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5. Empirische Forschung

5.4. Untersuchungsergebnisse & Interpretation

5.4.4. Partnerschaft

Partnerschaften, und die Bedeutung derer, von Frauen mit Behinderung unterscheiden sich grundsätzlich nicht von Partnerschaften von Frauen ohne Behinderung. Die Literatur zeigt, dass es für Frauen mit und ohne Behinderung gleich schwer ist. Interviewpartnerin E1 stimmt dem im Besonderen zu:

„Ich seh mehr Gemeinsamkeiten ich glaub (.) dass alles was einfach oder schwierig ist an Partnerinnenschaften Menschen mit Behinderungen genauso betrifft“

(Interviewpartnerin E1 Zeile 179f.)

Die Interviewpartnerin E5, die selbst in einer Beziehung ist, bringt zu diesem Punkt folgende allgemeingültige Erfahrung ein:

„wir streiten oft eigentlich nie (..) eher selten also nur (.) wenn irgendwelche Kleinigkeiten auftauchen und sonst so gut wie (.) eigentlich nie“ (Interviewpartnerin E5 Zeile 74)

Partnerschaft nimmt in unserer Gesellschaft einen hohen Stellenwert ein. Besonders das Zusammenleben als Paar wird als Meilenstein angesehen und von vielen favorisiert. Neben unterschiedlichen positiven Effekten für die Identität und die Entwicklung, ist besonders die mögliche Unabhängigkeit von Institutionen oder Verwandtschaft hervor zu streichen. (Vgl.

Hennies & Sasse 2004) Für die Interviewpartnerin E5 käme das Zusammenziehen mit ihrem Partner auch in Frage, es scheitert aber aus finanziellen Gründen:

„mein Lebensgefährte hat eine eigene Wohnung /mhm/ wir würden gern zusammen wohnen aber das geht nicht weil wenn wir zusammen ziehen würden (.) würden wir beide enorm (.) viel (.) Geld verlieren deswegen geht das nicht dass wir zam ziehen (..) was uns beide ziemlich geärgert hat aber dann haben wir doch so eine Lösung gefunden (..) sobald seine Wohnung halt wieder hergerichtet ist dass wir eine Woche bei ihm übernachten in seiner Wohnung und eine Woche bei mir in meiner Wohnung (.) das hama dann so geregelt“ (Interviewpartnerin E5 Zeile 30ff.)

Hennies & Sasse (vgl. 2014) nennen einige offensichtliche Attribute einer Partnerschaft, die für eine glückliche Beziehung bezeichnend sind: gegenseitiger Respekt, Liebe, Vertrauen Zärtlichkeit, emotionale Sicherheit, Treue, Leidenschaft und Freundschaft. Interviewpartnerin E4 zählt ähnliche Eigenschaften auf, die für sie in einer Beziehung wichtig sind:

„i hätt gern an richtigen jungen Mann der wos mi sucht (.) i wünsch mir gern dass der Mann mi sucht und mi gern hat und meine Hobbies akzeptiert und so wie i bin“

(Interviewpartnerin E4 Zeile 53f.)

„und i wünsch mir an Mann der was keine Probleme hat (.) und der soll halt Spaß haben und für mi a a bissl a Zärtlichkeit“ (Interviewpartnerin E4 Zeile 57f.)

Partnerschaften vermitteln Frauen mit Behinderung ein Gefühl der Normalität, sie fühlen sich als

„wahre“ Frauen und sehen eine partnerschaftliche Beziehung als einen Maßstab für Weiblichkeit.

(Vgl. Hennies & Sasse 2004, Friske 1995) Für das Statussymbol „Partnerschaft“ nehmen viele Frauen mit Behinderung einiges in Kauf. Interviewpartnerin E1 stimmt in ihren Aussagen zu und führt noch weitere Problematiken an:

„was aber halt dazu kommt ist dass bei Frauen die im Alltag Unterstützung brauchen Partner das oft manchmal auch ausnutzen die Unterstützungsabhängigkeit und da (..) sich Abhängigkeiten sich auch bilden zum Beispiel wie man wohnt oder wie man sich seinen Alltag organisiert /ja/ (..) es ist dann so dass Frauen mit Lernschwierigkeiten finanziell leichter ausgenützt werden als andere Frauen durch eben unter Druck setzen durch Sätze wie ja aber wenn du einen Freund haben willst dann musst das alles mit akzeptieren /ja/

(...) aber halt auch so Situationen wo es nicht anders ist wie bei nichtbehinderten Frauen wo sie alles für den Mann machen von vorn bis hinten den ganzen Haushalt und er macht

was er will daneben und die Frauen lassen sich viel gfalln um eben eine Beziehung zu haben also das (..) da hab ich manchmal das Gefühl das wirkt schon sehr stark auf die Frauen mit Behinderung“ (Interviewpartnerin E1 Zeile 199ff.)

Interviewpartnerin E2 vertritt die gleiche Meinung, zeigt aber auch klar Parallelen zu Frauen ohne Behinderung auf. Dieser Hinweis ist wichtig, um Phänomene in Bezug auf partnerschaftliche Beziehungen nicht nur Menschen mit Behinderung zuzuschreiben, sondern es in einem Gesamtbild zu sehen.

„Ich denk mir worums da geht ist (.)welche Beziehungsgestaltungsmöglichkeiten Menschen gelernt haben (.) und das betrifft nicht nur Frauen mit Beeinträchtigung aber Frauen mit kognitiver Beeinträchtigung könnten zum Beispiel aufgrund ihrer Beeinträchtigung vielleicht mehr lernen dass sie viel machen müssen damit sie geliebt werden (.) das wär ein klassisches Lernmuster aus einer Beeinträchtigung (…) es gibt aber auch viele Frauen ohne Beeinträchtigung die genau dieses Lernmuster in Beziehungen als Verhalten haben (.) aber man kann schon sagen in der Tendenz ist es bei Frauen mit einer Beeinträchtigung mehr /mhm/ und das ist natürlich in der Gestaltung einer sexuellen Beziehung fatal /ja/ und das hat was mit Entwicklung zu tun und mit Biographie (.) und das Fatale ist dass es dann auch sein kann dass sie sich auf etwas einlassen was gar nicht passend ist aber sich deshalb darauf einlassen weil ihnen die Beziehung wichtig ist“

(Interviewpartnerin E2 Zeile 119)

Wie bereits erwähnt ist auch die Gesellschaft ein großer Aspekt, der nicht außer Acht zu lassen ist. Vorstellungen und Ansichten wirken auf Frauen mit Behinderung und ihre Beziehungen.

Besonders Abwehr und Ablehnung bekommen Frauen mit Behinderung in diesem Kontext von der Gesellschaft zu spüren. (Vgl. Friske 1995)

Was außerdem auffällt ist, dass Möglichkeiten zum Kennenlernen von anderen Personen oder möglichen Partnern/Partnerinnen für Frauen mit Behinderung fehlen. (Vgl. Hennies & Sasse 2004) Die Expertin E2 erklärt diesbezüglich:

„beziehungsweise was noch wichtig wär ist die Frage wo lernt man jemanden kennen /mhm/ und das ist ja für alle schwierig und dann sind halt die Räume so begrenzt für Frauen mit Behinderung“ (Interviewpartnerin E2 Zeile 131f.)

Die Interviewpartnerin E3 verdeutlichte zu dieser Problematik:

„das wär schon für mich bisschen ein Ziel eine Plattform und mehr Veranstaltungen wo Menschen mit Behinderung sich treffen und kennenlernen (.) weil ich find es schon erstrebenswert dass die Menschen Partnerschaften bilden“ (Interviewpartnerin E3 Zeile 79ff.)

Auch die Interviewpartnerin E4 ist selbst davon betroffen. Sie schildert ihre Probleme beim Kennenlernen von anderen Leuten folgendermaßen:

„naja i such immer wieder Leute die so sind wie i aber de find i nit […] jetzt hab i kan und i such wen und früher hab i a mehrere Leute von außen ghabt (.) aber jetzt is das a nit mehr“ (Interviewpartnerin E4 Zeile 47ff.)

Was keine Erwähnung in der Literatur findet, ist der Umgang mit Trennungen. Für Frauen mit Behinderung stellt es wahrscheinlich eine große Herausforderung dar, mit einem Beziehungsabbruch klar zu kommen. In diesem Fall ist es bestimmt möglich Parallelen zu den Auswirkungen bei Menschen ohne Behinderung zu bilden. Eine Besonderheit ist, dass Frauen mit Behinderung, neben einem sozialen Netzwerk oft ein Betreuungssystem haben, das ihnen in dieser Zeit helfen kann. Die Interviewpartnerin E4 hat bereits zwei Trennungen hinter sich und berichtet deshalb:

„ja also die Trennung hat schon geschmerzt schon a Zeitl (.) und i hab aber viele Gespräche mit den Betreuern ghabt (..) i denk mir immer warum hab i immer den falschen Mann überhaupt keine Zärtlichkeiten sondern immer nur Probleme Geldprobleme jaja“

(Interviewpartnerin E4 Zeile 67ff.)

Bei der Betrachtung des Textausschnittes fällt auf, dass die Frau schlussendlich die Problematik und auch das Scheitern der Beziehungen auf sich bezieht und bei sich den Fehler sucht.