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Periode der „Gelenkten Demokratie” (1959-1965)

2.3. Politischer Entwicklungsgang nach der Unabhängigkeit

2.3.2. Periode der „Gelenkten Demokratie” (1959-1965)

Bis zur Bekanntmachung seiner Führungsidee der Gelenkten Demokratie unter dem Namen Manipol-USDEK hatte Soekarno noch wie im UUD’45 vorgeschrieben ge-handelt. Aber seine Politik, so Soekarno, weg von der westlichen Demokratie hin zum für die indonesische Kultur geeignetsten System, wurde klarer, als er die durch die Volkswahl von 1955 gewählten regionalen Regierungschefs durch die von ihm ernannten ersetzte und 1960 ein neues Parlament, DPR-GR (DPR Gotong Royong) und die höchste Staatsgewalt, die sogenannte Übergangs-MPR, MPRS (MPR Se-mentara) schuf, deren Mitglieder von ihm ausgewählt waren. Danach folgten die sukzessiven Verbote der Parteien.67

Mit der Wiederbelebung seiner alten politischen Philosophie, Nasakom (die Einheit von Nationalismus, Religion und Kommunismus, Nasionalisme, Agama, Komunisme) gewann Soekarno die Unterstützung der Kommunisten und stärkte zugleich seine

66 Vgl. dazu Feith, Herbert: Dynamics of Guided Democracy, in: McVey, Ruth (Hrsg.): Indonesia, New Haven 1963. S. 321 und Ricklefs, S. 249. Die Armee steigerte ihren politischen Einfluss durch die erfolgreiche Niederschlagung einer opponierenden Widerstandsorganisation, der selbst ernannten revolutionären Regierung Indonesiens PRRI (Pemerintah Revolusioner Republik Indonesia), die ge-gen die Korruption, die Unfähigkeit und die autoritäre Neigung der Jakarta Regierung war. Sie be-kam von Masjumi, der PSI und den USA Unterstützung. Daraufhin wurden die Militärposten auf den Außeninseln verstärkt, und die Armee fing an, sich in die Politik einzumischen. Nach der Zerschla-gung der PRRI wurden die Masjumi und die PSI, die größten politischen Oppositionen, wegen ihrer Hilfeleistung für die PRRI durch das Verbot ihrer regionalen Parteien in PRRI-Gebieten durch Nasu-tion, dem klugen und einflussreichsten Generalleutnant der Armee, entmachtet.

67 Die Opposition in der Masjumi und PSI, die die Demokratie mit der Gründung des Bündnisses für Demokratie, Liga Demokrasi, noch zu retten versuchte, wurde anschließend durch das Verbot ihrer Parteien aus dem Weg geräumt, und deren Vorsitzende wurden später mit dem Vorwurf eines Mordversuchs an Soekarno (Vgl. Legge, S. 292-294 und Ricklefs, S. 249f. u. 258) und der Beteili-gung an der PRRI-Rebellion verhaftet.

Position, um die wachsende Macht des Militärs zu brechen, das jetzt politisch nach dem UUD’45 auch im Kabinett und in regionalen Regierungen präsent war. Die Kommunisten konnten dadurch Millionen von Anhängern für ihre Partei, PKI, sowie für ihre Massen- und Arbeiterorganisationen gewinnen,68 sie bekamen Ministerpos-ten und beeinflussMinisterpos-ten die Regierung immer mehr gegen den Westblock. Im Januar 1965 trat Indonesien aus der UNO aus und verkündete ein Jakarta-Peking-Bündnis.69 Im August des gleichen Jahres beendete Soekarno die Zusammenarbeit mit dem IWF, der Weltbank und Interpol und proklamierte die Jakarta-Phnompenh-Hanoi-Peking-Achse.70 Die Kommunisten gingen soweit, ihre Kontrahenten, anti-kommunistische Zeitungen und Organisationen zu liquidieren und durch Beschlag-nahmung der Grundstücke eine Welle von gewaltsamen Auseinandersetzungen zwi-schen den PKI-Anhängern und den der NU und der PNI angehörenden Grundbesit-zern, Beamten und islamischen Milizen auszulösen. Ende 1964 forderten sie sogar die Bildung der „Fünften Streitkraft”, wobei die Arbeiter und Bauern in den Massen-organisationen der PKI aufgerüstet werden sollten. Somit versuchte die PKI ein Ge-gengewicht zur dominierenden Armee zu schaffen, jedoch verlor sie durch ihren ra-dikalen und autoritären Charakter immer mehr Sympathien in der Bevölkerung und schaffte sich eine feindliche Umgebung innerhalb der politischen Elite, vor allem un-ter den höheren Offiziere der Armee.

Im August 1965 sah es so aus, als ob die Kommunisten an die Macht gelangen wür-den. Die Voraussetzungen dafür waren ideal: die Unterstützung der Bevölkerung, die Rückendeckung von Soekarno und der Regierung. Als dann Soekarno krank wurde und sein Tod prophezeit wurde, verbreiteten sich Gerüchte, dass die Armee einen Putsch gegen Soekarno vorbereitet habe. Die Lage spitzte sich zu, nachdem der damalige Oberbefehlshaber der Armee, Achmad Yani, die Ablehnung der Nasa-kom-Prinzipien in der Armee und der Bildung der Fünften Streitkraft verkündet hatte.

Am frühen Morgen des 1. Oktober 1965 wurden Yani und weitere fünf höchste Offi-ziere der Armee von den kommunistischen Milizen und ihren Verbündeten in der

68 Vgl. Mortimer, Rex: Indonesian Communism under Sukarno. Ideology and Politics, 1959-1965.

Ithaca and London, 1974, S. 203ff.

69 Vgl. Ricklefs, S. 266 und Mortimer, S. 375.

70 Ebenda, S. 268.

Armee unter dem Kommando von Oberstleutnant Untung abgeholt und wenig später ermordet. Nasution, der eigentlich das siebte Opfer dieser Aktion sein sollte, konnte aber fliehen. Nach Sonnenuntergang wurde durch den Rundfunk bekannt gegeben, dass diese sogenannte 30.-September-Bewegung (Gerakan 30 September, G30S) eine militärische Operation gegen eine Kommission von Generälen der Armee ge-wesen sei, die mit der Unterstützung des CIA den Präsidenten Soekarno zu stürzen geplant hätten.71 Generalmajor Soeharto, der Führer des Strategischen Reserve-kommandos der Landstreitkräfte (KOSTRAD) und ein Vertrauter Yanis, verkündete mit dem Einverständnis der Führer anderer Militäreinheiten eine Gegenerklärung.

Darin hieß es, dass es ein Putschversuch der Kommunisten gewesen sei, um Soe-karno zu stürzen und die Macht über Indonesien zu erlangen. Diese Hetzpropagan-da und die Tatsache, Hetzpropagan-dass einige PKI-Milizen an der Ermordung der Generäle betei-ligt gewesen waren, wurde dann zur Rechtfertigung von landesweiten militärischen Operationen verwendet, also Verhaftung und Tötung von ca. zweihundert- bis drei-hunderttausend Kommunisten und deren Sympathisanten. Dies dauerte bis zum Frühjahr 1966 an.

71 Die Erklärung der Armee und der Regierung Soehartos lautet dahingehend, dass dieser Akt von den Kommunisten geplant gewesen sei, um ihre Macht in Indonesien zu sichern. Dagegen behaupten Anderson und McVey, dass im Mittelpunkt dieses Vorfalls die Spaltung der Armee und die Rivalität zwischen ihren Offizieren stehe, wobei die PKI und Soekarno ausgenutzt und dafür geopfert wurden (Siehe Anderson, Benedict R. und McVey, Ruth T.: A Preliminary Analysis of The October 1, 1965, Coup in Indonesia, Ithaca 1971). Eine andere Theorie spricht von der Mitwirkung des CIA an dem Putsch, um Indonesien aus der kommunistischen Richtung zu lenken, was teilweise vom CIA bestä-tigt wurde (S. Holtzappel, Coen: The 30 September Movement. A political Movement of The Armed Forces or An Intelligence Operation? In: Journal of Contemporary Asia, 9/2, 1979, S. 216-240, und Scott, Peter Dale: The United States and the Overthrow of Sukarno, 1965-1967. In: Pacific Affairs 58/2, 1985, S. 239-264). Bis jetzt kennt niemand die wahren Einzelheiten und die eigentlichen Be-weggründe der Akteure, außer ihnen selbst. Es scheint glaubwürdig, dass dieser Vorfall aus einer Zusammenarbeit der PKI und einigen Offizieren entstanden war. Die Kommunisten wollten dadurch das Militär von antikommunistischen Gegnern säubern und gleichzeitig durch die Entmachtung der einflussreichen Militärführung die Gefahr einer Machtübernahme durch die Armee bannen. Ande-rerseits war es auch ein Putsch innerhalb des Militärs, wobei einige jüngere Offiziere die alten Gene-räle in Jakarta, die ihre Machtstellung zur Selbstbereicherung ausnutzten und damit ihre Macht stärkten, beseitigen und so das Kommando an sich selbst reißen wollten. Klar ist jedoch, dass es kein lang geplanter oder gut organisierter Umsturz und auch kein kommunistischer Putschversuch war, sondern durch ein individuelles Komplott von einigen Kommunisten- und Armeeführern arran-giert war (Einige Hauptführer der PKI befanden sich zu dieser Zeit nicht in Jakarta, und die landes-weiten PKI-Massenorganisationen waren nicht darauf vorbereitet, eine solche Aktion zu unterstützen oder notfalls die Führung des Putsches zu übernehmen. Vgl. Analyse von Legge darüber in Legge, S. 391-396). Es war eher die Folge einer Spaltung in der Führung der Armee.

Anfang 1966 gingen die Studenten mit der Erlaubnis und unter dem Schutz der Ar-mee auf die Straße. Sie forderten wirtschaftliche Verbesserungen und die Auflösung der PKI, umringten den Präsidentenpalast und stürmten das Außenministerium und die Chinesische Botschaft. Mit den Studenten im Nacken und dem Druck des Mili-tärs hatte Soekarno keine andere Wahl als zurückzutreten. Am 11. März 1966 un-terzeichnete er einen vom Militär vorgeschlagenen Befehl, in dem er Soeharto dazu berechtigte, erforderliche Maßnahmen zur Wiederherstellung der Sicherheit und zur Stabilisierung der Regierungsgeschäfte zu ergreifen. Soeharto ordnete gleich am nächsten Tag die Auflösung und das Verbot der PKI an, verbannte ihre Führer und kommunistischen Politiker und säuberte die Armee, die Regierung, sowie die politi-schen Parteien und die damalige Beratende Volksversammlung, MPRS von Soekar-nos Anhängern. Am 27. März 1966 wurde das neue Kabinett mit Soehartos Vertrau-ten gegründet. Nasution wurde neuer Vorsitzender des MPRS, und dieses höchste Staatsorgan erließ Soekarnos Befehl vom 11. März 1966 als Gesetz, was dessen Rücknahme durch Soekarno ausschloss. Außerdem wurden die Beziehungen mit Malaysia, dem Westen und der UNO wiederhergestellt. Im März 1967 ernannte die MPRS Soeharto als amtierenden Präsidenten neben Soekarno als symbolischem Präsidenten, und ein Jahr später folgte Soehartos Berufung als alleinigem Präsiden-ten.