• Keine Ergebnisse gefunden

Modellierung und Simulation

Im Dokument Wirkungen des Mobility Pricing (Seite 136-141)

5  Bewertung als Entscheidungsinstrument

5.3  Methodische Ansätze einer quantitativen Bewertung

5.3.3   Modellierung und Simulation

124 Bewertung als Entscheidungsinstrument - Methodische Ansätze einer quantitativen Bewertung Für Entscheidungsänderungen, die durch das Mobility Pricing bedingt sind, ist es hierbei besonders interessant, inwieweit die Kosten als ein Kriterium gesehen werden und welche Kosten genau be-achtet werden. Zusätzlich ist es wichtig zu wissen, wie die einzelnen Faktoren untereinander ge-wichtet werden, um dies ebenfalls abbilden zu können.

Im Rahmen eines Schweizer Projektes420 wurde u. a. anhand einer Stated Preference Befragung der Einfluss von Mobility Pricing Maßnahmen auf den Besitz von Personenkraftwagen und ÖV-Abonne-ments sowie auf die Wohnortwahl abgeschätzt. Dabei wurde für die Kosten im Bezug auf den Besitz von Personenkraftwagen eine eher untergeordnete Rolle neben soziodemographischen, siedlungs-strukturellen und Verkehrsangebotsmerkmalen ermittelt. Ein signifikanter Einfluss der Pkw-Kosten auf den Besitz von Abonnements im ÖV konnte nicht festgestellt werden. Die Analysen zur Wohn-ortwahl ergaben, dass die Pkw-Kosten signifikant als eine Verkehrsangebotskomponente für die Wohnortwahl sind, eine alleinige Veränderung dieser Kosten jedoch eine untergeordnete Rolle spielt.

Bewertung

Die Bewertung der einzelnen Faktoren hängt erneut vom Interesse an diesem Faktor ab, von der Kenntnis über die Faktoren und von der individuellen grundsätzlichen Bewertung.421

Ein weit verbreiterter Ansatz, die Bewertung und somit die Reaktion von Personen auf Preise abzu-bilden, stellen Elastizitäten dar. Hierzu wird empirisch ermittelt, wie sich ein abhängige Variable durch Änderungen einer anderen Variablen ändert. Die so ermittelten Relationen zwischen den Än-derungen der Variablen können dann für zukünftige Prognosen verwendet werden, für die nur die Ausgangsvariable bekannt ist.422

5.3.3 Modellierung und Simulation

Bewertung als Entscheidungsinstrument - Methodische Ansätze einer quantitativen Bewertung 125

EinleitungZieleInstrumenteWirkungsanalyseFazitBewertung

sich zeitliche Verschiebungen innerhalb von Tagesganglinien nicht mit einem Modell simulieren, das maximal DTV-Werte ausgeben kann. Und auch Verhaltensänderungen lassen sich nur dann ab-bilden, wenn diese in das Modell einfließen.

Beim Studium der Literatur wird allerdings schnell klar, dass bei der Modellierung einer realen Situ-ation immer ein Zielkonflikt zwischen möglichst präzisen Darstellungen sowie Aufwand und Hand-habbarkeit herrscht. Für praktisch einzusetzende Modelle ist letztendlich immer ein Kompromiss zu suchen, der die Genauigkeitsanforderungen noch hinreichend erfüllt und gleichzeitig mit einem ver-tretbaren Aufwand (Eingangsgrößen, Rechenleistung) zu handhaben ist.425 Allgemein lassen sich in den Bereichen Eingabe, Durchführung, Ergebnisse und Sonstiges (Übertragbarkeit, Erweiterbarkeit etc.) die Ziele Maximierung der Aussagekraft, Minimierung von Fehlern, Minimierung des Auf-wands und Maximierung der Akzeptanz beschreiben.426

Simulationsmodelle des Verkehrsflusses bestehen i. d. R. aus den Teilmodellen Verhaltensmodell, Netzmodell und Verkehrsnachfragemodell. Man unterscheidet bei den Simulationsmodellen in Ab-hängigkeit der Abbildungsgenauigkeit zwischen

ƒ makroskopischen Simulationsmodellen,

ƒ mikroskopischen Simulationsmodellen,

ƒ mesoskopischen Simulationsmodellen,

ƒ Hybridmodellen und

ƒ submikrospischen Simulationsmodellen.427

In den Verhaltensmodellen wird das Verhalten der einzelnen Fahrer-Fahrzeug-Einheiten anhand von Algorithmen abgebildet. Dies ist vor allem bei der mikroskopischen Betrachtungsweise relevant.

Das Netzmodell beschreibt die Verkehrsinfrastruktur und besteht aus verschiedenen Netzelementen.

Ergebnis der Modellierung der Verkehrsnachfrage ist die Verkehrsmenge, die für die vorhandene Infrastruktur beachtet werden muss. Diese kann z. B. in Form einer Quelle-Ziel-Matrix vorliegen.428 Nachfragemodelle des Verkehrs arbeiten i. d. R. mit dem Vier-Stufen-Algorithmus, der die Verkehrs-erzeugung, die Verkehrsverteilung (Zielwahl), die Verkehrsmittelwahl und die Verkehrsumlegung (Routenwahl) abbildet. Die Frage der Zeitwahl, d. h. die Entscheidung über die Abfahrtszeit wird, wenn überhaupt, nur indirekt betrachtet.429 Die Einzelschritte können hierbei simultan oder sukzes-sive simuliert werden.

Wie oben beschrieben greift das Mobility Pricing sowohl in die Nachfrageseite als auch insbeson-dere durch neue Finanzierungsmöglichkeiten in die Angebotsseite ein. Unterschiedliche Instrumente beeinflussen unterschiedliche Einzelschritte der Modellierung und Simulation, weshalb ein auf die Instrumente angepasster Einsatz notwendig ist.

BOBINGER (2001) unterscheidet bei den Nachfragemodellen konstante und variable Nachfragemo-delle, wobei letztere nochmals in Modelle mit belastungsunabhängigen Kosten und in Modelle mit belastungsabhängigen Kosten unterteilbar sind. Bei den Modellen mit belastungsunabhängigen Kosten wiederum ist eine Unterscheidung in Netzgleichgewicht und Verkehrssystemgleichgewicht möglich. Als Modelle variabler Verkehrsnachfrage kommen aktivitätsorientierte, ökonometrische und Gleichgewichtsmodelle in Frage. Detaillierte Informationen hierzu finden sich ebenfalls bei BOBINGER (2001). Als Modellansätze werden im Bereich der aktivitätsorientierten Modelle

425 Für den Komplexitätsgrad muss ein brauchbarer Kompromiss gefunden werden (vgl. VESTER 1976).

426 vgl. AS&PALBERT SPEER &PARTNER GMBH/TRANSPORT OPERATIONS RESEARCH GROUP ET AL.1999

427 vgl. FGSV2006

428 vgl. FGSV2006

429 Nach FGSV(2006) arbeiten nahezu alle bekannten Simulationsmodelle zeitdiskret, d. h. dass Änderungen nur zu bestimmten Zeitpunkten betrachtet werden.

126 Bewertung als Entscheidungsinstrument - Methodische Ansätze einer quantitativen Bewertung bende Modelle, theoretische Modelle und Modelle als Planungsinstrumente mit konstanten oder variablen Aktivitätsketten genannt.430

Da die kurzfristigen Wirkungen auf der Nachfrageseite im Vordergrund stehen, fokussieren die folgenden Ausführungen auf die Nachfrageseite und die entsprechende Modellierung. Wie sich eine Änderung der Ausgangsvariable Preise und damit Kosten im Modell und in den Wirkungen nieder-schlägt, ist in Bild 9 dargestellt.

Im Folgenden werden Anforderungen sowie bestehende Ansätze zur Modellierung und Simulation des Mobility Pricing näher betrachtet, um vorhandene Kenntnisse einsetzen zu können.

Anforderungen

Der Zielkonflikt zwischen Anforderungen und Aufwand ist Überlegungen zur Modellierung und Si-mulation der kurzfristigen Auswirkungen des Mobility Pricing stets übergeordnet. Theoretisch kön-nen optimale Ansätze gefordert werden, die aber aus Aufwandsgründen nicht realisiert würden.

Dessen bewusst werden in einem ersten Schritt dennoch die Ansprüche ohne Beachtung der Reali-sierbarkeit beschrieben.

Ein Modell, durch das die Änderungen durch den Einsatz des Mobility Pricing ermittelbar sein sol-len, muss alle betroffenen Entscheidungsebenen abbilden, d. h. der notwendige Umfang und die Komplexität hängen mit von der Ausgestaltung des gewählten Instruments ab. Soll z. B. ein Instru-ment die zeitliche Verteilung der Nachfrage beeinflussen, muss diese im Modell abgebildet sein.

Mobility Pricing wirkt wie oben beschrieben sowohl auf die Nachfrage als auch auf das Angebot, so dass bei einem umfassenden Ansatz beides modelliert und Änderungen simuliert werden müssen.

Auf der Angebotsseite sind die betroffenen Verkehrssysteme in einem Netzmodell abzubilden, deren Wirkungen abgeschätzt werden sollen. Änderungen auf der Angebotsseite können sowohl in der Infrastruktur selbst zu simulieren sein, als auch bei den vorhandenen Angeboten z. B. im ÖV.

Auf der Nachfrageseite sind im Maximalfall Änderungen der Verkehrsnachfrage, der Zeitwahl, der Zielwahl, der Verkehrsmittelwahl, der Routenwahl und der Produktwahl zu simulieren (vgl. Bild 9).

Dabei sollten die Entscheidungen der Verkehrsteilnehmer möglichst detailliert simuliert werden, d. h. es müssen die Gründe für eine mögliche Mobilität abgeleitet von den Problemen, das Zielsys-tem und damit die Einstellungen und die Wahlkriterien der Verkehrsteilnehmer, die möglichen Handlungsalternativen und damit die Randbedingungen abgebildet werden (vgl. 5.3.2). Letztend-lich sind alle Einflussfaktoren der Entscheidungen abzubilden (vgl. Bild 8).

Überprüfung der Realisierbarkeit

Machbarkeitsstudien (Feasibility Studies) dienen dazu, durch Untersuchungen die Realisierbarkeit von Ideen zu überprüfen, um so Entscheidungen hinsichtlich des weiteren Vorgehens zu unterstüt-zen. Sie sind daher ein gutes Instrument, um Entscheidungen bezüglich einer Modellierung und Si-mulation eines angedachten Mobility Pricing zu unterlegen. Im Rahmen der Machbarkeitsstudie müssen die Voraussetzungen zur Umsetzung definiert und überprüft werden.

Für eine Modellierung und Simulation der Wirkungen des Mobility Pricing bedeutet dies, benötigte Daten und Software zu definieren, und zu überprüfen, ob diese für das relevante Gebiet vorhanden sind bzw. mit welchen Mitteln und mit welchem Aufwand diese zu beschaffen wären. Die allgemein formulierbaren Anforderungen sind im Folgenden dargestellt, während die Überprüfung jeweils an-gepasst auf das angedachte Einsatzgebiet des Mobility Pricing stattfinden muss. Bei der Überprü-fung ist zu beachten, dass nicht alle Anforderungen für alle Formen des Mobility Pricing gelten, son-dern dass diese individuell auszuwählen sind.

430 vgl. BOBINGER 2001

Bewertung als Entscheidungsinstrument - Methodische Ansätze einer quantitativen Bewertung 127

EinleitungZieleInstrumenteWirkungsanalyseFazitBewertung

Bild 9: Preisänderungen in der Modellierung und Simulation

Verkehrserzeugung ge(f(k),...) Verkehrsmittelwahl gm(f(k),...)

Verkehrszielwahl gz(f(k),...) Verkehrsumlegung (Routen) gu(f(k),...)

Änderungen in den Entscheidun- gen der Verkehrs- teilnehmer aufgrund der geänderten Kosten f(k)

zeitliche Verkehrsverteilung ga(f(k),...) Verkehrsumlegung (Produkte) gu(f(k),...))

INPUTMODELLOUTPUT Δ = Verkehrs- verlagerung (zeitlich) Δ = Verkehrs- vermeidung Δ = Verkehrslenkung (Produktwahl)

Δ = Verkehrslenkung (Routenwahl)

Δ = Verkehrs- verlagerung (Zielwahl) Δ = Verkehrs- verlagerung (modal)

Verkehrs- geschehen (Belastung, Stau) Reisegeschwin- digkeit, Reisezeit

Sicherheit Wirtschaft Umwelt

Preiswissen Preisbewertung Preisinteresse Geänderte Preise Weitere Rand- bedingungen Finanzen

Akzeptanz

128 Bewertung als Entscheidungsinstrument - Methodische Ansätze einer quantitativen Bewertung Wirtschaftlichkeit

Allgemein gilt, dass die erwartete Aussagenschärfe der Modellierung und Simulation den Aufwand rechtfertigen muss. Eine möglichst detaillierte Erfassung von Aktivitäten z. B. ist mit Hilfe von inter-aktiven Erhebungen oder Intensivinterviews möglich. Diese Erhebungsarten sind allerdings sehr aufwendig und zudem ist die Übertragbarkeit auf weitere Personen nicht immer gegeben. Bei der Modellbildung ist es daher nicht ausschließlich wichtig, das Verkehrsverhalten möglichst detailliert zu analysieren, sondern es ist für die praktische Anwendung bedeutender zu unterscheiden, welche Faktoren systematisch und wichtig wirken und welche stark zufällig auftreten bzw. weniger wichtig sind.431

Basisdaten

Für die Modellierung müssen hinreichend genaue Basisdaten zur Verfügung stehen, die das zu modellierende Gebiet beschreiben. Hierzu gehören z. B. Einwohnerzahlen, feste Merkmalsausprä-gungen der Einwohner, vorhandene Ziele und das zur Verfügung stehende Infrastrukturangebot für alle Verkehrsmittel. Eine plausible Beschreibung des Verkehrsangebots und der Verkehrsnachfrage für den betrachteten Untersuchungsraum ist unerlässlich, da die Reaktionen im Verhalten der Ver-kehrsteilnehmer von soziodemographischen, Weg- und Angebotscharakteristiken abhängen.432 Der notwendige Detaillierungsgrad der Daten hängt vom gefundenen Kompromiss der Modellierung und Simulation ab.

Variable Daten und deren Einfluss

In die Modellierung und Simulation einfließende Eigenschaften der betrachteten Personen und Un-ternehmen müssen bekannt sein. Ebenso muss der Einfluss der zu verändernden Variablen auf die Entscheidungen abbildbar und daher ebenfalls bekannt sein. Bei beidem spielen Kenntnisse über das Preiswissen, das Preisinteresse und die Preisbewertung der Bevölkerung im Bereich der Mobili-tät eine große Rolle.

Die Erfassung der variablen Daten erfolgt in den bestehenden Ansätzen meist aggregiert über die Preiselastizitäten (siehe unten). Hier wäre eine weitere Detaillierung wünschenswert, wofür bezüg-lich des Aufwand handhabbare Modelle zu finden sind.

Elastizitäten

Preiselastizitäten stellen eine Möglichkeit dar, das Entscheidungsverhalten der Verkehrsteilnehmer aggregiert abzubilden. Hierdurch sinkt der Detaillierungsgrad, jedoch auch der Aufwand.

Bei der Verwendung von Elastizitäten ist zum einen die Verwendung in der Literatur oder durch an-dere Arbeiten gegebener Werte möglich, zum anan-deren kann aber auch eine Spezifizierung für die betrachtete Region sinnvoll sein. Auch hier ist der Aufwand ein entscheidendes Kriterium.

Software

Um die Folgen der Einführung eines Mobility Pricing Instrumentes abbilden zu können, muss ein aussagekräftiges Modellierungs- und Simulationstool vorhanden sein.

Beim Abschätzen der Auswirkungen eines Instruments ergibt sich ein großer Vorteil, wenn für das betrachtete Gebiet ein Modell bereits existiert.

431 vgl. BOBINGER 2001

432 vgl.IVT,TRANSP-OR ET AL.2008

Bewertung als Entscheidungsinstrument - Methodische Ansätze einer quantitativen Bewertung 129

EinleitungZieleInstrumenteWirkungsanalyseFazitBewertung

5.3.4 Aktuelle Ansätze

Im Dokument Wirkungen des Mobility Pricing (Seite 136-141)