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Mycoplasma bovis verändert den Phänotyp und die Funktion boviner

5. Diskussion

5.4 Mycoplasma bovis verändert den Phänotyp und die Funktion boviner

M. bovis beeinflusst die Morphologie in vitro differenzierter Makrophagen

Im Folgenden wurde geprüft, inwieweit M. bovis die beobachteten Parameter der Polarisierung boviner MdM durch boGM-CSF und boM-CSF beeinflusst. Dazu wurden morphologische, phänotypische und funktionelle Parameter mit M. bovis inkubierter boGM-CSF- und boM-CSF-MdM analysiert. Zudem sollte geprüft werden, ob das mbsFRIIS-Medium, in welchem M. bovis kultiviert wurde, die durch M. bovis hervorgerufenen Veränderungen beeinflusst. M. bovis bewirkte vor allem eine Änderung der Morphologie von boGM-CSF-MdM. Dies äußerte sich in einer höheren Komplexität von mit M. bovis inkubierten boGM-CSF-MdM (Abb. 14). Die Komplexität einer Zelle hängt unter anderem von der Granularität, dem Plasma-Kern Verhältnis und der Oberflächenbeschaffenheit ab. Die Erhöhung des SSC kann durch eine Zunahme der Granularität, welche mit einer Phagozytose und Aufnahme der Erreger in Vakuolen oder mit einer Änderung der Oberflächenbeschaffenheit, verursacht durch Adhäsion der Mykoplasmen an die Zelle, assoziiert sein. Auffällig war weiterhin, dass auch das mbsFRIIS-Medium selbst zu einer Erhöhung der Komplexität in boGM-CSF-MdM führte (Abb. 14). Das mbsFRIIS-Medium

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besteht aus einer komplexen Zusammensetzung von Inhaltsstoffen zu denen auch Seren verschiedener Tierarten gehören. Diese können Wachstumsfaktoren enthalten, welche die Zellmorphologie beeinflussen. So führt eine Inkubation humaner neutrophiler Granulozyten mit verschiedenen Chemoattraktoren zu morphologischen, mit einer Änderung des FSC und SSC einhergehenden Veränderungen der Zellen (MCNEIL et al. 1985). Eine Erhöhung des SSC kann auch auf eine vermehrte Anzahl apoptotischer Zellen hindeuten (SWAT et al. 1991), wenngleich dies in der Regel auch mit einer, in dieser Arbeit nicht beobachteten Erhöhung des FSC einhergeht. Die stärkste Erhöhung des SSC war in boGM-CSF-MdM, welche mit in mbsFRIIS-Medium kultivierten M. bovis inkubiert wurden, zu beobachten (Abb. 14). Dies kann durch den addierenden Effekt von M. bovis und den möglicherweise im mbsFRIIS-Medium enthaltenen Wachstumsfaktoren bedingt sein. In mbsFRIIS-Medium belassene M. bovis hatten, im Gegensatz zu in RPMI-Medium resuspendierten M. bovis, auch einen Effekt auf die Komplexität von boM-CSF-MdM.

Auf Basis morphologischer Parameter interagiert M. bovis demnach bevorzugt mit boGM-CSF-MdM.

M. bovis beeinflusst die Polarisierung in vitro differenzierter Makrophagen

Trifft M. bovis auf bovine Monozyten, wird deren Polarisierung modifiziert. Der Effekt ist abhängig davon, welche Wachstumsfaktoren (boGM-CSF oder boM-CSF) gleichzeitig anwesend sind. So bewirkten in mbsFRIIS-Medium belassene M. bovis eine Hemmung der CD163-Expression in boM-CSF-MdM (Abb. 17), wodurch der differenzielle Effekt der Wachstumsfaktoren verloren ging. Dies resultierte in einer scheinbaren Gleichschaltung von boGM-CSF und boM-CSF-MdM. Der Effekt wurde jedoch nur durch in mbsFRIIS-Medium belassene M. bovis hervorgerufen (Abb. 17), was darauf hindeutet, dass die durch das mbsFRIIS-Medium-induzierten Stoffwechselprodukte von M. bovis die geringere CD163-Expression in boM-CSF-MdM bedingt haben. M. bovis beeinflusste auch die Polarisierung von boGM-CSF-MdM, indem es die Expression von MHC-Klasse-II hemmte (Abb. 17). Dieser Effekt wurde nur durch in RPMI-Medium resuspendierte M. bovis hervorgerufen. Dies deckt sich nicht mit den Beobachtungen von Mulongo et. al., wonach M. bovis eine vermehrte Expression von MHC-Klasse-II in bovinen (nicht polarisierten) MdM bewirkt. In derselben Arbeit wurde auch festgestellt, dass bovine MdM nach Kontakt mit M. bovis vermehrt IL-10 produzieren (MULONGO et al. 2014). IL-10 bewirkt jedoch eher eine

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Herabregulation der MHC-Klasse-II-Expression in antigenpräsentierenden Zellen (DE WAAL MALEFYT et al. 1991). Zahlreiche Pathogene, unter anderem Brucella abortus, Mycobacterium tuberculosis und Ehrlichia canis nutzen eine Hemmung der Antigenpräsentation durch MHC-Klasse-II als Immunevasionsmechanismus (NOSS et al.

2001; HARRUS et al. 2003; BARRIONUEVO et al. 2008). Unerwarteterweise bewirkte auch das mbsFRIIS-Medium allein eine verminderte Expression von MHC-Klasse-II in boGM-CSF-MdM. Dieser Effekt war jedoch deutlich geringer ausgeprägt als durch M. bovis, welche in RPMI-Medium resuspendiert waren. Dies kann wie oben erläutert durch Inhaltsstoffe wie Wachstumsfaktoren des mbsFRIIS-Mediums bedingt sein. Die im Rahmen dieser Arbeit gemachten Beobachtungen machen deutlich, dass immunologische Studien durch verschiedene Medien, insbesondere Serum-haltige Medien, beeinflusst werden können und dieser Einfluss bei zukünftigen Studien berücksichtigt werden sollte. Die MHC-Klasse-II-Expression wurde von in mbsFRIIS-Medium belassenen M. bovis nicht beeinflusst. Dies steht im Widerspruch zu den oben angeführten Ergebnissen, kann aber durch die geringe Stichprobenzahl der Tiere (n = 4) bedingt sein (Abb. 17).

Da M. bovis bevorzugt mit boGM-CSF-MdM interagierte, wurde im Folgenden die Interaktion von M. bovis mit diesem Makrophagentypen genauer beleuchtet. Der Fokus lag auf der zellulären MHC-Klasse-II-Expression von boGM-CSF-MdM und der Förderung der Expression durch das Zytokin boIFN-γ, welches die Antigen-präsentierenden und antimikrobiellen Eigenschaften von Makrophagen erhöht (SCHRODER et al. 2004).

Tatsächlich hemmte M. bovis (resuspendiert in RPMI-Medium), nicht jedoch dessen vergleichend geprüfte lösliche LAMPs, den boIFN-γ-induzierten Anstieg der MHC-Klasse-II-Expression (Abb. 18). Daraus kann geschlossen werden, dass die Vitalität und/oder die Struktur des Gesamtorganismus M. bovis für die Hemmung des boIFN-γ-induzierten Anstiegs der MHC-Klasse-II-Expression notwendig sind. Vitale M. bovis rufen im Gegensatz zu inaktivierten M. bovis eine starke proinflammatorische Reaktion in mammären Epithelzellen hervor (ZBINDEN et al. 2015). Demzufolge scheint die Vitalität von M. bovis für die zelluläre Reaktion ausschlaggebend zu sein. Aus Studien mit Mycoplasma mycoides spp. mycoides ist bekannt, dass die durch das Bakterium sezernierten Metaboliten zu zytotoxischen Effekten in Wirtszellen führen (VILEI u. FREY 2001; PILO et al. 2005). Auch

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M. bovis ist in der Lage toxische Metaboliten wie H2O2 zu produzieren (KHAN et al. 2005;

SCHOTT et al. 2014). Die These, dass von M. bovis sezernierte Metaboliten für die beobachteten Effekte mitverantwortlich sind, wird durch die Vermutung, dass für die Hemmung der CD163-Expression von boM-CSF-MdM durch das mbsFRIIS-Medium-induzierte Stoffwechselprodukte von M. bovis verantwortlich sind, gestützt.

Interessanterweise hemmte auch M. bovirhinis den boIFN-γ-induzierten Anstieg der MHC-Klasse-II-Expression (Abb. 19). Ob M. bovirhinis eine signifikante Rolle in der Entstehung boviner Pneumonien spielt, ist noch nicht ausreichend geklärt. M. bovirhinis wird weltweit aus dem Respirationstrakt von gesunden, aber in steigender Zahl auch von an Pneumonie erkrankten Kälbern isoliert (TER LAAK et al. 1992a; TER LAAK et al. 1992b;

MILES et al. 2004). Bei experimenteller Infektion von Kälbern mit M. bovirhinis entwickelten diese keine Pneumonie (GOURLAY et al. 1979; FRIIS 1981), weshalb M. bovirhinis eher eine Rolle als Sekundärerreger zu spielen scheint (MILES et al. 2004). Da sowohl M. bovis als auch M. bovirhinis von klinisch gesunden Rindern isoliert wurden (BOOTHBY et al. 1982; TER LAAK et al. 1992a) und in vitro ähnliche Effekte auf boGM-CSF-MdM haben, stützt dies die These, dass eine Infektion mit M. bovis stark von den Wirtsfaktoren (Immunsuppression durch Stress) und einer Infektion mit bakteriellen oder viralen Co-Pathogenen abhängt.

Demzufolge scheint die Vitalität von M. bovis entscheidend für die Hemmung der IFN-γ-induzierten MHC-Klasse-II-Expression zu sein. Dieser Effekt scheint jedoch nicht spezifisch für M. bovis zu sein, da auch M. bovirhinis die IFN-γ-induzierte MHC-Klasse-II-Expression hemmt.

M. bovis interagiert unterschiedlich mit den bovinen Monozyten-Subpopulationen Bisher ist weitgehend unbekannt, welche Bedeutung die einzelnen bovinen Monozyten-Subpopulationen für die Abwehr von Pathogenen wie M. bovis spielen. Daher wurde im Folgenden untersucht, ob sich die aus den einzelnen Monozyten-Subpopulationen gereiften Makrophagen hinsichtlich ihrer Reaktion auf M. bovis unterscheiden. Tatsächlich unterscheiden sich die aus den Monozyten-Subpopulationen gereiften Makrophagen bei Kontakt mit M. bovis in Bezug auf die MHC-Klasse-II-Expression (Abb. 20). M. bovis bewirkte nur in cM-boGM-CSF-MdM eine Hemmung der IFN-γ-induzierten

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MHC-Klasse-II-Expression. Dies stimmt mit der Beobachtung überein, dass die Reaktion auf bakterielle Stimuli insgesamt eher von cM und intM ausgeht (HUSSEN et al. 2013). Bovine cM weisen eine höhere Phagozytoserate auf als intM und ncM (HUSSEN et al. 2013), was eine vermehrte Aufnahme von M. bovis in bovine cM-boGM-CSF-MdM und dadurch eine stärkere Reaktion dieser Zellen bedingen kann. M. bovis scheint dagegen keinen Einfluss auf bovine intM-boGM-CSF-MdM zu haben. In bovinen ncM-boGM-CSF-MdM bewirkte M. bovis dagegen eine Steigerung der MHC-Klasse-II-Expression und hatte keinen hemmenden Effekt auf die MHC-Klasse-II-Expression bei Stimulation der Zellen mit boIFN-γ (Abb. 20). Die Bedeutung boviner ncM ist noch nicht genau geklärt. Auch in anderen Studien wurde beobachtet, dass bovine ncM sich anders verhalten als bovine cM und intM (HUSSEN et al.

2013; HUSSEN et al. 2016). So führt eine Stimulation boviner ncM mit LPS, im Gegensatz zu cM und intM, nicht zu einer Erhöhung der mRNA-Expression von CXCL1 und CXCL8 (HUSSEN et al. 2013). Auch bovine Degranulierungsprodukte neutrophiler Granulozyten führen zu einer selektiven Aktivierung von cM und intM, aber nicht von ncM (HUSSEN et al.

2016). cM- und intM-MdM werden eher proinflammatorische Eigenschaften zugeschrieben, während eine hohe Expression von Arginase 1 in bovinen ncM-MdM eher für eine Differenzierung in antiinflammatorische Makrophagen spricht (HUSSEN et al. 2013; HUSSEN u. SCHUBERTH 2017). Daraus könnte geschlossen werden, dass M. bovis eher proinflammatorische cM-MdM beeinflusst. An Tuberkulose erkrankte Menschen weisen eine höhere Zahl an CD16-positiven Monozyten auf (CASTANO et al. 2011). Eine Störung der Funktion der CD16-positiven-Monozyten ist mit der Schwere der Erkrankung assoziiert. Dies ist auf eine verminderte Fähigkeit dieser Zellen ROS zu bilden und auf chemotaktische Stimuli zu reagieren zurückzuführen (BALBOA et al. 2015; SAMPATH et al. 2018). Es ist möglich, dass der Anteil der einzelnen Monozyten-Subpopulationen sich zwischen mit M. bovis infizierten, klinisch erkrankten und asymptomatischen Rindern unterscheidet. Die Zusammensetzung boviner Monozyten-Subpopulationen ist prädiktiv für entzündliche Erkrankungen des Rindes. Dabei ist, im Gegensatz zum Menschen, das vermehrte Vorkommen CD14-positiver Monozyten mit einer höheren Krankheitsanfälligkeit assoziiert (POMEROY et al. 2017). Inwieweit die differenzielle Antwort der monozytären Subpopulationen des Rindes auf eine Kultivierung mit M. bovis eine Rolle für durch M. bovis verursachte klinische Erkrankungen des Rindes spielt, konnte mit der vorliegenden Arbeit nicht geklärt werden.

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Aus den vorliegenden Beobachtungen lässt sich schlussfolgern, dass M. bovis präferenziell mit cM- und ncM-MdM reagiert. Dabei unterscheiden sich cM-MdM und ncM-MdM in ihrer Reaktion auf M. bovis.

M. bovis moduliert die IFN-γ-induzierte ROS-Produktion in bovinen Makrophagen Um zu prüfen, ob M. bovis auch durch IFN-γ induzierte funktionelle Eigenschaften von bovinen Makrophagen hemmt, wurde die Generierung reaktiver Sauerstoffspezies und die Produktion von NO in Anwesenheit von boIFN-γ und M. bovis untersucht. M. bovis hatte keinen direkten Einfluss auf die Produktion reaktiver Sauerstoffspezies (Abb. 23). Dies deckt sich nicht mit den Angaben aus der Literatur, wonach M. bovis die Produktion reaktiver Sauerstoffspezies in bovinen Leukozyten hemmt (WIGGINS et al. 2011). Dabei ist der Effekt abhängig davon welcher M. bovis-Stamm verwendet wird. So bewirkten die zwei hochpassagierten Laborstämme Jasper und Emmerson keine Hemmung der ROS-Produktion (WIGGINS et al.

2011). Die in dieser Arbeit beobachtete fehlende Hemmung der ROS-Produktion boviner MdM durch M. bovis kann auf den verwendeten M. bovis-Stamm (PG45) zurückzuführen sein. Viele Studien belegen, dass verschiedene M. bovis-Stämme unterschiedliche Zellreaktionen hervorrufen (THOMAS et al. 2003a; WIGGINS et al. 2011; ALABDULLAH et al. 2015;

SULEMAN et al. 2016). Der in dieser Arbeit verwendete Stamm (PG45) gilt als niedrig pathogen im Vergleich zu verschiedenen Feldisolaten (THOMAS et al. 2003a). Während der hier durchgeführten Untersuchungen stellte sich jedoch heraus, dass M. bovis durchaus in der Lage ist, die ROS-Produktion boviner Makrophagen zu modulieren. Während eine Stimulation boviner MNC mit den TLR-Agonisten LPS und LAMPs in Anwesenheit von boIFN-γ und PMA zu einer Steigerung der ROS-Produktion führte, konnte in mit M. bovis inkubierten, mit boIFN-γ und PMA stimulierten MNC kein Anstieg der ROS-Produktion erfasst werden. Im Gegensatz zu M. bovis modulieren dessen LAMPs die Produktion reaktiver Sauerstoffspezies in bovinen MdM nicht (Abb. 23). Dies unterstützt die Hypothese, dass die Vitalität und/oder die Struktur des Gesamtorganismus von M. bovis für eine Modulation zellulärer Funktionen notwendig ist. LPS führte in bovinen MdM nicht zu einer Steigerung der ROS-Produktion. Dies stimmt mit den Ergebnissen von Wiggins et al. überein, dass eine Stimulation boviner Leukozyten mit LPS keine Steigerung der ROS-Produktion bewirkt (WIGGINS et al. 2011).

Einer anderen Studie zufolge führt die Stimulation boviner, aus Brown-Swiss generierter MdM

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mit LPS zu einem signifikanten Anstieg der Superoxidanionkonzentration (WERLING et al.

2004). Dieser Unterschied lässt sich durch die Verwendung unterschiedlicher Rinderrassen erklären, da Brown-Swiss in der Lage sind signifikant mehr ROS und NO zu bilden als Holstein-Friesian (GIBSON et al. 2016).

Insgesamt lässt sich feststellen, dass M. bovis die durch IFN-γ und PMA-induzierte ROS-Bildung in bovinen MdM hemmt und dass für die Hemmung die Anwesenheit kompletter, vitaler M. bovis-Organismen ausschlaggebend ist.

M. bovis hemmt nicht die IFN-γ- induzierte NO-Produktion in bovinen Makrophagen Die NO-Produktion unstimulierter boGM-CSF-MdM unterschied sich nicht von der allein mit LPS, LAMPs oder M. bovis stimulierter boGM-CSF-MdM (Abb. 25). Auch in der Studie von Gibson et al. führte eine Stimulation boviner MdM mit LPS nicht zu einer vermehrten Produktion von NO (GIBSON et al. 2016). In der Literatur wird allerdings berichtet, dass M. bovis eine moderate Induktion von NO in bovinen Alveolarmakrophagen bewirkt (JUNGI et al. 1996a). Demzufolge scheint sich die Induktion von iNOS durch M. bovis zwischen in vitro generierten und in vivo ansässigen Makrophagen stark zu unterscheiden, da in Makrophagen, welche in der Lunge von mit M. bovis infizierten Rindern ansässig sind, eine starke Induktion von iNOS beobachtet wurde (HERMEYER et al. 2011). Übereinstimmend mit einer Studie von Werling et al. induzierte boIFN-γ allein keine vermehrte NO-Produktion in bovinen MdM (WERLING et al. 2004). Bei Stimulation der boGM-CSF-MdM mit boIFN-γ und den TLR-Agonisten LPS (TLR4), LAMPs (TLR2) und M. bovis kam es zu einem signifikanten Anstieg der NO-Produktion (Abb. 25). Dies deckt sich mit den Beobachtungen von WERLING et al. (2004), wonach nur die simultane Stimulation boviner MdM mit boIFN-γ und verschiedenen TLR-Agonisten in einer vermehrten Produktion von NO resultiert.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass M. bovis die IFN-γ-induzierte MHC-Klasse-II-Expression hemmt, die IFN-γ-induzierte ROS-Produktion moduliert, aber keinen Einfluss auf die boIFN-γ-induzierte Steigerung der NO-Produktion in boGM-CSF-MdM hat. Insgesamt scheint die NO-Produktion boviner MdM nicht ausschlaggebend für die effektive Beseitigung des Pathogens zu sein

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M. bovis hemmt den IFN-γ-Signaltransduktionsweg auf Ebene der Transkription

Da M. bovis die IFN-γ-induzierte MHC-Klasse-II-Expression in bovinen MdM hemmte, sollte abschließend überprüft werden, ob und auf welcher Ebene M. bovis den intrazellulären Signalweg von IFN-γ beeinflusst. Dazu wurde untersucht, ob ausgewählte intrazelluläre Signalmoleküle durch M. bovis in ihrer Funktion verändert werden. Die konstitutive und die durch IFN-γ induzierbare MHC-Klasse-II-Expression wird vor allem auf der Ebene der Transkription reguliert (GIROUX et al. 2003). Die MHC-Klasse-II-Expression wird durch ein komplexes Netzwerk an Zytokinen, Transkriptionsfaktoren und Koaktivatoren reguliert. Daher wurde sich in dieser Arbeit nur auf die Darstellung der sehr wahrscheinlich relevanten Faktoren beschränkt. Nach der Bindung von IFN-γ an seinen Rezeptor kommt es zur Aktivierung der Tyrosinkinasen JAK1 und JAK2, worauf eine Phosphorylierung von STAT1 folgt. In Folge kommt es zur Translokation des STAT1-Dimers in den Nukleus und zur Bindung von STAT1 an GAS (IFN-γ activated sequence elements), welche sich in den Promotoren der durch IFN-γ induzierbaren Gene finden (BACH et al. 1997). Dies resultiert unter anderem in der Aktivierung des Transkriptionsfaktors IRF-1 (interferon regulatory factor 1), welcher essenziell für die Aktivierung eines für die Transkription erforderlichen Koaktivators, CIITA (class II transactivator) ist (MUHLETHALER-MOTTET et al. 1998). CIITA wiederum ist unabdingbar für die Induktion der MHC-Klasse-II-Expression durch IFN-γ (STEIMLE et al.

1994). PKC-α erhöht die Transaktivierungsaktivität von IRF-1 und ist essentiell für die Induktion von CIITA (GIROUX et al. 2003). In Klonen einer murinen Makrophagenzelllinie, welche eine dominant-negative Form von PKC-α überexprimieren, wurde die Aktivität von CIITA und damit die MHC-Klasse-II-Expression gehemmt, wobei andere ISGs (interferon stimulated genes) wie iNOS weiterhin exprimiert wurden (GIROUX et al. 2003). Auch die Phosphorylierung und Translokation von STAT1 in den Nukleus war in der von Giroux et al.

durchgeführten Studie unbeeinflusst, was für eine Aktivierung von PKC-α zwischen STAT1 und CIITA spricht. M. bovis hatte keinen Einfluss auf die Aktivierung von STAT1 (Abb. 26), was für eine Modulation des IFN-γ-Signaltransduktionsweges auf Transkriptionsebene spricht.

Die durch IFN-γ induzierte Phosphorylierung von PKC-α wurde durch M. bovis nur tendenziell gehemmt (Abb. 26). Dies könnte erklären, warum andere durch IFN-γ induzierte Zellfunktionen wie die NO-Produktion durch M. bovis nicht gehemmt wurden. Um diese These

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zu bestätigen, sollte untersucht werden, ob M. bovis auch die durch IFN-γ hervorgerufene Induktion von CIITA hemmt, da dieser Koaktivator unterhalb von PKC-α induziert wird. Ob die Hemmung von PKC-α durch direkte Interaktion von M. bovis durch Rezeptoren der Zelle, durch M. bovis sezernierte Substanzen oder durch M. bovis induzierte Zytokine gesteuert wird, bleibt ungeklärt. Aus der Literatur ist bekannt, dass M. bovis die Produktion von IL-10 in bovinen Monozyten erhöht, während es die Produktion von IFN-γ und TNF-α hemmt (MULONGO et al. 2014). Die Inkubation von humanen Monozyten mit IL-10 resultiert in einer verminderten MHC-Klasse-II-Expression. Durch die Stimulation der mit IL-10 inkubierten Monozyten mit IFN-γ oder IL-4 konnte die Hemmung der MHC-Klasse-II-Expression nicht aufgehoben werden (DE WAAL MALEFYT et al. 1991). Auch die Bindung von IL-10 an seinen Rezeptor bewirkt eine Aktivierung der JAK-STAT-Kaskade. Neben einer transienten, moderaten Aktivierung von STAT1 (WANG et al. 2014) aktiviert IL-10 auch STAT3, welcher wiederum SOCS1 (suppressor of cytokine signaling 1) und SOCS3 aktiviert (LIU et al. 2013).

Dies würde mit der durch Peptide Kinome Arrays festgestellten Beobachtung von Mulongo et al. übereinstimmen, dass M. bovis SOCS1 induziert (MULONGO et al. 2014). In der Literatur wird berichtet, dass IL-10 mit dem IFN-γ-Signalweg interferieren kann (MITTAL u. ROCHE 2015). Durch die Aktivierung von SOCS3 wird der IFN-γ-Signalweg allerdings schon auf der Ebene der JAK2 abhängigen Aktivierung von STAT1 gehemmt (ITO et al. 1999). Wenn eine durch M. bovis induzierte vermehrte Freisetzung von IL-10 für die Hemmung der IFN-γ-induzierten MHC-Klasse-II-Expression verantwortlich wäre, hätte sich dies also auch in einer Hemmung der STAT1-Aktivierung ausgedrückt. IL-10 kann die MHC-Klasse-II-Expression aber auch unabhängig des IFN-γ-Signalweges modulieren, beispielsweise indem es die Formation antigener Peptide und deren Zusammenbau mit MHC-II-Peptiden hemmt (CHAN et al. 2010; MITTAL u. ROCHE 2015). Brucella abortus hemmt ebenfalls die IFN-γ-induzierte Expression von MHC-Klasse-II in humanen Monozyten.

Für dieses Pathogen wurde eine Hemmung von CIITA und IRF1, aber nicht von STAT1, bedingt durch eine vermehrte Ausschüttung von IL-6, nachgewiesen. Die vermehrte Ausschüttung von IL-6 wurde durch die Interaktion von aus Brucella abortus stammenden Lipoproteinen mit TLR-2 induziert (VELASQUEZ et al. 2017). Auch M. bovis-LAMPs bewirken eine Aktivierung des TLR-2-Signalweges in embryonalen bovinen Lungenzellen (WANG et al. 2016), weswegen ein ähnlicher Mechanismus bei M. bovis vermutet werden

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könnte. Andererseits wäre dann zu erwarten gewesen, dass auch M. bovis-LAMPs den IFN-γ-induzierten Anstieg der MHC-Klasse-II-Expression hemmen.

Abschließend lässt sich sagen, dass M. bovis den Signalweg unterhalb von STAT1, möglicherweise durch Hemmung der PKC-α zu hemmen scheint. Ob diese Hemmung ausreicht, um die IFN-γ-induzierte MHC-Klasse-II-Expression zu hemmen oder ob andere Signalwege dafür verantwortlich sind, konnte nicht abschließend geklärt werden.