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Bildungskonzepte im amerikanischen Universitätsroman von 1920 bis 1945: Die Studierenden und die Universität als Ort der moralischen Bewährung

5. Der amerikanische Universitätsroman

5.1. Bildungskonzepte im amerikanischen Universitätsroman von 1920 bis 1945: Die Studierenden und die Universität als Ort der moralischen Bewährung

5. Der amerikanische Universitätsroman

5.1. Bildungskonzepte im amerikanischen Universitätsroman von 1920 bis 1945: Die Studierenden und die Universität als Ort der moralischen Bewährung

Die gattungsgeschichtliche Entwicklung des amerikanischen Universitätsromans ist, wie viele Literaturwissenschaftler, Historiker und Bibliographen übereinstimmend festgestellt haben, mit Nathaniel Hawthornes Roman Fanshawe (1828) begründet worden.107 Darauf und auf die Entwicklung bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde bereits in Kapitel 1.2. zur Bedeutung und Tradition des Universitätsromans in der nordamerikanischen Literatur verwiesen. Nach dem historisch, politisch und literaturwissenschaftlich bedeutsamen Einschnitt des Ersten Weltkrieges beginnt in der Entwicklung des Universitätsromans ein neuer Abschnitt, dessen bildungsthematische Prägungen bis ins Jahr 2000 nachvollzogen werden sollen. Die Universi-tät als Ort, „wo der Student weniger durch die akademische Lehre als vielmehr durch seine selbstgewählte Lektüre und seine Erlebnisse seine intellektuelle Reifung und das Bewusstsein seiner eigenen Individualität erfährt“ (Weiß 1988: 109), steht am Beginn dieser Entwicklung und die Tatsache, dass in deutlicher Abgrenzung zu den bis dahin dominierenden universitä-ren Sporterzählungen nun das studentische Bewusstsein Thema der Romane wird, markiert im Vergleich mit englischen Vorbildern eine relativ späte Wendung weg von dem bis dahin auch das öffentliche Interesse beherrschenden professionellen Sportbetrieb der Universitäten (Weiß 1988: 104). In dieser Zeit entwickelt die Gattung des amerikanischen Universitätsromans al-lerdings nicht allein obig erwähnte Erzählperspektive, sondern es ist zeitgleich dazu auch eine Verlagerung des Bildungsdiskurses in die Universität hinein zu beobachten. Bildungskonzep-tionelle Überlegungen werden innerhalb des universitären Milieus diskutiert und können im gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben einen festen Platz einnehmen:108 “it was during the 1920s and 1930s that American schools of higher education moved into the mainstream of American economic, social, and cultural life. […] In conception and curricu-lum, higher education became more accessible to more Americans than ever before.” (Levine 1986: 17ff.) David Levine verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Wirkung der Uni-versität samt der dort vermittelten Bildung als beinahe ersatzreligiöse Stätte hin, die als Ka-thedrale des Wissens in europäischer Tradition steht. Ab diesem Zeitpunkt wird bedingt durch die steigenden Studierendenzahlen und die gesamte Breitenwirkung der Universitäten die Debatte um Bildungskonzepte und Erziehungsziele inhaltlich dringlicher, da die

unterschied-107 Vgl. dazu Lyons 1962: 5; Weiß 1988: 100; Kramer 1981: 81; Nischik 2000: 90, die alle mit wenig Einschrän-kungen diesen Roman als Beginn der amerikanischen Gattungsentwicklung festlegen.

108 Vgl. dazu auch Borchardt 1997: 131.

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lichen Interessengruppen ihren Einfluss auf die Bildungspolitik geltend zu machen versuchen (Borchardt 1997: 131). David Levine sieht in dieser Entwicklung den Ausgangspunkt aller nachfolgenden bildungsthematischen Auseinandersetzungen: “that the needs of American business – and the intense desire of educators and students to fulfill those needs – dominated American higher education in the 1920s” (Levine 1986: 45).

Aus der daraus resultierenden inhaltlichen Polarisierung zwischen utilitaristischen und meist technisch orientierten Disziplinen und den allgemein bildenden humanities oder liberal arts ergibt sich nicht nur ein fortlaufendes Motiv für die inhaltliche Gestaltung der amerikanischen Universitätsromane, sondern auch eine schlüssige Eingrenzung des Untersuchungszeitraumes in dieser Arbeit. Die Frage nach der Daseinsberechtigung der amerikanischen Universität ge-genüber einer zunehmend anti-intellektuellen Haltung innerhalb der Gesellschaft steht in der Fortsetzung dieser Dichotomie im Vordergrund. Als nächster Schritt muss dann in inhaltlicher Hinsicht die Bildungsfunktion der Institution neu definiert werden, die die Romane zu einem breiten Diskussionsforum und Ort der Erprobung unterschiedlicher Bildungsideale macht.

Der amerikanische Universitätsroman, der die Motivreihe der individuellen und intel-lektuellen studentischen Reifung eröffnet, ist F. Scott Fitzgeralds This Side of Paradise (1920),109 der das bereits in Owen M. Johnsons Roman Stover at Yale (1912) erkennbare In-teresse an einem fiktional dargestellten und auf das Individuum ausgerichteten Bildungskon-zept ausbaut und weiterführt.110 Der Protagonist Amory Blaine, Student an der Princeton Uni-versity, präsentiert den personifizierten Ausdruck eines optimistischen, neuen Lebensgefühls in den 1920er Jahren und gleichzeitig in seiner Außenseiterrolle als nun nicht mehr von mora-lischen und idealistischen Werten geprägter Romanheld einen Bruch mit den bisherigen Tra-ditionslinien der Gattung.111 Die Tatsache, dass Fitzgerald den Roman sowohl mit The Ro-mantic Egoist als auch The RoRo-mantic Egotist,112 was in späteren Ausgaben zum Titel des ers-ten Buches innerhalb des Gesamtromans “Code of the Young Egotist” (18) umgewandelt wurde, überschrieben hat, lädt die Leser dazu ein, den Entwicklungs- und Bildungsprozess Amorys bewusst zu verfolgen und macht auch den Protagonisten selbst zu einem aufmerksa-men Beobachter seiner eigenen Entwicklung. Die Verbindung der Gattung des Universitäts-romans zu anderen Gattungen wie z.B. der des BildungsUniversitäts-romans wird ebenfalls erkennbar: “it

109 Diese und alle weiteren Stellenangaben zu diesem Roman beziehen sich auf folgenden Ausgabe: Fitzgerald, Francis Scott. This Side of Paradise. New York: Charles Scribner’ Sons 1970.

110 Eine detaillierte Interpretation des darin vorgeführten Bildungsprozesses des Protagonisten Dink Stover ist zu finden in Borchardt 1997: 101ff.

111 Vgl. dazu Borchardt 1997: 112.

112 James West bietet in seinen Untersuchungen zu Fitzgeralds Roman für den Begriff “egotist“ die Übersetzung

“a conceited, boastful talker” (West 1983: 9) an.

characterizes Amory as the self-conscious Bildungsroman hero searching for development in his personality. […] Fitzgerald presents his hero’s self-conscious search, self-consciously, as do Goethe and Joyce.” (Hendriksen 1993: 102). Sein Streben nach sozialer Anerkennung und seine Ichbezogenheit lassen den Protagonisten in dieser student-centered university novel meist als hilflosen und nach Orientierung suchenden jungen Mann erscheinen, dessen emotio-nales Gleichgewicht durch das sich immer schneller drehende gesellschaftliche Karussell um ihn herum empfindlich gestört ist:

He had a sense of reality such as material things could never give him. His intellectual content seemd to submit too passively to it, and it fitted like a glove everything that had ever preceded it in his life. It did not muddle him. It was like a problem whose answer he knew on paper, yet whose solution he was unable to grasp.

[…] Only far inside his soul a little fire leaped and cried that something was pulling him down, trying to get him inside a door and slam it behind him. (115).

Seine Unfähigkeit, sich in der Realität und den gesellschaftlichen Veränderungen zurechtzu-finden, zeigt sich vor allem in einer abschließenden Bemerkung der Mutter seiner Freundin, die ihn verächtlich mit “theoretical genius” (190) tituliert. Im Gegensatz zu vorangegangen Universitätsromanen ist der Bildungsprozess des Protagonisten nicht länger die Darstellung einer Suche nach gültigen und tragfähig Wertvorstellungen, sondern gleicht eher der fiktiona-len Darstellung eines desillusionierenden Griffs in die Leere einer zerbrechenden Weltan-schauung. Dabei steht nicht das universitäre Studium im Vordergrund, sondern die intellektu-elle und soziale Bildung, wie sie sich aufgrund von eigenen literarischen Bemühungen, Ge-sprächen mit Kommilitonen, einer eigenen Auswahl der Lektüre und diverser erotischer und gesellschaftlicher Abenteuer entwickelt.113 Der Institution Universität, die diesen Prozess be-gleitet, wird damit im Rahmen dieser figurenbezogenen Facette nur ein geringer Anteil an der studentischen Entwicklung zugestanden, da soziale Aspekte und vor allem eine intrinsische Motivation der Charaktere in gleichem Maße bedeutsam erscheinen:

It was midnight when he finished, and after that, with all lights burning, two sleepy, shivering boys read to each other from “The New Machiavelli”, until dawn came out of Witherspoon Hall (119).

113 Vgl. dazu Weiß 1988: 109f.

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Diese intellektuelle Entwicklung ist Teil der in der Überschrift des zweiten Buches angekün-digten “Education of Personage” (165), die die Entwicklungsstufen des Protagonisten über seine anfängliche passive Orientierungslosigkeit hinaus andeutet. Die letzten Worte des Pro-tagonisten und gleichzeitig des Romans, die die humanistische Kernidee Platons wiedergeben, können die Vollendung einer intellektuellen und individuellen Persönlichkeitsentwicklung nicht leugnen, offenbaren allerdings gleichzeitig auch eine große Desillusionierung, die nicht allein aus persönlicher Erfahrung resultieren kann, sondern vor allem auch die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in diesen Zustand mit einbezieht: “I know myself,” he cried, “but that is all.” (282).

Als ein korrektives Element in diesem gesellschaftlichen Werteverfall ist dem jungen Prota-gonisten der katholische Priester und Hochschullehrer Thayer Darcy zu Seite gestellt, dessen bildungstheoretischen Ideale vor allem im Dialog mit seinem Protegé vermittelt werden. Ein vertrauensvolles und interaktives Verhältnis zwischen Dozent und Student ist Teil des darge-stellten Bildungsprozesses:

So they talked, often about themselves, sometimes about philosophy and religion, and life as respectively a game or a mystery. The priest seemed to guess Amory’s thoughts before they were clear in his own head, so closely related were their minds in form and groove. (104)114

Das Bild, das Fitzgerald von der Princeton University zeichnet, repräsentiert im äußeren Er-scheinungsbild der Institution mit ihrer gothischen Architektur115 nach englischem Vorbild eindrucksvoll die ursprüngliche Funktion einer Hochschule für die Studierenden. Dieses Bild hat zunächst auch für den studentischen Protagonisten Bestand. In seinen gen Himmel stre-benden architektonischen Bewegungen treibt der Turm des Hauptgebäudes seine Bewohner zu ähnlichen Bestrebungen an und wird zur Triebfeder eines umfassenden Bildungsprozesses:

The tower that in view of his window sprang upward, grew into a spire, yearning higher until its uppermost tip was half invisible against the morning skies […]. He liked knowing that Gothic architecture, with its upward trend, was peculiarly

114 Zum Verhältnis zwischen Amory und Darcy und dessen narrativer Funktion siehe auch folgende Interpretati-on vInterpretati-on Hendriksen: “He [MInterpretati-onsignor Darcy] tells what he needs to hear in order to progress. We have seen how, through Darcy, Fitzgerald gives Amory a close spiritual guide,as well as a friend, and how Fitzgerald effectively uses this relationship to develop the theme of Amory’s passage from egotist to personage.” (Hendriksen 1993:

125)

115 Weitere architektonischen Beschreibungen der Universität finden sich auf folgenden Seiten des Romans: 42f., 120, 282.

appropriate to universities, and the idea became personal to him. […] Damn it all,” he whispered aloud, wetting his hands in the damp and running them through his hair.

“Next year I work!“ (54).

In diesem Erscheinungsbild kann Universität als Hort einer geistigen und wissenschaftlichen Tradition, die über materiellen Dingen steht, den notwendigen Entwicklungsraum für den Protagonisten bieten.

Die Beantwortung der Frage nach Sinn und Zweck einer universitären Bildung und deren Darstellung in vorliegendem Roman liegt in der letzten Facette, im Verhältnis zwischen Uni-versität und Gesellschaft, und verbindet die Funktion der UniUni-versität direkt mit dem gesell-schaftlichen Umfeld, so dass die soziale Verantwortung der Universitätsangehörigen im Sinne des humanistischen Ideals als ein Teil der universitären Bildung erscheint: “Princeton invari-ably gives the thoughtful man a social sense.” (83)

Der gesellschaftliche Druck auf die Universitäten und die Studierenden wird ebenfalls be-rücksichtigt, jedoch weniger in direkter Kritik als in impliziter Skepsis gegenüber einer ge-sellschaftlichen Anpassung erkennbar, und so sind z.B. die Studentenverbindungen mit ihren Forderungen nach bestimmten Verhaltensmustern für den Protagonisten Ausdruck einer Ka-nalisation sozialen Ehrgeizes (Borchardt 1997: 113), die für die gesamtgesellschaftliche Ent-wicklung steht. Das Bildungsziel des Protagonisten, nämlich die eigene Identitätsfindung, steht dabei kontrastierend den Forderungen der Gesellschaft nach einem “money-maker”

(178) gegenüber. Seine postuniversitären Erfahrungen mit der hektischen und schnelllebigen Berufswelt in der Stadt New York und die enttäuschenden Erfahrungen in einer Liebesbezie-hung betonen die gesellschaftliche Geringschätzung intellektueller Fähigkeiten zusätzlich.

Diese Wertverschiebung zugunsten materieller Besitztümer entlarvt eine zunehmend anti-intellektuelle Haltung der Mittelschicht, von der sich der Protagonist durchweg positiv abhe-ben kann. So kann am Ende des Romans die Wichtigkeit der universitären Bildungserfahrung gegenüber einer rein praktischen Lebenswelt bestehen und als innovatives Element die Dar-stellung eines intellektuell gebildeten Menschen einführen, der als „Kritikinstanz“ mit „über-greifender gesellschaftlicher Beurteilungskompetenz“ (Borchardt 1997: 117) eine bildungskonzeptionelle Position mit humanistischer Ausrichtung vertritt. Analog zur Forderung des New Historicism wirken die Elemente, die üblicherweise als gesellschaftlicher und kultureller Hintergrund einer Romanhandlung bezeichnet werden, nicht mehr als solche, d.h. auf einer anderen Ebene als die tatsächliche Handlung, sondern sie sind stattdessen fester Bestandteil des direkten Handlungskontextes. Die zunehmende Geringschätzung intellektueller Fähigkeiten ohne direkte Anwendbarkeit in einem konkreten Berufsfeld ist in

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ten ohne direkte Anwendbarkeit in einem konkreten Berufsfeld ist in der Gegenüberstellung mit den protagonistischen Idealen des Humanismus der Diskurs, der den Kern des Romans bildet und durch die eindeutige Positionierung die Funktion des Werkes als gestaltendes Kul-turelement zeigt.

Mit seiner stark demontierenden Tendenz in der Darstellung universitärer Bildung hat sich Percy Marks Roman The Plastic Age (1924) dem Motiv der Dichotomie zwischen aka-demischer Bildung und Praxisbezug bzw. einer utilitaristischen Erwartungshaltung innerhalb der Gesellschaft angeschlossen, doch im Vergleich mit Fitzgeralds Roman eine kontrastieren-de Position bezogen. Enttäuschung und Desillusionierung werkontrastieren-den nicht auf gesellschaftspoli-tische Entwicklungen projiziert, sondern direkt an akademischen und wissenschaftlichen E-lementen festgemacht. Der Protagonist Hugh Carver ist analog dazu nicht als orientierungs- und hilfloser junger Mann entworfen, sondern als ein etwas naiver, aber doch durch große Erwartungen und Wissensdurst neugieriger Student, der vom „Müßiggang der Kommilitonen und von der Geistlosigkeit der Dozenten enttäuscht wird“ (Weiß 1988: 107):

“I’ve learned how to gamble and smoke and drink and pet in college, but that’s about all that I have learned. I’m not as fine as when I came here. I’ve been coarsened and cheapened; all of us have.“ (296)116

Der Eindruck sinkender moralischer Wertvorstellungen innerhalb des Universitätsmilieus, die der Protagonist durch die allgemeine vergnügungssüchtige und unmoralische Atmosphäre am

“Sanford College” erfährt, wird durch die negative Darstellung von weiteren Figuren in sei-nem Umfeld verstärkt.117 Ähnlich der Darstellung bei Fitzgerald sind auch in diesem Roman die studentischen Verbindungen und Bruderschaften auf dem Campus Anknüpfungspunkt der Kritik und Teil der protagonistischen Desillusionierung, in der sich das Bild der traditionsrei-chen und nach englischem Vorbild als Ausbildungsort für die oberen Gesellschaftsschichten konzipierten Institution der Realität stellen muss:

So this was college! This was the fraternity – the goddamned rat house! That was what he had pledged allegiance to, was it? Those were his brothers, were they?

Brothers! Brothers! He fairly leaped out of his chair and began to pace the floor.

College! Gentlemen! A lot of muckers chasing around with a bunch of rats; that’s

116Diese und alle weiteren Stellenangaben beziehen sich auf folgende Ausgabe des Romans: Marks, Percy. The Plastic Age. New York und London: The Century Co. 1924.

117 Siehe dazu im Roman S. 179, 182, 227ff.

what they were. Great things – fraternities. (216)

Die Darstellung der Lehrenden schließt nahtlos an die negative Darstellung des individuellen Bildungsprozesses des Protagonisten an. In pflichtgemäßer Ausübung ihres Berufes scheinen die DozentInnen jegliche Begeisterung und Bereitschaft, ihr Wissen zu vermitteln, verloren zu haben. Es gelingt nur die pflichtgemäße Vermittlung faktischen Wissens, Ansporn und Unter-stützung außerhalb der geforderten Richtlinien sind nicht Teil des dargestellten Konzepts, das damit der allgemein bildenden humanistischen Bildungsposition widerspricht:

Worst of all, none of his instructors was inspiring. He had been assigned to a new section in Latin, and in losing Alling he lost the one really enjoyable teacher he had had. The others were conscientious, more or less competent, but there was little enthusiasm in their teaching, nothing to make a freshman eager either to attend their classes or to study the lessons they assigned. They did not make the acquiring of knowledge a thrilling experience; they made it a duty – and Hugh found that duty exceedingly irksome. (135f.)

Als einzige Gelehrtenfigur kann Professor Henley, Dozent für Geschichte, zeitweise diese Negativdarstellung der Lehrenden korrigieren, im Protagonisten für kurze Zeit die Wertschät-zung des Wissens an sich verankern und ihn zur Anerkennung eines intellektuell

geprägten und allgemein bildenden Konzepts führen.118 Er entspricht dabei dem Prototyp ei-nes humanistischen Gelehrten, dessen Hauptanliegen in der Lehre es ist, seine StudentInnen zu selbständiger und intrinsisch motivierter Leistung anzutreiben:

The students never knew what to expect from Henley in the classroom. Sometimes he read themes and criticized them; sometimes he discussed books that he had been reading; […] He made his class-rom an open forum, and the students felt free to interrupt him at any time and to disagree with him. Usually they did disagree with him and afterward wrote violent themes to prove that he was wrong. That was exactly what Henley wanted them to do, and the more he could stir them up the better satisfied he was. (189f.)

118 Unermüdlich, aber relativ erfolglos scheint der Dozent gegen die Desillusionierung seiner StudentInnen anzukämpfen: “Your feeling that you haven’t learned anything delights me, too. It proves that you have learned a great deal. It is only the ignoramus who thinks that he is wise; the wise man knows that he is an ignoramus. […]

I have cold comfort for you: the more you learn, the less confident you will be.“ (302)

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Eine Charakterisierung der allgemeinen Studentenschaft zeigt in einer Aussage Henleys an-satzweise deren zunehmend anti-intellektuelle Haltung und die seiner Meinung nach wach-sende Unwürdigkeit gegenüber wertvollem Wissen: “The swine seem to have eaten the pearls.” (301), so Henley anerkennend zu einem Studenten. In der Darstellung des Verhältnis-ses zwischen Lehrenden und Studierenden kann somit die einzige detaillierte Beschreibung desselben dem Konzept einer reinen Wissensvermittlung eine klare Absage erteilen und statt-dessen eine ausgewogene Zusammenarbeit beider Gruppierungen, wie sie von Vertretern des Humanismus als Ideal gefordert wird, bestätigen.

Die letztendliche Feststellung des Protagonisten, dass akademisches Wissen ihm bei der Lö-sung emotionaler Probleme nicht weiterhelfen kann, lässt die negative Bewertung der allge-meinen Bildungsfunktion der Universität trotz der positiven Darstellung einer Gelehrtenfigur wieder in den Vordergrund treten und dominiert den Roman.119 Universitäres Wissen erweist sich als inkompatibel mit den Problemen der Realität:

He damned college with all his heart and soul. What good had it done him anyway?

Here he was with a serious problem on his hands and he couldn’t solve it any better than he could have when he was a freshman. Four years of studying and lectures and examinations, and the first time he bucked up against a bit of life he was licked. (293) Die Erwartungen Hughs an die Universität und das dort vermittelte Wissen werden eindeutig nicht erfüllt und so muss er am Ende die Bildungsfunktion der Universität im Ganzen negie-ren:

“College is bunk,” said Hugh sternly, “pure bunk. They tell us that we learn to think.

Rot! I haven’t learned to think; a child can solve a simple human problem as well as I can. College has played hell with me…“ (294)

Im Gegensatz zur Princeton University bei Fitzgerald verliert hier die Universität, deren Na-me Sanford College Assoziationen mit einer realen Institution ähnlichen NaNa-mens wecken soll, ihre Funktion als intellektueller Entwicklungsraum und wird zu einer wertzerstörenden Insti-tution innerhalb des Romans. Zu Beginn scheint sie auf viele Studierenden Hoffnung und Autorität auszustrahlen und ihrer Rolle als Alma Mater gerecht zu werden: “Two students passed him, humming softly, “Sanford, Sanford, mother of men, love us, guard us, hold us

119 Vgl. dazu auch Borchardt 1997: 120ff.

true…” (41), doch nur dem äußeren Schein nach kann sie sich im weiteren Handlungsverlauf als ehrwürdige Stätte der Wissensvermittlung behaupten, um letztendlich durch ihre teilweise positive Darstellung am Anfang des Romans, “He [Hugh Carver] paused to admire the

true…” (41), doch nur dem äußeren Schein nach kann sie sich im weiteren Handlungsverlauf als ehrwürdige Stätte der Wissensvermittlung behaupten, um letztendlich durch ihre teilweise positive Darstellung am Anfang des Romans, “He [Hugh Carver] paused to admire the