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2.1 Charakteristika des sozioökonomischen Wandels und die zukünftige Bedeutung

2.1.3 Die volks- und betriebswirtschaftliche Bedeutung von Innovationen

Die potenzielle und tatsächliche Innovationsfähigkeit von Volkswirtschaften gelten in fast allen Bereichen der Makroökonomie als zentrale Erfolgskriterien für wirtschaftliches Wachs-tum.11 Innovationstätigkeit verursacht entsprechende Multiplikator- und Kapitalakkumulati-onseffekte, die Innovationen zu einem zentralen Motor der konjunkturellen Entwicklung ma-chen (vgl. BLÄTTEL-MINK/EBNER 2009, S. 11; VAHS/BREM 2013, S. 4). Für hochentwickelte Volkswirtschaften wie die Bundesrepublik Deutschland, die über wenige natürliche Ressour-cen verfügen, liegen die komparativen Vorteile vor allem in der Fähigkeit zur Erzeugung und dem Einsatz technologischer Produkt- und Prozessinnovationen mit hoher Qualität. Um wirt-schaftlich spürbare Impulse zu erzeugen und immer kürzer werdenden Innovationszyklen Rechnung tragen zu können, ist es mittlerweile unabdingbar, über die Grundlagenforschung hinaus durch anwendungsorientierte Forschung entwickelte Neuerungen bzw. Verbesserun-gen rasch ökonomisch verwertbar zu machen (vgl. JUNGNICKEL/WITCZAK 2006, S. 171; EFI 2014, S. 36). Die im September 2014 vom Bundeskabinett beschlossene neue Hightech-Strategie zielt in diesem Zusammenhang nicht nur auf die Angebotsseite der Wissenspro-duktion ab, sondern möchte im Kernelement „Vernetzung und Transfer“ sowohl die außer-universitären Forschungseinrichtungen und Hochschulen als auch die Wirtschaft anspre-chen, um auf eine schnelle nachfrageseitige Verbreitung und Anwendung der entwickelten Technologien hinzuwirken (vgl. EFI 2015, S. 25f.).

Die Expertenkommission Forschung und Innovation betont in ihrem Jahresgutachten 2014, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auch in den kommenden Jahren entscheidend vom weiteren Ausbau der Wissensökonomie sowie deren Spillover-Effekte auf andere Wirtschaftsbereiche abhängen wird (vgl. EFI 2014, S. 38). Ein Blick auf die Innovati-onsintensität der deutschen Wirtschaft belegt die große Bedeutung der Wissensökonomie für die Sicherung der Innovationsfähigkeit der Volkswirtschaft. Während die Innovationsaus-gaben der sonstigen Industrie, sonstigen Dienstleistungen sowie den Finanzdienstleistungen zwischen den Jahren 1998-2013 kaum eine Veränderung erfuhren und sogar tendenziell eher abnahmen, stiegen die Innovationsausgaben der FuE-intensiven Industrie und der wis-sensintensiven Dienstleistungen deutlich an (vgl. Abb. 5).

11 Zur Erklärung des hohen ökonomischen Stellenwerts von Innovationen dienen hierbei vorwiegend die Wachstums- und Konjunkturtheorie (vgl. ROMER 1990) sowie die neuere Außenwirtschaftstheorie (vgl. KRUGMAN 1991). Während die Wachstums- und Konjunkturtheorie eine stark positive Korrelation zwischen der Existenz und der Intensität von Innovationstätigkeit auf der einen Seite und dem Aus-maß des gesamtwirtschaftlichen Wachstums auf der anderen Seite feststellt, skizziert die Außenwirt-schaftstheorie grundlegende Möglichkeiten zur Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit von Nationen (vgl. V /B 2013, S. 4ff.).

Abbildung 5: Innovationsintensität der deutschen Industrie und den wissensintensiven Dienst-leistungen in %

Quelle: EFI 2015, S. 100

Da nur durch beständige Innovationsgenerierung Wachstum und Beschäftigung an hoch-entwickelten und vergleichsweise teuren Unternehmensstandorten wie Deutschland gesi-chert werden können, gelten Aufwendungen für Forschung und Entwicklung innerhalb der Unternehmen als entscheidende Innovationstreiber. In Deutschland beruht der größte Teil der Wertschöpfung auf forschungsintensiven Produkten und Dienstleistungen, wobei sich die Stärken der deutschen Industrie vorwiegend im Bereich der hochwertigen Technologien (FuE-Intensität zwischen 2,5 % und 7 %) zeigen, während im internationalen Vergleich Defi-zite im Bereich der Spitzentechnologie (FuE-Intensität >7 %) bestehen. Abbildung 6 gibt einen Überblick über die Forschungsintensität des verarbeitenden Gewerbes der deutschen Industrie. Zu den Säulen der deutschen Wirtschaft zählen im Bereich der hochwertigen Technologie die chemische Industrie, der Maschinen- und Fahrzeugbau sowie die Herstel-lung von Elektrogeräten. In diesen Branchen weist Deutschland sowohl im Außenhandel als auch bei den Patentaktivitäten eine überdurchschnittliche Spezialisierung auf und lag 2012 mit einem Wertschöpfungsanteil der Hochtechnologie von 8,2 % im internationalen Vergleich an der Spitze. Im Gegensatz zu vielen anderen Industrienationen stagniert in Deutschland jedoch die Entwicklung der Spitzentechnologien (Pharmaindustrie, EDV, Luft- und Raum-fahrt). Hier lag Deutschland 2012 mit einem Wertschöpfungsanteil von 2,4 % deutlich hinter den Spitzenreitern Schweiz (8,1 %) und Südkorea (7,3 %) zurück (vgl. KIESE 2013, S. 13f.;

EFI 2014, S. 37; EFI 2015, S. 115).

Abbildung 6: Forschungsintensität (interne FuE-Ausgaben in % des Umsatzes) der deutschen Industrie 2011-2013

Quelle: EFI 2015, S. 98

Für das Jahr 2012 betrug das deutsche Exportvolumen an forschungsintensiven Waren 545 Mrd. Euro und machte damit mehr als 53 % aller deutschen Industriewarenausfuhren aus, wobei die EU-Länder, die USA sowie die Schwellenländer Brasilien und China die wichtigs-ten Exportmärkte darstellen (vgl. BMBF 2014, S. 95).

Insbesondere die intensive Kooperationstätigkeit zwischen deutschen Unternehmen und universitären sowie außeruniversitären Forschungseinrichtungen ist als wichtige Determi-nante für Innovationserfolg zu betrachten. Die Einbindung in Forschungskooperationen lässt sich anhand des Verhältnisses von inner- zu außerbetrieblicher FuE ablesen. 2012 betrugen die innerbetrieblichen FuE-Ausgaben der deutschen Wirtschaft 53,8 Mrd. EUR, während weitere 12,8 Mrd. EUR in außerbetriebliche FuE investiert wurden (vgl. ebd. S. 96).

Neben der volkswirtschaftlichen Ebene spielt auch auf betrieblicher Ebene das Thema Inno-vationen eine sehr wichtige Rolle, da die unternehmerische Wettbewerbsfähigkeit maßgeb-lich von der Fähigkeit abhängt, Innovationen zu generieren und erfolgreich umzusetzen (vgl.

RAMMERT 2010, S. 3; VAHS/BREM 2013, S. 8). Da sich inzwischen auch kleine und mittlere

Unternehmen den vielfältigen Einflüssen der fortschreitenden Globalisierung ökonomischer Aktivitäten nicht mehr entziehen können, stellt sich den Unternehmen die Frage, wie sie auf die veränderten weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen reagieren können. Hierbei betrifft die Globalisierung die einzelnen KMU in ganz unterschiedlicher Weise. Einerseits gibt es Unternehmen, die bereits international wettbewerbsfähig sind bzw. rasch internationale Wettbewerbsfähigkeit erlangen können und denen deshalb die Globalisierung große Chan-cen eröffnet. Auf der anderen Seite existieren jedoch viele KMU mit geringer Anpassungsfä-higkeit, die durch die zunehmende internationale Konkurrenz in ihrem Fortbestand gefährdet sind, „falls wesentliche Wettbewerbsfaktoren wie Produktqualität, Produktionskosten oder Managementpraktiken nicht verbessert werden“ (BRAUN/WEIKL 1997, S. 131). Aus diesem Grund wird zur Sicherung der eigenen Marktstellung die Notwendigkeit zu permanenter In-novation innerhalb der Unternehmen immer mehr zum entscheidenden Bezugspunkt, um wettbewerbsfähig bleiben zu können, was den Innovationsdruck durch die zunehmende Homogenisierung und Transparenz der Märkte deutlich erhöht. Im Jahr 2010 wendete die deutsche Wirtschaft 121,3 Mrd. Euro für die Generierung von Innovationen auf, womit ein Jahr nach der Wirtschafts- und Finanzkrise bereits fast wieder das Vor-Krisen-Niveau von 2008 (125,9 Mrd. Euro) erreicht worden ist (vgl. BRAUN/WEIKL 1997, S. 130f.; VAHS/BREM

2013, S. 8).

Der gestiegene Innovationsdruck äußert sich in vielen Branchen und Märkten durch immer kürzer werdende Produktlebenszyklen. Neben der nachfrageorientierten Perspektive, die von einem Verlangen nach verbesserten Produkten und Dienstleistungen in immer kürzeren Ab-ständen gekennzeichnet ist, schreitet auch die technologische Entwicklung immer schneller voran. Bereits 1969 erkannte der amerikanische Managementwissenschaftler Peter F. D RU-CKER eine sich immer rascher und häufiger vollziehende Änderung von Produkten und Tech-nologien und rief das „Zeitalter der Diskontinuität“ (DRUCKER 1969, S. 23) aus. „Dadurch wird nicht nur der generelle Zwang zur Innovation verstärkt, sondern auch der Zeitdruck erhöht, unter dem erfolgreiche Innovationen heutzutage erdacht, im Unternehmen ungesetzt und schließlich im Markt realisiert werden müssen“ (VAHS/BREM 2013, S. 9).

Als Beleg für immer kürzer werdende Produktlebenszyklen eignen sich besonders die Phar-maindustrie sowie die Nahrungsmittelbranche. Zwischen den 1960er und 1990er Jahren ver-kürzten sich in der Pharmaindustrie die Produktlebenszyklen von 24 auf acht Jahre, während im Bereich Nahrungsmittel eine Verringerung um 75 % von 20 auf 5 Jahre zu verzeichnen war. In der Automobilindustrie verkürzte sich zwischen 1990 und 2004 die Zeit zwischen den Modellwechseln von neun auf sechs Jahren. Ebenso zeigte eine 2001 durchgeführte Unter-suchung bei Siemens zum Alter elektronischer Produkte eine erhebliche Verkürzung der Le-benszyklen der im Markt befindlichen Produkte. Lediglich ein Drittel aller Produkte waren zu

diesem Zeitpunkt älter als fünf Jahre, während dieser Anteil in den 1970er Jahren noch mehr als die Hälfte betrug (vgl. BÖSCH 2008, S. 5; VAHS/BREM 2013, S. 9).

Abbildung 7: Halbwertszeiten des Wissens

Quelle: VAHS/BREM 2013, S. 11

Will ein Unternehmen in einem kompetitiven Marktumfeld überleben, ist es somit zunehmend auf einen kontinuierlichen Innovationsoutput angewiesen, der nicht zufällig sondern kontinu-ierlich und strukturiert erfolgen muss (vgl. BÖSCH 2008, S. 5). „Gerade vor dem Hintergrund der sich rasant entwickelnden Märkte, unter anderem in Südostasien und der damit verbun-denen Verlagerung von Produktionsfaktoren in diese Region, können nur eine ausgeprägte Innovationsorientierung und die Beherrschung fortschrittlicher Technologien das (volks-)wirtschaftliche Wachstum langfristig sichern“ (VAHS/BREM 2013, S. 8). Als wichtige Voraus-setzung zur Innovationsgenerierung in einem Unternehmen gilt deshalb die permanente Ak-tualisierung der organisationalen Wissensbasis. In den letzten Jahren waren, bedingt durch die rasante Weiterentwicklung der IuK-Technologien, v.a. das EDV- und das technologische Wissen immer schnelleren Entwicklungsschüben ausgesetzt. Dies hat zur Folge, dass die Halbwertszeit von Wissen in diesem Bereich, definiert als Zeitraum, in dem die einmal in der Vergangenheit erlernten Kenntnisse und Fähigkeiten gültig und anwendbar sind, deutlich abnimmt. Abbildung 7 gibt einen Überblick zur Beständigkeit von Wissen über die Zeit. Wäh-rend Schulwissen erst nach 20 Jahren zur Hälfte veraltet ist und auch das Hochschulwissen nach zehn Jahren noch zu 50 % aktuell erscheint, veraltet berufliches Fachwissen wesent-lich schneller. Im Bereich der Datenverarbeitung verliert bspw. bereits nach zwei Jahren die Hälfte der aktuellen Kenntnisse ihren Anwendungsbezug. Als Konsequenz dieser immer kür-zer werdenden Aktualität von Wissen gilt der Faktor Zeit als entscheidender Wettbewerbs-faktor, der sich erheblich auf den unternehmerischen Aufwand und Ertrag auswirkt. Kurze

Innovationszeiten leisten folglich einen wesentlichen Beitrag zum Fortbestand und zum Wachstum eines Unternehmens (vgl. BRAUN 2003, S. 21ff.; VAHS/BREM 2013, S. 10).

Vor dem skizzierten Hintergrund steigender Innovationserfordernisse wird seit Jahren sowohl seitens der Politik als auch der Wirtschaft die Schaffung von Technologie- und Forschungs-zentren forciert. Die Aufgabe dieser Zentren besteht in einer systematischen Konzentration der fachlichen und methodischen Kompetenzen der wissenschaftlichen und betrieblichen Forschung, um entsprechende Synergien bei der Entwicklung neuer Produkte und Verfahren zu erzeugen und somit folglich schneller und kostengünstiger marktreife Problemlösungen generieren zu können (vgl. VAHS/BREM 2013, S. 13).

2.2 Bestimmungsgründe regionaler Innovationsbedingungen aus