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Paare mit starkem Paarzusammenhalt

Im Dokument Prekäre Arbeit, prekäre Liebe (Seite 175-185)

ressource oder -verhinderung

6.1 Paare mit starkem Paarzusammenhalt

Wir beginnen mit den Paaren mit einem starken Paarzusammenhalt: Wie gelingt es ihnen, mögliche erwerbsseitige Anerkennungsdefi zite erträglicher werden zu lassen? Welche strukturellen und welche paarspezifischen Fakto-ren kommen hier zum Tragen?

6.1.1 Die Gesellschaft sieht nicht ihre Leistungen: Lara Laubenthal und Lars Löbner

Lars Löbner arbeitet als Fachkraft für eine ambulante Pflegeassistenz in einer 24-Stunden-Betreuung, Lara Laubenthal als Erzieherin in einer intensivthe-rapeutischen Wohngruppe. Beide bedienen sich einer deutlichen Wortwahl, um ihre Arbeitsbedingungen zu beschreiben. Unisono bezeichnen sie die-se als »beschisdie-sen«. Vor allem die zeitlichen Entgrenzungen beeinträchtigen ihr Leben. Lars Löbner wechselte in den vergangenen Jahren mehrfach die Pflegeeinrichtungen, da seine Arbeitszeiten so entgrenzt waren, dass er »für nix Zeit« hatte und bedauert: »letztendlich hab’ ich von meinem Leben nix gehabt«.

Zeitlich entgrenzte Erwerbsverhältnisse und Arbeit aus Überzeugung

Zum Zeitpunkt des Interviews arbeiten beide weiterhin in wechselnden Schichtdiensten, Nacht- und Wochenendeinsätze hat aber immerhin Lars Löbner nicht mehr. Die Wechselschichtdienste machen aus Lara Laubent-hals Leben »irgendwie so ein Durcheinander« und setzen ihr auch körper-lich zu: »da hab’ ich halt keinen Tagesrhythmus, wo sich mein Körper immer

wieder zu ’ner bestimmten Zeit einfach ausruhen kann«. Da sie keine Kinder haben, würden sie bei der Urlaubsplanung benachteiligt und regelmäßig an Feiertagen eingesetzt. Wenn Lara Laubenthal sich über die Arbeitszeiten und Schichtdienste bei ihrer Leitung beschwert, wird auf ihr junges Alter verwie-sen, was sie als ungerecht empfindet. Durch den Schichtdienst haben die beiden nur selten gemeinsam frei. Auch an Weihnachten und Sylvester seien sie häufig getrennt, was sie von anderen Paaren unterscheide, wie Lara Lau-benthal findet: »hab’ ich dann auch alleine gefeiert […] ja ist dann schon an-ders wie bei anderen Paaren«. In der Deutung beklagt Lara Laubenthal hier nicht nur die fehlende gemeinsame Zeit als Paar, sondern auch ihre Abwei-chung von einem ihr als normal erscheinendem Leben als Paar.

Sieht man von den Beschäftigungsbedingungen ab, identifizieren sich aber beide stark mit ihren Berufen. Anders würde dies aus Lars Löbners Sicht auch gar nicht gehen, was Lara Laubenthal bekräftigt:

»also die Berufe muss man aus Überzeugung machen /Lara Laubenthal: Ja/ anders geht ’s nicht. Wenn du nicht davon überzeugt bist, dass dann kriegst du das einfach nicht hin dann macht dich das psychisch so kaputt«.

Lars Löbner betont, dass er nicht einfach am Schreibtisch Zeit absitze, son-dern immer unterwegs und in Aktion sei. Er müsse sich immer auf den kon-kreten Menschen einstellen, arbeite körperlich hart und trage viel Verant-wortung. Auch Lara Laubenthal stellt ihre große Verantwortung heraus. Sie dürfe auf keinen Fall Fehler machen, müsse immer ansprechbar und sou-verän sein. Sie betont mehrfach, wie körperlich und psychisch herausfor-dernd ihre und auch seine Tätigkeit sei, vor allem wenn man sie mit Akade-miker*innen in Büros vergleicht, die vom »Tuten und Blasen von der Praxis wieder keine Ahnung haben«.

Beide verweisen also auf die hohen Anforderungen, die an sie gestellt wer-den und auf wer-den großen Einsatz, wer-den sie bringen. Dabei markieren sie eine Differenz zu Menschen, die in ihrer Wahrnehmung zwar über viel Bildung verfügen, aber dennoch wenig von der Praxis wissen, zumindest im Vergleich zu ihnen. Für diesen großen Einsatz erwarten sie auch eine Gegenleistung, nämlich gesellschaftliche Anerkennung, wie sie konsensuell ausführen:

»Weil du opferst schon ’n ziemlichen Großteil von deinem Leben für die Leute, da-mit das denen /Lara Laubenthal: Ja/ schöner und besser und angenehmer zu ma-chen, und dafür find ich gehört auch eine Anerkennung«.

Wie zeigt sich für sie also das Verhältnis von dem, was sie mit ihrer Erwerbs-arbeit gesellschaftlich erbringen und dem, was sie zurückerhalten?

Fehlende gesellschaftliche Anerkennung

Aus ihrer Sicht erhalten sie nur von ihren Pflegepatient*innen und den Be-wohner*innen Anerkennung, aber nicht von ihren Einrichtungen, der Poli-tik und der Gesellschaft. Dies erleben sie als ungerecht. Die fehlende Wert-schätzung für Lars Löbners Arbeit zeigt sich für ihn in seinen entgrenzten Arbeitszeiten. Büroangestellte hätten wesentlich mehr Freizeit als er und im Vergleich fühle er sich »wie so ’n Idiot«:

»Das zieht dich dann schon runter für das dass du 15 Stunden am Tag buckelst und der stempelt nach acht Stunden und macht ‚joo ich geh jetzt heim, hab’ Wochen-ende, Feiertage ah ja, da hab’ ich ein Brückentag, dann hab’ ich mal vier Tag frei’«.

Fehlende Anerkennung drücke sich für Lars Löbner auch darin aus, dass sein hoher Einsatz in seiner Erwerbsarbeit vielen als Selbstverständlichkeit erscheine:

»Und das ist das Problem, das mich am meisten stört, dieses selbst ja einfach das alles haja natürlich ist einer da, der macht das schon klar und das nervt«.

Lara Laubenthal war schockiert, als sie hörte, dass Langzeitarbeitslose als Erzieher angeworben werden sollen: »Mein Beruf kann jeder Depp ma-chen […] so fühl ich mich da«. Beide sind auch mit ihren Einkommen nicht zufrieden. Zwar können sie ihre laufenden Kosten decken, aber ihr enormer Einsatz und auch die Belastungen der Schichtdienste werden nicht vergol-ten, wie Lars Löbner findet: »was du kriegst, das ist ja ’n Witz«. Für Lara Laubenthal drückt sich an ihrem im Vergleich zur Industrie geringen Ein-kommen die fehlende gesellschaftliche Wertschätzung für ihre Tätigkeiten und für die Pflegebranche insgesamt aus, was sie als große Ungerechtigkeit erlebt und worin Lars Löbner sie leidenschaftlich unterstützt:

Lara Laubenthal: Das würd’s niemals in der Industrie geben Lars Löbner: nee

Lara Laubenthal: das ist einfach

Lars Löbner: und darum macht’s ja auch keiner mehr

Lara Laubenthal: und das macht auch einem auch ähm so bisschen ’s gibt gibt ei-nem so ’ne WUT gegenüber der Politik und dann denkt man ein-fach […] man selber wird ausgenutzt wie eine Weihnachtsgans.

Das Paar bringt übereinstimmend großen Ärger zum Ausdruck. Während andere für das wenige Geld gar nicht arbeiten würden, seien sie die Dum-men, die es trotzdem machen. Lara Laubenthal ärgert sich über die Schamlo-sigkeit, mit der in ihrer Wahrnehmung gesellschaftlich ein Vorteil aus ihnen

gezogen wird (»ausgenutzt wie eine Weihnachtsgans«). In der Rekonstruk-tion erscheint das Verhältnis von dem, was sie mit ihrer Erwerbsarbeit gesell-schaftlich geben und dem, was sie zurückhalten, als stark gestört.

Sichtbarmachung ihrer Leistungen und Herstellung von Gemeinsamkeit im Paar

Beide kommen darin überein, dass sie unter harten und zeitlich entgrenzten Bedingungen arbeiten und dafür nicht ausreichend gesellschaftliche Aner-kennung erhalten. In ihrer Paarbeziehung machen sie dagegen ihre Leistun-gen in der Erwerbssphäre wechselseitig sichtbar. Auch dabei stellen sie viel Gemeinsamkeit her, denn beide arbeiten nicht etwa im Büro, sondern sehr hart »an der Front«, wie Lara Laubenthal betont. In einer Lesart platziert Lara Laubenthal das Paar in einen militärischen Kontext, in dem sie an der vordersten Linie gemeinsam gegen Feinde kämpfen. Die oben von Lars Löb-ner markierte harte Arbeit (»buckelst«) wird von ihr um die Konnotation des Risikos und der Lebensgefahr (»Front«) verstärkt.

Beide sind sich auch darin ähnlich, nicht studiert, sondern eine Ausbil-dung absolviert zu haben. Sie seien die »kleinen Arbeiter«. Oben stellten wir dar, wie sie sich von Büroangestellten und Akademiker*innen abgrenzen.

An dieser Stelle präsentieren sie mit »kleine Arbeiter« ihre Zugehörigkeit.

In der Deutung markieren sie hier ihre körperlich anstrengende Tätigkeit, mit der sie zwar nicht im gesellschaftlichen Rampenlicht stehen, aber die Gesellschaft voranbringen. Mehrfach bekräftigen sie sich im Paarinterview wechselseitig darin, wie wichtig und nicht selbstverständlich ihr großer Ein-satz sei, wie etwa, wenn Lars Löbner über Lara Laubenthals Arbeit ausführt:

»Wie ich schon gesagt habe, das ist nicht alles selbstverständlich, dass sie […]

Nachtschicht schiebt«. Zudem hält Lara Laubenthal Pflegetätigkeit für ge-sellschaftlich notwendig: »man braucht halt Leute, wo das machen«.

Mit dem wechselseitigen Herausstellen ihres enormen Einsatzes und ih-rer Leistungen in ihih-rer Paarbeziehung können sie die erwerbsseitigen Aner-kennungsdefizite zwar nicht aus der Welt schaffen, aber sie werden erträgli-cher, weil immerhin der je andere die Leistungen in der Erwerbssphäre und die besonderen Belastungen wahrnimmt. Indem sie wechselseitig ihre Be-lastungen und Leistungen sichtbar machen und anerkennen, stellen sie Ge-meinsamkeit her, was ihren Paarzusammenhalt weiter stärkt.

Ein starkes Team

Ihr starker Paarzusammenhalt resultiert aber nicht nur aus der wechselsei-tigen Sichtbarmachung und Anerkennung ihrer Leistungen in der Erwerb-sphäre. Sie zollen sich auch Liebesanerkennung, benennen ihre Gefühle für-einander, ihre Nähe und betonen, dass sie eine lebendige Beziehung haben.

Für Lara Laubenthal habe sich aus der anfänglichen Verliebtheit »richtige Liebe« entwickelt, sie mag Lars Löbner für seinen Humor und seine Sen-sibilität: Er »sieht […] auch mal, wenn’s mir schlecht geht und und solche unausgesprochenen Sachen«. Sie könne sich auf ihn verlassen und findet, dass es mit ihm »im Team gut funktioniert«. Auch könnten sie über alles re-den, was Lars Löbner bekräftigt und sich als »Freund und bester Freund in einem« versteht. Er schätzt an seiner Partnerin »eigentlich alles, ihre Art«.

Dass sie sich so gut verstehen, liegt für das Paar vor allem daran, dass beide an ihrer Beziehung arbeiten und er nicht erwarte, »dass sie automatisch bis an mein Lebensende mit mir zusammenbleibt, […] wenn ich nix mache«.

Lara Laubenthal bestätigt: »Beziehung ist immer ein permanentes Arbeiten«.

In der Rekonstruktion wird ihr Paarzusammenhalt auch durch die Ähnlich-keit ihrer Beziehungsvorstellungen und die ihrer wechselseitigen Erwartun-gen weiter abgesichert.

Im Haushalt zeigt sich eine ungleiche Arbeitsteilung: Nach Lara Lau-benthal erledigt sie Dreivierteil, er ein Viertel. Auch wenn Lars Löbner ver-sucht, seinen Anteil größer darzustellen als er Lara Laubenthal erscheint, wirft sie ihm ihre Mehrarbeit im Haushalt nicht vor, sondern entlastet ihn mit Verweis auf ihr Geschlecht: »Ah ich würd sagen, das ist ähm, die Frau sieht da manchmal ein bisschen mehr wie der Mann.« Es scheint, als würde Lara Laubenthal über ihre Ungleichheiten in der Arbeitsteilung hinwegse-hen wollen. Entscheidender sei, dass sie einen starken Zusammenhalt haben und »meistens schon als Team« sehr gut zusammenarbeiten.

Lara Laubenthal und Lars Löbner stehen also für ein Paar mit einem star-ken Paarzusammenhalt, der auf ihrer intersubjektiven Liebesanerstar-kennung sowie auf ihrer reziproken Anerkennung für ihre Leistungen in der Erwerbs-sphäre basiert. Damit können ihre erwerbsseitigen Anerkennungsdefizite für einander erträglicher machen. In Lara Laubenthals Selbstbeschreibung des Paares, ein gutes Team zu sein, tritt allerdings auch die ungleiche Hausar-beitsteilung in den Hintergrund, die sie zudem mit tendenziell naturalisie-renden Geschlechterdifferenzen entproblematisiert.

6.1.2 Arbeit als Dienst an der Liebe: Dana und Daniela Daub

Dana und Daniela Daub arbeiten heute sehr gerne (siehe Kapitel 4.3), dies war aber nicht immer so. Als sich die beiden kennenlernten, hatte Dana ge-rade ihr Ethnologie-Studium abgeschlossen. Daniela Daub stand kurz vor Abschluss ihres Biologie-Studiums, was sie zuvor für ein Semester unter-brochen hatte, da ihr Sohn Dennis auf die Welt kam. Für beide war es die sprichwörtliche Liebe auf den ersten Blick. Dem Paar ist schnell klar, zusam-menbleiben zu wollen, wie sich Daniela Daub erinnert: »Und da haben wir dann unser Leben sozusagen also haben wir dann gesagt, dass wir’s auch zu-sammen gestalten wollen«. In der Geschäftsführung eines naturkundlichen Museums und in der Verwaltung einer Umweltbehörde finden beide einige Monate nach ihrem Abschluss sichere und qualifizierte Beschäftigungen, die beide nicht wirklich erfüllte, wie Dana Daub ausführt: »na wir haben beide halt Geld verdient so und ähm waren aber in beiden Berufen nicht wirklich zufrieden«. Auch wenn sie qualifizierte und sichere Beschäftigungen fanden, klaffte zwischen dem, was sie taten und dem, was sie wollten, eine Lücke.

Etwas Gemeinsames machen

Nach wenigen Jahren entschließen sich Daniela und Dana Daub zu kündi-gen, um das machen zu können, »was wir schon immer eigentlich wollten«

(Daniela Daub): Dana Daub mag Bildungsarbeit, aber nicht in einem Mu-seum, und Daniela Daub will sich für Naturschutz einsetzen, aber nicht in einer Behörde. Beide möchten etwas Gemeinsames machen, eine sinnvolle Arbeit, über die sie gemeinsam bestimmen können und in der sie ihren All-tag teilen. Nach nächtelangen Überlegungen ist die Idee einer Begegnungs-stätte für Naturschutz geboren und das Paar beginnt, sie Schritt für Schritt zu verwirklichen. In einer nahegelegenen ländlichen Region finden sie eine renovierungsbedürfte Villa und unterzeichnen einen Pachtvertrag. Nach drei Jahren, in denen beide weiter in Teilzeit arbeiten, um sich den Renovierungs-arbeiten und der Konzeptualisierung der Begegnungsstätte WaldKontakt widmen zu können, begrüßen sie die ersten Gäste. Die von ihnen geführten Waldlehrpfade, die Workshops zur Anlage eines Hochbeets, die geführten Spaziergänge zur Pilzernte und die ornithologischen Workshops werden al-lerdings nur zögerlich nachgefragt. Vor allem Familien nutzen die Tagesstät-te in den Schulferien. Eigentlich müssTagesstät-te das Begegnungszentrum ausgebaut werden, um auch Schulklassen beherbergen zu können.

Nachteile der prekären Selbstständigkeit

Mit ihrer Selbstständigkeit realisieren die Daubs zwar ihren gemeinsamen Wunsch, dieser erweist sich jedoch auch als prekär: Sie haben nur ein sehr geringes Einkommen und müssen hohe Investitionen tätigen. Auch wenn sie unter der Armutsgrenze leben, sind sie optimistisch, dass es in Zukunft besser wird. (Viel) Geld spiele für das Paar ohnehin nur eine untergeord-nete Rolle, schließlich seien sie laut Daniela Daub Idealistinnen: »Ich finde Reichtum definiert sich nicht […] mit Geld«. Auch Dana Daub betont: »ich mach diese […] Arbeit nicht, weil ich Geld verdienen möchte«.

An ihrer Tätigkeit beklagen sie, dass sie als Frauen im direkten Kontakt mit Jägern und Förstern häufig nicht ernst genommen würden, so Daniela Daub:

»Also ich finde, Männer haben oft die Tendenz so grade, wenn sie F äh Frauen sehen, sehr gerne erst mal alles zu erklären und irgendwie grade so wenn’s männ männliche Bereiche sind«.

Auch hätten sie kaum Freizeit, da ihr Betrieb, so Dana Daub, »einem Fass ohne Boden« gleiche und sie sechs Tage die Woche von sieben Uhr morgens bis 22 Uhr abends arbeiten. Wie sie resümieren, ist ihre Selbstständigkeit ein risikoreiches und ambivalentes Unterfangen, da es nur funktioniert, so lan-ge beide lan-gesund und tatkräftig sind. Auch sind sie darauf anlan-gewiesen, dass ihr Sohn Dennis gesund ist und im Arbeitsalltag weitgehend mitlaufen kann und will.

Was sie an ihrer Selbstständigkeit weiter stört, sei die viele bürokratische und buchhalterische Arbeit sowie Werbung. Weiter steht der Ausbau der Be-gegnungsstätte an, womit sie mit baurechtlichen, architektonischen und fi-nanziellen Fragen beschäftigt sind, für die sich beide nicht kompetent füh-len. Auch müssten sie ihre Werbestrategien ausbauen, um mehr Buchungen zu erhalten. Dana Daub resümiert:

»Natürlich ist das nicht alles rosarot irgendwie so […] die ganze Vermarktung, der ganze wirtschaftliche oder ö ökonomische Druck und grade in der Hochsaison, wo wir wirklich sechzehn achtzehn Stunden pro Tag arbeiten […] dieses man muss ja sich vermarkten und man muss irgendwie äh gucken, dass das Geld reinkommt, und das nimmt leider einen großen Teil ein in unserer Arbeit«.

Sinnvolle Arbeit

In einer sozialkommunikativen Dimension betrachten sie ihre Selbstständig-keit allerdings nicht als prekär, sondern als maximal sinnvoll. Dana Daub fin-det, Lernen sollte nicht innerhalb von festgelegten Zeitintervallen im Muse-um stattfinden, sondern draußen im Freien und ohne zeitliche Begrenzung.

Daniela Daub möchte sich nicht der Logik der Pünktlichkeit und des Stun-densolls unterwerfen, sondern der Natur und den wechselnden Jahrzeiten.

In starken Worten der Hingabe und Leidenschaft erläutert Daniela Daub ihre Begeisterung darüber, dass sie als gemeinsame Chefinnen über Entschei-dungsautonomie verfügen:

»Das lieb ich und ich mh lieb auch so, dass wir selbstständig sind. Also, dass wir bei-de die Chefinnen hier sind und wirklich selber sagen können, so machen wir es, so machen wir es nicht. Und einfach zu zweit das entscheiden können«.

Auch ihre mit ihrer Selbstständigkeit verbundenen Freiheiten und ihre dar-aus resultierende Zeitautonomie seien ihnen nicht nur wichtig, sie lieben sie:

»so diese Freiheiten die wir haben. Das find ich, das das lieb ich schon sehr. Also, dass wir auch sagen können, jetzt trinken wir ein Kaffee und jetzt machen wir eine Pause und äh jetzt mh machen wir Sonntag arbeiten wir durch, aber dafür machen wir mal am Mittwoch frei oder so. Also dass dass wir da selber so entscheiden können ähm, wie wir unsern Alltag gestalten w w wie wir unsere Arbeit gestalten«.

Das Paar ist zutiefst dankbar für seine Arbeit: »ich find’s nach wie vor ein Geschenk, dass wir diese Arbeit machen«. Während wir bei Lars Löbner und Lara Laubenthal rekonstruierten, dass das Verhältnis zwischen dem, was sie mit ihrer Erwerbsarbeit der Gesellschaft geben und dem, was sie zurück-erhalten, gestört scheint, fühlt sich Paar Daub für seine gemeinsame Selbst-ständigkeit beschenkt. In der Deutung geben sie sich dieses Geschenk selbst.

Es ist aber auch ein gesellschaftliches Geschenk, dass ihnen ihre Selbststän-digkeit überhaupt möglich ist und sie nicht ihren alten Berufen nachgehen müssen.

Paarverwirklichung durch Arbeit

In der Rekonstruktion steht für Dana und Daniela Daub nicht Erwerbsar-beit und auch nicht die Begegnungsstätte WaldKontakt, sondern ihre Paar-beziehung an erster Stelle. Sie führen die Begegnungsstätte nicht vorrangig, weil sie nach Selbstverwirklichung in der Erwerbssphäre streben, sondern als

Mittel der Paarverwirklichung: In ihrer Tätigkeit bei WaldKontakt praktizie-ren sie ihre wechselseitige Liebe. Sie arbeiten füreinander und sind stolz auf das, was sie gemeinsam geschaffen haben. Dabei ergänzen sie sich in ihren Leidenschaften, Bildungsarbeit und Naturschutz, teilen die gleichen Ziele und leben niemals nebeneinander her.

Dass sie sich wechselseitig sehr gut ergänzen, zeigt sich auch in der Auf-teilung der Hausarbeit, so Dana Daub:

»Wir fragen uns oft mal vorher so, was willst du denn machen, und dann denken wir uns beide oh Gott was wir lieber machen und es ist immer genau das, was die andere dann nicht machen will und es passt dann«.

Beide betonen, darauf zu achten, dass sich keine Ungleichheiten in ihre Ar-beitsteilung einschleichen, wie sie ihnen von heterosexuellen Paaren bekannt sind. Dana Daub erläutert, dass sie nicht nach männlichen und weiblichen Tätigkeiten unterscheiden:

»Also wir haben natürlich unsere Vorlieben. Und ähm aber wir beide machen auch Bereiche, die irgendwie jetzt vielleicht klassisch eher Männer machen und andere die mh eher Frauen eher machen. Aber und wir fragen uns auch immer, ja willst du nicht mal das andere machen, also wir schauen schon, dass es auch immer die Offenheit gibt, dass man, dass man da auch mh die die Arbeiten wechselt«.

Mit Blick auf ihre Arbeitsteilung erscheint es ihnen als Vorteil, kein hetero-sexuelles Paar zu sein:

Mit Blick auf ihre Arbeitsteilung erscheint es ihnen als Vorteil, kein hetero-sexuelles Paar zu sein:

Im Dokument Prekäre Arbeit, prekäre Liebe (Seite 175-185)