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3.2 Die Rolle von Technologieparks als spezifische Räume der Wissensarbeit

3.2.4 Regionalökonomische Zielsetzungen und Wirkungen von

3.2.4.1 Regionalökonomische Zielsetzungen

Betrachtet man die Technologieparkentwicklung in Europa seit den 1980er Jahren, so folgt diese dem Vorbild der Entwicklung des Silicon Valley. Die Entwicklung des Silicon Valley gilt nicht nur als Paradebeispiel für die innovative Hervorbringung neuer High-Tech-Produkte, sondern sie steht in erster Linie für eine bis dahin nicht praktizierte bewusste Agglomeration technologisch-orientierter selbstständiger Unternehmen, die sich ohne staatliches Eingreifen vollzog. „Was in den Vereinigten Staaten aus Eigeninteresse und –initiative hervorging,

wur-de und wird in Europa als Instrument wur-der Wirtschaftsförwur-derung an wur-der Nahtstelle zwischen Wirtschaftspolitik und Forschungspolitik zu kopieren versucht“ (SCHNEIDER/SIEBKE 1987, S.

670). Als ein zentraler Auslöser für die Politik, Technologieparks als Instrument der Wirt-schaftsförderung einzusetzen, kann auf die in den 1980er Jahren aufkommende wirtschafts- und forschungspolitische Diskussion der „technologischen Lücke“ verwiesen werden. Hier diagnostizierte man für die Länder der damaligen Europäischen Gemeinschaft gegenüber den USA und Japan verminderte Wettbewerbsfähigkeit auf den Märkten für Hochtechnolo-giegüter. Hieraus resultierte eine politische Argumentation, die in diesem Zustand ein gefähr-liches Symptom für einen mangelnden Strukturwandel und die daraus folgenden Wohlfahrts-verluste sah (vgl. SCHNEIDER/SIEBKE 1987, S. 670; BARANOWSKI 2009, S. 147f.). Diese Dis-kussion erfuhr in den 1990er Jahren mit der These des „europäischen Paradoxons“ eine ent-sprechende Fortführung. Die These des „europäischen Paradoxons“ attestiert den europäi-schen Ländern zwar eine hervorragende Position bezüglich seiner wissenschaftlichen Exzel-lenz, jedoch gleichzeitig erhebliche Schwierigkeiten, den generierten wissenschaftlichen Output in marktfähige Innovationen umzusetzen, was auf einen Mangel an geeigneten Transmissionsmechanismen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zurückgeführt wird. Für die im USA- und Triadenvergleich schwächeren Wachstumszahlen in Europa gilt folglich der Paradoxon-These das quantitative sowie qualitative Niveau des Wissens- und Technologie-transfers als ungenügend und somit als mitverantwortlich für die verminderte Wettbewerbs-fähigkeit Europas.42 Als Folge gewann die Förderung des Wissens- und Technologietrans-fers in den meisten EU-Mitgliedsstaaten zunehmend an Bedeutung, was zu einem weiteren Popularitätsschub des Technologieparkkonzepts führte. Auch in Deutschland wurden sie zu einem integralen Bestandteil technologieorientierter Wirtschaftspolitik (vgl. POLT et al. 2010, S. 97; VAN GEENHUIZEN/NIJKAMP 2012, S. 132).

Im Technologieparkkonzept spiegelt sich bis heute die zentrale Erwartung der politischen Entscheidungsträger wider, dass es durch die Schaffung von räumlicher Nähe zwischen den relevanten Innovationsakteuren vor Ort zu einer verstärkten Interaktion kommt und somit Wissen aus Forschung und Entwicklung schneller in innovative Produkte umgesetzt werden kann. Mit dieser räumlichen Konzentration von Forschung, Entwicklung und Produktion ver-folgt die Wirtschaftspolitik das Ziel, regionale, wirtschaftsstrukturelle Umbrüche besser über-winden zu können (vgl. ANNERSTEDT 2006, S. 281; BRÜHÖFENER MCCOURT 2009, S. 257).

Für SCHRENK (2010, S. 18) geht es im Kern darum, „vorhandene Stärken zu festigen, indem Chancen und Potenziale, die sich aus den standörtlichen Gegebenheiten einer Stadt oder

42 Mittlerweile wird die Paradoxon-These allerdings vermehrt angezweifelt. DOSI et al. (2005) halten die These für zu vereinfachend, da sie den existierenden Rückstand Europas in der wissenschaftli-chen Grundlagenforschung v.a. gegenüber den USA ignoriert. Dieser Rückstand existiert sowohl unter den EU-15-Staaten als auch noch deutlicher bei Betrachtung der EU-27-Staaten (vgl. DOSI et al. 2005, S. 58; P et al. 2010, S. 97).

einer Region ergeben (natürliche Ressourcen, vorhandene Infrastrukturen, Industrie- und Betriebsbesatz, Wissenszentren, Qualifikationen) aufgegriffen, gebündelt und weiterentwi-ckelt werden.“

Der Bundesverband der Deutschen Innovations-, Technologie- und Gründerzentren definiert die Hauptziele für Technologieparks durch drei Schwerpunkte (vgl. ADT 2013, S. 7):

1. Initiierung und Betreuung von Unternehmensgründungen

(aktive Unterstützung der Gründungsphase durch Bereitstellung günstiger, flexibler Räumlichkeiten, die mit gründerspezifischen Beratungs- und Serviceleistungen ge-koppelt sind)

2. Förderung des Wissens- und Technologietransfers zwischen Wissenschaft und Wirtschaft (Unterstützung bei der Transformation von unternehmerischen Ideen in marktfähige, innovative Produkte, Verfahren und Dienstleistungen im Rahmen der technologischen Kompetenz der jeweiligen Technologieparkmanagements)

3. Tätigkeiten klassischer Wirtschaftsförderung (Einbindung der Unternehmen in regionale und überregionale Netzwerke, Initiierung und Begleitung technologieorientierter regionaler Strategien sowie Unterstützung bei der klassischen Betriebsansiedlung)

Die genannten Zielsetzungen unterscheiden Technologieparks von herkömmlichen Gewer-beimmobilien, in denen diese Leistungen üblicherweise nicht erbracht werden. Der Zuschnitt der angebotenen Leistungen richtet sich meist individuell nach dem Klientel bzw. der bran-chenspezifischen Zielgruppen des jeweiligen Technologieparks (vgl. ADT 2013, S. 7). Somit handelt es sich überwiegend um gemeinwirtschaftliche Ziele, die mit Technologieparks an-gestrebt werden, dennoch müssen für selbige auch die Prinzipien der Wirtschaftlichkeit und eines effizienten Managements gelten (auch wenn die beschriebenen Ziele nicht auf monetä-re Rendite ausgerichtet sind), weshalb SCHRENK (2010, S. 18) die Wirtschaftlichkeit des lau-fenden Technologiepark-Betriebs als weitere Zielsetzung bzw. Aufgabe definiert.

HASSINK/BERG (2014) sehen gerade im Ziel der Förderung des Wissens- und Technologie-transfers zwischen Wissenschaft und Wirtschaft gleichzeitig die größte Schwäche des Tech-nologieparkkonzepts, wofür sie drei Gründe aufführen. Erstens führt die immobilienbasierte Entwicklung von Technologieparks vielfach seitens des Parkmanagements dazu, dass we-sentlich mehr Wert auf die Vermarktung entsprechender Flächen und Imagepflege gelegt wird, anstatt aktiv die Vernetzung der unterschiedliche Innovationsakteure zu unterstützen und voranzutreiben. Zweitens mangelt es vielen Technologieparks der ersten und zweiten Generation durch ihren linearen Innovationsansatz an expliziten Instrumenten für die konkre-te Vernetzung zwischen wissenschaftlichen und privatwirtschaftlichen Akkonkre-teuren, welche die eigentliche Grundlage für einen potenziellen Technologietransfer von der Wissenschaft in die

Wirtschaft bildet.43 Drittens konstatieren die Autoren gerade in größeren peripher gelegenen Technologieparks, die hauptsächlich von extern kontrollierten Unternehmensniederlassun-gen dominiert werden, einen Mangel an Vernetzung mit lokalen Zulieferbetrieben sowie ein Fehlen entsprechender FuE-Infrastruktur am Standort, die für eine Zusammenarbeit mit For-schungseinrichtungen notwendig wäre (vgl. HASSINK/BERG 2014, S. 45f.).44 Die aufgezeigten Gründe zeigen auch im Hinblick auf den Wandel von linearen zu interaktiven Innovationsmo-dellen, dass es nicht ausreicht, durch die bloße Ansiedlung unterschiedlicher Innovationsak-teure in unmittelbarer räumlicher Nähe gegenseitige Vernetzung zu erreichen, sondern es bedarf hierbei seitens des Parkmanagements einer aktiven Forcierung sozialer Netzwerke sowie einem Abbauen von Vernetzungshemmnissen (vgl. BARANOWSKI 2009, S. 160; H AS-SINK/BERG 2014, S. 45f.). Der Vernetzungsgedanke spielt deshalb so eine zentrale Rolle, da erst durch eine entsprechende Intensivierung der Kommunikation die Grundlage für FuE-Kooperationen gelegt wird, die wiederum letztendlich Wissens- und Technologietransfer er-zeugen (BRÜHÖFENER MCCOURT 2009, S. 257). Hierzu konstatiert HANSSON (2007, S. 363):

„If science parks want to become an important partner in the knowledge economy, following the trends toward new organizations of the production of knowledge, the parks have to inte-grate themselves in other knowledge-creating organizations.”

Neben den unzureichenden Vernetzungsbemühungen benennen HASSINK/HU (2012, S. 7) noch eine weitere Schwäche des Technologieparkkonzepts. Gerade Parks, die seitens der Politik geplant werden, weisen oftmals überambitionierte Zielsetzungen auf und fokussieren zu viele Technologien und industrielle Zielgruppen gleichzeitig. „Während die meisten Tech-nologieparks mittlerweile kaum von herkömmlichen Gewerbegebieten zu unterscheiden sind oder gar als Investitionsruinen gelten, haben sich gerade diejenigen … als erfolgreich und boomend erwiesen, denen die Konzentration auf ein oder einige Produktionscluster gelun-gen ist“ (REHFELD/WOMPEL 1999, S. 196). SCHRENK (2010, S. 25) weist in diesem Zusam-menhang auf die Wichtigkeit einer zentralen Kernkompetenz des jeweiligen Technologie-parks hin. „Es geht um die Einmaligkeit eines Gesamtkonzeptes, das eine attraktive, auch internationale Positionierung ermöglicht.“ Eine solche Kernkompetenz kann laut Autor auf verschiedene Weise erzielt werden, wobei insbesondere der Ausrichtung des Parks auf ein klar umrissenes technologisches Spezialgebiet, dem nachhaltiges Wachstum zugeordnet werden kann, eine zentrale Rolle zukommt. Damit sollte laut Autor eine einmalige, themen-orientierte Bündelung von Wissenschaft, Forschung und unternehmerischer Applikation in Richtung eines Kompetenzzentrums einhergehen. „Letztlich geht es darum, mit einem

43 DAMMER (2009, S. 40f.) kontrastiert die bestehenden Parallelwelten zwischen Wirtschaft und Wis-senschaft folgendermaßen: „(A)ls Wirtschaftender lasse ich mich nicht auf die selbstverliebten Spiele-reien des Wissenschaffens ein, denn das würde mich ruinieren, als Wissenschaffender lasse ich mir nicht von der bis zur Blindheit kurzsichtigen Wirtschaft vorschreiben, wonach ich zu fragen und was ich zu erforschen habe.“

44 H /H (2012, S. 13) sprechen in diesem Zusammenhang von einem „Silicon Somewhere“.

ßergewöhnlichen Angebot für hochrangige Unternehmen außergewöhnliche Erfolgsvoraus-setzungen zu schaffen, die an anderen Standorten so nicht gegeben sind“ (ebd.).