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4  Analyse von Wirkungen und Anforderungen

4.2  Kernaussagen

4.2.4   Akzeptanz

50 Analyse von Wirkungen und Anforderungen - Kernaussagen - Akzeptanz

Analyse von Wirkungen und Anforderungen - Kernaussagen - Akzeptanz 51

EinleitungZieleInstrumenteBewertungFazitWirkungsanalyse

(W) Eine ausreichende Akzeptanz kann auch für einschneidende Maßnahmen erreicht werden.

(W) Die Akzeptanz ist bei den bisher umgesetzten Maßnahmen i. d. R. hoch.

Auch bei einer zunächst verbreiteten ablehnenden Haltung gegenüber Gebühren kann eine Beprei-sung nach der Umsetzung von Politik und Öffentlichkeit akzeptiert werden.204 Z. B. sind bei der Lkw-Maut in Deutschland, die im Vorfeld viel diskutiert und mit großer Skepsis behandelt wurde, die Meinungen mittlerweile durchaus positiv.205 Auch in London und Stockholm ist, wie bei anderen Fallbeispielen (siehe unten), die Akzeptanz der realisierten Projekte hoch.206

(W) Die Akzeptanz steigt mit einem konkreten Beschluss bzw. der Einführung von Maßnahmen.

Die Haltung der Öffentlichkeit ist positiver bei konkreten beschlossenen oder umgesetzten Systemen als bei abstrakten Konzepten, über die diskutiert wird.207 In vielen realisierten Beispielen nimmt die Akzeptanz mit der Umsetzung zu.208

In Stockholm änderte sich die zuerst ablehnende Haltung der Bevölkerung im Verlauf der Test-installation. In Trondheim verringerte sich der Anteil der Bevölkerung, der gegen die Maut einge-stellt war, von 72 % auf 48 % innerhalb von zwei Monaten nach Inbetriebnahme des Systems. Auch Umfragen in Bergen zeigten mit der Einführung des Systems einen deutlichen Rückgang der Systemgegner.209

(W) Die Akzeptanz der Allgemeinheit wird durch unterschiedliche Gruppen beeinflusst.

(A) Politische Einigkeit über alle Ebenen ist erforderlich.

Probleme auf der politischen Ebene können Realisierung und Wirkungen von Instrumenten gefähr-den.210 Die Überwindung politischer Widerstände ist eine nicht zu unterschätzende Herausforde-rung.211 Eine ausreichende politische Akzeptanz und ein starkes politisches Durchsetzungsvermögen sind daher unerlässlich212, und v. a. die Einführung einer nationalen Gebühr muss durch die natio-nale Regierung unterstützt werden.213 Im Optimalfall gehen Impulse, auch für technische Innovatio-nen, direkt von der Politik aus.214 Dies war z. B. in Ansätzen in Japan der Fall.215 Die Einführung von Mobility Pricing muss in ein Gesamtkonzept einer integrierten Verkehrspolitik eingebettet sein.216 Dazu ist auch eine enge Verzahnung aller beteiligten politischen Ebenen wichtig.217

Die Äußerungen deutscher Politiker zu Mobility Pricing sind unterschiedlich, dennoch zeigen viel-fältige Medienberichte die Aktualität der Überlegungen.218 In Deutschland findet zurzeit ein

204 vgl.DECORLA-SOUZA,WHITEHEAD 2003

205 vgl. Fallbeispiele, Anhang I

206 vgl. Fallbeispiele, Anhang I

207 vgl.DEPARTMENT FOR TRANSPORT 2004A, B;Dies zeigte sich bei einer Befragung in England (vgl. GREEN,STONE 2004).

208 siehe hierzu Lkw-Maut in Deutschland, Stockholm, Systeme in Norwegen u. a. (vgl. KEUCHEL, RODI 1994, Fallbeispiele, Anhang I)

209 vgl. Fallbeispiele, Anhang I

210 vgl. IEROMONACHOU 2006A, B,MARNER 2007,SCHÜTTE 1998

211 vgl.FURZER 2006

212 vgl. ECKERT 1995,AS&PALBERT SPEER UND PARTNER 1993B,BUCHANAN 2007

213 vgl. DEPARTMENT FOR TRANSPORT 2004A, B,MARTIN 2006A, B, C 214 vgl. FLEISCHER,HALBRITTER 2004

215 vgl. MAYRZEDT 2001

216 Ein auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Leitbild der Verkehrspolitik in ökonomischer, ökologischer und sozialpolitischer Hinsicht sollte dabei im Vordergrund stehen (vgl. MIETSCH,BOCK ET AL.2006).

217 vgl. DEPARTMENT FOR TRANSPORT 2004A, B,MARTIN 2006A, B, C 218 siehe z. B. FISCHER,VOLKERY 2006

52 Analyse von Wirkungen und Anforderungen - Kernaussagen - Akzeptanz ken statt.219 In allen politischen Parteien wird mittlerweile zumindest über die Möglichkeit neuer Instrumente des Mobility Pricing nachgedacht.220 Die Bundesregierung selbst steht einer Einführung einer Pkw-Maut bisher ablehnend gegenüber.221 Dabei werden aber vor allem Ziele der Finanzie-rung betrachtet und kaum Ziele des Verkehrsmanagements. So zielte auch die politische Entschei-dung bei der Einführung der Lkw-Maut wesentlich auf die Einnahmen aus der Maut.222

Politiker schätzen aus Sicht der Bürger die Einstellungen der Verkehrsteilnehmer zum Auto zum Teil falsch ein.223 Da das Bild der Politiker über die Meinungen der Wähler ihr eigenes Verhalten be-einflusst, wirken sich Fehleinschätzungen auf ihr Handeln aus. Dies kann auch die Einstellungen der Verkehrsteilnehmer zum Mobility Pricing betreffen.

(A) Die Akzeptanz von Verbänden ist ein wichtiger Faktor.

Verbände können wesentlich auf die politische Willensbildung einwirken.224 Relevant für die Ein-führung des Mobility Pricing sind zum Beispiel Verbände der Verkehrsteilnehmer, der Automobilin-dustrie oder der Wirtschaft. Ein intensiver Dialog mit diesen Verbänden über die Vorteile und Nach-teile der verschiedenen Instrumente des Mobility Pricing und gegebenenfalls über ihre detaillierte Ausgestaltung erscheint sehr wichtig.

(W) Medien können das öffentliche Meinungsbild beeinflussen.

Medien können die vorhandene Akzeptanz wesentlich beeinflussen, sowohl positiv als auch negativ.

Eine umfassende Berichterstattung über die Wirkungen des Mobility Pricing unterstützt die Aufklä-rung der BevölkeAufklä-rung und eine sachorientierte Meinungsbildung. Für konkrete Vorhaben zur Ein-führung neuer Instrumente ist ebenfalls eine umfassende Berichterstattung wichtig. Eine negativ ge-staltete Berichterstattung in der Presse kann das Erreichen einer ausreichenden Akzeptanz in der Öffentlichkeit erschweren.225

Zum Beispiel wurde die Verbesserung der Akzeptanz für das City-Maut-System in Stockholm auch durch eine breit angelegte Medienkampagne gestärkt. In Singapur wurde die Einführung eines elek-tronischen Systems mit Hilfe der Medien vorbereitet.226

(W) Die Akzeptanz hängt von der Systemgestaltung ab.

Die Akzeptanz der Öffentlichkeit ist mit ausschlaggebend für eine Realisierungschance und hängt wesentlich von der Systemgestaltung ab.227 Im Folgenden werden wichtige Punkte näher betrachtet.

219 vgl. z. B. MIETSCH,BOCK ET AL.2006

220 vgl. z. B. SPIEGEL ONLINE 27.10.2006, SPIEGEL ONLINE 10.12.2006A,SPIEGEL ONLINE 11.12.2006

221 vgl.SPIEGEL ONLINE 06.03.2007;Durch die Politik wird oft darauf hingewiesen, dass der Anteil der ausländischen Nutzer deutscher Autobahnen nicht ausschlaggebend ist. Deren Beitrag zu einem Vignettensystem würde gerade den Verwaltungsaufwand decken (vgl. SPIEGEL ONLINE 10.12.2006B).

222 Da die Lkw-Maut in Deutschland wie eine Steuer behandelt wird, läuft sie über den Haushalt und wird nur zu einem Teil in die Infrastrukturfinanzierungsgesellschaft eingezahlt (vgl. ABERLE 2002C,Fallbeispiele, Anhang I).

223 Nach BRÖG UND ERL (2004) schätzen politische Entscheidungsträger die Haltung der Bürger gegenüber dem Auto aus Sicht der Bürger in Ost-Deutschland zu 22 % für feindlicher ein als sie ist, in West-Deutschland zu 30 %. Aus Sicht der Bürger schätzen 16 % (Ost) bzw. 24 % (West) die Haltung richtig ein und 64 % (Ost) bzw. 51 % (West) halten sie für freundlicher als sie ist. Siehe auch SCHLAG 1998.

224 vgl. z. B. ROTHENGATTER 1994,BAYLISS 1998,ADAC2006,SEYBOLD 2006

225 vgl. FURZER 2006,KOSSAK 2006A, B;Belege für die Unterstützung der Akzeptanz durch Information und Kommunika-tion lassen sich bei WEIGELE,GROTEMEIER ET AL.(2007)finden.

226 vgl. Fallbeispiele, Anhang I

227 vgl. BUCHANAN 2007

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EinleitungZieleInstrumenteBewertungFazitWirkungsanalyse

(W) Wird das System als gerecht empfunden, steigt die Akzeptanz.

Das Gefühl von Gerechtigkeit und Fairness ist ein wichtiger Punkt für die Akzeptanz.228 Es wird ge-stützt, wenn gute Alternativen geboten werden. Dazu zählen z. B. ein günstiger Zugang zu alternati-ven Verkehrsmitteln.229

Die Verteilung von Kosten und Nutzen hat einen intrapersonalen, einen interpersonalen und einen interregionalen Aspekt.230 Man kann es als sozial ungerecht oder unsozial bezeichnen, wenn sich der Wert des Ungleichheitsmaßes durch eine Maßnahme erhöht bzw. die Wohlfahrtsverteilung durch Maßnahmen ungleichmäßiger wird. Dabei erhöht der Transfer einer Geldeinheit von einer ärmeren zu einem relativ reicheren Individuum den Wert des Ungleichheitsmaßes und deutet auf eine höhere Ungleichheit hin.231

Um Gerechtigkeit zu bewahren, darf Mobility Pricing nicht zur Mobilitätsverhinderung für bestimm-te soziale Gruppen führen, sondern es müssen albestimm-ternative Mobilitätschancen für alle soziale Grup-pen vorhanden sein.232

Werden die Einnahmen aus dem MIV für den allgemeinen Staatshaushalt verwendet, haben sie re-gressive Wirkungen, d. h. sie treffen Personen mit geringen Einnahmen mehr. Diese rere-gressiven Wirkungen können kompensiert werden, wenn die Einnahmen zum Abbau bestehender Abgaben oder für Investitionen in den Straßenverkehr genutzt werden. Eine progressive Wirkung in Form einer Entlastung der untersten Einkommensschichten zeigt sich sogar, wenn die Einnahmen für den öffentlichen Verkehr verwendet werden oder eine Rückverteilung pro Kopf stattfindet.233

(W) Tritt für die Nutzer eine spürbare Verbesserung von Problemen auf, steigt die Akzeptanz.

Die benötigte öffentliche Akzeptanz für eine Maßnahme wird durch klaren Problembezug geför-dert, also wenn die Maßnahme eine Lösung für ein Problem bereitstellt, das dem Empfinden der Allgemeinheit nach behandelt werden muss.234 Das Problembewusstsein spielt dabei eine große Rolle. In London war den Verkehrsteilnehmern z. B. die sehr hohe Stauhäufigkeit sehr bewusst.235 Die Menschen müssen sicher sein, dass die Systeme eingeführt werden, um die Mobilität zu verbes-sern, und nicht nur, um Einnahmen zu erzielen.236 Eine ungerechtfertigte Bepreisung z. B. in länd-lichen Bereichen ohne Stauproblematik wird dementsprechend als unfair empfunden.237 Ebenso werden neue Gebühren besonders dann abgelehnt, wenn das Gefühl aufkommt, für eine Leistung zweimal bezahlen zu müssen.238 Die Angemessenheit der Preise ist besonders bedeutsam für die Akzeptanz.239

Die Greifbarkeit der Gegenleistung ist ein weiterer wichtiger Faktor für die Akzeptanz.240 Eine be-wusste Verknüpfung von finanziellen Belastungen und den damit verbundenen Verbesserungen der

228 siehe dazu ISON 1998,MAIBACH,HAEFELI ET AL.2006,BONSALL,SHIRES ET AL.2004

229 vgl. JOHÄNNING,RUHREN ET AL.2006

230 vgl. SCHLAG 1998

231 vgl. TEUBEL 2000

232 vgl. SCHLAG 1998

233 vgl. MAIBACH,HAEFELI ET AL.2006

234 vgl. DEPARTMENT FOR TRANSPORT 2004A, B,MAIBACH,HAEFELI ET AL.2006,BUCHANAN 2007

235 vgl. Fallbeispiele, Anhang I; Von der deutschen Lkw-Maut erhofften sich deutsche Spediteure höhere Gerechtigkeit und Chancengleichheit gegenüber ausländischen Spediteuren (vgl. Fallbeispiele, Anhang I)

236 vgl.DEPARTMENT FOR TRANSPORT 2004A, B,GREEN,STONE 2004,IEROMONACHOU 2006B 237 vgl.GREEN,STONE 2004

238 vgl.GREEN,STONE 2004

239 vgl. BONSALL,SHIRES ET AL.2004

240 vgl. ALBERT, MAHALEL 2006, MAYRZEDT 2001

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54 Analyse von Wirkungen und Anforderungen - Kernaussagen - Akzeptanz Infrastruktur und der Vermeidung von Staus ist nötig.241 Die Bürger müssen die Vorteile der neuen Systeme erkennen und erfahren können.242 Besonders hoch ist die Akzeptanz, wenn das Gefühl vor-handen ist, als Gegenleistung für die Bezahlung einen Vorteil zu erhalten243, wie dies z. B. beim so genannten Value Pricing der Fall ist. Kritik kommt auf, wenn bei direkt anfallenden Kosten die Vor-teile nicht direkt entstehen, sondern nur – teilweise sogar sehr langfristig - in Aussicht gestellt wer-den.244

Ist das Problembewusstsein vorhanden und sind die Veränderungsziele festgelegt, muss geklärt wer-den, inwieweit vorgeschlagene Maßnahmen als effektive und effiziente Problemlösungen wahr-genommen werden. Effektivität beschreibt den Zielerreichungsgrad, Effizienz das Nutzen-Kosten-Verhältnis. Während die Akzeptanz von der Wahrnehmung der Effektivität und Effizienz abhängt, so hängen andererseits auch Effektivität und Effizienz von der Akzeptanz ab. Bewertungen und Er-wartungen müssen daher für eine optimale Abstimmung transparent sein. Während die gesellschaft-lichen Vorteile der Maßnahmen maximiert werden sollen, sollen die persöngesellschaft-lichen Nachteile mini-miert werden. 245

Folgende Erkenntnisse stützen diese Aussagen:

ƒ In Stockholm war die Akzeptanz direkter Nutznießer der Systeme höher als die Akzeptanz der weniger profitierenden Bevölkerung außerhalb der bepreisten Gebiete.

ƒ In Trondheim führte die Verbesserung der Lebensqualität und die damit verbundene Sicht-barkeit der positiven Einflüsse zur Akzeptanz des Bepreisungssystems.

ƒ In London hängt die hohe Akzeptanz auch mit dem vorhandenen Problembewusstsein durch die sehr hohe Stauhäufigkeit zusammen.

ƒ In Bergen stieg die Akzeptanz durch den Bau von zusätzlicher Infrastruktur.246

Dabei muss auch die Verknüpfung zwischen Bepreisung und Verbesserung stimmen. Eine niedrige Akzeptanz ergibt sich z. B. in Richmond für Parkgebühren gestaffelt nach CO2-Ausstoß der Fahr-zeuge, da beim Parken kein CO2 ausgestoßen wird.247

(W) Die Zweckbindung der Einnahmen kann die Akzeptanz fördern.

Die Einnahmenverwendung und deren Offenlegung ist sehr wichtig.248 Kernpunkt eines integrierten Mobilitätsmanagement-Konzepts ist, dass Push-Maßnahmen immer durch Pull-Maßnahmen aufge-wogen werden müssen. Die öffentliche Akzeptanz wird vergrößert, wenn Einnahmen ausschließlich für die Verbesserung ökologisch und sozial sinnvoller Mobilitätschancen verwendet werden. Alter-native Möglichkeiten zur Realisierung der Mobilität müssen vor der Umsetzung der Instrumente entwickelt und akzeptiert sein.249 Die Einnahmen sollen grundsätzlich in dem Sektor genutzt wer-den, in dem sie auch erhoben werden. Die Verwendung in anderen Segmenten des Verkehrswesens kann, z. B. durch die Mobilitätsgarantie durch den ÖV, gerechtfertigt sein, jedoch behindert eine

„wahllose“ Nutzung der Einnahmen die Wirksamkeit der Gebührenerhebung.250

241 vgl.DECORLA-SOUZA 2006

242 vgl. ECKERT 1995

243 vgl. GREEN,STONE 2004

244 vgl.FURZER 2006

245 vgl.SCHADE 2005,SCHLAG 1998

246 vgl. Fallbeispiele, Anhang I

247 vgl. Fallbeispiele, Anhang I

248 vgl. DEPARTMENT FOR TRANSPORT 2004A, B,HILLS 1998,ISON 1998,MAIBACH,HAEFELI ET AL.2006,ALDRIDGE,CARRENO

2006,WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT FÜR VERKEHR BEIM BMVBW2005,SCHÜTTE 1998,BUCHANAN 2007

249 vgl. SCHLAG 1998,GREEN,STONE 2004

250 vgl. KOSSAK 2004B,KOSSAK 2006A, B

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EinleitungZieleInstrumenteBewertungFazitWirkungsanalyse

Eine zweckgebundene Nutzung der Einnahmen könnte z. B. durch eine Privatisierung der Autobah-nen gewährleistet werden251 oder durch eine externe Verwaltung der Einnahmen.252 Auch in Trond-heim führte die transparente Einnahmenverwendung zu einer hohen Akzeptanz.253 Die Zweckbin-dung war auch bei der Einführung der Lkw-Maut in Deutschland ein viel diskutiertes Thema254 und wird auch dort als wichtig für die Akzeptanz erachtet.255

(W) Die Einführung im Maßnahmenbündel kann eine hohe Akzeptanz fördern.

Die Nutzerakzeptanz wird durch entsprechende Begleitmaßnahmen vergrößert.256 Parkgebühren beispielsweise können durch Verbesserungen im ÖV und der Umnutzung von Verkehrsflächen be-gleitet werden.257 Das Einbetten in ein Gesamt-(mobilitäts-)konzept ist auch für die Wirksamkeit wichtig.258

Von Verkehrsteilnehmern vorgeschlagene, zusätzliche Maßnahmen sind z. B. Car-Sharing, Park-and-Ride, Parkmanagement, Änderungen bei der Führerscheinprüfung, vermehrter Einsatz von Schulbussen, Erziehung in Richtung einer weniger Auto-basierten Kultur oder Verbesserungen beim Straßenmanagement. Besonders effektiv erscheint den Verkehrsteilnehmern eine Kombination aus diesen Maßnahmen.259 Zu einem Maßnahmenbündel können z. B. auch weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen (Technologieentwicklung) oder eine Flexibilisierung von Arbeitszeiten gehören.260

Das Road Pricing-System in Singapur war u. a. erfolgreich, weil es Teil eines Verkehrsmanagements war, das ebenfalls Maßnahmen wie Förderung des ÖPNV und P+R-Anlagen umfasste. Auch in Trondheim wird die Integration des Bomrings in einen umfangreichen Verkehrs-Investitions-Plan als Kriterium für die Akzeptanz genannt.261

(W) Kompensationsmaßnahmen können die Akzeptanz erhöhen.

Das gewählte Kostenniveau ist ein wichtiger Akzeptanzfaktor. Die Akzeptanz sinkt mit steigenden Kosten262 und steigt mit dem z. B. durch Kompensationen erzielbaren Nutzen. Um eine ausreichen-de Akzeptanz zu erreichen, können in manchen Fällen Kompensationsmaßnahmen erforausreichen-derlich sein. So fordern z. B. MIETSCH,BOCK ET AL.(2006) bei der Einführung einer Nutzerfinanzierung für die Verkehrswege in Deutschland eine Kostenneutralität für die Nutzer. Nach SCHRÖDER (2005) sei ein solches verursachergerechtes Preissystem nur gesellschaftlich akzeptiert, wenn gleichzeitig die Steuern ohne Lenkungsfunktion abgeschafft würden. Dies scheiterte bisher immer am politischen Willen.

251 vgl. ASU2006

252 In Österreich z. B. fließen die Einnahmen aus der Pkw-Vignette und der Lkw-Maut sowie weiterer Sondermaut-strecken zur ASFINAG, die daraus Erweiterungsinvestitionen, Investitionen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, Betrieb und Erhaltung sowie sonstige Kosten und Zinszahlungen finanziert (vgl. BECKERS,BRENCK ET AL.2006, Fall-beispiele, Anhang I).

253 vgl. Fallbeispiele, Anhang I

254 vgl. SCHNELL 2002

255 vgl. RUIDISCH,SCHULZ ET AL.2005

256 vgl. AS&PALBERT SPEER UND PARTNER 1993B 257 vgl. ALDRIDGE,CARRENO 2006

258 vgl.ECKERT 1995,FURZER 2006

259 vgl. GREEN,STONE 2004

260 vgl. OCKWELL 2002

261 vgl. Fallbeispiele, Anhang I

262 vgl. VRTIC 2006

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56 Analyse von Wirkungen und Anforderungen - Kernaussagen - Akzeptanz (W) Kalkulierbarkeit und ein einfacher Umgang mit Tarifen fördern die Akzeptanz.

Die Fähigkeit und Bereitschaft der Verkehrsteilnehmer, auf Preissignale zu reagieren, ist durch die mentale Kapazität und durch äußere Faktoren eingeschränkt. Menschen zeigen die Präferenz, Ent-scheidungen auf möglichst einfachen Informationen basierend zu treffen.263 Die Akzeptanz kann da-her durch eine zu komplexe Preisgestaltung und entsprechend schlechte Kalkulierbarkeit negativ beeinflusst werden. Die anfallenden Kosten sollten deshalb jederzeit leicht zu ermitteln sein.264 Auch Ausnahmeregelungen sollten klar verständlich und den Nutzern bekannt sein.265

Die Gebührenerhebung selbst muss für die Nutzer nachvollziehbar und begreifbar sein.266 Eine ein-fache Handhabung267 und ausreichend viele, möglichst bequeme268 Optionen zur Zahlung der Ge-bühren269 sind wichtig. Ein mit der Gebührenberechnung und Gebührenerhebung verbundener ho-her Aufwand senkt auch die Akzeptanz der Wirtschaft.270 Eine Differenzierung der Bepreisung muss für die Verkehrsteilnehmer einfach zu merken sein und ihnen Vorteile verschaffen, indem Anpas-sungen z. B. durch niedrigere Preise belohnt werden.271

Eine Echtzeitbepreisung scheint auf Grundlage dieser Aussagen nur schwer realisierbar, da Preise für Nutzer kalkulierbar sein sollen und der Umgang mit der Bepreisung leicht fallen soll.272 Die Flexibilität der Preisdifferenzierung wird deshalb aus Akzeptanzgründen dadurch begrenzt, dass den Verkehrsteilnehmern eine frühzeitige und verbindliche Preisinformation garantiert werden muss.273 Weiterhin müssen die Nutzer Vertrauen in das System haben, insbesondere in das Er-hebungssystem. Das umfasst auch die Kontrollen.274

(W) Ausreichende Information und Kommunikation fördern die Akzeptanz.

Eine gute und sorgfältige Vorbereitung und Kommunikation sind wichtige Faktoren für die Akzep-tanz.275 Problemhintergrund, Notwendigkeit, Kosten, Maßnahmen und Ziele müssen transparent dargestellt werden. Auch das Vorhandensein von Unterschieden zwischen der persönlich besten Lösung und der allgemein besten Lösung muss deutlich werden.276 Ohne ausreichendes gesellschaft-liches und politisches Verständnis für die ökonomischen Zusammenhänge ist kein Mobility Pricing möglich.277 Die notwendige Information steigt bei zunehmender Differenzierung der Gebühren278,

263 vgl.BONSALL,SHIRES ET AL.2004

264 vgl.GREEN,STONE 2004; Eine einfache, transparente und benutzerfreundliche Systemstruktur ist wichtig (vgl. SCHÜTTE

1998).

265 vgl. ALDRIDGE,CARRENO 2006,MAIBACH,HAEFELI ET AL.2006

266 vgl.HAAG 1993

267 vgl. KAUS 2003; In diesem Zusammenhang können z. B. die BGL-Tabellen, Onlinequellen oder Zusatzsoftware zu Routenplanungsprogrammen genannt werden, die Unternehmen helfen, in Abhängigkeit von der Relation die durch die Einführung der deutschen Lkw-Maut entstehenden Kosten abzuschätzen.

268 vgl.BELL,QUDDUS ET AL.2004 ;Dies äußerten auch Befragte in einer Studie zur City-Maut in London, die sich als zu-sätzliche Option die Bezahlung durch Bankeinzug wünschten.

269 vgl.ATLANTA VALUE PRICING ADVISORY TASK FORCE 2003

270 vgl. Fallbeispiele, Anhang I

271 vgl.BONSALL,SHIRES ET AL.2004

272 vgl.BONSALL,SHIRES ET AL.2004

273 vgl. SCHÜTTE 1998

274 vgl. MÜHLETHALER 2006A, B;Die externe Kontrolle ist von der Akzeptanz abhängig, denn bei einer Zustimmung zu der Maßnahme gibt es eine positive Einstellung zur Ahndung von Verstößen (vgl. SCHLAG 1998).

275 vgl. MAIBACH,HAEFELI ET AL.2006,BOCK,HOHLWEG ET AL.1997,SCHÜTTE 1998,BUCHANAN 2007,WEIGELE,GROTEMEIER ET AL.2007

276 vgl. SCHLAG 1998,SCHÜTTE 1998

277 vgl.SCHRÖDER 2005

278 vgl. BOCK,HOHLWEG ET AL.1997

Analyse von Wirkungen und Anforderungen - Kernaussagen - Akzeptanz 57

EinleitungZieleInstrumenteBewertungFazitWirkungsanalyse

ebenso bei umfassenden und komplexen Ausnahmeregelungen.279 Eine Einbindung der Betroffenen bei der Systemgestaltung ist gut.280

(W) Bekannte Instrumente werden eher akzeptiert als unbekannte.

Erfahrungen mit realisierten Instrumenten sind ein wichtiger Faktor für die Akzeptanz.281 Ein Vor-teil kann daher auch dadurch entstehen, dass von anderen Verkehrsmitteln bekannte Modelle über-tragen werden, z. B. das im ÖV bekannte Zonenmodell auf eine Straßenbenutzungsgebühr.282 Das Vertrauen in das System und der Ausschluss von Missbrauch sind wichtig.283 Die Einführung bzw.

Erweiterung bekannter Gebührensysteme wird daher einfacher eingeschätzt als die Implementie-rung gänzlich neuer Systeme.284 Die Akzeptanz für neue Maßnahmen steigt allerdings auch, wenn schon positive Erfahrungen mit anderen Maßnahmen aus dem Bereich des Mobility Pricing vorlie-gen.285

279 vgl. FURZER 2006

280 Der Erfolg des Systems in Singapur wurde auch durch die starke Einbindung der Betroffenen gestützt (vgl. Fall-beispiele, Anhang I).

281 vgl.KOSSAK 2006A, B;Daher kommt z. B. auch eine höhere Akzeptanz bei den bekannteren Autobahngebühren oder km-abhängigen Abgaben gegenüber Gebietslizenzen und tageszeitabhängigen Gebühren (vgl. VRTIC 2006).

282 vgl.SUTTER,MAIBACH ET AL.2006;Ein Problem nicht nur in Deutschland ist, dass die Nutzer zumindest die Straßen-infrastruktur als öffentliches Gut ansehen (vgl. OCKWELL 2002).

283 vgl. MAIBACH,HAEFELI 2006

284 vgl.ALDRIDGE,CARRENO 2006

285 vgl. GREEN,STONE 2004

58 Analyse von Wirkungen und Anforderungen - Kernaussagen - Finanzen

Im Dokument Wirkungen des Mobility Pricing (Seite 62-70)