigt, dass die  mittleren Leistungsausgaben der Versicherten in der GKV in  räumlicher Hinsicht ungleich verteilt sind. Im folgenden Ab‐

schnitt werden diese Ausgaben in Beziehung zur Höhe der Zu‐

weisungen gesetzt, die die Krankenkassen aus dem Gesund‐

heitsfonds zur Deckung der standardisierten Leistungsausgaben  erhalten.  

Die Höhe der Zuweisungen in den einzelnen Kreisen hängt von  der – über den Morbi‐RSA erfassten – Krankheitslast der dort  wohnhaften Versicherten ab. Zur Darstellung regionaler Morbi‐

ditätsunterschiede bietet sich zunächst der bereits im Evaluati‐

onsbericht zum Jahresausgleich 2009 auf Ebene der Kreise und  kreisfreien Städte ermittelte RSA‐Risikofaktor an (vgl. Drösler et  al. 2011, S. 63ff.). Der Risikofaktor einer Region ergibt sich, in‐

dem die durchschnittliche Zuweisungshöhe der Region durch  die GKV‐durchschnittlichen Leistungsausgaben dividiert wird. Er  gibt an, wie stark die (RSA‐relevante) Morbidität in einer Regi‐

on von der GKV‐durchschnittlichen RSA‐Morbidität abweicht. 

In Abbildung 4.1 und Abbildung 4.2 werden die regionalen Risi‐

kofaktoren des Jahres 2009 (auf Kreisebene) den entsprechen‐

den Werten im Status‐quo‐Modell (AJ2018) gegenübergestellt. 

Um eine direkte Vergleichbarkeit der beiden Modelle zu er‐

möglichen, wurden die Risikofaktoren des Jahres 2009 zunächst  für den Gebietsstand des Jahres 2016 neu ermittelt. Auch bei  Betrachtung der auf aktuellen Daten gemessenen Morbiditäts‐

unterschiede ergeben sich Muster, die bereits aus dem Evalua‐

tionsbericht zum Jahresausgleich 2009 bekannt sind. Prinzipiell  zeigt sich eine hohe Konstanz der Risikofaktoren im Vergleich  des JA2009 zum Status quo, der sich auch in Form eines Korre‐

lationskoeffizenten in Höhe von r=0,919 zeigt. 

Dennoch lassen sich auch Unterschiede in der Entwicklung dar‐

stellen: In Abbildung 4.3 wird das Verhältnis der Risikofaktoren  des Status‐quo‐Modells zu denen des Jahresausgleichs 2009  dargestellt.  Dies  veranschaulicht,  wo  es  im  Vergleich  zum  JA2009 – in Relation zum GKV‐Schnitt – zu einem Absinken  bzw. zu einem Anstieg der RSA‐Morbidität gekommen ist. Stark  sinkende Risikofaktoren zeigen sich vor allen Dingen in städti‐

schen Gebieten im Süden Deutschlands. Besonders starke An‐

stiege sind dagegen in einigen Regionen in Sachsen‐Anhalt zu  verzeichnen. Generell konzentrieren sich die Anstiege der Risi‐

kofaktoren seit 2009 auf die neuen Bundesländer. Vereinzelt  betroffen sind von starken Zuwächsen allerdings auch einige  Kreise  in  Schleswig‐Holstein,  Niedersachsen,  Nordrhein‐

Westfalen, Bayern und Rheinland‐Pfalz. In diesen Regionen ist  also die durchschnittliche Zuweisungshöhe stärker gestiegen  als die GKV‐durchschnittlichen Leistungsausgaben.  

Ob sich aus den hier gezeigten regional ungleich verteilten Risi‐

kofaktoren im Status quo nennenswerte regionale Unterschie‐

de im Grad der Ausgabendeckung ergeben, hängt davon ab, ob  die Höhe der Zuweisungen, die die Krankenkassen aus dem  Gesundheitsfonds erhalten und die aus einer regionalen Per‐

spektive ebenfalls unterschiedlich ausfallen können, mit den 

regionalen Ausgabenunterschieden korreliert bzw. diese adä‐

quat auszugleichen vermag. Dies ist wiederum vor allen Dingen  davon abhängig, inwieweit die verschiedenen Faktoren, die zu   

Abbildung  4.1:  Risikofaktor  im  JA2009  (AJ2009)  

Quelle: Auswertung BVA  © GeoBasis‐DE/BKG    2018   

Abbildung  4.2:  Risikofaktor  im  Status‐

quo‐Modell (AJ2018) 

Quelle: Auswertung BVA  © GeoBasis‐DE/BKG    2018   

Abbildung 4.3: Verhältnis des Risikofak‐

tors im AJ2018 zum Risikofaktor JA2009 

Quelle: Auswertung BVA  © GeoBasis‐DE/BKG    2018   

unterschiedlich  hohen  regionalen  Leistungsausgaben  führen,  auch  im  Risikostrukturausgleich  berücksichtigt werden.  Sofern  etwa regionale Disparitäten in der Krankheitslast Ausgabenunter‐

schiede nach sich ziehen, kann davon ausgegangen werden, dass  diese durch die direkte Morbiditätsorientierung des RSA – zumin‐

dest bezogen auf die 80 ausgleichsfähigen Erkrankungen – bereits  heute  adäquat  nivelliert werden.  Je  mehr  Variablen  im  Aus‐

gleichssystem berücksichtigt werden, die zur Erklärung der regio‐

nalen Ausgabenvarianz beitragen, desto weiter werden sich die  regionalen  Zuweisungen  den  regionalen  Ausgaben  annähern. 

Eine umfassende Diskussion der Frage, welche bislang unberück‐

sichtigten Faktoren einen solchen Erklärungsgehalt liefern bzw. 

inwiefern diese zusätzlich zu den bisherigen Parametern im Mor‐

bi‐RSA berücksichtigt werden könnten, erfolgt in den Kapiteln 6  Einflussfaktoren regionaler Deckungsbeiträge im Status quo und 7  Modellrechnungen zur Regionalisierung der Zuweisungen dieses  Gutachtens. 

Zunächst aber soll untersucht werden, in welchem Ausmaß die im  Status quo berücksichtigten Ausgleichsfaktoren zu einer implizi‐

ten Regionalisierung der Zuweisungen beitragen. Einen ersten  Eindruck hierzu bieten die folgenden Abbildungen, in denen die  regionalisierten  Leistungsausgaben  des  Jahres  2016  (je  Versi‐

chertenjahr, dargestellt als rohe, also nicht‐standardisierte Wer‐

te)  den  regionalisierten  Zuweisungen  des  Status‐quo‐Modells  (ebenfalls  je  Versichertenjahr)  gegenübergestellt  werden  (vgl. 

Abbildung 4.4 und Abbildung 4.5). Bereits augenscheinlich ergibt  sich bei deren Betrachtung, dass die Höhe der regionalen Ausga‐

Zuweisungen im Status quo aufweist. Dies lässt sich auch empi‐

risch bestätigen: Der Korrelationskoeffizient von Leistungsausga‐

ben und Zuweisungen (jeweils ohne Krankengeld) beträgt auf  Ebene der Kreise und kreisfreien Städte r=0,918, was einen sehr  starken Zusammenhang der beiden Größen attestiert. Obwohl  der Risikostrukturausgleich in seiner gegenwärtigen Ausgestal‐

tung das Konstrukt Regionalität als Ausgleichskriterium nicht ex‐

plizit berücksichtigt, haben die enthaltenen Variablen einen nivel‐

lierenden Effekt. Der Morbi‐RSA regionalisiert aufgrund der direk‐

ten Berücksichtigung von regional ungleich verteilten Merkmalen  wie Alter, Geschlecht und Morbidität der Versicherten bereits im  Status quo in hohem Maße, weil diese Größen die individuelle  Nachfrage nach Gesundheitsleistungen stark beeinflussen (vgl. 

Abschnitt 4.3; Buchner 2018, S 27; Jacobs 2010, S. 15 und Göpf‐

farth 2013, S. 32).  

Gleichwohl ergibt sich trotz dieser impliziten Regionalisierungsei‐

genschaft zwar eine deutliche, aber eine noch immer unvollstän‐

dige Übereinstimmung der jeweils auf den Raum bezogenen Aus‐

gaben und Zuweisungen. Es verbleiben Ausgabenunterschiede,  die durch die im Morbi‐RSA berücksichtigten Faktoren nicht er‐

klärt und ausgeglichen werden, woraus sich die in Abbildung 4.6  als Deckungsbeiträge bzw. in Abbildung 4.7 als Deckungsquoten 

aufgezeigten regionalen Über‐ und Unterdeckungen ergeben.   

Abbildung  4.4:  Leistungsausgaben  je  Versichertenjahr  (2016,  roh) 

Quelle: Auswertung BVA      © GeoBasis‐DE/BKG 2018    

Abbildung 4.5: Zuweisungen im Status quo (Modell: AJ2018,  Daten: 2015/2016) 

Quelle: Auswertung BVA      © GeoBasis‐DE/BKG 2018    

Abbildung  4.6:  Deckungsbeiträge  im  Status  quo  (Modell: 

AJ2018, Daten: 2015/2016) 

 

Abbildung 4.7: Deckungsquoten im Status quo (Modell: AJ2018,  Daten: 2015/2016) 

 

In Tabelle 4.5 werden die Streu‐ und Lagemaße zur regionalen  Verteilung von Leistungsausgaben, Zuweisungen,  Deckungsbei‐

trägen und Deckungsquoten auf Ebene der Kreise dargestellt. 

Hierbei zeigen sich die höchsten durchschnittlichen Leistungsaus‐

gaben in Prignitz (3.407 € je Versichertenjahr), die niedrigsten  Ausgaben in Freising (2.226 €), woraus sich eine Ausgabenspanne  von 1.181 € ergibt; der Abstand des ersten zum dritten Ausga‐

benquartil (der Interquartilsabstand) beträgt 343 €. Der Variati‐

onskoeffizent der Ausgaben liegt bei 0,086. 

Ähnlich stellt sich die Situation auf Seiten der Zuweisungen dar. 

Aus dem niedrigsten (Freising, 2.206 €) bzw. dem höchsten Zu‐

weisungswert (Schwerin, 3.597 €) ergibt sich eine Zuweisungs‐

spanne von rund 1.390 €, der Interquartilsabstand beträgt 330 €,  der Variationskoeffizient nimmt einen Wert von 0,086 an und 

entspricht somit dem der Ausgaben. Das bedeutet, dass Ausga‐

ben und Zuweisungen prinzipiell in einem ähnlichen Ausmaß im  geographischen Raum streuen.  

Dennoch resultieren beim direkten Vergleich von Ausgaben und  Zuweisungen in den einzelnen Kreisen Über‐ bzw. Unterdeckun‐

gen. So beträgt die Spannbreite der Deckungsbeiträge zwischen  dem Kreis mit der stärksten absoluten Unterdeckung (‐260 €,  Vorpommern‐Greifswald) und dem Kreis mit der höchsten durch‐

schnittlichen  Überdeckung  (342 €,  Hohenlohekreis)  immerhin  602 €. Auch der – hinsichtlich der Beschreibung der Gesamtver‐

teilung stabilere – Interquartilsabstand der regionalen Deckungs‐

beiträge beträgt im Status‐quo‐RSA 124 € je Versichertenjahr.  

 

Tabelle 4.5: Regionale Verteilung der Ausgaben, Zuweisungen, Deckungsbeiträge und Deckungsquoten im Status quo  AJ2018 

 

Ausgaben  Zuweisungen  Deckungsbeitrag  Deckungsquote 

Minimum  2.226 €  2.206 € ‐260 € 0,915 

1. Quartil  2.509 €  2.529 € ‐42 € 0,984 

Median  2.657 €  2.661 € 17 € 1,006 

3. Quartil  2.853 €  2.858 € 82 € 1,030 

Maximum  3.407 €  3.597 € 342 € 1,148 

Interquartilsabstand  343 €  330 € 124 € 0,047 

Mittelwert  2.686 €  2.704 € 17 € 1,007 

Standardabweichung  231 €  234 € 94 € 0,035 

Variationskoeffizient  0,086  0,086 0,035 

Quelle: Auswertung BVA 

Bei den regionalen Deckungsbeiträgen wird auf die Angabe des  Variationskoeffizienten verzichtet (vgl. z.B. Tabelle 4.5). Da die  Deckungsbeiträge gleichermaßen positive und negative Werte  annehmen und der ungewichtete Mittelwert der Deckungsbei‐

träge gegen den Wert null tendiert, ist eine Berechnung des  Variationskoeffizienten, der sich aus einer Division der Stan‐

dardabweichung durch den Mittelwert ergibt, nicht sinnvoll. 

Bei der Darstellung von (hier nicht berechneten) gewichteten  Werten nähme der Mittelwert der Deckungsbeiträge je Versi‐

chertenjahr exakt den Wert null an; der Variationskoeffizent ist  in diesem Fall  mathematisch  nicht  definiert (Division durch  null). Aussagen zur Variation der Deckungsbeiträge lassen sich  jedoch auch aus dem Variationskoeffizenten der Deckungsquo‐

ten ableiten bzw. direkt aus dem Variationskoeffizenten der  standardisierten Leistungsausgaben ablesen, die in Abschnitt  4.3 berechnet und dargestellt werden.  

Bei Betrachtung der relativen statt der absoluten Über‐ und  Unterdeckungen in den Kreisen ergibt sich die niedrigste De‐

ckungsquote mit 0,915 für die Freie Hansestadt Hamburg. Den  höchsten Wert erreicht  erneut  der Hohenlohekreis (1,148),  sodass die Spanne der Deckungsquoten 0,233 beträgt. Für den  Interquartilsabstand errechnet sich ein Wert von 0,047; der  Variationskoeffizient beträgt 0,035, womit dieser deutlich un‐

terhalb des Wertes für die Leistungsausgaben liegt. Was das  konkret hinsichtlich der impliziten Regionalisierung des aktuel‐

len RSA‐Verfahrens bedeutet, wird – auch im Vergleich mit äl‐

teren Ausgleichsmodellen – im folgenden Abschnitt 4.3 näher 

Zuvor wird jedoch noch ein Blick auf die mittleren Über‐ und  Unterdeckungen  auf  den  unterschiedlichen  administrativen  Gliederungsebenen innerhalb Deutschlands geworfen (vgl. Ta‐

belle 4.6). Im Durchschnitt über alle Landkreise und kreisfreien  Städte weichen die regionalen Zuweisungen je Versichertenjahr  durchschnittlich um 77,90 € von den regionalen Leistungsaus‐

gaben ab (MAPEKreis_abs). Bei Berechnung des gewichteten mitt‐

leren Vorhersagefehlers, bei dem die Versichertenzeiten in den  einzelnen  Kreisen  mitberücksichtigt  werden,  sinkt  der Wert  (MAPEKreis_gew) auf 76,51 € ab. Außer den auf Grundlage der  Kreise ermittelten Werte sind der Tabelle auch die in analoger  Weise berechneten Vorhersagefehler auf Ebene der Gemein‐

den (d.h. des amtlichen Gemeindeschlüssels, AGS),  der  Ge‐

meindeverbände (GVB) und der Bundesländer (Land) zu ent‐

nehmen.8 Auch diese Tabelle wird in den folgenden Kapiteln  wiederholt  für  Vergleiche  mit  unterschiedlichen  RSA‐

Anpassungsvarianten herangezogen werden.  

       

8 Bei der Berechnung der mittleren Vorhersagefehler werden die beiden Gruppen  der Versicherten mit Wohnort im Ausland bzw. ohne einen dem Inland zuordenba‐

ren Wohnort jeweils als eigene Beobachtung berücksichtigt. Das führt insbesondere  dazu, dass der ungewichtete Vorhersagefehler auf Ebene der Bundesländer durch  diese beiden Gruppen verhältnismäßig stark beeinträchtigt wird und der Wert des  MAPEabssolut auf Landesebene höher ausfällt als auf Kreisebene. Dies sollte bei Inter‐

pretation dieser Darstellung auch an anderen Stellen im Gutachten immer bedacht  werden. Bei den übrigen Werten haben die beiden genannten Versichertengruppen  aufgrund der vorgenommenen Gewichtung bzw. der großen Anzahl der übrigen 

Tabelle 4.6: Mittlere Vorhersagefehler je Versichertenjahr auf  unterschiedlichen regionalen Ebenen 

MAPE  AJ2016  AJ2017  AJ2018 

AGS  absolut  220,67 € 220,54 € 220,05 € gewichtet  114,08 € 113,47 € 113,23 € GVB  absolut  127,72 € 127,49 € 127,28 € gewichtet  103,52 € 102,92 € 102,71 €

Kreis absolut  78,41 € 78,04 € 77,90 €

gewichtet  76,98 € 76,64 € 76,51 €

Land  absolut  111,36 € 111,50 € 110,73 €

gewichtet  45,39 € 44,71 € 44,71 €

Quelle: Auswertung BVA 

Der Blick auf die Vorhersagefehler der Vorjahresmodelle zeigt,  dass die Modellanpassung im Zeitverlauf zwar eine leichte Ver‐

ringerung des Vorhersagefehlers auf allen Ebenen bewirkt hat,  absolut betrachtet jedoch nur einen unwesentlichen Einfluss  auf die regionalen Über‐ und Unterdeckungen hat. 

4.3 Erklärung  der  regionalen  Ausgabenvariation