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8. DISKUSSION DER FORSCHUNGSERGEBNISSE

8.3. Forschungsfrage 3

Welche Ressourcen nehmen Pflegemütter in Anspruch, um mit den Auffälligkeiten im Erleben und Verhalten ihrer Pflegekinder umzugehen?

Nach Klaus Wolf (2007) sind folgende fünf Ressourcen für Pflegeeltern besonders relevant.

Dabei handelt es sich um (1) materielle Ressourcen, welche es den Eltern des Pflegekindes ermöglicht, andere Ressourcen zu mobilisieren oder die Familie finanziell zu entlasten. Zudem werden (2) Orientierungsmittel, wie pflegekindspezifische Informationen oder Fachkräfte als Ressource angesehen. Weiters wurden (3) persönliche Beziehungen ausfindig gemacht, die die Familie, Kolleg*innen, Freund*innen oder auch Nachbar*innen miteinbeziehen. Außerdem

nennt Wolf (4) ermutigende Lebenserfahrungen als Ressource, wodurch Pflegeeltern, aufgrund ihrer Selbstwirksamkeit und der wachsenden Liebe zu dem Pflegekind, Kraft schöpfen können.

Auch die Anerkennung von außenstehenden Personen und die Entwicklung des Pflegekindes zählen zu den ermutigenden Lebenserfahrungen. Als letzte Ressource wird (5) der Zugang zu Personen, mit denen sich Pflegeeltern identifizieren können, als unterstützend wahrgenommen (vgl. Wolf, 2007, S. 286f.). Die Ausführungen von Wolf (2007) werden auch in den Ergebnis-sen von JesperErgebnis-sen (2011) sichtbar. Die theoretische Einteilung der Ressourcen gibt einen Ein-blick in die Lebenswelt der Pflegeeltern und welche Energiequellen sie in Anspruch nehmen.

Die Literatur gibt jedoch keinen Aufschluss darüber, welche Ressourcen bei den Auffälligkei-ten der Pflegekinder zum Einsatz kommen. Vielmehr handelt es sich bei den Ausführungen um eine grundlegende Darstellung der pflegeelternspezifischen Ressourcen.

Die Ergebnisse der acht leitfadengestützten Interviews ergaben, dass die wichtigste Ressource für die Pflegemütter die persönlichen Beziehungen ist. Vor allem in Bezug auf die Auffällig-keiten der Kinder im Erleben und Verhalten waren die persönlichen Kontakte für die Pflege-mütter essenziell. Dazu zählten primär die Kernfamilie, welche nicht nur die Eltern, sondern auch die eigenen Kinder umfasste. Einen besonderen Stellenwert nahmen die Partner*innen der Probandinnen ein. Sechs der acht Pflegemütter lebten in einer Partnerschaft und ohne Aus-nahme bezeichneten sie diese als besondere Stütze, um Herausforderungen zu bewältigen. Sie wurden bei Schwierigkeiten mit dem Pflegekind kontaktiert, um sich Ratschläge zu holen oder um ihre Sorgen loszuwerden. Auch Freund*innen und ein großes Netzwerk waren in schwieri-gen Zeiten eine wertvolle Unterstützung. Für drei Probandinnen waren andere Eltern und vor allem andere Pflegeeltern wichtig, denn mit ihnen konnten sie sich austauschen und identifizie-ren.

Zudem wurden – um mit den Auffälligkeiten der Kinder umgehen zu können – von zwei Pro-bandinnen Fachkräfte und soziale Dienste als besonderes hilfreich empfunden. Diese konnten sowohl das Verhalten des Kindes erklären als auch die Entwicklung des Kindes fördern. Zwei weitere Pflegemütter betonten den Urlaub, welcher für Pflegeeltern und deren Pflegekinder ausgerichtet wurde, als wertvolle Energiequelle. Dort wurden die Eltern und Kinder akzeptiert und nicht aufgrund ihrer Auffälligkeiten verurteilt. Weiters waren berufliche Erfahrungen im pädagogischen Bereich und bereits aufgenommen Pflegekinder fördernd, um mit dem Erleben und Verhalten der Pflegekinder umzugehen.

Weniger wichtig für den Umgang mit den Auffälligkeiten der Kinder waren die finanziellen Ressourcen der Pflegemütter. Diese wurden kaum in den Interviews erwähnt, lediglich auf die Frage hin, welche Ressourcen von den Pflegemüttern noch benötigt werden würden. Auch

Orientierungsmittel wurden nur von zwei Pflegemüttern als unterstützend wahrgenommen und würden noch mehr gebraucht werden. Die ermutigenden Lebenserfahrungen – wie sie Klaus Wolf bezeichnet – kamen in den Interviews im Zuge der schönen Momente im Leben einer Pflegemutter zum Vorschein. Die Pflegemütter zählten diese Erfahrungen jedoch nicht zu ihren Ressourcen, sondern betrachteten diese als positive Aspekte der Pflegeelternschaft. Als span-nend erwies sich, dass keine der Probandinnen die Facebookgruppe – aus jener die Stichprobe rekrutiert wurde – als Ressource wahrnahm.

In Anbetracht der vorliegenden Interviews und der Analysen von Jespersen und Wolf weisen die Ergebnisse zwei Gemeinsamkeiten mit der Literatur auf. Diese beziehen sich zum einen auf die Tatsache, dass die persönlichen Beziehungen, wie Freund*innen, Familie und Partner*in-nen, besonders relevant für die Pflegeeltern sind. Zum anderen wurde der Austausch mit ande-ren Pflegeeltern als wertvoll angesehen. Weitere Vergleiche zwischen den Interviews und der Literatur sind jedoch weniger aussagekräftig. Die Gründe dafür liegen in den unterschiedlichen Forschungsinteressen der Untersuchungen. In der vorliegenden empirischen Untersuchung lag der Fokus auf den Auffälligkeiten der Pflegekinder und in den anderen Analysen wurde die Thematik allgemeiner erforscht. Zudem handelte es sich bei dieser Stichprobe ausschließlich um Frauen, wohingegen beide Geschlechter in der Literatur berücksichtig wurden. Somit sind die ausfindig gemachten Ressourcen aus den acht Leitfadeninterviews nur auf die Frauen und nicht auf die Männer zutreffend.

Zusammenfassend zeigt die Auswertung der Daten, dass die Pflegemütter in dieser Untersu-chung ihre Kräfte vermehrt aus ihrem sozialen Netzwerk schöpften. Weniger essenziell waren professionelle Hilfen oder Fachkräfte von sozialen Diensten, um mit den Auffälligkeiten der Pflegekinder umzugehen. Der Grund dafür könnte unter anderem in dem Vertrauen liegen, wel-ches die Pflegemütter eher zu Personen aus dem nahen Umfeld haben als zu Außenstehenden.

Zudem nahmen die Pflegemütter möglicherweise eher Ratschläge oder Hilfen von Menschen an, die sie als sympathisch wahrnahmen und die mit ihren Anschauungen übereinstimmten.

Somit würde die Beratung von Fachkräften oder Institutionen nicht angenommen werden, wenn diese den Anschauungen der Pflegemütter widersprachen. Ein weiterer Grund könnte die räum-liche Nähe zur Familie sein, welche eine einfach zugängräum-liche Ressource darstellt. Auch durch die persönlichen Erfahrungen, über welche das soziale Umfeld verfügt, könnten die Pflegemüt-ter ihr Netzwerk als kompetent einschätzen. Schließlich könnte es auch mit der Befürchtung zusammenhängen, von außenstehenden Personen verurteilt zu werden, und dadurch wird be-vorzugt der Kontakt zu vertrauten Menschen im näheren Umfeld bebe-vorzugt gesucht.