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boCCL4 und boCX3CL1 führen nicht zu einer Kalzium-Einstrom-vermittelten

5. Diskussion

5.2 boCCL4 und boCX3CL1 führen nicht zu einer Kalzium-Einstrom-vermittelten

Da Chemokine bereits in der ersten Phase einer Infektion freigesetzt werden und die selektive Rekrutierung von Leukozyten aus dem Blut zu dem Ort der Infektion maßgeblich steuern (MURPHY et al. 2014), wurde der Frage nachgegangen, ob M. bovis die selektive Rekrutierung boviner Monozyten beeinflusst. Zunächst wurde untersucht, auf welche Chemokine Monozyten mit einem Einstrom von Kalzium antworten und ob M. bovis diese Aktivierung beeinflusst. Da das generelle Wissen über das Chemokinsystem des Rindes begrenzt ist und es bisher noch keine funktionellen Studien zur Untersuchung der Wirkung von CCL4 und CX3CL1 auf bovine Monozyten gab, wurde in dieser Arbeit geprüft, ob rekombinantes bovines CCL4 (boCCL4) und rekombinantes bovines CX3CL1 (boCX3CL1) eine, mit einer Aktivierung boviner Monozyten einhergehende Erhöhung der intrazellulären Kalziumkonzentration bewirken. Da sich hier keine Hinweise auf eine Aktivierung boviner monozytärer Zellen durch boCCL4 oder boCX3CL1 ergaben (Abb. 4, Abb. 5), wurde auf die Durchführung eines im Detail

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aufwendigeren Chemotaxis-Assays verzichtet. Aus humanen Studien ist bekannt, dass CCL4 und CX3CL1 humane Monozyten aktivieren (ANCUTA et al. 2003; TATARA et al. 2009). So bewirkt CCL4 in einer humanen monozytären Zelllinie eine vermehrte intrazelluläre Produktion reaktiver Sauerstoffspezies und eine verstärkte Adhäsion dieser an humane Endothelzellen (TATARA et al. 2009). Weiterhin ist bekannt, dass CX3CL1 in vitro zu einer Migration CD16-positiver, humaner Monozyten führt (ANCUTA et al. 2003). Für eine dem humanen System entsprechende Rolle von boCX3CL1 im bovinen System spricht die starke Homologie zwischen dem humanen und bovinen CX3CL1-Gen (WIDDISON u. COFFEY 2011).

Alternativ könnte die Bindung von boCCL4 an seinen Rezeptor CCR5 beziehungsweise die Bindung von boCX3CL1 an CX3CR1 ohne eine Erhöhung der intrazellulären Kalziumkonzentration einhergehen, wobei die Bindung von CX3CL1 an seinen Rezeptor in humanen, mit CX3CR1-transfizierten K562-Zellen jedoch einen Anstieg der intrazellulären Kalziumkonzentration bewirkt (IMAI et al. 1997). Da der Hersteller des in dieser Arbeit verwendeten boCCL4 und boCX3CL1 keine Angaben zu deren biologischer Aktivität anführt, ist es möglich, dass die Chemokine sich in ihrer Struktur geringfügig von der in vivo vorkommenden Form unterscheiden. So bindet eine, durch Insertion einer Aminosäure in ihrer Primärstruktur modifizierte Form von humanem CCL4 nicht an den CCR5-Rezeptor (JIN et al.

2007a). Chemokine zeichnen sich auch durch ihre Fähigkeit zur Bindung an Proteoglykane aus.

Durch die Bindung von Chemokinen an auf der Oberfläche von Endothelzellen und in der extrazellulären Matrix präsente Proteoglykane könnte in vivo ein immobilisierter Chemokingradient entstehen, der es zirkulierenden Leukozyten erleichtert mit ihrem Rezeptor an das Chemokin zu binden (MENTEN et al. 2002). Einer Studie zufolge erhöht die Bindung der Chemokine CCL5, CCL4 und CCL3 an Proteoglykane deren biologische Aktivität (ALI et al. 2000). Daher wäre es denkbar, dass boCCL4 seine Wirkung auf bovine Monozyten erst nach Bindung an Proteoglykane entfaltet.

Übereinstimmend mit der Literatur, führte boCCL5 zu einer deutlichen Aktivierung der bovinen Monozyten (HUSSEN et al. 2014). Dies kann auf der Bindung von boCCL5 an CCR1 oder CCR5 beruhen (SAMSON et al. 1996). Durch welchen Rezeptor der boCCL5-vermittelte Anstieg der intrazellulären Kalziumkonzentration in bovinen Monozyten vermittelt wird, ist nicht bekannt (FRANK 2012). Da die CCL5-vermittelte Aktivierung boviner Monozyten

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ausführlich in anderen Arbeiten diskutiert wurde, sei an dieser Stelle auf die Arbeiten von Frank et al. (2012) und Hussen et al. (2014) verwiesen.

Durch die Erfassung der CD172a-positiven Monozyten kann eine Aktivierung der nicht-klassischen oder intermediären Monozyten durch den hohen Anteil an klassischen Monozyten überdeckt worden sein. Es ist möglich, dass boCCL4 und boCX3CL1 nur intermediäre oder nicht-klassische Monozyten aktivieren. Ein Indiz für eine mögliche selektive Aktivierung nicht-klassischer Monozyten durch CX3CL1 stellt die, im Vergleich zu klassischen und intermediären Monozyten, vermehrte mRNA-Expression des CX3CR1 auf bovinen, humanen und murinen nicht-klassischen Monozyten dar (ANCUTA et al. 2003;

AUFFRAY et al. 2007; CORRIPIO-MIYAR et al. 2015).

Daher wurde im Folgenden der Anstieg der intrazellulären Kalziumkonzentration getrennt nach klassischen, intermediären und nicht-klassischen Monozyten erfasst. boCCL4 und boCX3CL1 hatten weder eine aktivierende Wirkung auf klassische oder intermediäre noch auf nicht-klassische Monozyten (Abb. 5). Funktionelle Studien, welche die Aktivierung oder das Migrationsverhalten humaner Monozyten durch CCL4 oder CX3CL1 getrennt nach den einzelnen Monozyten-Subpopulationen erfassen, sind nicht bekannt. Nach Stimulation humaner Monozyten mit TLR-2- oder TLR-4-Agonisten konnten immerhin monozytäre Subpopulationen identifiziert werden, welche sich in ihrem Sekretionsmuster verschiedener Zytokine, unter anderem CCL4 unterscheiden (SMEDMAN et al. 2012). Unerwarteterweise wurden auch nicht-klassische Monozyten nicht durch CX3CL1 aktiviert, obwohl aus der Literatur bekannt ist, dass bovine nicht-klassische Monozyten eine vermehrte mRNA-Expression des CX3CR1 aufweisen (HUSSEN et al. 2014). Andererseits ist weiterhin aus der Literatur bekannt, dass bovine CD14-positive Monozyten vermehrt CCR2, den Rezeptor von CCL2 exprimieren. Funktionelle Studien ergaben allerdings auch hier, dass bovine Monozyten nicht auf eine Stimulation mit boCCL2 ansprechen (HUSSEN et al. 2014).

Dies kann durch einen der oben angeführten Punkte bedingt sein: die Bindung an den Rezeptor geht ohne einen Anstieg der intrazellulären Kalziumkonzentration einher; das durch den Hersteller produzierte rekombinante bovine Chemokin unterscheidet sich von dem in vivo freigesetzten Chemokin. Dass boCCL5 zu einem höheren Kalziumeinstrom in bovinen klassischen Monozyten im Vergleich zu nicht-klassischen Monozyten führt (Abb. 5), stimmt mit den Beobachtungen von Hussen et al. überein. Nach dieser Studie wurden allerdings auch

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intermediäre Monozyten signifikant stärker aktiviert als nicht-klassische Monozyten, wenngleich in signifikant geringerem Maße als klassische Monozyten (HUSSEN et al. 2014).

In der vorliegenden Arbeit unterschieden sich der boCCL5-induzierte Kalziumeinstrom zwischen intermediären und nicht-klassischen und intermediären und klassischen Monozyten jedoch nicht voneinander (Abb. 5). Die Unterschiede können zum einen durch die unterschiedliche Anzahl untersuchter Tiere bedingt sein (Hussen et al. n = 3; diese Arbeit n = 5), zum anderen unterschied sich die Auswertung des Kalzium-Einstroms in der Studie von Hussen et al. von der Auswertung in dieser Arbeit. Während Hussen et al. den Prozentsatz oberhalb der Basislinie zur Auswertung heranzog, wurde in der vorliegenden Arbeit der Prozentsatz oberhalb der Basislinie durch Setzen eines 15 Sekundenfensters vor und nach der Stimulation erfasst und der Wert vor Stimulusgabe von dem Wert der maximalen Aktivierung subtrahiert. Auf diese Weise konnte eine mögliche Voraktivierung der Zellen berücksichtigt werden.

Abschließend lässt sich sagen, dass sich bovine Monozyten, im Gegensatz zu humanen Monozyten, nicht durch boCCL4 oder boCX3CL1 aktivieren lassen und damit eine eher geringe Bedeutung für die Rekrutierung boviner Monozyten zum Infektionsort einnehmen.

5.2.1 Mycoplasma bovis moduliert den boCCL5-induzierten Kalziumeinstrom in bovinen Monozyten

Die Aktivierung boviner Monozyten-Subpopulationen durch boCCL5 wurde durch M. bovis sehr subtil moduliert. M. bovis führte zu keiner drastischen Beeinflussung der boCCL5-vermittelten Aktivierung in bovinen Monozyten. Allein die vermehrte Aktivierung von cM und intM im Vergleich zu ncM war nach Inkubation der Zellen mit M. bovis nicht mehr signifikant (Abb. 6). Dies scheint auf eine vermehrte Ansprechbarkeit von bovinen ncM auf boCCL5 nach Inkubation mit M. bovis zurückzuführen zu sein. Aus der Literatur ist bekannt, dass bovine ncM sich eher durch eine fehlende Reaktion auf verschiedene Stimuli (CCL5, Degranulationsprodukte neutrophiler Granulozyten, LPS) auszeichnen (HUSSEN et al. 2014;

HUSSEN et al. 2016). Möglicherweise bewirkt CCL5 bei einer Infektion mit M. bovis eine vermehrte Rekrutierung nicht-klassischer Monozyten zum Entzündungsort, welche aufgrund ihrer begrenzten antimikrobiellen Funktionen (HUSSEN et al. 2013) nicht in der Lage sind das Pathogen effektiv zu bekämpfen. Um dies zu prüfen, könnte das Migrationsverhalten der ncM

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in An- und Abwesenheit von M. bovis verglichen werden. Im Zusammenhang mit der Erhöhung der MHC-Klasse-II-Expression in bovinen ncM nach Inkubation mit M. bovis (Abb. 20, D) könnte dies für eine Aktivierung boviner ncM in Richtung von Makrophagen vom M1-Phänotyp sprechen. Da sich im Rahmen der durchgeführten Studien keine starken Unterschiede in der boCCL5-vermittelten Aktivierung der Monozyten-Subpopulationen in Anwesenheit von M. bovis zeigten (Abb. 6), wurde auf die Durchführung eines im Detail aufwendigeren Chemotaxis-Assays verzichtet. Weder M. bovis noch dessen LAMPs bewirken eine direkte Aktivierung boviner Monozyten. Beim Vergleich von Abb. 5 und Abb. 6 fällt auf, dass bovine cM und intM unterschiedlich stark auf eine Aktivierung mit boCCL5 reagieren.

Dies kann auf der funktionellen Variabilität primärer Monozyten in Abhängigkeit vom Spendertier beruhen.

Insgesamt lässt sich ableiten, dass eine Interaktion von Monozyten mit M. bovis die Reaktion gegenüber Chemokinen wie boCCL5 nicht wesentlich moduliert und M. bovis keine drastischen Effekte auf die Rekrutierung boviner Monozyten zum Infektionsort zu haben scheint.

5.3 boGM-CSF und boM-CSF gereifte Makrophagen