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Rechtliche Grundlagen

Grundsätzlich sollte man aufgrund einiger internationaler Abkommen davon ausgehen können, dass jedem Menschen auf der Welt die gleichen bürgerlichen, politischen sowie wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zukommen. Dass dies auch für Menschen mit Beeinträchtigung gilt, soll hier mit einem Einstieg über die Menschenrechte sowie der Ausführung der Behindertenrechtskonvention und dem konkreten Blick nach Österreich besprochen werden.

2.1. Menschenrechtskonvention

Grundlegend kann festgestellt werden, dass alle Menschenrechte gleiche Merkmale aufweisen, die sich nicht verändern. Es zeigt sich, dass Menschenrechte angeboren und unveräußerlich sind.

Sie werden dazu geschaffen, die Würde der Menschen zu schützen und jedem/jeder ein freies selbstbestimmtes Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Weiters sind die Menschenrechte universell für jede Person gültig, unabhängig von Kultur und Weltanschauung. Menschenrechte erheben den Anspruch der Egalität, somit stehen jeder Person auf der Welt die gleichen Rechte zu, unabhängig von Ethnie, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer und sonstiger Anschauung, nationaler und sozialer Herkunft, Vermögen etc. Ein weiteres Merkmal ist, dass die Menschenrechte unteilbar sind. Bürgerliche, politische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte bedingen sich gegenseitig, gehören zusammen und sind nicht getrennt voneinander denk- beziehungsweise einsetzbar. Trotz der komplexen Denkweise der Menschenrechte, die ideengeschichtliche und verfassungsrechtliche Traditionen sowie Erfahrungen von Not und Unterdrückung einbinden, sind sie so allgemein formuliert, dass sie weltweit eingesetzt und auch adaptiert werden können. (Krennerich 2015: 7f.)

Die konkreten Anfänge der Menschenrechte sind nicht genau festsetzbar, ideengeschichtliche Wurzeln finden sich bereits in der Antike und im frühen Christentum. Die Grundgedanken zur Gleichheit aller wurden später als Grundlage für die Menschenrechte angesehen. Die Wurzeln der Menschenrechte im politischen Sinne liegen in der Virginia Bill of Rights von 1776, sozialgeschichtlich wurden aber bereits in England ab dem 13. Jahrhundert Rechte für den Menschen beschlossen. Neben den amerikanischen Ausführungen war besonders die französische Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 wegweisend. Nicht außer Acht aber zu lassen ist, dass die Menschenrechte zu dieser Zeit nicht jedem/jeder zustanden. In Europa galten die Menschenrechte nur für Männer, in Amerika gar nur für weiße privilegierte Männer. (Wohlgensinger 2014: 19ff.)

Der moderne internationale Menschenrechtsschutz beginnt mit der Charta der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1945, womit ein überstaatlicher umfassender Rahmen geschaffen wurde, der jedem Menschen auf der Welt allgemeine Rechte zuspricht, unabhängig von Nationalität, Religion, politischer Überzeugung oder sozialem Status. Den künftigen Generationen solle nicht das gleiche Leid angetan werden, dass der Menschheit damals aufgrund der zwei Weltkriege widerfuhr. Besonders die Schrecken des Zweiten Weltkrieges beeinflussten den Menschenrechtskatalog enorm. Es entstand eine fundamentale Neuformulierung der Menschenrechtsidee. Wie in der Menschenrechtscharta vorgesehen, wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) formuliert und am 10. Dezember 1948 ohne Gegenstimmen von der UNO-Generalversammlung unterzeichnet. Insgesamt wurden 30 Artikel festgesetzt, die auf den Grundsätzen der Freiheit, Gleichheit und Teilhabe aller Menschen basiert. (Ebd.: 26f.)

Die allermeisten Rechte der AEMR wurden in zwei völkerrechtlich verbindliche Verträge übertragen, weshalb man traditionell gesehen zwischen bürgerlichen und politischen Rechten der „ersten Generation“ und sozialen Rechten der „zweiten Generation“ unterscheidet. Den ersteren wurde eine Gewährleistungsfunktion beigemessen, den letzteren nur der Charakter politischer Zielverpflichtungen. Diese Ansicht wurde durch die sogenannte „menschenrechtliche Pflichtentrias“ ersetzt, die den Vertragsstaaten eine Pflicht zur Achtung, zum Schutz und zur Gewährleistung auferlegt. (Banafsche & Welti 2015: 92f.)

Neben den allgemeinen Rechten der AEMR wurden eine ganze Reihe von Menschenrechtsabkommen geschaffen. Sie können unterschieden werden in Konventionen zum Schutz bestimmter Personengruppen und regionalen Menschenrechtsverträgen. Diese

Abkommen widersprechen nicht dem Grundgedanken der Menschenrechte, die jedem/jeder dieselben Rechte zuspricht, sie erweitern sie, mit der Begründung, dass bestimmte Gruppen mehr Schutz brauchen, respektive gefährdeter oder verletzlicher sind als andere. (Wohlgensinger 2014.: 33) Zu diesen Abkommen zählt auch das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Behindertenrechtskonvention 2006).

2.2. Behindertenrechtskonvention

Die 2006 verfasste und 2008 in Kraft getretene UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) gilt als

„Sichtbarmachung“ der Menschen mit Behinderung. Erst dadurch wurden Menschen mit Behinderung klare Rechtsträger/Rechtsträgerinnen und konnten das Image der Schutzbedürftigen rechtlich gesehen erstmals ablegen. (Wohlgensinger 2014: 39)

Vor der BRK gab es schon einige Initiativen, die sich um die Belange von Menschen mit Behinderung kümmerten. Besonders stark zeichnete sich das erstmals in den 1970er Jahren ab.

Es können zwei Strömungen ausgemacht werden: zum einen die Bemühungen dahingehend, betroffene Personen „sichtbar“ zu machen, sowohl für die Gesellschaft, aber vor allem für die Politik. Zum anderen wurde eine neue Denkweise sichtbar, weg von einem fürsorgeorientierten hin zu einem rechtsbasierten Ansatz. Es folgten einige unspezifische Abkommen und eine Reihe von Erklärungen. (Ebd.: 39ff.)

Die 1980er Jahre zeigten eine klare Trendwende auf, bei der Menschen mit Behinderung immer mehr in die Position der Rechtsträger/Rechtsträgerinnen rückten. Es entstanden einige wichtige Schriften, Abkommen und Verträge. Für die Entstehung der BRK ausschlaggebend war die Erscheinung zweier Menschenrechtsberichte von Erica-Irene Daes (1986) und Leandro Despouy (1993), die die Lage von Menschen mit Behinderung erfassten und ausführlich analysierten. Auf der Grundlage der Berichte wurde erkannt, dass die AEMR erweitert werden müsse, um das Fehlen der Möglichkeiten, die Rechte auszuüben, auszubessern. Ein Ausschuss dazu, der gegründet wurde, um die AEMR aus der Perspektive der Menschen mit Behinderung zu analysieren, zeigte klar, dass die betroffenen Personen in der Konvention nur ungenügend berücksichtigt werden. Danach wurde schnell gehandelt: im Dezember 2006 nahm die UN-Generalversammlung den Entwurf der neuen Menschenrechtskonvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung an. An der Erarbeitung des Entwurfs waren neben UN-Sonderorganisationen, Nichtregierungsorganisationen und Menschenrechtsorganisationen auch

betroffene Personen beteiligt. Der Vertragstext wurde am 13. Dezember 2006 verabschiedet und trat am 3. Mai 2008 in Kraft. (Ebd.: 42 ff.)

Der eigentliche Aufbau der BRK ist grob in fünf Teile zu gliedern: die Präambel, der allgemeine Teil mit den grundlegenden Bestimmungen, der besondere Teil mit dem spezifizierten Katalog, die Richtlinien zur Implementierung und die Schlussbestimmungen.

Im Kontext dieser Arbeit sind zwei Artikel wegweisend. Artikel 22 der UN-BRK legt fest, dass:

• Menschen mit Behinderung einen rechtlichen Schutz gegen Eingriffe oder Beeinträchtigung haben. Der Schutz bezieht sich auf ihre Privatsphäre, ihr Privatleben, ihre Familie, ihre Wohnung, ihren Schriftverkehr oder andere Arten der Kommunikation sowie ihre Ehe und ihren Ruf (Art. 22 (1) UN-BRK)

• Vertragsstaaten auf Grundlage der Gleichberechtigung die Vertraulichkeit von Informationen, die Gesundheit und die Rehabilitation von Menschen mit Behinderung schützen (Art. 22 (2) UN-BRK)

Herausstreichen möchte ich zudem den Artikel 23. Dieser besagt, dass:

• Menschen mit Behinderung das Recht gegeben ist, eine Ehe zu schließen und eine Familie zu gründen (Art. 23 (1) a UN-BRK)

• Menschen mit Behinderung das Recht auf eine freie und verantwortungsbewusste Entscheidung darüber haben, ob, wann und wie viele Kinder sie bekommen möchten.

Dafür haben sie auch das Recht auf Zugang zu altersgemäßer Information und Aufklärung (Art. 23 (1) b UN-BRK)

• Menschen mit Behinderung, einschließlich der Kinder, gleichberechtigt ihre Fruchtbarkeit behalten (Art.23 (1) c UN-BRK)

• Rechte und Pflichten von Menschen mit Behinderung in familienrechtlichen Beziehungen gewahrt werden, das Wohl des Kindes steht dabei im Vordergrund. Dazu zählen Vormundschaft, Pflegschaft, Personen- und Vermögenssorgen und Adoption. Zudem sollen sie in der Wahrnehmung ihrer elterlichen Pflichten unterstützt werden (Art. 23 (2) UN-BRK)

• Kindern mit Behinderung ein besonderer Schutz zusteht. Ihnen sollen z.B. frühzeitig Informationen, Dienste etc. bereitstehen, um Ausgrenzung oder Vernachlässigung zu vermeiden (Art. 23 (3) UN-BRK)

• Eine Behinderung des Kindes oder der Eltern kein Grund für die Trennung von Eltern und Kind ist, außer die Entscheidung beruft sich nachweislich auf das Wohl des Kindes (Art. 23 (4) UN-BRK)

• Menschen mit Behinderung familiäre, bzw. wenn dies nicht möglich ist, eine familienähnliche Betreuung zusteht (Art. 23 (5) UN-BRK)

In der UN-Behindertenrechtskonvention findet sich kein spezieller Part zur Sexualität von Menschen mit Behinderung, geschweige denn zur Sexualität von Frauen mit Behinderung. Die UN-BRK legt jedoch grundlegend den Schutz der Würde, der Privatsphäre und den Schutz vor Diskriminierung fest. Die zwei angeführten Artikel der UN-BRK zeigen nochmals, dass für eine selbstbestimmte Sexualität Abkommen zum Schutz von Privatsphäre und zur Selbstbestimmung bezüglich Fortpflanzung, Ehe, Familie etc. vorliegen. Diese Artikel sollen weltweit die Sexualität von Menschen mit Behinderung sichern.

2.3. Rechtslage in Österreich

In Österreich ist die Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung verfassungsrechtlich geregelt. Artikel 7 besagt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. (Art 7 (1) B-VG) In Artikel 7 wird auch die Gleichstellung von Mann und Frau festgelegt. (Art 7 (2) B-VG)

Seit dem 1. Jänner 2016 hat Österreich auch ein Behindertengleichstellungsrecht, dass als Antidiskriminierungsrecht für Menschen mit Behinderung gilt und ihnen einen Anspruch auf Nichtdiskriminierung beziehungsweise Gleichbehandlung garantiert. Zum Behindertengleichstellungsrecht zählen insbesondere:

Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG): Diskriminierungsverbot im "täglichen Leben"

Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG): Diskriminierungsverbot in der Arbeitswelt

Bundesbehindertengesetz (BBG): Aufgaben und Befugnisse des Bundesbehindertenanwalts

In diesen Gesetzen wird die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Behinderung, körperlich, geistig, psychisch behindert oder sinnesbehindert, als verboten festgeschrieben.

Neben den unterschiedlichen Formen und Erscheinungsweisen werden auch die Rechtsfolgen, und wie sie geltend zu machen sind, festgelegt.

In den Jahren 2010/2011 wurde das Behindertengleichstellungsrecht im Auftrag vom Sozialministerium Österreich wissenschaftlich evaluiert. Die zwei Studien zeigen eine sehr positive Bewertung des Behindertengleichstellungsrechts und weisen auf die klaren Fortschritte in der Behindertenpolitik hin. Nichtsdestotrotz gibt es noch einiges an Handlungsbedarf, beispielsweise in Bezug auf Verbandsklagen, Versicherungen etc. (Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz 2017: 38f.)

Zum Thema Sexualität stützt sich der Staat Österreich auf die Behindertenrechtskonvention, besonders auf Artikel 23. Zusätzlich zum Tragen kommen auch das Sachwalterrecht und das Erwachsenenschutzgesetz.