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Durchführungsphase

5. Empirische Forschung

5.2. Durchführungsphase

In diesem Kapitel wird näher auf die Durchführung der qualitativen Interviews eingegangen. Im Besonderen werden hier die Interviewpartnerinnen, die Interviewleitfäden, die konkrete Interviewdurchführung sowie der Datenschutz thematisiert und dargestellt.

5.2.1. Interviewpartnerinnen

Aufgrund der Besonderheit der Thematik, vor allem aber wegen der Intimität, der Schambehaftung und Tabuisierung des Themas Sexualität von Frauen in unserer Gesellschaft, entschied ich mich dafür, neben betroffenen Frauen mit Behinderung auch Expertinnen zu befragen. Damit möchte ich erreichen, dass sowohl ein Einblick in die Lebenswelt der Frauen mit Behinderung gegeben wird sowie in die derzeit verbreitete Experten- und Expertinnenmeinung.

Es ergab sich, dass sich für die qualitativen Leitfadeninterviews drei Fachexpertinnen und zwei Frauen mit Behinderung bereit erklärten.

Die Suche nach den Fachexpertinnen führte ich im Internet durch, anschließend kontaktierte ich die drei Personen schriftlich via E-Mail. Meine Suche beschränkte sich auf Pädagogen und Pädagoginnen, die spezialisiert auf die Sexualität von Menschen mit Behinderung sind und/oder in Einrichtungen arbeiten, die einen Fokus auf diese Thematik legen, sowie auf Sexualbegleiter und Sexualbegleiterinnen. Die E-Mails beinhalteten, neben einer kurzen Beschreibung meiner Person und meines Forschungsvorhabens, eine ungefähre Vorstellung zu den Interviews und meinen Erwartungen. Auf die E-Mails wurde teils gar nicht oder teils mit einer Absage geantwortet. Mit den drei Expertinnen, die sich für ein Interview bereit erklärten, klärte ich genauere Details zum Interview, wie Datum, Ort und Zeit, schriftlich ab.

Die Suche nach den Frauen mit Behinderung, die als Interviewpartnerinnen fungierten, gestaltete sich schwieriger. Die Kontaktaufnahme fand in diesen Fällen telefonisch statt, wobei ich mehrere

kurz mich und mein Vorhaben vorstellte. Meistens bekam ich direkt eine Absage oder mir wurde zugeischert, dass sie die betroffenen Frauen fragen und sich melden würden. Durch diese telefonische Kontaktaufnahme kam ich leider zu keiner Interviewpartnerin. Da ich bereits im Behindertenbereich arbeite, genauer gesagt im Vollbetreuten Wohnen, konnte ich durch mein Netzwerk in der Institution, welche zu den größten Österreichs zählt, Kontakt zu zwei Frauen mit Behinderung herstellen, die sich für ein Interview zur Verfügung stellten. Mit einer der beiden Interviewpartnerinnen organisierte ich Datum, Ort und Zeit des Treffens telefonisch. Bei der zweiten Frau geschah dies über ihren Betreuer.

Die fünf Frauen, die als Interviewpartnerinnen dienten, sehe ich allesamt als Expertinnen an.

Expertinnen ihrer eigenen Sexualität und Expertinnen zur Thematik Sexualität von Frauen mit Behinderung. Aus diesem Grund und zum Schutz der Personendaten werden die einzelnen Frauen anonymisiert und mit E1 bis E5 bezeichnet. Eine prägnante Ansicht und Beschreibung zu den einzelnen Personen befindet sich in der folgenden Tabelle:

Interview-partnerin Name Beschreibung Datum

E1 Interviewpartnerin E1 Expertin einer Beratungsstelle für Frauen mit Behinderung

22.Juni.2018 E2 Interviewpartnerin E2 Expertin eines Institutes für

Sexualpädagogik

5.Juli.2018 E3 Interviewpartnerin E3 Expertin im Bereich

Sexualbegleitung

10.Juli.2018 E4 Interviewpartnerin E4 Expertin der eigenen Sexualität,

Frau mit Behinderung

6.August.2018 E5 Interviewpartnerin E5 Expertin der eigenen Sexualität,

Frau mit Behinderung

22.August.2018

Abbildung 2: Interviewpartnerinnen

Um eine genaue Vorstellung zu den Interviewpartnerinnen zu erlangen, werden diese in kurzen Beschreibungen nun präsentiert.

Interviewpartnerin E1 ist Expertin in einer Beratungsstelle für Frauen mit Behinderung. Diese Institution legt einen besonderen Fokus auf Empowerment und Beratung zum Thema sexualisierte Gewalt gegen Frauen mit Lernschwierigkeiten. Weiters wichtig für den Verein sind Vernetzungsarbeit, Enttabuisierungsarbeit sowie konkrete Präventivarbeit für Frauen mit Lernschwierigkeiten. Ein Fokus liegt auch auf der Peer-Beratung.

Die zweite Interviewpartnerin E2 arbeitet in einem Institut, das ihren Schwerpunkt einerseits auf fachliche, theoretische Zusammenarbeit von Experten und Expertinnen legt, andererseits Angebote im Bereich der Sexualpädagogik, Sexualberatung und Fortbildung hat. Die Interviewpartnerin E2 besitzt einen pädagogischen Fachhintergrund mit einem Bezug zu Behindertenpädagogik, Altenpädagogik und Fachsupervision.

Bei der Interviewpartnerin E3 handelt es sich um eine Expertin in der Sexualbegleitung. Ihre Arbeitstätigkeit gliedert sich in zwei Bereiche, wobei sie nebenberuflich selbst als Klinische Sexologin und Sexualbegleiterin in Österreich tätig ist. Als Sexualbegleiterin besteht ihr Klientel hauptsächlich aus Männern mit Behinderung, aber auch einige Frauen mit Behinderung nehmen ihre Dienstleistung in Anspruch.

Die nächste Interviewpartnerin E4 ist eine Frau mit Lernschwierigkeit. Sie ist 50 Jahre alt, wohnt in einer Trainingswohnung im Vollbetreuten Wohnen und arbeitet an einem geschützten Arbeitsplatz im Gartenbereich. Derzeit befindet sie sich in keiner Partnerschaft, wünscht sich aber eine. Interviewpartnerin E4 hat Schwierigkeiten mit ihrer eigenen Sexualität aufgrund früherer Erfahrungen, wirkt aber trotzdem sehr offen in Bezug auf ihre eigene Sexualität.

Interviewpartnerin E5 ist ebenfalls eine Frau mit Lernschwierigkeit. Sie ist 27 Jahre alt, wohnt allein in einer Gemeindewohnung mit Betreuung nach Bedarf und arbeitet in einer Behindertenwerkstatt im Büro. Sie ist seit ungefähr zwei Jahren in einer partnerschaftlichen Beziehung und hat mit diesem Partner eine einjährige Tochter, die bei Pflegeeltern, der Tante der Kindsmutter, untergebracht ist.

5.2.2. Erstellen der Leitfäden

Interviewleitfäden dienen als Erhebungsinstrumente in der qualitativen Forschung. Der Leitfaden dient im Interview dazu, in einer größeren Zahl an Interviews gleichartige Informationen zu erlangen und dazu, alle benötigten Informationen zu erheben. Der Leitfaden schützt auch davor, aufgrund von subjektiven Theorien zur Forschung, Fragen unbewusst so zu formulieren, dass sie nur noch eine Bestätigung der eigenen These sind. Einige grundlegende Regeln, die meinerseits als wichtig erachtet werden, sollen hier angeführt werden: Die Fragen sollen klar, leicht verständlich und offen formuliert werden. Faktfragen sollen als Erzählanregung angewendet werden, wohingegen Meinungsfragen, hypothetische Fragen, Provokationen und Simulationsfragen nur spärlich zum Einsatz kommen sollen. Die wichtigste ethische Regel lautet, dass Teilnehmer/Teilnehmerinnen von der Teilnahme an der Forschung keinen Schaden ziehen

dürfen. Der Reihenfolge der Fragen kommt ein besonderer Stellenwert zu. Fragen sollen so angeordnet sein, dass sie inhaltlich zusammengehörende Themen nacheinander behandeln. Zu Beginn eines Leitfadens soll zudem eine „Aufwärmfrage“ stehen, die mögliche Spannungen löst und den Einstig ins Interview erleichtert. So wie die erste soll auch die letzte Frage leicht und angenehm sein, damit das Interview einen angenehmen Eindruck hinterlässt. Dafür eignet sich die Frage nach Aspekten, die nach Meinung der befragten Person zu kurz kamen oder gar keine Erwähnung fanden. (Terfloth & Janz 2009: 138ff.)

Aufgrund der unterschiedlichen Interviewpartnerinnen beschloss ich, zwei verschiedene Leitfäden für die qualitative Datenerhebung zu gestalten. Diese wurden basierend auf den theoretischen Ausarbeitungen zum Thema Sexualität von Frauen mit Behinderung erstellt. Die unterschiedlichen Leitfäden wurden bereits vor der Suche der Interviewpartnerinnen erstellt, um eine ungefähre Vorinformationen geben zu können.

Der erste Leitfaden gilt für Expertinnen zur Thematik, die aber nicht davon betroffen sind, wie zum Beispiel Expertinnen aus Beratungsstellen, Institutionen etc. Der Leitfaden besteht aus 24 Fragen, die je nach Gespräch mehr oder weniger abgewandelt wurden. Um den Bezug zur Arbeit aufrecht zu erhalten, gliedert sich der Leitfaden in unterschiedliche Themenbereiche wie beispielsweise Wohnen, Arbeit, Ehe oder Kinderwunsch.

Der zweite Leitfaden richtet sich an Expertinnen, die persönlich in die Thematik involviert sind.

Da die Zielgruppe unter körperlichen und oder kognitiven Einschränkungen leidet, wurde der Leitfaden in einer Einfacher-Lesen-Fassung verfasst. Auch hier ist eine Unterteilung in die verschiedenen Kategorien erkennbar, wobei zusätzlich Themen wie Selbstbefriedigung, Aufklärung und eigene Erfahrungen mit Sexualität in den Leitfaden behandelt werden. Dieser Leitfaden besteht aus 64 kurz gefassten Fragen, wobei in den zwei Interviews unterschiedlich viele Fragen zur Sprache kamen, abhängig davon, wie hoch die Compliance der Probandinnen war.

5.2.3. Interviewdurchführung

Die Interviews fanden im Zeitraum von Juni 2018 bis August 2018 statt. Als Durchführungsort der Interviews wurden zwei Mal Arbeitsplätze, zwei Mal ein Lokal und einmal ein Park von den interviewten Personen gewählt. Durchschnittlich dauerten die Interviews eine Stunde, was für die Interviewpartnerinnen als angemessen empfunden wurde. Es gab keine nennenswerten Störungen, wobei Hintergrundlärm als nicht erwähnenswert erachtet wird. Vor der

Interviewaufnahme erklärte ich allen Frauen noch einmal, worum es in der Masterarbeit geht, was besprochen wird und wie der Ablauf sein wird. Zusätzlich wurde der Datenschutz besprochen, näheres dazu im nächsten Kapitel 5.2.4 Datenschutz. Die Interviewpartnerinnen waren insgesamt sehr kooperativ und interessiert an der Thematik.

5.2.4. Datenschutz

Im Sinne des Datenschutzes und des österreichischen Datenschutz-Gesetzes (DSG), das zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten dient, verfasste ich im Vorhinein der Interviews eine Einwilligungserklärung zur Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten. Darin wird erklärt wie sich das Vorgehen gestalten wird, in Bezug auf Aufnahme, Transkription und Datenverarbeitung. Weiters gibt es einen Hinweis darauf, dass alle Angaben die zu einer Identifizierung der Person führen könnten, verändert oder aus dem Text entfernt werden. Weiters werden Interviews nur in Ausschnitten zitiert, um gegenüber Dritten sicherzustellen, dass der entstehende Gesamtzusammenhand von Ereignissen nicht zu einer Identifizierung der Person führen kann. Abschließend wird versichert, dass personenbezogene Kontaktdaten von Interviewdaten getrennt für Dritte unzugänglich gespeichert werden und Kontaktdaten werden nach Beendigung der empirischen Forschung automatisch gelöscht.

Für Frauen mit Lernschwierigkeiten wurde diese Einwilligungserklärung in Einfacher-Lesen-Fassung erfasst und vorgelegt. Beim Verstehen des vorgelegten Papers gab es für die betroffenen Frauen keine Probleme.

Alle Interviewpartnerinnen unterschrieben diese Einwilligung und gaben so ihr Einverständnis zur Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten und zum Datenschutz.