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2. PFLEGEELTERN UND PFLEGEKINDER IN ÖSTERREICH

2.1. Pflegeeltern in Österreich

Im Vergleich zu den Daten der Pflegekinder, sind jene zu den Pflegeeltern begrenzt verfügbar.

Es ist zwar ersichtlich, wie viele Pflegeeltern es in Österreich gibt, jedoch lassen sich keine Aussagen über demografische Eigenschaften machen. Somit existieren für österreichische Pfle-geeltern keine Angaben über die Altersverteilung, die Geschlechterstruktur oder über die An-zahl der Kinder, die durchschnittlich in einer Pflegefamilie aufgenommen werden. Deshalb wird in diesem Unterkapitel nur eine geringe Anzahl statistischer Daten – in Bezug auf Pflege-eltern – vorgestellt. Dazu zählen die Anzahl der Pflegepersonen in Österreich, aufgeteilt auf die einzelnen Bundesländer sowie die Zahl jener, die an Fortbildungen teilgenommen haben (vgl.

Geserick et al., 2016, S. 16).

Im Jahr 2020 gab es in ganz Österreich 6.406 Pflegepersonen. Der größte Anteil wurden in Wien (1.628) und in Niederösterreich (1.368) verzeichnet, gefolgt von Oberösterreich (850).

Das Burgenland wies mit rund 240 die geringste Anzahl an Pflegepersonen auf. Im Vergleich zum Jahr 2017 gab es in Österreich knapp 400 Pflegepersonen weniger als im Jahr 2020. Der größte Zuwachs konnte in Wien mit einem Plus von 200 Personen verzeichnet werden. Darauf folgen die Steiermark (95) und das Burgenland (65). Mit Ausnahme von Kärnten (-3) und Oberösterreich (-13) konnte in dem genannten Zeitraum bei allen Bundesländern ein Zuwachs an Pflegepersonen festgestellt werden (vgl. Statistik Austria, 2021, S. 85, 88).

Hinsichtlich der vorhandenen Daten lassen sich neben der Anzahl der Pflegeeltern in Österreich auch Aussagen über die in Anspruch genommenen Fort- und Ausbildungsmaßnahmen dieser treffen. Im Jahr 2020 besuchten von den insgesamt 6.406 Pflegeeltern 2.764 eine Aus- und Fortbildungsmaßnahme. Dies entspricht einem Anteil von 43,3 Prozent. Auch hier lag der größte Anteil in Wien, mit rund 1.000 Personen, und der kleinste Anteil im Burgenland, mit 18 Personen. Den zweitgrößten Anteil verzeichnete die Steiermark, mit rund 684 Pflegepersonen, die an Weiterbildungsmaßahmen im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe teilgenommen ha-ben. Werden die Zahlen von 2017 mit jenen von 2020 verglichen, lässt sich feststellen, dass 2020 knapp 788 Personen weniger an Weiterbildungen teilnahmen. Die geringe Teilnahme an Aus- und Fortbildungsmaßnahmen kann durch die Corona-Pandemie erklärt werden, da viele Angebote nicht in Anspruch genommen werden konnten (vgl. Statistik Austria, 2021, S. 106, 118). Somit konnte in den letzten drei Jahren ein Zuwachs an Pflegepersonen festgestellt wer-den sowie eine geringere Teilnahme an Fort- und Ausbildungsangeboten.

Betrachtet man nun die Formen der Pflegefamilien, lassen sich Unterschiede feststellen. Zum einen liegt dies an verschiedenen situativen Gegebenheiten und an den Bedürfnissen eines jeden Kindes. Zum anderen lassen sich in den Bundesländern große Ungleichheiten feststellten. So gibt es Abweichungen hinsichtlich der Vertragspartner, der Gestaltung des Vertrages sowie in der Bezeichnung der Verträge. In manchen Bundesländern handelt es sich um freie Dienstver-träge und in anderen wiederum um ArbeitsverDienstver-träge. Diese können durch einen Kinder- und Jugendhilfeträger oder durch eine private Einrichtung abgewickelt werden (vgl. Geserick et al., 2016, S. 38).

In Bezug auf die Formen von Pflegefamilien wird Josef Scheipl und sein Werk Das Pflegekin-derwesen in Österreich aus dem Jahr 2009 herangezogen. Darin beschreibt er die Krisenpflege, die Kurzzeitpflege und die Langzeitpflege. Ein Langzeitpflegeverhältnis – auch Dauerpflege genannt – wird in Anspruch genommen, wenn das Wohl des Kindes in der Herkunftsfamilie auf längere Zeit nicht mehr gewährleistet werden kann. Bei dieser Form werden die Kinder über einen längeren Zeitraum in einer Pflegefamilie untergebrach. Wie im Kapitel 2.5 zu den gesetzlichen Bestimmungen von Pflegekindern beschrieben wurde, geschieht die Fremdplat-zierung für mehrere Jahre, entweder durch das Einverständnis der Eltern oder durch einen ge-richtlichen Beschluss. In beiden Fällen ist eine Rückführung der Kinder in die Herkunftsfamilie geplant und dadurch wird – wenn möglich – der Kontakt zu dieser aufrechterhalten. Allgemein ist die Langzeitpflege eine Herausforderung für die Pflegeeltern selbst, aber auch für die be-troffenen Sozialarbeiter*innen. Beide Parteien sind sich häufig unsicher, ob ein Kind in einem Dauerpflegeverhältnis untergebracht werden soll und auch Gerichte sind bei der Übertragung

der vollen Obsorge vorsichtig. Klarere Strukturen und Handlungsweisen können laut Scheipl eine gelingende Bindungssicherheit sowie die Stabilität des Pflegeverhältnisses fördern.

Weitere Formen der Fremdplatzierung sind die Krisenpflege und die Kurzzeitpflege. Bei beiden Formen werden Kinder bis zum 16. Lebensjahr kurzfristig bei Pflegefamilien untergebracht.

Der Grund dafür sind meist Krisen in der Herkunftsfamilie, welche durch eine Fremdplatzie-rung des Kindes überbrückt werden sollen. Es gilt die Situation abzuklären und weitere Vorge-hensweisen zu eruieren. Außerdem sollen die Kinder durch eine angemessene Betreuung Be-ruhigung und Stabilität erfahren (vgl. Scheipl, 2009, S. 232f.). Der Unterschied zwischen den beiden Formen ist, dass die Kurzzeitpflege Minderjährige in Krisensituationen bis zu drei Mo-naten aufnimmt. Hingegen können die betroffenen Kinder bei Krisenpflegeeltern bis zu sechs Monaten bleiben (vgl. §5 Abs. 2 StJWG-DVO, 2021). Diese Angaben beziehen sich jedoch nur auf die Steiermark, denn je nach Bundesland variiert die maximale Dauer der Unterbringung in einer Krisenpflegefamilie. In Tirol sind es beispielsweise nur acht Wochen, in Wien und in Kärnten acht bis zwölf Wochen, in Oberösterreich sind es maximal drei und in Salzburg höchs-tens sechs Monate. Während der gesamten Dauer der Unterbringung wird versucht, den Kon-takt zu den leiblichen Eltern aufrecht zu erhalten, um eine zeitnahe Rückführung zu ermögli-chen (vgl. Scheipl, 2009, S. 232f.).

Diese beiden Formen der Unterbringung sind in den meisten Bundesländern vertreten, mit Aus-nahme von Vorarlberg. Dort gibt es statt der Krisenpflege eine Ankerfamilie1oder Wegbeglei-ter*innen2. Andere Arten der Pflegefamilie gibt es unter anderem in Tirol, in Form einer heil-pädagogischen Pflegeperson, welche bei hohen Betreuungsaufwand eingesetzt wird. Zudem gibt es in der Steiermark eine weitere Form der Pflege, nämlich das familienpädagogische Pfle-geverhältnis. Dabei werden Kinder bis zum 18. Lebensjahr mithilfe von Konzepten aus der Sozialpädagogik betreut. Um dies zu ermöglichen, werden Pflegemütter und Pflegeväter eigens dafür geschult. Eine letzte Form der Pflegefamilie, welche in Niederösterreich vorkommt, han-deln von professionellen Pflegepersonen. Die Pflegepersonen müssen sich auch hier regelmä-ßig fortbilden und sind verpflichtet, kein anderes Dienstverhältnis einzugehen. Die Ausnahme bilden Pflegekinder, die das 10. Lebensjahr erreicht haben und seit mindestens zwei Jahren in der Pflegefamilie untergebracht sind (vgl. Geserick et al., 2016, S. 27f., 31f., 39f.).

Da nun die statistischen Daten und die Formen der Pflegefamilien in Österreich vorgestellt wurden, stellt sich nun die Frage, welche Motive Männer und Frauen haben, ein Pflegekind aufzunehmen. Die Beantwortung dieser Frage steht im Zentrum des folgenden Kapitels.

1 Ankerfamilien nehmen Kinder im schulpflichtigen Alter auf und pflegen sie für mehrere Jahre

2 Wegbegleiter*innen nehmen Kinder bis zu zwei Jahren bei sich auf, mit dem Ziel, die Kinder rückzuführen (vgl.

Vorarlberger Kinderdorf, 2018, S. 3).