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Seit Mitte der 1980er Jahre bilden die wechselseitigen Beziehungen zwischen technologi-schem Wandel und Regionalentwicklung in weiten Teilen der wirtschaftsgeographischen und regionalökonomischen Forschung einen zentralen Untersuchungsgegenstand. Die durch die gegenwärtige Globalisierung verursachte steigende Wettbewerbsintensität führt in Verbin-dung mit den technologischen Möglichkeiten der zunehmenden Handelbarkeit von Wissen zu immer kürzer werdenden Innovationszyklen. Dies hat zur Konsequenz, dass „die Wis-sensbasis von Unternehmen, von Branchen, aber auch von Regionen schneller veraltet und untergraben wird“ (STRAMBACH 2011, S. 26).

Zudem führt der globale Strukturwandel hin zur Wissensökonomie zu veränderten Raum-strukturen, die sich wiederum durch eine Veränderung der Bedeutung und Gewichtung be-kannter Standortfaktoren bzw. –potenzialen auszeichnen. Hochverdichtete, urbane Standor-te als KnoStandor-ten der weltweit vernetzStandor-ten Wissensökonomie verfügen hierbei über deutliche Wettbewerbsvorteile gegenüber gering verdichteten, peripheren Standorten (vgl. BRANDT et al. 2008, S. 7ff.; KUJATH/STEIN 2009, S. 377). Insbesondere wissensintensive Unternehmen zeichnen sich hierbei durch hohe qualitative Standortanforderungen aus und lassen somit Standorteigenschaften und regionale wie interregionale Netzwerkstrukturen stärker in den Mittelpunkt rücken (vgl. HACHMEIER 2009, S. 317; BRUNKEN/SCHRÖDL 2011, S. 189). Der Innovationsprozess wird verstärkt als evolutorischer Prozess des Erfahrungsaustauschs zwi-schen Wissensträgern verstanden, „der je nach Sektor oder Technologien unterschiedlich ablaufen kann“ (HACHMEIER 2009, S. 317).

Für die Beherrschung des technologischen Wandels und somit folglich für den gesamten Unternehmenserfolg spielt die zügige Übernahme neuer Technologien sowie deren rasche Übernahme zur Generierung marktfähiger Produkte eine zentrale Rolle. Dies hat unmittelba-re Auswirkungen auf das Unternehmensumfeld, welches durch das permanente Auftunmittelba-reten neuer Konkurrenten, immer kürzer verlaufenden Produktlebenszyklen sowie sich ständig variierender Kundenbedürfnisse geprägt wird. Innovation setzt sowohl Information als auch Wissen voraus, weshalb diese beiden Elemente entscheidende Erfolgsfaktoren der heutigen Regionalentwicklung darstellen (vgl. FRITSCH et al. 1998, S. 243ff.; WALTER 2003, S. 225).

Für die Herstellungsprozesse komplexer Wissensprodukte spielen trotz Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK) räumliche Nähe und Face-to-Face-Kontakte – nicht zwingend permanent, jedoch temporär – eine entscheidende Rolle für den

Austausch impliziten Erfahrungswissens (vgl. STRAMBACH 2011,S.26f.; GUST-BARDON 2012, S.12f.).

In der Wissensökonomie gelten Erreichbarkeit und Nähe als Voraussetzung für Kommunika-tion und Wissensteilung, wobei der Überwindung kognitiver Distanz ein besonders wichtiger Stellenwert zukommt. Erreichbarkeit und Nähe stellen die entscheidenden Rahmenbedin-gungen für die Initiierung von Lern- und Innovationsprozessen dar, welche Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg sind (vgl. KUJATH/STEIN 2009, S. 371; KIESE 2013, S. 19).

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Industrie einer Region hängt allerdings nicht aus-schließlich von der Innovationsfähigkeit der regionalen Unternehmen ab, sondern auch von der Qualität, Quantität und Intensität ihrer Beziehungen zum wirtschaftlichen und technologi-schen Umfeld (vgl. HAHN et al. 1994, S. 193). Folglich wird eine Region heute nicht mehr als geographischer Standort wirtschaftender Einheiten begriffen, „sondern als spezieller Zu-sammenhang räumlicher Kooperations- und Interaktionsbeziehungen“ (FÜRST/SCHUBERT

1998, S. 353), wobei die Bedeutung der intersektoralen und interdisziplinären Kooperation insbesondere für innovatorische Prozesse als sehr hoch angesehen wird. Der sich durch die Internationalisierung von Innovation vollziehende Wandel von Wissensdynamiken birgt hier-bei sowohl für Unternehmen als auch Regionen neue Herausforderungen. Zwar bilden die kumulative Wissensbasis und Spezialisierungen auf unternehmerischer und regionaler Ebe-ne nach wie vor die Ausgangsbasis für Innovationsprozesse, allerdings zeichEbe-net sich ab,

„dass es wichtiger wird, Wissen, das an verschiedene Träger, Institutionen, Disziplinen und Branchen gebunden ist, zu kombinieren, zu integrieren und in Innovationsprozessen lokal zu verankern“ (STRAMBACH 2011, S. 32). Dies erfordert von den Innovationsakteuren die Über-windung vielfältiger technologischer, organisatorischer, sektoraler und räumlicher Grenzen, die zu einer Behinderung der Kommunikation, des Austauschs von Erfahrungswissens sowie der Produktion neuen Wissens führen können (vgl. STRAMBACH 2011, S. 32; KUJATH/STEIN

2011, S.127ff.).

Allerdings bereitet es insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) große Schwierigkeiten, den gegenwärtigen Zeit-, Kosten- und Lerndruck alleine zu bewältigen, was eine erfolgreiche Anpassung an die gestiegene Komplexität neuer Technologien sowie der Wissensgenerierung deutlich erschwert. Aus diesem Grund streben immer mehr Unterneh-men eine technologieorientierte ZusamUnterneh-menarbeit mit öffentlichen und privaten Technologie-anbietern an. Hierbei hängt die Fähigkeit der KMU, die genannten Markt-Herausforderungen und technologischen Strukturveränderungen zu bewältigen, entscheidend von deren vorhan-denen Möglichkeiten ab, Kooperationen im Bereich Forschung und Entwicklung (FuE) mit anderen Technologieanbietern einzugehen. Dies gilt auch für Großunternehmen, die trotz meist vorhandener eigener FuE-Aktivitäten ebenfalls die effektive Nutzung von extern ver-fügbarem technologischen Wissen über alle Phasen der neuartigen Produkt- und

Prozess-entwicklungen als zentrale Herausforderung für das unternehmerische Innovationsverhalten begreifen (vgl. PLESCHAK 2003, S. 5; WALTER 2003, S. 225).

In der Debatte um intraregionale Innovationskooperationen besteht unter Wirtschaftsgeogra-phen und Regionalökonomen inzwischen ein zunehmender Konsens über die interdepen-denten Beziehungen zwischen den einzelnen Unternehmen und ihrem regionalen Umfeld:

Einerseits hängt innovative Regionalentwicklung von vorhandenen dynamischen Unterneh-men ab, andererseits benötigen diese ein günstiges regionales Umfeld, um weiteres Wachs-tum generieren zu können. Verflechtungen zwischen den verschiedenen regionalen Innova-tionsakteuren werden dabei als ein wichtiges Element eines begünstigten Umfeldes gesehen (vgl. STERNBERG 1998, S. 289; MENG 2009, S. 34). Als ein entscheidender Faktor für die Schaffung eines günstigen regionalen Umfelds kann in den westlichen Industrienationen seit den 1990er Jahren eine erhebliche Zunahme der Bemühungen universitärer und außeruni-versitärer Forschungseinrichtungen registriert werden, Technologien gezielt in wirtschaftliche Anwendungen zu transferieren. Diese Entwicklung wurde einerseits durch politischen Druck ausgelöst, da für den Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit die Bereitstellung leis-tungsfähiger Technologien als wichtige Voraussetzung angesehen wurde. Andererseits er-kannten sowohl private als auch öffentlich geförderte Forschungseinrichtungen die vielfälti-gen Vorteile, die aus einer effektiven technologieorientierten Kooperation mit Unternehmen entstehen können (vgl. WALTER 2003, S. 247).

Grundsätzlich verfügen Städte und Regionen über viele Gestaltungsmöglichkeiten zur Ver-besserung ihrer Standortbedingungen für Unternehmen der Wissensökonomie. Die räumlich konzentrierte Ansiedlung von wissenschaftlichen Einrichtungen und Unternehmen erfolgt inzwischen deshalb an vielen Standorten nach Plan und ist „im hohen Maße das Ergebnis staatlicher Wissenschafts- und Wirtschaftspolitik“ (KÜHN 2003, S. 148). Technologieparks mit öffentlich finanzierten, universitären oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen als bedeutende Inkubatoren zählen in diesem Zusammenhang zu einem wichtigen Instrument einer wissensbasierten Standortentwicklung, womit diese durch staatliche Rahmensetzun-gen durchaus als steuerbar erscheint. Allerdings stellt räumliche Nähe keine hinreichende Bedingung für die Herausbildung innovativer Milieus dar, wie zahlreiche Studien über Tech-nologieparks belegen (vgl. KÜHN 2003, S. 147f.; KIESE 2013, S. 21ff.).

Vor dem Hintergrund der gemachten Erfahrungen mit Instrumenten wissensbasierter Stan-dortentwicklung weist KIESE (2013, S. 24) darauf hin, „dass die Einsatzmöglichkeiten und Erfolgsaussichten … immer von den lokal bzw. regional vorhandenen Potenzialen der Wis-sensökonomie (Unternehmensbesatz, Forschungs- und Bildungseinrichtungen) abhängen, die im konkreten Fall zunächst objektiv und ergebnisoffen durchleuchtet werden müssen.“

Der zunehmende interregionale Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen sowie um die Rekrutierung von Fachkräften wirft die Frage auf, inwieweit regionale

Rahmenbedingun-gen Einfluss auf die Innovationsaktivitäten von Unternehmen – gerade im Hinblick auf wirt-schaftspolitische Möglichkeiten zur Stärkung einer wissens- und technologiebasierten Regi-onalentwicklung – nehmen können (vgl. MENG 2009, S. 50).