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Regionale Verteilung stark über‐ und

4   Beschreibung der regionalen

4.7   Regionale Verteilung stark über‐ und

ter Leistungsfälle  

Zum  Abschluss dieses Kapitels  wird  eine Untersuchung  der  räumlichen Verteilung bzw. der Konzentration von Versicherten  mit  besonders  hohen  und  besonders  niedrigen  RSA‐

Deckungsbeiträgen vorgenommen. Bei Betrachtung der Vertei‐

lung der Zuweisungsresiduen – also der Über‐ bzw. Unterde‐

ckungen – auf Versichertenebene ergibt sich, dass ein Prozent  der GKV‐Population einen Deckungsbeitrag von weniger als  ‐

21.147 € aufweisen (vgl. Tabelle 4.17). Am entgegengesetzten  Ende der Verteilung befindet sich ein weiteres Prozent der Ver‐

sichertengemeinschaft, das durch eine Überdeckung in Höhe  von mehr als 9.253 € gekennzeichnet ist.  

Tabelle 4.17: Verteilung der Deckungsbeiträge auf Versicher‐

tenebene (nach Perzentilen) 

Perzentil P1  P5  P10  P50 P90  P95  P99  DB [€]  ‐21.147 ‐5.483 ‐2.177 632 2.639 4.174 9.253 Quelle: Auswertung BVA 

Die regionale Verteilung dieser beiden Untergruppen soll im  Folgenden genauer betrachtet werden. Hierzu werden die Ver‐

teilungsstatistiken über die 401 Kreise und kreisfreien Städte in  Tabelle 4.18 dargestellt. Zunächst fällt auf, dass die Verteilung  der Versicherten mit starken Überdeckungen in räumlicher Hin‐

sicht wesentlich stärker variiert als die Verteilung der stark un‐

terdeckten Personen. So beträgt der Interquartilsabstand der  unterdeckten Fälle 0,18 Prozentpunkte, wohingegen der Ver‐

gleichswert der überdeckten Versicherten bei 0,31 Prozent‐

punkten liegt. Der Variationskoeffizient der überdeckten Fälle  ist mit 0,232 beinahe doppelt so hoch wie bei den unterdeck‐

ten Versicherten. Es lässt sich somit generell sagen, dass die  hoch überdeckten Fälle eine heterogenere räumliche Vertei‐

lung aufweisen als Leistungsfälle mit stark ausgeprägten Unter‐

deckungen.  

Tabelle 4.18: Regionale Verteilungsstatistiken zu Versicherten  mit hohen Über‐ bzw. Unterdeckungen (2016) 

  Versichertenanteil mit  

Deckungsbeitrag… 

… unter ‐21.147 €  … über 9.253 € 

Minimum  0,77% 0,63% 

1. Quartil  0,92% 0,89% 

Median  1,00% 1,02% 

3. Quartil  1,10% 1,20% 

Maximum  1,37% 2,06% 

Interquartilsabstand  0,18% 0,31% 

Mittelwert  1,01% 1,07% 

Standardabweichung  0,13% 0,25% 

Variationskoeffizient  0,124 0,232 

Quelle: Auswertung BVA 

Aus dem Vergleich von Abbildung 4.19 und Abbildung 4.20 geht  hervor, dass eine räumliche Kumulation von stark unterdeckten  Fällen eine Häufung von besonders hoch überdeckten Versi‐

cherten in derselben Region nicht ausschließt. Dies zeigt sich  deutlich in einigen Teilgebieten von Rheinland‐Pfalz und dem  Saarland sowie in weiten Teilen von Thüringen, Sachsen‐Anhalt  und Brandenburg. So weist – trotz der generell größeren räum‐

lichen Disparität überdeckter Fälle – ein Korrelationskoeffizient  von r=0,57 auf eine oftmals gleichzeitig auftretende regionale  Häufung der beiden Gruppen hin.  

 

Abbildung 4.19: Versichertenanteil mit Deckungsbeitrag unter 

‐21.147 €  

 

Abbildung 4.20: Versichertenanteil mit Deckungsbeitrag über  9.253 €  

 

4.8 Fazit 

Im vorliegenden Kapitel wurden zunächst die statistischen Gü‐

temaße des Morbi‐RSA vorgestellt, die sich auf Grundlage der  für dieses Gutachten verwendeten Datenbasis sowie des zur  Zuweisungsermittlung  herangezogenen  Klassifikationsmodells  für das Ausgleichsjahr 2018 ergeben. Dabei zeigte sich, dass  sowohl die Überarbeitung des Klassifikationsmodells als auch  die kontinuierliche Aktualisierung der GKV‐Daten zu einer Ver‐

besserung der Zielgenauigkeit des RSA auf Ebene der einzelnen  Versicherten geführt haben. Insbesondere der Erklärungsgehalt  der an das BVA gemeldeten Versichertendaten hat im Zeitver‐

lauf zugenommen, d.h. die Morbiditätsdaten der Versicherten  des Jahres 2016 ermöglichen prospektiv eine präzisere Schät‐

zung der Leistungsausgaben für das Ausgleichsjahr 2018. 

Die GKV‐Leistungsausgaben weisen eine hohe räumliche Vari‐

anz auf, die der RSA insgesamt gut nachvollziehen und zu gro‐

ßen Teilen auszugleichen vermag. Bereits der Alt‐RSA hat einen  nennenswerten Teil (ca. 50 %) der regionalen Ausgabenvarianz  erklären können. Durch die Einführung der direkten Morbidi‐

tätsorientierung hat diese Erklärungskraft noch weiter zuge‐

nommen, sodass der Anteil der durch das Verfahren erklärten  regionalen Ausgabenvariation inzwischen auf rund 60 % ange‐

stiegen ist. Allerdings verbleiben trotz dieser impliziten Regio‐

nalisierung der Zuweisungen durch den Morbi‐RSA regionale  Unterschiede in den (standardisierten) Leistungsausgaben, die  sich als regionale Über‐ und Unterdeckungen messen lassen. So  zeigt sich beispielsweise die in der Vergangenheit wiederholt 

diskutierte Großstadtproblematik als Unterdeckungen in zent‐

ral gelegenen, bevölkerungsreichen bzw. dicht besiedelten Re‐

gionen, während ländliche Gebiete tendenziell überdeckt sind. 

Auch Verflechtungsbeziehungen von Umlandregionen zu Groß‐

stadträumen scheinen eine Auswirkung auf die durchschnittli‐

che Beitragsdeckung der dort wohnhaften Versicherten zu ha‐

ben. Auf Ebene aller Kreise und kreisfreien Städte existieren im  Status‐quo‐RSA regionale Über‐ und Unterdeckungen, die sich  je Versichertenjahr zwischen  ‐260 € bzw. 342 € bewegen, wo‐

bei die regionalen Zuweisungen die Leistungsausgaben durch‐

schnittlich um rund 77 € verfehlen. Diese verbliebenen regiona‐

len Über‐ und Unterdeckungen können ein Ansatzpunkt für  regionsbezogene Selektionsstrategien der Krankenkassen sein  (vgl. bspw. Bauhoff 2012 und Göpffarth 2013). 

In diesem Kapitel konnte zudem gezeigt werden, dass die De‐

ckungsbeitragsunterschiede auf regionaler Ebene auch Auswir‐

kungen auf die Wettbewerbssituation der einzelnen, in diesen  Regionen tätigen Krankenkassen haben. Werden die regionalen  Deckungsbeitragsunterschiede auf Ebene der Gemeinden zu  Analysezwecken vollständig ausgeschaltet, so reduziert sich der  gewichtete  Vorhersagefehler  auf  Krankenkassenebene  (MAPEKK_gew) im Vergleich zum Status‐quo‐Modell um etwa ein  Viertel. Dies bedeutet allerdings auch, dass selbst mit Berück‐

sichtigung einer Regionalkomponente im RSA ein großer Teil  der  gegenwärtigen  Deckungsbeitragsunterschiede  der  Kran‐

kenkassen weiterhin Bestand hätte.  

Aus einer Einzelbetrachtung der Hauptleistungsbereiche der  versichertenbezogenen  Ausgaben  bzw.  durch  getrennte Re‐

gressionsrechnungen für diese Teilbereiche lassen sich die nach  Durchführung des Morbi‐RSA verbleibenden regionalen Über‐ 

und Unterdeckungen sektorenbezogen betrachten. Dabei fällt  auf, dass die regionale Ausgabenvariation in den einzelnen Leis‐

tungsbereichen stärker ausfällt als die Variation der Gesamt‐

ausgaben, also der Summe  der Einzelbereiche. Zudem wird  deutlich, dass das Potenzial des RSA zur Erklärung regionaler  Ausgabenunterschiede  in  den  verschiedenen Leistungsberei‐

chen unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Des Weiteren gibt es  bzgl. der Über‐ und Unterdeckungen auf regionaler Ebene An‐

zeichen für kompensatorische Effekte zwischen den einzelnen  Leistungsbereichen, weshalb als Zielgröße für einen etwaigen  Regionalausgleich nicht die Über‐ bzw. Unterdeckungen einzel‐

ner  Leistungsbereiche,  sondern  das  jeweilige  regionale  Ge‐

samtergebnis über alle Leistungsbereiche hinweg angesehen  werden sollte. 

Starke Über‐ und Unterdeckungen auf Versichertenebene nach  Durchführung des RSA weisen keine gleichmäßige räumliche  Verteilung auf, wobei insbesondere der Anteil stark überdeck‐

ter Versicherter regional eine hohe Variation aufweist. Bemer‐

kenswert ist, dass Regionen mit einem großen Anteil stark un‐

terdeckter Versicherter oftmals auch einen hohen Anteil an  Versicherten mit ausgeprägten Überdeckungen aufweisen.  

Alles in allem untermauern die in diesem Kapitel dargestellten  empirischen Auswertungen die Einschätzung aus dem Sonder‐

gutachten, „dass die aktuelle Situation (keine Regionalkompo‐

nente im RSA und keine durchgängig regionalisierten Zusatzbei‐

träge) mit Blick auf die Chancengleichheit im Wettbewerb und  mit Blick auf die Vermeidung von Anreizen für regionale Risiko‐

selektion unbefriedigend ist“ (Drösler et al. 2017, S. 470). Der  Wissenschaftliche  Beirat  kommt  vor diesem Hintergrund zu  dem Schluss, dass zur Senkung der regionalen Über‐ bzw. Un‐

terdeckungen weiterer Handlungsbedarf besteht.  

5 Regionale Verteilungswirkungen ausge‐

wählter RSA‐Anpassungen 

In Kapitel 4 Beschreibung der regionalen Verteilungswirkungen  des RSA im Status quo konnte gezeigt werden, dass die regiona‐

len Ausgabenunterschiede in der GKV durch den Risikostruk‐

turausgleich teilweise ausgeglichen werden. Grund hierfür ist,  dass die Ausgabenunterschiede größtenteils auf Begebenheiten  zurückzuführen sind, die der Morbi‐RSA bereits heute berück‐

sichtigt, wie etwa unterschiedliche Alters‐, Geschlechts‐ und  Morbiditätsstrukturen.  Vor  diesem  Hintergrund  besteht  die  generelle Einschätzung, dass die Ergänzung des Verfahrens um  weitere Morbiditätsindikatoren bzw. eine zunehmende Ausdif‐

ferenzierung der bisherigen Risikomerkmale zu einem Anstieg  der  Erklärungskraft  der  räumlichen  Ausgabenunterschiede  führt. So ist u.a. an die Vervollständigung des bislang nur be‐

grenzt im RSA berücksichtigten Morbiditätsspektrums die Er‐

wartung geknüpft, dass diese die verbliebenen, bedarfsseitig zu  erklärende RSA‐Über‐ und Unterdeckungen in den Regionen  weiter reduziert (vgl. Jacobs 2018, S 12). 

Aus diesem Grund soll im Folgenden geklärt werden, welche  Auswirkungen die Umsetzung von drei der im Sondergutachten  untersuchten  (und  zur  Umsetzung  empfohlenen)  RSA‐

Anpassungen auf die im Status quo bestehenden regionalen  Über‐ und Unterdeckungen hätte. Im Einzelnen handelt es sich  hierbei um die Umsetzung eines Vollmodells (vgl. Drösler et al. 

2017, S. 279ff.), die Nutzung des Erwerbsminderungsmerkmals  als Schweregradindikator (vgl. Drösler et al. 2017, S. 354ff.) 

sowie  die  altersabhängige  Ausdifferenzierung  der  HMG‐

Zuschlagsgruppen  im  Verfahren  (vgl.  Drösler  et  al.  2017,  S. 441ff.).