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4. Bildungsideale und Grundpositionen in Nordamerika: Universitätsromane als Aus- druck der gesellschaftlichen Bildungsdiskussion

4.4. Liberal Culture

Bezug zur Gegenwart des Autors und zur Zukunft der amerikanischen Bildungspolitik kann Emersons Text eine fundamentale Rolle mit speziell amerikanischer Prägung innerhalb der Diskussion der Bildungskonzepte zugewiesen werden. Sein anti-intellektuelles Ideal, das aus-gehend von eigenen Denkprozessen und Erkenntnissen gegen rezeptives Lernen gerichtet ist, wird in den amerikanischen Universitätsromanen aufgegriffen, meist um es ähnlich wie E-merson in positiver Darstellung einer als negativ empfundenen gesellschaftlichen Entwick-lung gegenüberzustellen. Als theoretischer Text hat Emersons “The American Scholar” seit Beginn des amerikanischen Universitätsromans diese Gattung begleitet, hat in Hawthornes erstem Roman Fanshawe (1828) seinen ersten intertextuellen Dialogpartner gefunden93 und auch für viele weitere Universitätsromane die Basis für eine „literarische Verhandlung unter-schiedlicher Bildungskonzeptionen“ (Nischik 2000: 91) geschaffen.

4.4. Liberal Culture

Das Konzept der Liberal Culture stellt eine weitere bildungskonzeptionelle Bestimmung dar, die in der Diskussion vor 1900 und bis Mitte des 20. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten von Amerika präsent ist: “Finally, a fourth educational perspective also came into being in the late nineteenth century, distinct from the others but especially unfriendly toward practicality and minute investigation. This was the view that can conveniently be termed advocacy of ‘li-beral culture’.” (Veysey 1965: 180). Die Ursprünge dieses Konzepts liegen wiederum in Großbritannien, genauer gesagt in Cambridge, von wo aus erste bildungstheoretische Überle-gungen im Sinne der Liberal Education bereits zu Kolonialzeiten in Harvard übernommen werden und einmal mehr die enge Anbindung des amerikanischen Bildungsgedanken an eng-lische Vorbilder betonen.94

Diese bildungsthematische Bestimmung, für die die Termini culture, general culture und li-beral education in gleichem Maße Verwendung finden (Veysey 1965: 180, Fußnote 1), eröff-net als kulturkritisches Modell die Auseinandersetzung mit den dominanten gesellschaftlichen Werten der Vereinigten Staaten und orientiert sich laut Cordelia Borchardt vor allem in seiner ethischen und moralischen Ausrichtung an den Vorgaben von Matthew Arnold (Borchardt 99f.), wie sie bereits innerhalb des humanistischen Bildungskonzepts zu Beginn dieser Arbeit vorgestellt wurden. John Henry Newman hatte in seiner Schrift On University Education

93 Siehe zu einer ausführlichen Analyse der beiden genannten Texte und deren Intertextualität Nischik 2000: 89-104.

94 Vgl. dazu West zit. nach Veysey 1965: 196: “Although English higher education then largely remained in a state of torpor and ossification and thus seemed an impossible model to emulate in America, the close intellec-tual tie with England – stretching in memory all the way back to the first importation of “liberal education” from Cambridge to Harvard in colonial times – still indefinably commanded pre-eminent respect.”

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(1852) früh eine ähnliche Zielsetzung zur Kultivierung des Intellekts gezeigt, präferiert aller-dings zur begrifflichen Benennung gegenüber eines einzelnen Terminus Umschreibungen wie

“philosophical knowledge, enlargement of the mind” oder “illumination” (Newmann [1852]

1933: Discourse V).

Allan Bloom hat in seiner Monographie The Closing of the American Mind: How Higher Education Has Failed Democracy and Impoverished the Souls of Today’s Students (1987) die Debatte um eine liberal ausgerichtete Universitätsbildung kulturwissenschaftlich fortgeführt, indem er die Beschäftigung mit den herausragendsten Autoren und Wissenschaftler der west-lichen Hemisphäre, von Plato bis Marx und Nietzsche, in den Mittelpunkt seiner Bildungs-konzeption stellt. Er sieht die humanistische Tendenz im Sinne einer liberal education als ein speziell auf die amerikanische Gesellschaft mit ihren Erwartungen, aber auch als ein auf eine Weiterentwicklung des Einzelnen zugeschnittenes Konzept: “liberal education is as essential to the health of liberal society – and of the United States of America, in particular – as it is to the fulfillemnt of the thinking individual. […] a relationship between the free pursuit of truth and the practical ends embedded in a particular tradition or political community“ (Hancock 1999: 1). Gleichwohl wehrt er sich zusammen mit Timothy Fuller, der für Hancocks Sam-melband America, the West, and Liberal Education (1999) einen Essay mit dem Titel “Liberal Education in the Confines of the Liberal Tradition“ verfasste, gegen eine begriffliche Gleich-setzung mit dem modernen politischen liberalism: “This is a mistake, since the former [liberal education] antedates the latter [modern liberalism], and to confuse the two meanings of “lib-eral” is to risk narrowing the possibilitiess of contemporary higher education. Liberal learning and liberalism can be friends, but never identical.” (Hancock 1999: 2).

”Liberal learning frequently adopts the practical aspirations of modern liberal politics, looking there for its own inspiration and sense of purpose,” ergänzt Timothy Fuller seine Ausführun-gen (Fuller 1999: 28). Ralph C. Hancock führt seinen Gedanken ebenfalls fort, wenn er als erster eine wesentliche Komponente, die das Konzept der liberal culture klar von humanisti-schen Bildungsidealen abgrenzt, ausspricht: ”If ‘the soul longs for answers to the greatest questions’, this theoretical longing also has a practical dimension: ‘the soul wants to be great’.

But […] this greatness would never be separable from knowledge, especially self-knowledge, therefore from the question of greatness.” (Hancock 1999: 156). Eine Orientierung an gesell-schaftlichen, soziopolitischen und technischen Neuerungen wird im Sinne der Vermittlung eines neuen Denkmodells konzipiert, ohne dass dies jedoch mit einer konkreten praktischen Berufsausbildung gleichgesetzt werden darf. Ein sensibler Umgang mit den Veränderungen und Entwicklungen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft und ein gewisses Maß an

Selbstre-flexion füllt dabei das Adjektiv ‘practical’ mit Inhalt und steht innerhalb der Liberal Culture in einer ganz anderen Bedeutungsdimension als in der utilitaristischen Funktionszuweisung von Bildung. Bildung, Erziehung und Lernen werden darin zu einer Auseinandersetzung mit bestehenden Normen und Zwängen, zu einem neuen Entwurf des denkenden Menschen: “i-dentified with coming to understand the intimations of human life displayed in historic culture of remarkable splendor und lucidity and with the invitation to recognize oneself in terms of this culture. This was an education which promised and afforded liberation from the here and now of current engagements, from the mudle, the crudity, the sentimentality, the intellectual poverty and the emotional morass of ordinary life.” (Oakeshott 1989: 30).

Das Konzept der Liberal Culture entspricht zwar in dieser theoretischen Darlegung einer po-sitiven Bewegung, nämlich dem Versuch, eine praktische und gesellschaftlich orientierte Komponente in ein weitgehend humanistisch geprägtes Ideal einzubinden, doch in der Reali-tät und universitären Umsetzung kann davon Ende des 19. Jahrhunderts kaum die Rede sein.

Hugo Münsterberg stellt im Jahr 1913 eine Bildungs- und Wissensvermittelung an amerikani-schen Hochschulen fest, die auf deutsche Ursprünge zurückgeht, und dokumentiert die ver-traute Kritik am mangelnden Praxisbezug der so vermittelten Bildung: “a western group, especially at home in the state universitites, which claims that German science is too abstract and theoretical, too far from practical interests and that in a democracy the only scholarship with a right to exist is that which serves the practical needs of the masses.“ Parallel dazu beo-bachtet er eine oppositionelle Gruppe von Akademikern, die eine humanistisch und am Ideal des englischen gentleman orientierte Bildung vermissen: “Other academic men miss in the technique of the new university method the liberalizing culture which was the leading trait of Oxford and Cambridge. This longing for the gentleman’s scholarship after the English pattern has entered many a heart.” (Münsterberg 1913: 49-51). Dieser genteel-Gedanke war meist Teil einer pseudo-aristokratischen Haltung, die sich zwar in Neuengland um die Jahrhundert-wende durchaus beobachten ließ, sich jedoch nicht als Charakteristikum der amerikanischen middle-class durchsetzten konnte. Ein Kompromiss zwischen diesen aristokratischen Idealen und liberal-humanistischen Auffassungen vom Ziel und Zweck universitärer Bildung schien in weiter Ferne: “letters and science, the humanities and the realities, are the current terms of contrast between the two groups and there are no signs that these distinctions will ever va-nish.“ (Gilman 1906: 239). Im Gegensatz zu den zahlreichen Anhängern eines rein utilitaristi-schen Bildungskonzepts waren die Vertreter der Liberal Culture zahlenmäßig allenfalls an einigen kleineren Hochschulen und colleges überlegen. Ihre didaktischen, pädagogischen und bildungspolitischen Ausarbeitungen fanden jedoch sehr viel mehr Gehör und Beachtung und

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übertrafen meist die der utilitaristischen Befürworter in quantitativer und qualitativer Hinsicht (Veysey 1965: 182). In den größeren Universitäten und colleges war der Einfluss der Liberal Culture/Education mit dem Ziel des “shaping the mind and the habits of the student according to a preconceived ideal“ (Ben-David 1972: 63) von kurzfristiger und eher geringer Bedeu-tung.

In historischem Rückblick ragen die ersten Jahrzehnte nach der Jahrhundertwende als eigent-liche Sternstunde des Konzepts der Liberal Culture heraus. Gründe dafür können in allen ge-sellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Veränderungen, die die industrielle Revolu-tion, der Erste Weltkrieg, der wirtschaftliche Aufschwung bzw. die Phase der Great Depres-sion als DiskusDepres-sionsstoff mit in die Bildungsdebatte brachte, gefunden werden. Inhaltlich las-sen sich in dieser Phase der allgemeinen Bildungsdiskussion in den Vereinigten Staaten fol-gende Charakteristika der Liberal Culture / Education zusammenfassen, die in ihrer idealtypi-schen Prägung gleichzeitig als Grundlage und Abgrenzungskomponenten bei der Textanalyse gelten können:

Das Konzept stellt die Einzigartigkeit des Individuums an oberste Stelle und wendet sich da-mit strikt gegen jede Verallgemeinerung des Menschen und gegen eine einheitliche und am Nutzen für die Allgemeinheit orientierte Bildungsvermittlung. Die Definition von “culture“

richtet sich dabei nach streng humanistischen Aspekten und bindet im Kern die Zielsetzung geisteswissenschaftlicher Fächer: “The word “culture“, in its humanistic context, had several fairly distinct connotations: aesthetic, moral and emotional, and social. First of all, culture was closely tied to literary and artistic standards.“ (Veysey 1965: 184). Das Ziel dieser hu-manistisch orientierten Kulturvermittlung war es, den Menschen ganzheitlich zu bilden und ein Bewusstsein für den Wert nicht-faktischen Wissens zu entwickeln, “to induce soul states or conditions, soul attitudes, to attune the inward forces to the idealized forms of nature and of human life produced by art, and not to make the head a cockloft for storing away the trumpery of barren knowledge.“ (Corson 1894: 81f). Am besten lässt sich eine humanistisch-liberale Ausrichtung, die einen Bogen zur realen soziopolitischen Umgebung zu schlagen versucht, an den Disziplinen der klassischen Sprachen illustrieren:

The classical tongues therefore should still be taught, although as a means for

acquiring familiarity with what civilized man had said in the ancient world rather than as a mere grammatical exercise. Greek moral values (above all, temperance) would have a desirable impact on American youth. The classics were to be related “in a broad and vital way to modern life”, while at the same time the teaching of them was to be

“reinforced by a sense of absolute values. (Veysey 1965: 206 und Babbitt 1908: 165).

Joseph Ben-David stellt in American Higher Education. Directions Old and New (1972) die-ses Konzept eines umfassend gebildeten Menschen, der durch seine moralische und intellek-tuelle Bildung zu einer bestimmten Wertvorstellung gelangt, in den Mittelpunkt. Er betont zugleich auch den elitären Charakter innerhalb dieses Ideals in direktem Bezug auf das Indi-viduum:

It was assumed that such an education created a superior person. His superiority was aesthetic, since he had a sensibility for beauty others did not have; it was also moral, because Western culture and civilization were good things in their own right, and those who possessed this culture, like those who possessed the true religion, were better than those who did not; finally it was an intellectual superiority, since the cultivated mind was capable of the critical reflection and intellectual autonomy of which others were not capable. (Ben-David 1972: 64).

William Lyon Phelps, ab 1892 Professor an der renommierten Yale University in Connecti-cut, wird von Laurence R. Veysey als die eigentliche Verkörperung des Liberal Culture Ideals beschrieben: “the ideal of liberal culture on its optimistic, unintellectual, and not very dis-criminating side, but with a moral tone and muscular vigor that gave him a head start in capti-vating New Haven.“ (Veysey 1965: 224). Von Phelps sind nach seiner Professorentätigkeit einige seiner Lehrmethoden und Erfahrungen publiziert worden, die heute als das Credo der Lehrenden für sich und in ihrem Verhältnis zu den Studierenden innerhalb der Liberal Cultu-re zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelten:

If a teacher wishes to success with pupils, he must inflame their imagination. The lesson should put the classroom under the spell of an illusion, like a great drama. […]

If a pupil feels the reality of any subject, feels it relation to actual life, half the battle is gained. […] The interest of the class must instantly be aroused and maintained until the end of the period. […] A teacher who teaches with constant parentheses,

qualifications, and trivial explanations will never make any definite impression.

(Phelps 1912: 51 und 96f.).

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In diesem Verhältnis sieht der Harvard Philosoph George Herbert Palmer eine wesentliche Entwicklungsaufgabe seitens der Studierenden in der Umsetzung des vermittelten Wissens und in der Aufgabe, in dieser Form der gesellschaftlichen Erwartungshaltung entsprechen zu können: ”Do not stand apart from the movements of the country, - the political, charitable, religious, scientific, literary movements, - however distastefully they may strike you. Identify yourself with them, sympathize with them. They all have a noble side; seek it out and make it your own. Throw yourself into all life and make it nobly yours.” (Palmer 1908: 165).

Für die Studierenden bedeutet dies, dass die räumliche Abgeschlossenheit der Universität in keinem Fall eine intellektuelle Abgrenzung von der Gesellschaft nach sich ziehen muss, son-dern dass dieses Ideal immer wieder bewusst zu einem sensiblen Umgang mit der außeruni-versitären Umwelt auffordert: “If I were a student, I would seek less for knowledge and more for the significance of knowledge. I would care less to be a scholar and more to be a thinker.”

(Thwing 1902: 22). Timothy Fuller ergänzt das Bild des liberal-humanistisch geprägten Stu-dierenden, indem er den jugendlichen Entwicklungsprozess, der an der Universität stattfindet, das Lernen, wie folgt definiert: ”Liberal learning, however, is not merely modernity intellectualized; it is the continual recalling of the human spirit to know what a truly human life might be, and a conversational engagement respecting the way in which we might live it.

Liberal learning thus understood is not a technique or a set of skills – it is an education in imagination.” (Fuller 1999: 31). Damit ist das Ziel, “free, just, and cultivated spirits” (Stanley Rosen zitiert nach Hancock 1999: 154) zu formen, für beide Partner, die Lehrenden und die Studierenden, vorgegeben.

Das Zusammenwirken von Studierenden und Lehrenden ist eine wesentliche Komponente dieses Bildungskonzepts: Beide durchlaufen gemeinsam einen Lernprozess und lösen durch die Auseinandersetzung mit Fachlichem und Menschlichem eine Entwicklung aus, die der Institution Universität eine klare Funktion als Kompensator von Ideen und deren Austausch zuweist: “an academic institution has been, above all, a congregation of teachers and their students in which the teachers are learners no less than those whom they teach. It is a set of human beings collegially undertaking to participate in and to extend their intellectual inheri-tance conversationally.” (Fuller 1999: 32). Durch sprachliche und geistige Beschäftigung ei-nen Entwicklungsprozess auszulösen, ist essentiell für das liberal-humanistische Bildungsziel, und die Liberal Culture leistet so einen wichtigen Beitrag zu eigenständigem Denken und zu einer kritischen Auseinandersetzung mit bestehenden normativen Vorgaben in Gesellschaft, Politik und Menschenbild: “It [liberal education] resists the impulsive longing to be given a

doctrine or to be socialized according to a formula rather than to be initiated into a conversa-tion“ (zitiert nach Hancock 1999: 159 Fußnote 7)

Die Aufgabe der Universitäten wird im wesentlichen in der Suche nach der Wahrheit, der Entwicklung des intellectual life und des Charakters gesehen. Besonders geeignet für dieses Ziel scheinen den Vertretern dieses Ideals die Geisteswissenschaften zu sein, aber auch die Naturwissenschaften können ihren Beitrag zur geistigen Kultivierung leisten. Damit wird durch die neue Zielbestimmung universitärer Bildung der drückende Rechtfertigungszwang traditioneller Universitätsstrukturen teilweise aufgehoben und gleichzeitig die Möglichkeit zu graduellen Reformen gegeben: “The first important characteristic of the liberal university was and is the custodianship of an intellectual tradition that has been derived from the culture of an elite rather than the codification of scientific principles by a corps of experts,“ gibt Peter Scott als Kernpunkt dieses Bildungsideals an (Scott 1984: 31).

Bedeutsam für die universitäre Zielsetzung ist auch der englisch geprägte Begriff der self-culture. Es zeigt sich bei diesem Konzept eine ähnliche Zielsetzung, nämlich “self-realization, physical, intelletual, social, emotional”. (Gayley [1910], zitiert nach Veysey 1965: 210). Nach 1900 steht diese intellektuelle Komponente im Vordergrund, die soziale, die Entwicklung von Stil und Formen, trat hinter die mental discipline zurück. Ein solches intellektualisiertes Kon-zept der Liberal Culture ist eine Grundlage der spezifisch amerikanischen Variante des Hu-manismus und wird von Ralph Hancock fast euphorisch gefeiert:

Liberal education in America, at the college level, tries to combine moral virtue and intellectual virtue. It seeks the true, without losing the good; it holds to the good without ignoring the beautiful. Considering the present orphaned condition of the young souls arriving at college […] liberal education must not only have the fire of inquiry that the great philosophical books encourage and require, but also the habituation in the good that families, villages, and parishes used to inculcate.

(Hancock 1999: 5).

Alexander Meiklejohn, der 1880 im Alter von acht Jahren von England in die Vereinigten Staaten kam und sich nach seinem Abschluss an der Brown University 1893 und seines Ph.D.

an der Cornell University dort als Professor der Philosophie einen international bekannten Namen machen konnte, schrieb 1908 einen Essay über die Zielsetzung amerikanischer Uni-versitäten und colleges und reihte sich damit in die Anhänger der Liberal Culture ein: “not primarily to teach the form of living, not primarily to give practice in the art of living, [here

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Meiklejohn distinguished himself from John Dewey and the utilitarians] but rather to broaden and deepen the insight into life itself, to open up the riches of human experience, of literature, of nature, of art, of religion, of philosophy, of human relations, social, economic, political“

(Meiklejohn 1908: 558). In diesem Sinne weist C. E. Norton den Hochschulen eine ähnliche Richtung, indem er den Bezug zu gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten fordert:

”Liberal education needs revival and reinvigoration, not in the interest of the few, a select and eminent class, but in the interest of the many, of the whole community. The universities ought to be the sources from which flow forth strength, sweetness and light.“ (Norton 1888: 323).

Den Nutzen, den eine in diesem Sinne konzipierte Universitätsbildung für die Gesellschaft habe, hat schon John Henry Newman formuliert, und so kann erneut der humanistische Ur-sprung der Liberal Culture nicht geleugnet werden. Die intellektuelle Kultivierung der Ge-sellschaft, die er den utilitaristischen Tendenzen entgegen zu halten versucht, liege auch die-sem Konzept zugrunde und definiere das Verhältnis zwischen Institution und Gesellschaft:

It [liberal education] aims at raising the intellectual tone in society, at cultivating the public mind, at purifying the national taste, at supplying true principles to popular enthusiasm and fixed aims to popular aspiration, to give enlargement and sobriety to the ideas of the age, at facilitating the exercise of political power, and refining the intercourse of private life (Newman [1852] 1933: Discourse VI).

R.E. Jones, Präsident des Hobart College, bezeichnet als finales Ziel der amerikanischen Hochschulen einen “social common sense” und sah ihre Funktion in einer Synthese mit au-ßeruniversitären Bedingungen, “to promote conformity with reality, social synity, and fitness

R.E. Jones, Präsident des Hobart College, bezeichnet als finales Ziel der amerikanischen Hochschulen einen “social common sense” und sah ihre Funktion in einer Synthese mit au-ßeruniversitären Bedingungen, “to promote conformity with reality, social synity, and fitness