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lieber den Dienstvertrag

Im Dokument WWW Mlitt-DkminiW (Seite 141-152)

I V. Gemeinde Versammlungen

I. lieber den Dienstvertrag

-tAI. Jedes estländische Bauergemeindeglied ist berechtigt, in Grundlage der hieraus sich beziehenden Gesetzesvorschriften, innerhalb uud außerhalb des Gutes, zu welchem seilte Gemeinde gehört, Dienstverträge einzugehn. Eine Ausnahme hiervon macht die Anmerkung zum Art. 404.

S. Bem. zu Art. 404.

g) Legriff und Inhalt des Dienstvertrags und gesetzliche Beschränkungen hinsichtlich desselben.

-43Ä. Als Dienstvertrag ist jede Vereinbarnng anznsehn, in welcher persönliche Leistungen oder Verpflichtungeil ausbedungen werden, wobei es keinen Unterschied macht, ob der Lohn für dieselben in Geld, Natura­

lien oder in Land, das zur Nutzuug eingeräumt wird, besteht.

Verträge auf Grund der Dienstordnung <Art. 432 der Estläudischen Bauer-Verordnung von 1856 > sowie auch Verträge über die Vergebung vou Hofslandstellen unterliegen nicht der Bestätigung durch den Commissar." Jnstr. sür die Bauereom-missare von 1890, Art. 74. (III, 2.)

433 Die persönlichen Leistungen, die in einein solchen Vertrage ausbedungen werden, können solche sein:

1) Die das ganze Jahr hindurch entweder uuunterbrochen fortgesetzt, oder solche, die iu bestimmten regelmäßig sich folgenden Zeitabschnitten geleistet werden;

2) Die nur zu gewissen Zeiten im Jahre geschehen;

I. 1. Bauer-Verordnung.

3) Die zu jeder Zeit, auf Perlaugen des Dieustherru oder der Dienstboten selbst, gegen jedesmaligen zum Poraus bestimmten Lohn zu leisten sind-,

4) Die zur bestimmten Zeit auf Perlangen des Dienstherrn, gegen einen bestimmten Antheil des Dienstboten an dem verarbeiteten Gegen­

wände oder dem Ernteerträge, erfolgen;

5) Die in gewissen festgesetzten Arbeiten zu leisten sind.

434. Der Gutsherr kann seinen Hofsarbeitern statt des Lohnes für ihre Arbeit Land einräumen, jedoch nur iuuerhalb des Hofslandes, uicht aber auf dem Bauerpachtlaude.

(435. Inhabern von Pachtgrundstücken ist es zwar gestattet sich . persönlich beim Gutsherrn verdingen zu dürfen, jedoch wird dieses Recht dahin beschränkt, das; kein Pächter von Landstücken innerhalb des Bauer­

pachtlandes, unabhängig von der Grösze dieses Landstücks, sich anders, als in der Qualität eines freien Lohnarbeiters, beim Gutsherrn verdingen darf, d. h. entweder durch Aecord für eine bestimmte Arbeit, oder von Woche zu Woche als Tagelöhner für einen festgesetzten Tagelohn. Auf längere Zeit contrahirte Dienstverträge der Pächter mit dem Gutsherrn sind verboten.)

Art. 4:!5 ist durch die am Januar l^">!> Allerhöchst bestätigten Ergäuzeudeu Bestimmungen zur Estländischen Bauer-Verorduuug von 1^'»«» lU. Vollst. Gesetz­

sammlung U-U^l ) durch folgende Bestimmuug ersetzt: „Inhabern von Pachtgrund­

stücke!! ist es zwar gestattet, sich persönlich beim Gutsherrn verdingen zu dürfeu, jedoch wird dieses Recht dahiu beschränkt, das, kein Pächter eines grös,eren Grundstücks inner­

halb des BanerpachtlandeS sich anders, als in der Qualität eiues freien Lohnarbeiters beim Gutsherrn verdingen darf. d. h. dnrch Aecord für eine bestimmte 'Arbeit, oder von Woche zu Woche als Tagelöhner für einen festgesetzten Tagelohn. Ter Abschluß von Tienstverträgen aus längere ^eit ist nur deu Pächtern folcher Grundstücke erlaubt, welche mit eiuer Pachtleistuug vou iveuiger als 2U0(1 Pfund Roggenwerth belastet sind.

Anmerkung 1. Solche kleinere Pachtgrnndstücke sind in dem Lagerbuch unter einer besonderen Abtheiluug aufzuführen.

Anmerkung 2. Ten Pächtern dieser kleinen Grundstücke bleibt, wenn sie sich auch durch Dienstverträge, welche auf mehrere Jahre abgeschlofsen sind, beim Guts­

herrn verdungen haben, das Recht vorbehalten, jährlich diese Perträge zu küudigeu. Auf dieses Recht können die in Tienstverträgen stehenden Pächter kleinerer Grundstücke nicht Verzicht leisten.

In der vorstehend wiedergegebenen Uebersetzuug aus der ^ammlnug der ergän­

zenden Bestimmungen zur Est Kindischen Bauer-Verordnung von 1877 sind im ersten die Worte „innerhalb deS BauerpachtlandeS", die im russischen Tert der Vollst.

^ '^'tzsammlung fehlen, hinzugefügt worden.

118 1, 1. Bauer-Verordnung.

43<5. Der Gemeindepolizei liegt es ob, über Aufrechterhaltung dieser obenerwähnten Bestimmilngen zu wachen, nnd wenn sie eine Ver­

letzung derselben wahrnimmt, so hat sie hierüber bei der competenten Behörde die Anzeige zu machen, welche ihrerseits, nach Befinden der Um­

stände, den widergesetzlichen Vertrag anuullirt.

437. Pächter uud bäuerliche Grundeigenthümer dürfen nur die­

jenigen ihrer Dienstboten mit Land lohnen, welche ihnen das ganze Jahr hindurch ununterbrochen, oder in bestimmten regelmäßig sich folgenden Zeitabschnitten Dienste zu leisten haben. Für alle sonstigen Leistungen ist die Anweisung vou Laud als Dienstlohn verboten.

Tie Anfangsworte „Pächter und bäuerliche Grundeigenthümer" müßten bei ge­

nauer Übersetzung deÄ russischen TerteS der Vollst. Gesetzsammlung lauten: „Pächter und Eigenthümer von Bauerftelleu".

438. Dienstverträge mit den zum Betriebe der Laudwirthschaft erforderlichen Dienstboten müsseu wenigstens auf ein Jahr abgeschlossen werden.

A n m e r k u n g : A u ß e r d e n i n d i e s e m A r t i k e l e r w ä h n t e n A r b e i t e r n , g i e b t es noch Arbeiter und Dienstboten, mit denen Dienstverträge auch auf die kürzeste Zeit abgeschlossen werden können.

43?». Als gesetzlicher Termin fü.r Dieustverträge, die auf ein Jahr abgeschlossen werden, gilt der 23. April. Neu eingetretene Ge­

meindeglieder dürfen sich nicht auf kürzere Zeit als auf 3 Jahre ver­

dingen; das Kirchspielsgericht kann jedoch, je nach den Umständen, die­

selben hiervon dispensiren.

Das Kirchfpieltzgericht ist aufgehoben. S. Bem. zu Art. <>«>.

b) Abschluß des Dienstvertruyes.

44i>. Dienstverträge dürfen nur solche Individuen eingehen, die frei über ihre Person verfügen können.

Demnach können:

1) Kinder, die unter der väterlichen Gewalt stehn, und Minder­

jährige, die sich uuter Vormundschaft befinden, nur mit Einwilligung der Eltern oder Vormünder dieses Recht genießen (Art. U)74);

2) Ehefrauen uur mit Zustimmung ihrer Ehemänner, und

3) Bereits im Dienste befindliche Individuen, die sich bei einem Andern verdingen wollen, nicht ohne Beweis über ihre beendigte

Dienst-I, 1. Bauer-Verordnung.

Zeit, oder über ihre Entlassung, oder endlich über die Genehmigung des

^ienstherrn eiueu andern Dienst zu suchen.

441. Dienstverträge müssen abgeschlossen werden, entweder:

N Schriftlich, oder

Mündlich in Gegenwart zweier Zeugen; oder Vor der Gemeindepolizei.

Nnr mit Beobachtung dieser Vorschrift haben die Verträge im Klagefall gesetzliche Kraft. UebrigenS wird das eigene gerichtliche Einge­

ständnis; der Beklagten für genügend erachtet, um das Dienstverhältnis;

in die rechtserforderliche Gewißheit zu fetzen.

445! Der Empfang des Handgeldes dient als Bekräftigung des abgeschlossenen Vertrages; das gezahlte Handgeld wird in der Regel vom Lohne abgerechnet. Die Entsagung vom Handgelde oder die Zurückgabe desselben kaun keinen der beiden Theile von der Erfüllung des gesetz­

mäßig abgeschlossenen Vertrages befreien.

443. Bei allen dergleichen Verträgen mnß genau bestimmt sein:

die Art der Arbeit oder der Verrichtungen, die dem Dienstboten auferlegt werden, die Dauer der Dienstzeit, lind der festgesetzte Dienstlohn.

444. Auf Verlangen des Dienstboten ist der Dienstherr ver­

pflichtet, demselben einen Schein über den verabredeten Dienst und den festgesetzten Dienstlohn zu geben.

445. Wollen Dienstboten ihrer Dienstherrschaft oder Dienstherren ihren Dienstboten kündigen, so müssen sie dieses in der festgesetzten Frist

<Art. 467) vor Ablauf der festgestellten Dienstzeit thun. Wenn bis zum Ablauf der contractlichen Dienstzeit weder der Dienstherr noch der Dienst-bote rechtzeitig ihre Absicht den Dienstvertrag aufzuheben kundgeben, uud falls der Dienstvertrag auf weuiger als 1 Jahr abgeschlossen war (Anmerk.

zum Art. 438), so wird angenommen, daß der Vertrag, nach gegen­

seitiger stillschweigender Uebereinstimmung, auf ebenso lange erneuert worden, als er Anfangs abgeschlossen worden. War jedoch der Dienst­

vertrag auf eiu Jahr und darüber abgeschlossen, so gilt er in diesem

^all als nnr auf ein Jahr erneuert.

c) Rechte und Pflichten der DienN-Tontrahenten.

44«. Wenn der Dienstbote zu der durch Uebereinkunft festge­

setzten oder gesetzlich bestimmten DienstantrittSzeit nicht erscheint, oder sich weigert, den verabredeten Dienst anzutreten, so kann er zur Erfüllung seiner Verbiudlichkeiteu durch polizeiliche Maßregeln angehalten werden.

1 2 0 I, I. Bauer-Verordnung.

1. Tie Polizei ist reorganisirt. In den gegenwärtig für die Polizei giltigen Bestimmungen, l Loder der Gesetze, Band 11, Theil I, Allg. GouveruementS-Verfassung, Art. Wl—Ausg. von 1^!>2> sindet sich kein Hinweis aus die im Art. 44<i er-wähnte polizeiliche Function.

2. Im Art. 41W des III. THeils des ProvineialrechtS der Ostsee-Gouver-uemeutS, in dem u. A. aus deu Art. 44») der Bauer-Verorduung von 18')<i als Quelle hiugewiesen ist, fehlt die Bestimmnug, daß der Dienstbote zur Erfüllung seiner Ver­

bindlichkeiten durch polizeiliche Maßregeln angehalten werden kann. Art. 4U»i a. a. O.

lautet: „Bleibt der Tieustbote au dem Tage, da er seinen Dienst antreten sollte, aus, so ist er der Dienstherrschaft zum Schadenersatz verpflichtet I letztere aber zun?

Rücktritt vom Vertrage nnd Znrückfordernng des etwa gezahlten Handgeldes berechtigt.

Wenn der Tieustbote ohue feiue Schuld ausgeblieben war, fällt der Anspruch auf Schadenersatz weg".

447. Beharrt der Dienstdote bei seinem Ausbleibe« oder seiner Weigerung, so hat er seinem Dienstherrn alle dadurch entstandenen Kosten und Schaden zu vergüten, und wenn der Dienstherr ihn nicht mehr be­

halten will, so ist der Dieustbote verpflichtet, außer der Rückgabe des empfangenen Handgeldes nnd der Vergütung für Schäden, in die Gebiets­

lade 1 Rbl. Silb. Strafgeld einzuzahlen.

Ter Ausdruck „GebietSlade" ist iu deu WohlsahrtSregelu vou IN»

durch den Ausdruck „Gemeindekasse" ersetzt wordeu.

448. Beweist der Dienstbote, daß er den Dienst, ohne jegliche Schuld von seiner Seite, nicht alltreten kounte, so ist der Dienstherr, ob­

gleich er zur Erhebung der Vergütung der dnrch das Richterscheinen ver­

ursachten Kostelt berechtigt ist, deunoch verpflichtet den Dienstboten in seinen Diensten zu behalten. Hatte der Dienstherr aber bereits einen andern Dienstbotelt angenommen, so hat der Säumige dem Dienstherrn das Handgeld zurück zu zahlen, nnd der Dienstvertrag selbst wird als anfgelöst angesehen.

44N. Meldet sich aber der Dienstbote zur gehörigen Zeit, und der Dienstherr weigert sich ihn anzuuehmen, so muß derselbe deu Dieust-boteu ebenso schadlos halten, als wenn er ihn vor dem Ablauf der Dienstzeit ohne rechtlichen Grund entlassen hätte (Art. 473).

45«. Gleicher Strafe wie der ausbleibende Dienstbote <Art. 447j

unterliegt derjenige, der gleichzeitig sich bei mehreren Dienstherren ver­

dingt. In diesem Fall behält ihn der, mit dem er den ersten rechts­

gültigen Dienstvertrag abgeschlossen hat.

451. Der Dienstherr kann vor Beginn der Dienstzeit von dem Vertrage aus denselben Gründen zurücktreteu, aus welchen er berechtigt

I. 1. Vauer-Perordnnng.

sein würde, den Dienstboten vor Ablauf seiner Dienstzeit zu entlassen

<Art. 471); in diesem Fall kann er das gegebene Handgeld zurück­

verlangen.

452. Der Dienstbote muß sich treu, fleißig, friedfertig, aufmerk­

sam, bescheideu und gehorsam betragen; er darf sich obne besondre Ei lanbniß des Dienstherrn nicht entfernen, oder die ihm gewordene Er­

laubnis; überschreiten; er muß sich den häuslicheu ^lnoidnnngen des Dienstherrn unterwerfen, uud überhaupt jedes ihm übertragene Geschäft, je nach seinen Kräften und seiuer Befähigung übernehmen, und mit Mühe und Fleiß ausführen.

453. Der Dienstbote ist verbunden, abgesehen von den ihm über tragenen Arbeiten, seines Dienstherrn Interesse wahrzunehmen, so wie schaden und Nachtheil nach Kräften abzuwenden. Demnach in er ver­

pflichtet seinem Herrn die Anzeige zu machen, wenn er böswilliges oder tadelnswerthes Verschulden seiner Dienstgenossen wahrnimmt; im entgegen­

gesetzten Fall wird er Mitwisser und unterliegt der gesetzlichen Strafe vor der competenten Behörde.

454. Wenn der Dienstbote vorsätzlich, oder aus osfeubarer un­

verzeihlicher Nachlässigkeit, oder durch Uebertretuug ausdrücklicher Befehle, seinem Dienstherrn Schaden zufügt, so muß er dem Letztern den Schaden vergüten, entweder durch Abrechnung vom Gehalte, odel dmch eine dein Schaden entsprechende unentgeltliche Dienstleistung, wenn die Dienstzeil

schon abgelaufen war.

455. Die Feststellung des Gehalts und der Beköstigung des Dienstboten hängt nur vou der freiwilligen Uebereinknnft desselben mit dem Dienstherrn ab. Weichen die vom Dienstboten gestellten Bedingungen von dem allgemein angenommenen Dienstlohne ab, so kann das >iirch-spielsgericht seine Anforderungen ermäßigen. <^eht der Dienstbote anf die Gründe 'des Gerichts nicht ein, so wird angenommen, das; er stch absichtlich dem Dienstverhältnisse entziehen null.

Das .^irchspielsgcricht ist aufgehoben. S. Bem. zn Art.

45«. Hat sich im Laufe des ökonomischen ^alstey l^Ut. 4-.'.»>

nu Streit über den Dienstlohn erhoben, so ist der Dienstbote in jedem Hall verpflichtet, bis zum Ablaufe des Jahres in seinem Dtenstverhältnipe SU bleiben. Die Klagen hinsichtlich dieses Gegenstandes nnd, je nach dem Stande des Dienstherrn, zur Vermittelung bei der Gemeindepolizei

°der dem Kirckspielsgerichte anzubringen. Gelingt die Vermittelung uicht.

122 I, 1. Bcmcr-Verorduung.

so ist die förmliche Klage beim Kirchspielsgerichte oder beim Kreisgerichte anzustellen. '

I. „Statt „„Gemeindepolizei"" muß es heißen „„Gemeindegericht"". Landge-meinde-Trdnuug vom 19. Februar Sammlung der ergänzenden Be­

stimmungen zur Estländischen Baner-Verordnung von 1^77.

Das Äirchspielsgericht uud das Preisgericht siud aufgehoben. Am !1. Juli 1>i8!> Allerhöchst bestätigte Regeln, betr. die Einführung der (besetze über die Reor­

ganisation des Gerichtswesens und der Bauerbehördeu in den Baltischen Gouverne­

ments, Art. 11!> <IlI. Vollst. Gesetzsammlung li!>>!»>. Das Gerichtswesen beruht auf den am 9. Juli 1^!> Allerhöchst bestätigten Verordnungen über die Reorganisation des Gerichtswesens n n d der Banerbehörden i n den Baltischen Gouvernements t i l i . Vollst. Gesetzsammlung «»l.^». llll, I.»

457. Erkrankt der Tieustbote während der Dienstzeit, so kann der Dienstherr nötigenfalls einen andern an dessen Stelle annehmen, und Ersterem den Lohn für die Datler der Krankheit abziehn; jedoch ist der Dienstherr zugleich verpflichtet für den Kranken Sorge zu tragen, so daß es ihm weder an Kost noch Pflege gebricht. Zeigt sich die Krankheit aber als eine langwierige, und die Beköstigung des kranken Dienstboten, so wie die Aufsicht über denselben, übersteigt die Mittel des Dienstherrn, so ist die Bauergemeinde, zu welcher der erkrankte Dienstbote gehört, verpflichtet für denselben Sorge zu tragen.

458. Der Dienstherr darf seinen Dienstboten in keinem Fall au der Verrichtung seitler häuslichen Andacht und an dem Besuch der Kirche behindern.

459. Der Dienstherr ist dem Dienstboten gegenüber verpflichtet:

1) Den ausgedienten Lohn ihm vollständig auszuzahlen;

2) Ihm gesunde Kost zn verabreichen, wenn er die Beköstigung übernommen;

3) Die nach dem Eontraete dem Dienstherrn zustehende Gewalt nicht zu mißbrauchen.

Ein entgegengesetztes Verhalten wird als Vertragsbruch von Seiten des Dienstherrn angesehn, nnd giebt dem Dienstboten das Recht auf Auflösung des Vertrages oder auf Abstellung des BefchwerdegrnndeS vor Gericht zu klagen.

4««. Der Gutsherr ist als Dienstherr zur Ausübung der Haus-zucht berechtigt, und kann daher die Schuldigen mit einer Haft bis auf 2 Tage bei Wasser und Brod an einem der Gesundheit nicht nachthei-ligen Orte, oder mit körperlicher Züchtigung bis 18 Rutheustreichen, Un­

I, I. Bauer-Verordnung. 12.'!

mündige unter 14 Jahren und Weibspersonen aber mit nicht mehr als 15 Kinderrnthenstreichen, bestrafen.

A n m e r k u n g : D i e V e r w a l t e r d e r P a s t o r a t e u n d d e r L a n d s t e l l e n haben uur das Recht ihre Dienstboten einer Hauszucht durch Haft bis auf 2 Tage bei Wasser und Brod an einem der Gesundheit nicht nachtheiligen Orte zu unterziehen.

Durch dcu am 4. Juni 1"<>4 Allerhöchst bestätigten Beschluß des Lstsee-Comit.'-S M. Vollst. Gesetzsammlung 421tt2) ist die Allerhöchste Genehmigung ertheilt worden „zur Aufhebuug des Rechts der Gutspolizei, der Gutsbesitzer. uud überhaupt der ienstherrcn im Baltischen Gebiet, Arbeitern uud Ticustboteu, die ihnen untergeordnet oder von ihnen engagirt sind, Körperstrafen aufzuerlegen, ohne die Minderjährigen auszunehmen .

4V». Die Hauszucht wird angewandt: bei Ungehorsam, Vernach­

lässigung aufgegebener Arbeit, respectwidrigem Benehmen gegen den Gutsherru und dessen Familie oder dessen Stellvertreter, und bei Stö­

rung häuslicher Ruhe auf dem Gutshofe durch Trunkenheit nnd ander­

weitige Ungebühr.

S. Bem. zu Art. 4li<>.

Das Recht der Hauszucht kann der Gutsherr übertragen:

seinem Verwalter, dem Aufseher oder seinem Bevollmächtigten; er bleibt jedoch für den Mißbrauch des Rechts durch dieselben verantwortlich, wenn der Stellvertreter für die Bestrafung des Unschuldigen, oder die Überschreitung der Grenzen der Hauszucht dem Bestraften die 1>rivat-Satisfaction zu leisten außer Stande ist.

S. Bem. zu Art. 4<itt.

Die Hauszucht darf ausgeübt werden: an Hofsdienstboten, an Arbeitern die sich auf der Hofsfrohnarbeit befinden und an gedun­

genen Lohnarbeitern, in sofern sie kopflteuerpflichlig sind, und nicht etwa bei der Verdingung sich vorbehalten haben, der .^anszucht nicht unter­

worfen zu sein.

1. S. Bem. zu Art. 4<i< >. .... «

2. Tie Frohnpacht von Stellen des Bauerlaudes .st ausgehoben, s. Beut, zn

Art. 4. '

Tie Kopfsteuer ist aufgehoben. S. Bem. 1 zu Art.

4«4. Bei Klagen wegen Überschreitung der Hauszucht, wenn diese kein Criminalverbrechen bildet, kann das Kirchspielspolizeigericht,

124 I. 1. Bauer-Perordmmq.

nach Befinden der Umstände, den Schuldigen in eine Geldbuße von 1 bis 15 Rubel Silk», zum Besteu der Gebietslade derjenigen Gemeinde, zu welcher der Kläger gehört, vernrtheilen. Im Wiederholungsfalle gegen denselben Dienstboten wird eine Geldstrafe bis 25 Rubel Silb. erhoben.

1. S. Bem. zu Art. 4W.

2. Durch das am !>. Juni Allerhöchst bestätigte Reichsrathsgutachten über die Reorganisation der Polizei in den Baltischen (Gouvernements, P. IV tili. Vollst.

Gesetzsammlung sind die Kirchspielspolizeigerichte aufgehoben uud ihre Functionen den Kirchspielsgerichten anserlegt morden, .hinsichtlich der Aufhebung der Kirchspiels-gerichte f. Bem. 8 zu Art. <>l>.

Z. Das Wort „Gebietslade" ist iu den Wohlfahrtsregeln von Iklili (tz 10) durch das Wort „Gemeindekasse" ersetzt morden.

4<»5 Kein Dienstbote darf vor Ablauf der verabredeten Dienstzeit seinen Dienstherrn ohne dessen Einwilligung verlassen; selbst in dem Fall, wenn der Dienstbote dazu irgeud eine Veranlassung hat, muß er zuvor über diese Veranlassung dem Gerichte die Anzeige machen, lind die Entscheidung desselben abwarten; entgegengesetzten Falls zahlt er nicht allein das empfangene Handgeld zurück, sondern muß auch dem Dienst­

herrn so viel zahlen, als an Lohn versprochen worden, sobald der Dienstherr ihn nicht wieder in Dienst nehmen will.

6) Äufhtbung des Dieiiftvrrtrngcs.

4iU» Der Dienstvertrag erlischt von selbst mit dem verabredeten Endtermine, der auf kürzere Zeit als 1 Jahr abgeschlossene Vertrag jedoch nur dann, wenn wegen dessen Kündigung rechtzeitig die Anzeige gemacht worden (Art. 438—445).

4<»7 ^-ür Dienstverträge, die auf ein oder mehrere Jahre abge­

schlossen worden, ist der regelmäßige Kündigungstermin vom 20. Jannar bis znm 2. Februar. Bei monatlichen Dienstverträgen muß 14 Tage vor Ablauf des Dienslmonats die Kündigung angebracht werden. Kündi­

gungen, welche vor oder nach diesem Termin angebracht werden, haben für keinen der beiden contrahirenden Theile bindende Kraft; wenn nicht die (Kontrahenten desfalls eine anderweitige Verabredung getroffeu.

4<55i Als gültige Urfacheu, aus welchen der Dienstbote, auch ohne Aufkündigung und vor Ablauf der verabredeten Dienstzeit, seinen Dienstherrn verlassen kann, werden erachtet:

I, I. Lauer-Verordnung. 1 2 5

. 1) Unziemliches Verfahren und übermäßige Strenge von Seiten des Dienstherrn;

2) Böse Zumuthung von Seiten der Herrschast oder deren Haus­

genossen ;

3) Verweigerte Kost;

4) Verreisen der Herrschaft in fremde Länder; und 5) Eigne schwere Krankheit des Dienstboten.

In diesem Fall muß der seilten Dienst verlassende Di'enslbote sogleich, nach Auleituug des Art. 456, der betreffenden Behörde die ihn Au diesem Schritte veranlassende Ursache anzeigeil, lind dieselbe durch die gesetzlich zulässigen Beweismittel darthnn.

4<»tt Desgleichen kann der Dienstbote, nachdem er dem Dienst- ' Herrn entweder 3 Monate oder 14 Tage, je nach der Länge der Zeit, aus welche der Vertrag abgeschlossen worden, vorher gekündigt, denselben vor der verabredeten Zeit verlasseil, wenn der Dienstherr ihm den Lohn uuregelmäßig auszahlt, oder unschnldigerweise den Dienstboten der öffent­

lichen Beschimpfung unterwirft.

47<> In allen den Fällen, in welchen dem Dienstboten gestattet i>t seinen Dienstherrn vor der abgelaufenen Dienstzeit zu verlassen, muß der Lohn nnd die Kost für die vergangene Dienstzeit von dem Dienst­

lern ihm ausgezahlt werden.

471. Als gültige Ursachen für den Dienstherr«, ohne die richter­

liche Entscheidung abzuwarteu, vor dem Ablauf der verabredeten Dienst-Zeit den Dienstboten zu entlassen, und den ihm gebührendeil Lohn für die ganze übrige Zeit bis zum Endtermine zurückzuhalten, werden angesehn:

1) Beharrlicher Ungehorsam und Widerspenstigkeit;

2) Böse Beispiele, die er den Kindern der Dienstherrschaft, oder den übrigen Dienstboten des Hanses giebt;

3) Aneignung fremden Eigenthums;

4) Vorsätzliche Versanmnng des Dienstes;

5) Böswillig zugefügter Schaden;

6» Ansteckende Krankheit zufolge liederlichen Lebenswandels;

7) Nächtliche Entfernungen;

8) Neigung zum Truuk, Spiel oder andere Ausschweifungen;

8) Neigung zum Truuk, Spiel oder andere Ausschweifungen;

Im Dokument WWW Mlitt-DkminiW (Seite 141-152)