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7. FORSCHUNGSERGEBNISSE

7.1. Pflegefamilie

Die erste Hauptkategorie umfasst alle Angaben zur Pflegefamilie und deren Struktur. Ziel ist es, die Art der Pflegeelternschaft sowie die Motive für die Aufnahme eines Pflegekindes in Erfahrung zu bringen. Außerdem wurden Angaben über den Zeitpunkt der Aufnahme, das Alter und Geschlecht der Pflegekinder und die Anzahl der aufgenommenen Pflegekinder in diese Kategorie aufgenommen.

In Bezug auf das Pflegeverhältnis konnte festgestellt werden, dass alle Kinder in einem Dauer-pflegeverhältnis bei der Pflegemutter leben. Keines der Kinder wurde freiwillig in einer Pfle-gefamilie fremduntergebracht, sondern erfolgte aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses.

Die nachstehende Tabelle 5 gibt einen Überblick über den Aufnahmeprozess der Pflegekinder.

Dabei wird zum einen ersichtlich, dass bis auf ein männliches Pflegekind alle vor der Aufnahme in die aktuelle Pflegefamilie in einer Krisenpflege untergebracht waren. Zum anderen kann deutlich gemacht werden, dass fünf der Pflegekinder vor Vollendung des ersten Lebensjahres in die Pflegefamilie aufgenommen wurden. Die verbleibenden drei waren zum Zeitpunkt der Fremdunterbringung zwischen zwei und sieben Jahre alt. Zum Zeitpunkt der Interviewführung waren die Kinder im Alter von vier bis 16 Jahren. Bezüglich des Geschlechts der Pflegekinder konnte festgestellt werden, dass sieben Kinder männlich und eines weiblich waren.

Tabelle 5: Pflegekinder Einzug

Hinsichtlich der Gründe für die Aufnahme eines Pflegekindes konnten sowohl Gemeinsamkei-ten als auch Unterschiede in den Interviews festgestellt werden. Sieben der acht Pflegemütter waren selbst nicht in der Lage, Kinder zu bekommen. Das lag entweder am Fehlen eines Part-ners oder an der Unfruchtbarkeit eines Elternteils. Die meisten Probandinnen strebten vor der

Nr. Krisenpflege Alter des Kindes beim Einzug Aktuelles Alter Geschlecht

1. ✓ 7 Jahre 10 Jahre Männlich

2. ✓ 10 Monate 7 Jahre Männlich

3. ✓ 3 Monate 14 Jahre Weiblich

4.  5 ½ Monate 7 Jahre Männlich

5. ✓ 3 Jahre 4 Jahre Männlich

6. ✓ 2 Jahre 6 Jahre Männlich

7. ✓ 10 Woche 16 Jahre Männlich

8. ✓ 7 Monate 5 Jahre Männlich

Pflegeelternschaft eine Adoption an, jedoch waren die Chancen auf ein Kind gering und der Adoptionsprozess nahm viel Zeit in Anspruch. Eine Pflegemutter versuchte es mit künstlicher Befruchtung „aber dreimal hat gereicht und dann habe ich gesagt nein“ (Interview 6, Zeile 24).

Als der Erfolg ausblieb, entschieden sich die Probandin und ihr Ehemann für eine Pflegeeltern-schaft. Nur eine der Pflegemütter gab an, Pflegekinder professionell im Sinne eines Vollzeitbe-rufs aufzunehmen. Diese hatte neben ihren zwei Dauerpflegetöchtern noch 13 Kinder im Rah-men der Krisenpflege zu sich aufgenomRah-men. Die übrigen sieben Pflegemütter verspürten in erster Linie den Wunsch, Mutter zu werden oder Kinder, die Hilfe benötigen, zu unterstützen.

Auch der Wunsch, der Gesellschaft etwas zurückzugeben, wurde von einer Pflegemutter geäu-ßert. Zwei Probandinnen bekamen den Anstoß, Pflegemutter zu werden, durch einen Artikel in einer Zeitung. Beide hatten sich zuvor schon mit dem Thema Pflegeelternschaft auseinander-gesetzt und entweder schon selbst Kinder bekommen oder sich dazu entschieden, kinderlos zu bleiben. Die Probandin aus dem fünften Interview schilderte die Situation wie folgt:

Wir haben die Zeitung aufgeschlagen und da ist gestanden: „Pflegefamilien dringend ge-sucht“. Dann haben wir gesagt gut, wir haben ein großes Haus, meine Kinder sind er-wachsen, gemeinsam haben wir kein Kind und dann hat mein Mann gesagt, na gut, dann rufe ich jetzt an (Interview 5, Zeile 85-88).

Auf die Frage nach dem Familienstand gab die Hälfte der Probandinnen an, verheiratet zu sein und gemeinsam mit ihrem Partner das Pflegekind aufgenommen zu haben. Drei Pflegemütter haben sich mit ihrem Partner dazu entschieden, ein Pflegekind aufzunehmen. Im Laufe der Pflegeelternschaft trennten sich die Paare jedoch. Zwei von ihnen leben wieder in einer Part-nerschaft, bezeichnen sich jedoch als alleinerziehend. Nur eine Mutter nahm, ohne in einer Partnerschaft zu sein, ein Pflegekind auf und ist seit Beginn der Pflegemutterschaft alleinerzie-hend.

Die Ergebnisse der ersten Hauptkategorie zeigen, dass überwiegend der Wunsch, Mutter zu werden, der Grund für die Aufnahme eines Pflegekindes war. Weiters waren die Hürden einer Adoption oder künstlichen Befruchtung zu groß, wodurch eine Pflegeelternschaft in Betracht gezogen wurde. Insgesamt war die Hälfte der Probandinnen alleinerziehend und die andere Hälfte war verheiratet. Hinsichtlich der Pflegekinder lebten alle in einem Dauerpflegeverhältnis bei der Pflegemutter und waren, bis auf ein Kind, männlich und zwischen vier und 16 Jahren alt. Die genannten Ergebnisse geben einen Überblick über die Pflegefamilie und deren Pflege-verhältnisse. Sie dienen als Grundlage für das Erkennen von Zusammenhängen und Mustern.

Anschließend wird nun die zweite Hauptkategorie vorgestellt, welche sich auf die Angaben der Pflegekinder bezieht.

7.2. P

FLEGEKIND

In dieser Masterarbeit liegt der Fokus auf dem Erleben und Verhalten der Pflegekinder und welche Herausforderungen damit für die Pflegeeltern einhergehen. Um dies in Erfahrung zu bringen, ist es wichtig, Informationen zu den Pflegekindern und deren Situation in den Pflege-familien zu sammeln. Dazu wurde die zweite Hauptkategorie „Pflegekind“ erstellt, um mehr über alltägliche Situationen und die Vergangenheit des Kindes zu erfahren. Es wurden die drei Subkategorien (1) positive Eigenschafen und Herausforderungen, (2) Familie, Schule und Freund*innen sowie (3) Unterstützung und Entwicklung gebildet, welche nun beschrieben wer-den.

Positive Eigenschaften und Herausforderungen

Die erste Subkategorie umfasst zum einen die positiven Eigenschaften des Kindes und welche Dinge gut gelingen. Zum anderen werden auch Dinge beleuchtet, die dem Kind schwerfallen.

Hinsichtlich der positiven Eigenschaften beschrieben viele der befragten Pflegemütter ihre Kin-der als sozial, hilfsbereit, empathisch und feinfühlig. Eine Probandin beschrieb ihr Pflegekind wie folgt:

Und irgendwie hat er dann so rausgehört, dass wir manchmal weniger Geld haben, und dann ist er mit seiner Sparkasse gekommen und sagt, Mama, wenn du jemals ein Geld brauchst, ich gebe dir jederzeit Geld aus meiner Sparkasse. Und das ist halt er, das be-schreibt ihn so gut, finde ich, er ist so lieb und da bin ich sehr stolz auf ihn und das ist so eine tolle Eigenschaft, die er da hat (Interview 6, Zeile 201-206).

Weiters äußerten die Pflegemütter aus dem ersten und vierten Interview ihre Bewunderung für die hohe Resilienz ihrer Kinder, trotz deren Vorgeschichte. Zudem wurden den Kindern ein ausgeprägtes Durchhaltevermögen und die Fähigkeit, Probleme zu benennen, zugesprochen.

Neben den Dingen, die gut gelingen, wurden auch jene benannt, die den Kindern schwerfallen.

Diesbezüglich wurden am häufigsten Veränderungen von gewohnten Situationen angeführt.

Mehr als die Hälfte aller interviewten Mütter gab an, dass Veränderungen im Alltag für die Kinder eine große Herausforderung darstellen. Dies kann ein Wechseln der Umgebung, ein unvorhergesehenes Ereignis oder auch Spontanität im Alltag sein. Die Mutter aus dem zweiten Interview schilderte: „Wenn er denkt, etwas ist so und so, und dann ist es nicht so, das löst manchmal große Unsicherheit bei ihm aus. Und dann auch oft Widerstand“ (Interview 2, Zeile 164-165). Die Probandin aus dem vierten Interview machte ähnliche Erfahrungen: „Das ist zum Beispiel der Wechsel von Kindergarten und Schule (…) da ist es emotional echt rund gegangen und Corona hat das natürlich erschwert“ (Interview 4, Zeile 196-199).

Zudem wurde eine langsame Entwicklung der Kinder angesprochen. So berichtete die Pflege-mutter aus dem dritten Interview von einer geringen Selbstregulation. Das Kind hatte Schwie-rigkeiten, sich allein zu beruhigen und mit seinen Emotionen umzugehen. Auch selbstkritisches Verhalten und gleichzeitige Ungeduld wurde thematisiert. „Was sie auch sehr spät gelernt hat, ist die Selbstregulation. Das hat bei ihr ganz lange gedauert, bis (…) sie sich alleine beruhigen hat können“ (Interview 3, Zeile 325-327).

Hinsichtlich der Dinge, die gut oder nicht gut gelingen, spielte auch die Corona-Pandemie eine wesentliche Rolle. Insgesamt stellte die Pandemie – laut Angaben der Pflegemütter – für zwei Pflegekinder keine Belastung dar. Drei Kinder empfanden die Umstellungen als schwierig, lit-ten jedoch nicht übermäßig unter den Veränderungen. In den restlichen Interviews hingegen konnte eine hohe Belastung der Pflegekinder festgestellt werden. Dies galt vor allem für jene Pflegekinder, die mit Veränderungen nur schwer umgehen konnten. Hier erwies sich der Wech-sel zum Homeschooling als problematisch. Auch der Verlust von sozialen Kontakten und die kaum vorhandene Interaktion mit anderen Personen, mit Ausnahme der Kernfamilie, waren für die Pflegekinder eine Herausforderung. Besonders deutlich wurde dies bei den zwei Kindern im Volksschulalter, welche die Umstellungen nur schwer akzeptierten. Der geringe Kontakt zu den Freund*innen und das regelmäßige Testen führten bei dem Pflegekind aus dem zweiten Interview zu negativen Emotionen. „Er hat dann gemeint, nein er macht das sicher nicht, und er hatte große Angst wie und was da passieren wird“ (Interview 2, Zeile 239-241). Es haben sich jedoch nicht nur neue Problematiken ergeben, sondern auch bereits bestehende verschlim-mert. Im Zuge dessen berichtete die Pflegemutter aus dem dritten Interview: „Wir haben halt die ganz normalen pubertären Kämpfe, wie den Medienkonsum, aber in Zeiten von Corona ist das viel ärger als sonst“ (Interview 3, Zeile 148f.).

Für das älteste Pflegekind in der Untersuchung war die Umstellung eine Erleichterung, da sei-tens der Schule weniger Druck ausgeübt wurde. Durch das geringere Lernpensum konnte der Jugendliche die Schulaufgaben leichter bewältigen und, durch die Anwesenheit der Mutter im Zuge des Homeoffice, verfügte er über eine zusätzliche Ressource.

Familie, Schule und Freund*innen

In dieser Unterkategorie sind Angaben zu den Themen Familie, Schule oder Kindergarten und Freund*innen dargestellt. Beim Bereich Familie handelt es sich um die Pflegekinder und ihren Platz in der neuen Familie. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kinder im siebten und vierten In-terview sehr gut in das Familiennetz eingebunden sind und sowohl mit der Pflegemutter als auch mit entfernteren Verwandten in Verbindung stehen. Die Probandin aus dem sechsten

In-wohl fühlte. Im achten Interview hingegen war das Pflegekind noch nicht vollständig in der Familie angekommen und brauchte noch Zeit, um sich einzugewöhnen. Das einzige weibliche Pflegekind in dieser Erhebung fühlte sich in der Familie wohl, jedoch gab es Konfliktpunkte mit den Großeltern, die sich auf die sprachliche Ausdrucksweise des Kindes bezogen. Die Frage nach der Zugehörigkeit zur Familie war im fünften Interview ein großes Thema für das Kind.

Der vierjährige Junge zeigte große Verunsicherung und Angst, nicht in der Pflegefamilie blei-ben zu dürfen. Dies schilderte die Pflegemutter des vierjährigen Jungen aus der Steiermark:

„Wir haben ganz früh das Thema gehabt, seid ihr nun meine Familie, freut ihr euch, dass ich bei euch bin? Also das haben wir 20-mal am Tag gehört und beantworten müssen“ (Interview 5, Zeile 75-76).

Trotz bestehender Unsicherheiten berichteten insgesamt rund zwei Drittel der Pflegemütter von einer guten Eingliederung des Kindes in die neue Familie. Deutlich wurde dies durch den Um-stand, dass jedes Pflegekind die Pflegeeltern mit „Mama“ oder „Papa“ anspricht.

Aufgrund der großen Altersunterschiede der Pflegekinder, zeigte sich im Bereich Schule kein einheitliches Bild. Von den acht Pflegekindern besuchten drei Kinder den Kindergarten, zwei Kinder die Volksschule, zwei Kinder eine Mittelschule und ein Kind absolvierte eine Ausbil-dung an der BAFEP (BundesbilAusbil-dungsanstalt für Elementarpädagogik). Zwei der drei Kinder-gartenkinder waren gut integriert und gingen gerne in den Kindergarten. Das dritte Pflegekind hingegen besuchte den Kindergarten zum Zeitpunkt der Interviewführung nicht, da „die Bezie-hung zu uns noch nicht so gefestigt ist, also, er kann noch nicht ins Außen gehen“ (Interview 8, Zeile 18).

Die zwei Volkschulkinder zeigten keine Begeisterung für die Schule, da sie für das eine Kind mit Langeweile und für das andere Kind mit Desinteresse verbunden war. Die zwei Kinder in der Mittelschule wurden in Integrationsklassen untergebracht und benötigten eine besondere Förderung. Im dritten Interview schilderte die Mutter der 14-jährigen Pflegetochter: „Also sie ist der totale Anstrengungsverweigerer. Sie glaubt, das Lernen ist mit der Nachhilfe getan und sie braucht selber nichts mehr tun, und dann hat sie dann keine Lust mehr, sich mehr dazuzu-setzen“ (Interview 3, Zeile: 219-221).

Das älteste Pflegekind besuchte die BAFEP und hatte klare Zukunftsvorstellungen hinsichtlich seines schulischen und beruflichen Werdeganges. Die Pflegemutter beschrieb das Kind als flei-ßig und engagiert, obwohl seine schulischen Leistungen schwach waren und er in drei Fächern Nachhilfe in Anspruch nahm.

Neben der Familie und der Schule sind auch die Freundschaften der Kinder angesprochen wor-den. Fünf der acht Pflegemütter berichteten, dass es ihren Kindern schwerfällt, Freundschaften

zu schließen. Die Herausforderungen reichten von problematischen Freundschaften, welche als schlechter Einfluss empfunden werden, bis hin zu Schwierigkeiten, diese aufrecht zu erhalten.

Die Mutter aus dem dritten Interview schilderte die Freundschaften ihrer Tochter wie folgt:

Oft waren es auch sehr problematische Freundschaften, also mit Kindern aus problema-tischen Verhältnissen und das ist einfach so, dass die sich anziehen. Also diese Freundin, die sie durch den Kindergarten und die Volksschule hindurch gehabt hat, das war einfach katastrophal (3. Interview 3, Zeile 184-187).

Die Mütter aus dem vierten und fünften Interview beschrieben das Verhalten ihrer Kinder ge-genüber neuen Bekanntschaften als distanzlos. Dies erzählte die Probandin aus dem fünften Interview:

Er hat mit der Distanz am Anfang ein ganz ein großes Problem gehabt. Er wollte jedem, der lieb zu ihm war, ein Bussi geben. Und wenn es der Pensionistenverband von der Feu-erwehr war (Interview 5, Zeile 596-599).

Die Kinder aus dem vierten und achten Interview waren verunsichert, wenn es um das Schlie-ßen von neuen Freundschaften ging und suchten stattdessen den Kontakt zu Erwachsenen. Dies wurde besonders im achten Interview deutlich, da das Kind keinen Kontakt zu Gleichaltrigen besaß. Der fünfjährige Pflegesohn besuchte den Kindergarten nicht und darum waren die Kon-takte nach außen an das Netzwerk der Pflegeeltern gebunden.

Unterstützung und Entwicklung

In der dritten Subkategorie wurden jene Textstellen codiert, die sich auf die Unterstützung der Pflegekinder fokussieren. Dabei standen folgende Fragen im Mittelpunkt: „Was braucht das Kind?“ und „In welchen Bereichen braucht es mehr Unterstützung?“. Außerdem geht es um den Aspekt der Entwicklung und um die wahrgenommenen Veränderungen seit dem Einzug des Kindes. Auf die erste Frage „Was braucht das Kind?“ antworteten sechs der acht Pflege-mütter mit genauen Abläufen, Grenzen und Strukturen. Die Mütter schilderten, dass ein gere-gelter Alltag den Kindern Sicherheiten gebe und sie dadurch die Möglichkeit haben, Wurzeln zu schlagen. Als Beispiel für geregelte Abläufe können die Handlungsweisen der Pflegemutter aus dem vierten Interview genannt werden. Sie fährt mit ihrem Sohn immer an den gleichen Urlaubsort, denn dort kennt das Kind die Umgebung, den Strand und die Restaurants und fühlt sich dadurch sicher. Im Alltag hingegen wurde Sicherheit und Stabilität durch gemeinsames Schreien und das Entladen der angestauten Wut erlangt. Im Zuge dessen schilderte die Mutter:

Denn grad so Kinder, die ein bisschen entwurzelt sind, das kenn ich aus meiner WG, dass, wenn man sie sich selbst überlässt, dass das recht schwierig ist und die dann nach Hilfe

schreien, und das zeigt sich im Verhalten. Die betteln nach klaren Richtlinien (Interview 4, Zeile 370-373).

Abgesehen von den Strukturen empfanden die Pflegemütter aus dem ersten, sechsten und sieb-ten Interview Sport und Bewegung wichtig für ihre Pflegekinder. Auch Vorankündigungen bei bevorstehenden Terminen und Änderungen im Tagesablauf waren für einen gelingenden Alltag entscheidend. Andere Strategien nahmen Bezug auf den Umgang mit Emotionen. Im ersten Interview erzählte die Mutter, dass ihr Kind Gegenstände zerstöre, um sich zu beruhigen. Auch das feste Umschließen des Kindes mit Armen und Beinen brachte es dazu, sich zu beruhigen.

Das Austoben im Garten und das Rauslassen der angestauten Energie kam im fünften Interview zum Vorschein. Zudem wurde eine sechs Kilo schwere Therapiedecke als wertvoll empfunden.

Im sechsten und siebten Interview hingegen waren Berührungen erforderlich, um das Kind zu entspannten. „Füße massieren und den Körper ausstreichen und das hilft´“ (Interview 6, Zeile 595-596). Auch Klopfübungen an bestimmten Körperstellen halfen dem Kind, sich wieder zu beruhigen.

Neben den eigenen Methoden, die Kinder in ihrer Entwicklung zu unterstützen, nahmen die Pflegemütter auch professionelle Hilfe in Anspruch. Ohne Ausnahme wandten sich alle Mütter an fachgerechte Hilfen, um ihre Kinder bei Herausforderungen zu begleiten. Aus den ersten drei Interviews ging hervor, dass die Kinder mit psychologischer Betreuung gefördert wurden.

Im ersten, sechsten und achten Interview nahmen die Kinder eine Entwicklungsdiagnostik in Anspruch. Im sechsten und achten Interview wurden die Kinder durch eine Hippotherapie un-terstützt, denn „es ist eine Variante, um gut runterzukommen, und dann sitzt er dann da, redet kaum und legt sich dann aber immer mehr auf den Pferderücken und kommt dann auch runter“

(Interview 8, Zeile 199-201). Zudem besuchten zwei Pflegekinder eine Ergotherapie und ein Kind war in traumapädagogischer Behandlung. Des Weiteren nahm ein Kindergartenkind eine Logopädie und ein weiteres eine Frühförderung in Anspruch. Das älteste Kind der Erhebung suchte regelmäßig eine Physiotherapeutin auf. Weitere Hilfen kamen im vierten und fünften Interview zum Vorschein, welche Konzentrationstraining und Körperbewusstseinstraining um-fassten.

Die Unterstützung der Kinder durch professionelle Hilfen oder persönliche Strategien brachten Fortschritte in der Entwicklung der Pflegekinder mit sich. So beschrieb die Mutter des einzigen weiblichen Pflegekindes: „Wobei es ist schon viel besser, also, es tut sich viel in ihrer Entwick-lung“ (Interview 3, Zeile 180-181). Im ersten und fünften Interview berichteten die Pflegemüt-ter von einem Rückgang der Aggressionen ihrer Kinder seit deren Einzug. Zudem wurden im ersten Interview eine Reduzierung der Auffälligkeiten und eine verbesserte Schulleistung fest-gestellt. Auch die Benennung der eigenen Gefühle empfanden die Pflegemütter als positiv. Im

fünften und sechsten Interview kamen im Vergleich zum Zeitpunkt des Einzuges weniger Un-sicherheiten zum Vorschein. Die Pflegemutter des 16-jährigen Sohnes stellte fest:

[…] und es wird schon um Ecken besser, wie das war so mit 12 oder so, da hat er mich im zwei Minutentakt angerufen und da habe ich ihn abholen müssen aus der Schule, weil er so geweint hat, weil ein Gewitter war (Interview 7, Zeile 244-246).

Zusammengefasst machten die Ergebnisse der zweiten Hauptkategorie deutlich, dass die Pfle-gemütter ihre Kinder als sozial und empathisch wahrgenommen haben und Bewunderung für ihre Fortschritte empfanden. Trotz der positiven Eigenschaften fiel es der Hälfte aller Pflege-kinder schwer, mit Veränderungen umzugehen. Die Eingliederung in die Familie gelang dem Großteil der Kinder. In Bezug auf die Schule zeigten die Pflegekinder schwache Leistungen, aufgrund von Langeweile, Desinteresse oder Lernschwierigkeiten. Zudem wurde ersichtlich, dass es den Pflegekindern schwer fiel, angemessene Freundschaften aufzubauen oder zu erhal-ten. Für die meisten Pflegekinder waren Strukturen im Alltag wichtig, um sich orientieren zu können, jedoch hat sich durch die Corona-Pandemie vieles verändert, wodurch neue Heraus-forderungen aufgetreten sind. Die Unterstützungsmaßnahmen trugen zu einer positiven Ent-wicklung bei und konnten Fortschritte in der EntEnt-wicklung erkennen lassen.

Entgegen den Fortschritten und Unterstützungsmaßnahmen, welche die Pflegekinder in An-spruch nahmen, kamen Auffälligkeiten im Verhalten und Erleben zum Vorschein. Diese stehen im Fokus der nächsten beiden Hauptkategorien.