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5.2 Immunhistologische Befunde und Befunde der In-situ-Hybridisierung

5.2.1 Nukleoprotein, Phosphoprotein und korrespondierende RNAs

BDV-N ist mit der viralen RNA assoziiert und stellt die Hauptkomponente des viralen Polymerase-Komplexes (RNP) dar (SCHNEIDER et al., 2003; DE LA TORRE, 2006).

Aufgrund des Pendelns zwischen Zytoplasma und Nukleus (nucleocytoplasmatic shuttling) wird BDV-N als wichtiger Faktor beim Transport des viralen RNP aus dem Kern angesehen (KOBAYASHI et al., 2001). Auch BDV-P wird aufgrund seines Interaktionspotentials mit viralen Nicht-Strukturproteinen (vgl. 2.2.5.2) als essentieller Kofaktor für die virale Polymerase diskutiert. Darüber hinaus ist das intrazelluläre Verhältnis von BDV-N zu BDV-P für die Funktion des RNPs von wesentlicher Bedeutung.

BDV-N und +ssBDV-N waren vergleichbar mit früheren in vivo-Untersuchungen an Mäusen, Ratten und Pferden sowohl in Neuronen, als auch in Astrozyten und Oligodendrozyten nachweisbar und entsprachen mit zytoplasmatisch und nukleär lokalisierten Signalen dem bereits publizierten intrazellulären Verteilungsmuster

(HERDEN, 1997; HERDEN et al., 1999; HERDEN et al., 2000; WERNER-KEIŠS et al., 2002, 2008; KRAMER, 2006; 2.2.5.1). Hierbei ist die disseminierte intrazelluläre Verteilung des BDV-N höchstwahrscheinlich auf das nucleocytoplasmatic shuttling zurückzuführen (KOBAYASHI et al., 1998).

Die zytoplasmatisch lokalisierte +ssBDV-N deutet darüber hinaus auf das Vorliegen verfügbarer BDV-N-kodierender Transkripte hin. Bei adult infizierten Lewis-Ratten lagen nukleäre +ssBDV-N-spezifische Reaktionen zu frühen Zeitpunkten p.i. oft nur punktförmig vor, was auf eine aktive mRNA-Synthese hindeuten soll (HERDEN, 2009). Die punktförmigen Akkumulationen sollen hierbei den Nukleolus als Ort der viralen Replikation darstellen (PYPER et al., 1998). In der vorliegenden Studie war in Gruppe I, die aus Tieren bestand, die sich in der akuten Phase der BDV-Infektion befanden, keine vergleichbare Dominanz punktförmiger intranukleärer Reaktionsprodukte nachweisbar.

In Bezug auf die intrazelluläre Verteilung von +ssBDV-N waren dezente Unterschiede zwischen den Gruppen zu beobachten, die als Hinweis auf eine Regulation der BDV-N-Expression interpretiert werden können. Während in Gruppe I +ssBDV-N-spezifische Reaktionen im Zytoplasma des Perikaryons dominierten, war +ssBDV-N bei Pferden der Gruppe II vermehrt nukleär lokalisiert und lag in Gruppe III sogar vorrangig im Nukleus vor. Diese Verschiebung zu Gunsten einer +ssBDV-N-spezifischen Reaktion im Nukleus könnte auf eine nukleäre Retention der +ssBDV-N im chronischen Stadium der BD hindeuten. Eine möglicherweise daraus resultierende Änderung des Verhältnisses von BDV-N zu BDV-P und deren Folgen werden gemeinsam mit den Ergebnissen des +ssBDV-P-Nachweises diskutiert (s.u.).

Im Gegensatz zu +ssBDV-N waren bei BDV-N bezüglich der intrazellulären Verteilung keine gruppenspezifischen Unterschiede zu erkennen, was darauf hinweisen würde, dass BDV-N trotz Abnahme der zur Translation zur Verfügung stehenden BDV-N-Transkriptmenge im chronischen Krankheitsstadium weiterhin diffus im Zytoplasma vorhanden ist. Da es sich jedoch sowohl bei der durchgeführten Immunhistologie, als auch bei der ISH um qualitative Nachweismethoden handelt, sollten zukünftige Studien um quantitative Untersuchungen erweitert werden, um den vermeintlichen Transkriptabfall bei bestehender Proteinexpression zu interpretieren.

Darüber hinaus könnte eine Analyse der Halbwertszeit des BDV-N weiteren Aufschluss geben.

Zwei der untersuchten BDV-infizierten Pferde (Nr. 11 und Nr. 14) wiesen wahrscheinlich eine Infektion mit einer BDV-Variante auf, die aufgrund einer Epitopvarianz durch den monoklonalen Antikörper Bo18 nicht erkannt wurde (HERDEN et al., 1999; 3.3.1.1; 4.3.1.1). Die Abweichung in der Nukleotidsequenz dieser BDV-Variante soll jedoch weder einen Einfluss auf die Neurovirulenz besitzen, noch Veränderungen im Replikations- und Transkriptionsmuster des BDV hervorrufen (NOWOTNY et al., 2000; Übersicht bei DÜRRWALD et al., 2006).

Übereinstimmend hierzu unterschied sich die intrazelluläre Verteilung des BDV-N, das bei diesen beiden Tieren unter Verwendung des polyklonalen Antikörpers p38 detektiert wurde, nicht von der der übrigen Pferde.

BDV-P ist bei experimentell infizierten Lewis-Ratten und natürlich infizierten Pferden in Neuronen, Astrozyten und Oligodendrozyten sowohl im Nukleus, als auch im Zytoplasma und in neuronalen Fortsätzen nachweisbar (HERDEN, 1997; HERDEN et al., 1999). Die Pferde der vorliegenden Studien wiesen einen gleichartigen Zelltropismus und eine ähnliche intrazelluläre Verteilung mit einer dominierenden zytoplasmatischen Lokalisation des BDV-P auf. Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die in experimentellen Studien bereits beschriebenen viralen Replikationsstrategien vermutlich in vergleichbarer Weise bei natürlichen BDV-Infektionen vorkommen.

Der vorwiegend zytoplasmatische Nachweis des BDV-P entspricht den Ergebnissen früherer in vitro-Untersuchungen, die eine Translokation des BDV-P in das Zytoplasma durch Interaktion mit BDV-X beschreiben (KOBAYASHI et al., 2003;

POENISCH et al., 2004; YANAI et al., 2006). Phosphoryliertes BDV-P scheint für eine effiziente Virusausbreitung durch einen intrazellulären Transport viraler RNPs von großer Bedeutung zu sein (SCHMID et al., 2010). Der statistisch signifikant höhere Wert BDV-P-positiver Reaktionen in den zellulären Fortsätzen in Gruppe I gegenüber Gruppe II könnte daher auf eine vermehrte intraaxonale Ausbreitung des BDV in Form von RNPs hindeuten (CUBITT u. DE LA TORRE, 1994; GOSZTONYI u.

LUDWIG, 1995; KOHNO et al., 1999). Eine entsprechende Abnahme spezifischer

Signale des BDV-N, als weitere Komponente der RNPs, in den zellulären Fortsätzen von Gruppe I zu Gruppe II war dagegen nicht darstellbar. Inwieweit dieser Gegensatz auf die Varianz innerhalb der einzelnen Gruppen zurückzuführen ist, oder durch andere Faktoren wie z. B. unterschiedliche Halbwertszeit der Proteine oder Maskierung des vom spezifischen Antikörper erkannten Epitops des BDV-N durch die Bindung viraler oder zellulärer Komponenten bedingt sein könnte, muss in zukünftigen Studien weitergehend untersucht werden.

Über Zelltropismus und intrazelluläre Verteilung von +ssBDV-P sind bis dato keine detaillierten Untersuchungen bekannt. Wie bereits bei BDV-P angedeutet, wies auch bei +ssBDV-P eine statistisch signifikante Abnahme der Signale von Gruppe I zu Gruppe III auf geringere zytoplasmatische Reaktionen in den Fortsätzen im subakut bis chronischem Infektionsstadium hin. Darüber hinaus lag bei Gruppe III gegenüber Gruppe I eine statistisch signifikante Abnahme der zytoplasmatischen Reaktion im Perikaryon vor, die sich bei einigen Tieren der Gruppe III in einer Zunahme der nukleären +ssBDV-P-spezifischen Reaktion widerspiegelte. Diese Ergebnisse lassen auf einen geringeren zytoplasmatischen Export von +ssBDV-P im fortgeschrittenen Stadium natürlicher BDV-Infektionen schließen, der zu einer Regulation der BDV-P-Expression beitragen kann.

Experimentelle Studien haben gezeigt, dass für die Funktion des RNPs die Feinregulation durch das intrazelluläre Verhältnis von BDV-N zu BDV-P von essentieller Bedeutung ist. Eine optimale Replikation setzt ein Verhältnis von BDV-N zu BDV-P von 20:1 voraus. Bei einem Verhältnis beider Proteine von 1:1 findet eine Hemmung der Replikation statt (SCHNEIDER et al., 2003; Übersicht bei SCHNEIDER, 2005).

Während bei den natürlich infizierten Pferden in Bezug auf die intrazelluläre Verteilung von BDV-N und BDV-P keine qualitativen Differenzen erfasst wurden, ergaben sich in der ISH diesbezüglich dezente Unterschiede, die auf einen vergleichbaren Mechanismus bei natürlichen BDV-Infektionen hinweisen. In Gruppe I war sowohl +ssBDV-N als auch +ssBDV-P vorrangig im Zytoplasma des Perikaryons lokalisiert, während +ssBDV-N in Gruppe II vermehrt nukleär zu detektieren war und schließlich in Gruppe III beide +ssRNAs vorwiegend im Nukleus vorlagen (vgl. 4.4.7).

Dieses Ergebnis könnte auf eine nukleäre Retention der subgenomischen RNAs hindeuten. Es ist denkbar, dass in Gruppe II zunächst ein geringerer zytoplasmatischer Export von +ssBDV-N eine verminderte BDV-N Expression zur Folge hat, so dass im Vergleich zu BDV-P weniger BDV-N vorhanden ist, sich demzufolge das Verhältnis dieser beiden Proteine zu Gunsten des BDV-P verschiebt und so die Replikation reguliert wird. Dies kann auch die virale Persistenz im Gehirn natürlich infizierter Pferde begünstigen.

Da mittels ISH jedoch nur qualitative Aussagen über die Anzahl der jeweiligen RNA getroffen werden können, sollten diese Ergebnisse in zukünftigen Studien durch quantitative Untersuchungen der subgenomischen RNAs überprüft und mit quantitativen Untersuchungen zur Menge der entsprechenden Proteine korreliert werden.