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Qualitative Bewertung City-Maut

Im Dokument Wirkungen des Mobility Pricing (Seite 89-92)

5  Bewertung als Entscheidungsinstrument

5.2  Qualitative Bewertung ausgewählter Instrumente

5.2.2   Qualitative Bewertung City-Maut

Eine City-Maut ist auf einen Teil eines Stadtgebiets begrenzt. Es kann die Einfahrt oder Ausfahrt, die Fahrt oder der Fahrzeugaufenthalt in einem Gebiet bepreist werden. Bei den Gebühren ist eine räumliche Staffelung i. d. R. nicht integriert, eine zeitliche Staffelung ist möglich. Die Wirkungen einer City-Maut sind in erster Linie lokal relevant und unterscheiden sich räumlich zwischen dem bepreisten und dem unbepreisten Gebiet.

Wichtigste Punkte der Bewertung „City-Maut“:

+ Eine deutliche Reduzierung des Kfz-Verkehrsaufkommens und eine Verbesserung der Verkehrs-situation im bepreisten Gebiet sind möglich.

+ Durch veränderte Preise im MIV und einen stärkeren Bezug zur Nutzung sind Änderungen der Verkehrsmittelwahl möglich. Dies kann finanzierungsabhängig erheblich verstärkt werden, wenn Mauteinnahmen zur Stärkung des ÖV-Angebots oder für Verbesserungen im Fußgänger- und Radverkehr genutzt werden.

! Die räumliche Begrenzung kann zu unerwünschten Verlagerungen führen.

- Die Konkurrenzsituation für die Wirtschaft im bepreisten Gebiet wird verschärft.

! Die Umweltbelastung kann im bepreisten Gebiet reduziert, außerhalb aber auch verschlechtert werden.

+ Positive Fallbeispiele im Ausland fördern die Akzeptanz.

! Verbesserungen im ÖV sind als Kompensation erforderlich.

+ Die Einnahmesituation der Stadt und für den ÖV kann verbessert werden.

! Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen sollte gegeben sein.

! Rechtliche Grundlagen sind noch zu prüfen.

Verkehrsgeschehen

Durch die enge räumliche Begrenzung führen City-Maut-Systeme i. d. R. zur Reduzierung des Ver-kehrsaufkommens im bepreisten Gebiet durch Verlagerungen. Ebenso tritt eine Verkehrsvermei-dung (weniger Kfz-Fahrten) durch effizientere Verkehre auf. Eine zeitliche Staffelung der Gebüh-ren ist möglich und kann zu einer besseGebüh-ren zeitlichen Verteilung des Verkehrsaufkommens fühGebüh-ren.

Sind die Gebühren zeitlich nicht gestaffelt, können Spitzenstunden nach wie vor ausgeprägt blei-ben. City-Maut-Systeme bepreisen i. d. R. nur den motorisierten Individualverkehr, wodurch eine Verlagerung auf andere Verkehrsmittel unterstützt wird und die Verkehrsmittelwahl geändert wer-den kann. Abhängig von der Verwendung der Mauteinnahmen kann gegebenenfalls das ÖV-Ange-bot erheblich gestärkt und damit die Verkehrsmittelwahl wesentlich weiter gehend beeinflusst wer-den. Dadurch, dass City-Maut-Systeme nur einen Teilbereich einer Stadt betreffen, unterstützen sie (häufig unerwünschte) Änderungen der Zielwahl und Konzentrationen des Verkehrsaufkommens in anderen Bereichen. Gebühren in einem City-Maut-System sind i. d. R. nicht räumlich differenziert.

Die effiziente Nutzung von Verkehrsmitteln wird durch City-Maut-Systeme unterstützt. Überlas-tungssituationen beim bepreisten Verkehrsmittel werden gemildert. Mit der Reduzierung von Über-lastungen kommt es zu einer Erhöhung der Reisegeschwindigkeiten und Reduzierung der Reise-zeiten. Eine effizientere Nutzung der Infrastruktur wird durch die Vermeidung von Überlastungen und einer zeitlichen Entzerrung bei entsprechender Preisstaffelung realisiert. Verkehrsreduzierun-gen führen einerseits zu einem geringeren Sicherheitsrisiko, andererseits kann das Sicherheits-risiko durch höhere Fahrgeschwindigkeiten ansteigen. Im Bereich der Sicherheit sind bei zeitlichen Differenzierungen zudem Wirkungen durch das Verhalten der Nutzer in Übergangsphasen möglich.

U. a. die realisierten Beispiele in London und Stockholm zeigen, dass Behinderungen im Verkehrs-ablauf durch technische Abwicklungen bei City-Maut-Systemen vermieden werden können.

78 Bewertung als Entscheidungsinstrument - Qualitative Bewertung City-Maut Durch die Bepreisung von Einzelaktivitäten wäre eine größere Beeinflussung als durch für ein Ge-biet pauschalisierte Abgaben möglich. Grundsätzlich bepreisen City-Maut-Systeme den fließenden Verkehr, die Bepreisung des ruhenden Verkehr sollte aber integriert betrachtet werden. Die Beprei-sung wird direkt mit der Nutzung verbunden. Bei einer City-Maut ist die Höhe des zu zahlenden Gesamtpreises i. d. R. entweder von der Anzahl der Ein-, Aus- oder Durchfahrten abhängig, oder es besteht keine Nutzungsabhängigkeit. Da bei beiden Ausprägungen nicht direkt die Fahrleistung innerhalb der Zone bepreist wird, wird auf diese nur indirekt Einfluss genommen. Die Zahlung einer City-Maut kann (wie z.B. in London) beliebig viele Ein- und Ausfahrten im zeitlichen Gel-tungsbereich ermöglichen, ohne dass Zusatzkosten entstehen. Damit nimmt sie aber nach einmali-ger Zahlung keinen Einfluss mehr auf die Anzahl der einzelnen Ein- und Ausfahrten in das bepreiste Gebiet. Ist das City-Maut-System auf den MIV begrenzt, werden dessen Kosten zu denen des ÖV re-lativ teurer. Die Spürbarkeit der Kosten kann durch die Höhe dosiert werden. Eine Beachtung des Fahrtzwecks und anderer Rahmenbedingungen ist indirekt durch eine zeitliche Staffelung möglich.

Die Begrenzungen der City-Maut-Systeme begünstigt unerwünschte Ausweichreaktionen. Die räumliche Begrenzung schränkt zudem die Möglichkeiten einer integrierten Systemgestaltung ein.

Bei genügend räumlichen, zeitlichen und modalen Alternativen wird Mobilität selten verhindert.

Geht wie in vielen Fallbeispielen eine umfassende Anpassung und Attraktivitätssteigerung des ÖV mit der Einführung von City-Maut-Systemen einher, werden ausreichend Alternativen bereit ge-stellt. Ohne eine Anpassung des ÖV ist eine Einschränkung der Mobilität möglich. Ebenso kann eine gleichermaßen zu hohe Bepreisung aller Verkehrsmittel Mobilität verhindern.

Durch eine Abstimmung von IV und ÖV werden ganzheitliche Lösungen realisiert. Ohne diese Ab-stimmung wird gegebenenfalls nicht ausreichend auf Hinderungsgründe für eine Anpassung einge-gangen. Eine City-Maut kann in Wechselwirkung mit anderen Instrumenten zu einer gesteigerten Nachfrage bei anderen Verkehrsmitteln führen. Auch kann beispielsweise die Parkraumnachfrage am äußeren Rand des bepreisten Gebiets ansteigen, während im Gebiet geringere Nachfrage ein-tritt. Weitere Wechselwirkungen entstehen durch Qualitätsverbesserungen im ÖV.

Durch City-Maut-Systeme und die damit verbundenen Erfassungen stehen Informationen (je nach Systemgestaltung Anzahl Fahrzeuge, Anzahl Fahrten, zeitliche Verteilung etc.) nur auf das bepreiste Gebiet begrenzt zur Verfügung.

Wirtschaft

Innerhalb des bepreisten Gebiets kommt es grundsätzlich zu Effizienzsteigerungen bei den Trans-porten. Durch die kleinräumige Anwendung sind keine übergreifenden Änderungen bei Branchen des IV zu erwarten, der ÖV-Bereich kann durch Kundenzuwachs profitieren. Durch die räumliche Beschränkung sind die Einflüsse der Transportpreisänderungen auf die Gesamtwirtschaft sehr gering. Höhere Transportkosten entstehen für Unternehmen, die innerhalb des bepreisten Gebietes angesiedelt sind oder im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit dieses Gebiet oft anfahren müssen. Durch die Einführung einer City-Maut werden auch Instrumente im Bereich des ruhenden Verkehrs mit beeinflusst. Durch die räumliche Beschränkung ist der Anreiz für Innovationsprozesse gering bzw.

auf die technische Gestaltung der Systeme beschränkt. Über eine Preisstaffelung können Anreize zur Modernisierung der Fahrzeugflotte gegeben werden. Durch den kleinen Geltungsbereich sind die möglichen Verbesserungen für die Gesamtwirtschaft begrenzt. Für die Wirtschaft in der bepreis-ten Zone wird die Konkurrenzsituation zu Alternativen außerhalb der Zone verschärft.

Umwelt

Die Einführung einer Abhängigkeit der Kosten von der Schadstoffklasse (Nutzerabhängigkeit) führt zu einer Verlagerung hin zu umweltfreundlicheren Fahrzeugen. Ebenso wird die umweltbezogene Gesamtbelastung mit dem Fahrzeugaufkommen reduziert. Die Aufenthaltsqualität in der

bepreis-Bewertung als Entscheidungsinstrument - Qualitative bepreis-Bewertung City-Maut 79

EinleitungZieleInstrumenteWirkungsanalyseFazitBewertung

ten Zone kann verbessert werden. Die Begrenzung auf einen Bereich führt grundsätzlich zu Ver-lagerungen und zu einer Verschlechterung der Umweltsituation in den Randgebieten. Eine räum-liche Beeinflussung der Lärm- und Schadstoffemissionen findet in Bezug auf das bepreiste Gebiet statt, eine Differenzierung innerhalb des Gebietes ist allerdings nicht möglich. Eine zeitliche Beein-flussung ist an den Einfahrten zum bepreisten Gebiet durch entsprechende Staffelung der Gebüh-ren möglich, eine gezielte zeitliche Beeinflussung innerhalb der bepreisten Zone findet nur indirekt statt. Beeinflussungen der Flächennutzung beschränken sich auf die Entscheidung innerhalb oder außerhalb des bepreisten Gebiets. Das Stadtbild kann durch weniger Verkehrsaufkommen positiv beeinflusst werden, die negativen Wirkungen auf das Stadtbild durch technische Einrichtungen können bei richtiger Systemauswahl gering gehalten werden.

Akzeptanz

Die Akzeptanz von City-Maut-Systemen war nach der Realisierung vor allem im bepreisten Gebiet i. d. R. hoch. Die politische Meinung zu City-Maut-Systemen wurde durch die neueren Realisierun-gen beeinflusst und ist lokal eher positiv. Auch in den Medien finden sich positive Berichte zu den vor kurzem realisierten Systemen. Vor allem Wirtschaftsverbände sehen City-Maut-Systeme eher kritisch. Die Verbesserungen durch eine City-Maut in der bepreisten Zone können deutlich spürbar sein. Durch die klaren Grenzen und die meist wenigen Preisstufen sind die Kosten einer City-Maut für die Nutzer gut kalkulierbar. Durch die Diskussion aktueller Beispiele ist im Bereich der Informa-tion und KommunikaInforma-tion schon gute Vorarbeit geleistet. Ausnahmeregelungen für Anwohner sor-gen dafür, dass ein solches System als weniger ungerecht angesehen und eher akzeptiert wird. Da mit City-Maut-Systemen i. d. R. Verbesserungen im IV und/oder im ÖV einher gehen, erfolgt die Umsetzung im Rahmen eines Maßnahmenbündels. Durch die Verbesserungen im ÖV, die als Kom-pensationsmaßnahme zweckmäßig sind, wird auch ein Bereich der Einnahmenverwendung sehr transparent und die Akzeptanz begünstigt. Durch die steigende Anzahl internationaler Realisierun-gen von City-Maut-Systemen werden immer mehr Nutzer mit solchen Systemen vertraut.

Finanzen

Durch die Kopplung an die Nutzung sind die Kosten den Nutzern bewusst und werden von ihnen bei Vergleichen eher beachtet. Die Einnahmesituationen der Stadt und für den ÖV können verbes-sert werden. Die Auswirkungen bei den einzelnen Nutzergruppen unterscheiden sich nach dem Wohnort. Da die Belastung nicht von den Fahrtweiten abhängt, kann die Belastung von Wenig-nutzern übermäßig hoch sein. Direkte finanzielle Kompensationen werden bei einem City-Maut-System i. d. R. nicht realisiert. Durch eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens in Innenstädten kann die Einnahmesituation bei den Parkgebühren verschlechtert werden. Die volkswirtschaft-lichen Wirkungen hängen sehr von der Problemlage ab. Ein City-Maut-System stellt einen kleinen Schritt hin zu einer Nutzerfinanzierung und somit zu einer Änderung der Finanzierungssysteme dar, wenn die Einnahmen für den IV verwendet werden.

Systemgestaltung

Eine hohe Zuverlässigkeit der Systeme wurde bei den realisierten Fallbeispielen belegt. Die relativ enge Gebietsbegrenzung unterstützt dies. Organisatorisch-institutionelle Voraussetzungen wären durch die Begrenzung auf Städte gegeben. Die mögliche unabhängige Einführung in verschiedenen Städten erschwert die Interoperabilität, eine Einführung und die Umsetzung von Standards sind aber möglich. Die Einbindung in eine Gesamtarchitektur ist bei einzelnen Systemen möglich, ist aber bei einer insgesamt großen Anzahl von Systemen mit einem hohen Aufwand verbunden und wird durch die unterschiedlichen Zuständigkeiten erschwert. Bei entsprechender Systemgestaltung kann eine Diskriminierungsfreiheit gewährleistet werden. Die rechtliche Situation für City-Maut-Systeme in Deutschland ist noch umstritten und deshalb weiter zu klären. Durch übersichtliche Ge-staltung und einen hohen Anteil von Vielnutzern spielen Sicherheitsaspekte eine geringere Rolle.

80 Bewertung als Entscheidungsinstrument - Qualitative Bewertung Autobahnmaut

Im Dokument Wirkungen des Mobility Pricing (Seite 89-92)