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Inhaltlich-strukturierende Inhaltsanalyse nach Udo Kuckartz

6. FORSCHUNGSDESIGN

6.4. Inhaltlich-strukturierende Inhaltsanalyse nach Udo Kuckartz

Interpretie-ren von Daten in den Mittelpunkt stellt. Laut Kuckartz (2018) wird die Methode gekennzeichnet durch:

1. Eine kategoriale Herangehensweise und dessen Relevanz in der Analyse.

2. Einen strukturierten Ablauf mit genauen Vorgaben für jeden Schritt.

3. Die Klassifizierung und Kategorisierung des gesamten Textmaterials.

4. Eine von der Hermeneutik geprägte Vorgehensweise.

5. Die Berücksichtigung von Gütekriterien (vgl. Kuckartz, 2018, S. 26).

Diese fünf Charaktereigenschaften sind der Grundstein für die inhaltlich-strukturierende quali-tative Inhaltsanalyse. Bevor diese im Detail beschrieben wird, ist es jedoch sinnvoll, die Be-griffe Kategorie und Kategoriensystem zu erläutern. Der Begriff Kategorie, oder Code im eng-lischen, ist ein wichtiger Bestandteil der Analysemethode. Er beschreibt das Klassifizieren von

Einheiten wie Personen, Diskursen oder Aussagen (vgl. Kuckartz, 2018, S. 31). Es können be-stimmte Arten von Kategorien unterschieden werden. Besonders relevant für die Inhaltsanalyse sind jedoch die thematischen Kategorien, da sie bestimmte Aspekte und Argumente eines The-mas bezeichnen. Dabei kann es sich beispielsweise um das Thema Herkunftsfamilie oder Be-suchskontakte handeln. Sie dienen in diesem Sinne als Zeiger, indem sie bestimmte Stellen im Text kennzeichnen und dadurch einem Thema zugeordnet werden können (vgl. Kuckartz, 2018, S. 34). Alle Kategorien zusammen bilden das Kategoriensystem oder Codesystem. Meist sind Kategoriensysteme hierarchisch aufgebaut, sodass es unterschiedliche über- und untergeord-nete Ebenen gibt. Diese gleichen einer Baumstruktur, wobei die untergeorduntergeord-neten Ebenen als Verästelungen dargestellt werden. Aus diesem Grund wird das System auch häufig Kodierbaum genannt. Im wissenschaftlichen Kontext werden die Kategoriensysteme auch mit den Begriffen Haupt- und Subkategorie bzw. Ober- und Unterkategorie bezeichnet (vgl. Kuckartz, 2018, S. 38).

Das Grundschema der inhaltlich-strukturierenden Inhaltsanalyse nach Udo Kuckartz ist durch sieben Schritte gekennzeichnet. Dabei handelt es sich um (1) die Textarbeit, (2) das Entwickeln von Hauptkategorien, (3) die Codierung anhand der Hauptkategorien, (4) die Zusammenstel-lung aller Hauptkategorien, (5) die Bestimmung von induktiven Subkategorien, (6) das Codie-ren mit dem Kategoriensystem und (7) der Analyse und Visualisierung (vgl. Kuckartz, 2018, S. 100).

In der ersten Phase befasst sich der*die Forscher*in mit der initiierenden Textarbeit. Dabei wird der Text sorgfältig gelesen und der subjektive Sinn ausfindig gemacht. Im Zuge dessen kom-men die Grundregeln der Herkom-meneutik zum Einsatz. Das Ziel besteht in der Bildung eines Ge-samtverständnisses des Textes im Hinblick auf die Forschungsfragen. Während des Lesens sol-len zentrale Begriffe markiert und wichtige sowie unverständliche Abschnitte gekennzeichnet werden. Auch formale Strukturen, wie die Länge eines Absatzes oder häufig gebrauchte Wör-ter, sollen hervorgehoben werden. Um die Textarbeit zu erleichtern, verwenden Forscher*innen für die Auswertung ihrer qualitativen Daten Computerprogramme. Die Nutzung dieser ermög-licht eine effiziente Auswertung sowie das Erstellen von Memos. Unter einem Memo werden Gedanken, Annahmen oder Überlegungen verstanden, die bei der Auswertung entstehen. Dabei kann es sich sowohl um eine Notiz als auch um inhaltsbezogene Anmerkungen handeln, die Theorie und Empirie miteinander verknüpfen. Memos kommen nicht nur in der ersten Phase zum Einsatz, sondern spielen im gesamten Forschungsprozess eine Rolle. Zum Abschluss der ersten Phase ist es laut Kuckartz hilfreich, eine Fallzusammenfassung zu schreiben. Nach der initiierenden Textarbeit sollen die Charakteristika des Einzelfalles im Hinblick auf die

Forschungsfrage schriftlich festgehalten werden. Dadurch können Gemeinsamkeiten und Un-terschiede in den Fällen erkannt und eine Übersicht des Datenmaterials gewährleistet werden (vgl. Kuckartz, 2018, S. 56-58).

Im zweiten Schritt werden die Hauptkategorien erstellt, welche meist aus den Forschungsfragen heraus entwickelt werden und bei der Führung der Interviews schon eine zentrale Rolle gespielt haben. Zusätzlich trägt die aktive Auseinandersetzung mit den Daten im ersten Schritt dazu bei, dass neue Hauptkategorien zum Vorschein kommen. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Kate-gorien direkt aus dem Material heraus entstanden sind oder ob die Themen aus einem Leitfaden entnommen wurden. Es geht in diesem Schritt um einen ersten Durchlauf und darum, Haupt- und Subthemen ausfindig zu machen (vgl. Kuckartz, 2018, S. 101f.).

Wurden die Hauptkategorien ausfindig gemacht, wird im nächsten Schritt das gesamte Material mit den erstellten Kategorien codiert. Dazu wird jedes Interview Zeile für Zeile gelesen und relevante Textpassagen werden den Hauptkategorien zugeordnet. Um inhaltliche Überschnei-dungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Kategorien im Vorhinein klar zu definieren und festzulegen, wann eine Textstelle mit dieser codiert wird und wann nicht. Werden in einem Abschnitt mehrere Themen gleichzeitig angesprochen, können diese auch mit mehreren Kate-gorien codiert werden. In der Regel werden Sinneinheiten codiert, die mehrere Sätze oder Ab-sätze umfassen. Jeder Code steht für sich allein und daher ist es ratsam, die Einheiten so zu wählen, dass diese auch ohne Kontext verstanden werden (vgl. Kuckartz, 2018, S. 102-104).

Die vierte und fünfte Phase leiten den*die Forscher*in dazu an, die Textstellen mit dem glei-chen Code zusammenzufügen und die Subkategorien zu bestimmen. Hier werden die Hauptka-tegorien betrachtet, ausdifferenziert und auf Basis der daraus entstandenen Unterthemen wer-den Subkategorien gebildet. Die Unterkategorien werwer-den direkt aus dem Material heraus ent-wickelt und somit handelt es sich um ein induktives Verfahren. Der Fokus liegt nicht – wie in einem deduktiven Verfahren – auf der Herleitung von Kategorien basierend auf theoretischen Bezügen oder der Forschungsfrage (vgl. Kuckartz, 2018, S. 106).

In der vorletzten Phase wird das gesamte Material mit dem ausdifferenzierten Kategoriensys-tem codiert. Bisher wurden die Interviews ausschließlich mit den Hauptkategorien codiert, und in weiterer Folge werden diese nun erneut betrachtet und die passenden Textstellen mit Subka-tegorien versehen. Kuckartz empfiehlt, nach Abschluss der sechsten Phase, einen Zwischen-schritt einzulegen, um erneut eine Fallzusammenfassung vorzunehmen. Daraus ergibt sich der Vorteil, dass die Daten in Tabellenform dargestellt werden und eine Vergleichbarkeit sowie Reduzierbarkeit des Materials gegeben ist (vgl. Kuckartz, 2018, S. 110f.).

Im letzten Schritt findet die Auswertung der Interviews und die Visualisierung der Ergebnisse statt. Dazu werden die Resultate für jede Hauptkategorie in einer sinnvollen Reihenfolge dar-gestellt. Weiters werden Zusammenhänge zwischen und in den Haupt- und Subkategorien her-gestellt. Der*die Forscher*in stellt sich dabei die Frage, welche Verbindungen sich zwischen den Kategorien ergeben und welche Muster erkannt werden können. Mithilfe von Diagrammen und Tabellen kann schlussendlich eine Übersicht des Materials gegeben werden (vgl. Kuckartz, 2018, S. 118-120).

Eine Unterstützung bei der Auswertung und Visualisierung der Daten bietet die Software MAXQDA. Sie ermöglicht unter anderem das Organisieren von Texten, die Gruppierung von Haupt- und Subkategorien zu Netzwerken oder auch die visuelle Darstellung von Baumstruk-turen. Durch die Anwendung der Software kann eine strukturierte und wissenschaftliche Aus-wertung gelingen. Zudem kann das Interviewmaterial durch die Tools von MAXQDA interpre-tiert, kategorisiert und klassifiziert werden. Aufgrund der erleichterten Arbeitsweise und dem systematischen Umgang mit Texten, kommt die Software in dieser Untersuchung zum Einsatz (vgl. Kuckartz, 2007, S. 12-14).

Die sieben Schritte nach Udo Kuckartz bilden die Grundlage für die Auswertung der acht leit-fadengestützten Interviews. Dabei steht besonders die Bildung eines ausdifferenzierten Kate-goriensystems im Vordergrund. Auf Basis des vorgestellten Forschungsdesigns werden im fol-genden Kapitel die Ergebnisse der Auswertung dargestellt.