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2.1 Die Bornasche Krankheit

2.1.2 Klinik und Histopathologie

2.1.2.1 Natürliche Infektion

Bei Pferden variiert die Inkubationszeit nach natürlicher Infektion mit BDV zwischen zwei Wochen und mehreren Monaten und soll im Durchschnitt zwei bis drei Monate betragen (SCHMIDT, 1952; KATZ et al., 1998).

Pferde, die an der klinischen Verlaufsform der BD erkranken, zeigen typischerweise einen akuten Krankheitsverlauf mit zunehmenden neurologischen Symptomen, der bei mehr als 80% der betroffenen Tiere innerhalb von ein bis vier Wochen zum Tod führt (GRABNER u. FISCHER, 1991; UHLIG u. KINNE, 1998; Übersicht bei RICHT et al., 2000; RICHT u. ROTT, 2001; RICHT et al., 2007). Die klinische Symptomatik variiert hierbei von Tier zu Tier, abhängig von der Virusausbreitung im Gehirn und der Lokalisation der Entzündungsreaktionen (GRABNER u. FISCHER, 1991).

Das frühe Stadium der akuten Erkrankung ist durch Verhaltensänderungen in Form von Stupor und Somnolenz gekennzeichnet. Langsame Futteraufnahme, Kau-bewegungen ohne Abschlucken des Futters (sog. „Pfeifenrauchen“) und Leer- bzw.

Wickelkauen, unterbrochen durch häufiges Gähnen und Kopfpressen, sind ebenfalls wichtige diagnostische Hinweise. Als extraneurales Symptom ist in vielen Fällen anfangs zusätzlich therapieresistentes, rekurrierendes Fieber zu beobachten (UHLIG u. KINNE, 1998). Die Störungen der Kaubewegung und des Schluckvorganges führen außerdem zu einer deutlich verminderten Futter- und Wasseraufnahme, wodurch sich häufig eine inanitionsbedingte Hyperbilirubinämie entwickelt, die sich in leicht ikterischen Schleimhäuten manifestiert (GRABNER et al., 2002).

Im fortgeschrittenen Stadium der BD stehen Störungen der Bewegungskoordination und des Gleichgewichts im Vordergrund. Neben Kopfschiefhaltung und Ataxie ist das Fehlen adäquater Reaktionen auf Schmerzstimuli und fehlende Korrektur abnormer Körperhaltung als Zeichen gestörter Propriozeption auffällig.

Das Endstadium der BD geht bei vielen Tieren mit einem neurogenen Torticollis einher, der häufig mit zwanghaften Kreisbewegungen (sog. „Manegebewegungen“)

assoziiert ist. Kopfzuckungen, Krampfanfälle und Blindheit sind in diesem Stadium ebenfalls häufig zu beobachten. Schließlich fallen die Tiere ins Koma und sterben.

Seltener werden atypische Symptome wie hochgradige Abmagerung, rekurrierende Kolik, chronische Lahmheit und Verhaltensstörungen (z. B. Kopfschütteln) beschrieben (BODE et al., 1994a; DIECKHÖFER, 2008), die jedoch in anderen Studien nicht beobachtet wurden.

Neben dieser akuten klinischen Verlaufsform wird bei ca. 10% der klinisch apparent erkrankten Pferde ein chronischer, teils rezidivierender Krankheitsverlauf beschrieben.

Histopathologisch zeigen natürlich infizierte Pferde, vorwiegend im Bulbus olfactorius, Nucleus caudatus, Hippocampus, Thalamus und in den periventrikulären Gebieten der Medulla oblongata, eine nicht-eitrige Meningoenzephalitis mit perivaskulären, parenchymatösen und leptomeningealen Infiltraten, die sich aus T-Zellen, B-T-Zellen, Plasmazellen und Makrophagen zusammensetzen (BILZER et al., 1995; CAPLAZI u. EHRENSPERGER, 1998; HERDEN et al., 1999). Die pathognomonischen intranukleären Joest-Degensche Einschlusskörperchen treten vor allem in größeren Neuronen des Hippocampus auf (JOEST u. DEGEN, 1909).

Sie sind jedoch nur noch inkonstant zu beobachten (HERDEN et al., 1999; RICHT et al., 2000). Neuronendegeneration und Neuronophagie sind selten nachweisbar.

Allerdings wird in einigen Fällen ein Verlust von Pyramidenzellen des Hippocampus beobachtet. In Bereichen mit entzündlichen Veränderungen ist darüber hinaus regelmäßig eine reaktive Astrozytose nachweisbar (Übersicht bei RICHT et al., 2007).

2.1.2.2 Experimentelle Infektion

Bei Lewis-Ratten variiert das Krankheitsbild nach experimenteller Infektion in Abhängigkeit vom Alter und Immunstatus der Tiere, von der Art der Virusapplikation, sowie von der verwendeten Viruspräparation.

Bei adult BDV-infizierten Lewis-Ratten entwickelt sich eine persistierende Infektion mit einer nicht-eitrigen Meningoenzephalitis und einem typischen biphasischen Verlauf der klinischen Erkrankung (NITZSCHKE, 1963; NARAYAN et al., 1983a/b;

HERDEN et al., 2000). Das akute Stadium äußert sich, zeitgleich mit dem Auftreten der Entzündungsreaktion im Gehirn, ca. 20 Tage nach intrazerebraler Inokulation durch klinische Symptome in Form von aggressivem Verhalten, Hyperaktivität, Desorientierung, Ataxie und teilweise auch Paralysen, und dauert ungefähr bis zum 40. Tag post infectionem (p.i.) an. Die zweite, chronische Phase beginnt ab dem 60.

Tag p.i. und ist durch Apathie bis hin zur Somnolenz gekennzeichnet. Bis 100 Tage p.i. wird bei einigen Ratten eine Erblindung festgestellt (NARAYAN et al., 1983a). Die Ausbildung von Paresen bzw. Paralysen der Hintergliedmaßen (BIESENBACH et al., 1990; BIESENBACH, 1994) oder einer Obesitas (NARAYAN et al., 1983b; KAO, 1985; GOSZTONYI u. LUDWIG, 1995; ROTT u. BECHT, 1995; HERDEN et al., 2000) ist ebenfalls beschreiben.

Die Enzephalitis erreicht bei adult BDV-infizierten Lewis-Ratten ihr Maximum zwischen 30 und 40 Tagen p.i. und ist durch massive perivaskuläre, parenchymatöse und meningeale Entzündungszellinfiltrationen vor allem in zerebralem Cortex, Hippocampus, Thalamus und Amygdala gekennzeichnet (vgl. 2.1.3.2; Abb. 3). Nach ca. 42 Tagen p.i. ist eine Abnahme der entzündlichen Infiltrationen zu beobachten.

Infektiöses Virus und Astrogliose sind weiterhin zu finden (HIRANO et al., 1983;

NARAYAN et al., 1983a/b; DESCHL et al., 1990; GOSZTONYI u. LUDWIG, 1995;

HERDEN et al., 2000; KOLODZIEJEK et al., 2005; WERNER-KEIŠS et al., 2008). Je nach verwendeter Viruspräparation können mit Aufregulierung der entzündlichen Infiltrate auch neuronale Nekrosen auftreten (DESCHL et al., 1990; HERDEN et al., 2000).

Im Gegensatz dazu entwickeln neonatal BDV-infizierte Lewis-Ratten BDV-spezi-fische Antikörper und eine lebenslange Viruspersistenz, die durch das Fehlen klassischer klinischer Symptome und Entzündungszellinfiltrate gekennzeichnet ist (HIRANO et al., 1983; NARAYAN et al., 1983a). Es wurden jedoch Störungen der emotionalen und kognitiven Funktion sowie der physiologischen und neurologischen Entwicklung festgestellt (MORALES et al., 1988; PLETNIKOV et al., 1999, 2001;

LANCASTER et al., 2007).

Experimentell BDV-infizierte Mäuse erkranken hingegen nur, wenn sie neonatal infiziert werden, während adult BDV-infizierte Mäuse klinisch unauffällig bleiben und nur minimale entzündliche Veränderungen im Gehirn aufweisen (KAO et al., 1984;

RUBIN et al., 1993; HALLENSLEBEN et al., 1998).

Neonatal BDV-infizierte Mäuse entwickeln nach vier bis sechs Wochen, parallel zum Auftreten einer nicht-eitrigen Meningoenzephalitis, erste neurologische Symptome (HALLENSLEBEN et al., 1998). Darüber hinaus induziert eine TNF-Überexpression bei neonatal BDV-infizierten Mäusen spontane, epileptiforme Krämpfe (KRAMER et al., 2008).