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Leitarten des Grünlandes: Kuckucks-Lichtnelke und Sumpf-Platterbse

3.1 Charakteristische Gefäßpflanzenarten / Leitarten

3.1.2 Leitarten des Grünlandes: Kuckucks-Lichtnelke und Sumpf-Platterbse

3.1.2.1 Leitart der Feuchtwiesen: Kuckucks-Lichtnelke (Silene flos-cuculi) Verbreitung, Bestandsentwicklung in Bremen: Die Kuckucks-Lichtnelke ist trotz Be-standsrückgang in Bremen/Niedersachsen nicht gefährdet. Sie hat in Bremen in Teilen der Flussmarschen (Niedervieland, Werderland) und im Wümmegebiet (v. a. Wümmeniederung), und auch in anderen Gebieten z. T. noch große Bestände im Feuchtgrünland. Im

Wirt-schaftsgrünland ist sie allgemein aber in anhaltend starkem Rückgang begriffen. Die Vor-kommen liegen inzwischen überwiegend am Rand der Wirtschaftsflächen an Grabenrändern und in Wegsäumen. Nachdem in den Borgfelder Wümmewiesen 2001 und 2002 durch Sommerüberschwemmungen die Grasnarbe lückig geworden war, konnte die Kuckucks-Lichtnelke in den Folgejahren ihren Bestand vervielfachen.

Lebensform: Die Kuckucks-Lichtnelke wächst in wechselfeuchten bis stau- oder sickernas-sen Wiesickernas-sen und Weiden auf nährstoffreichen Lehm-, Ton- und Sumpfhumusböden. Sie ist eine ausdauernde Halbrosettenstaude mit langlebiger Samenbank. Aufgrund der Lebens-form als Halbrosettenpflanze kann sie nur in einem lichten bis lückigem Bestand ausreichend Licht bekommen. Sie blüht von Mai bis Juli und ebenfalls häufig mit einer zweiten Blüte im August bis September und belebt mit der rosafarbenen Blüte das Landschaftsbild. Für Falter ist sie eine wichtige Nektarpflanze. Ihr Name leitet sich von Schaumzikaden ab („Kuckucks-spucke“).

Indikatorqualität: Zeiger für mäßig extensiv genutztes Feuchtgrünland (2-schürig mit 1.

Schnitt ab Mitte Juni, Mähweide- oder sehr extensive Weidenutzung) unterschiedlicher hydrologischer (wechselfeuchte bis staunass) und trophischer (meso- bis eutroph) Ausprä-gungen. Häufig sind die Vorkommen der Kuckucks-Lichtnelke auf Grabenränder beschränkt, weil dort die Bewirtschaftungsintensität geringer ist als im Wirtschaftsgrünland. Die Ku-ckucks-Lichtnelke gilt als Ordnungskennart der Feuchtwiesen (Molinietalia caeruleae) mit Schwerpunkt im Verband Calthion. Sie tritt aber auch in feuchten Ausprägungen von Frisch-wiesen und -weiden (Arrhenatheretalia) auf.

Zustand der Population: Die Kuckucks-Lichtnelke ist die häufigste Zielart des Grünlandes im Werderland. Die räumliche Verteilung zeigt eine deutlich höhere Dichte der Funde im zentralen und östlichen Werderland und geringere Fundzahlen in den Bereichen, die nicht zum NSG gehören. In den 24 Dauerbeobachtungsflächen innerhalb des NSG, die zwischen 1998 und 2005 untersucht wurden, kommt sie in über 50 % der Flächen vor. Hier hat sie in keiner Fläche zugenommen, sondern überwiegend an Deckung verloren. Ihr Rückgang könnte als Reaktion auf die Pflegevernachlässigung des Grünlandes gewertet werden. Mög-licherweise entwickeln sich die Lichtverhältnisse am Boden für ihre Wuchsform als Halbro-settenpflanze so ungünstig, dass sie mit einem Bestandsrückgang reagiert.

Gefährdung: Die Hauptgefährdung liegt in der Intensivierung der Grünlandnutzung. In Viel-schnitt-Wiesen zur Silograsgewinnung oder Portionsbeweidung mit hoher Trittbelastung ist sie nicht überlebensfähig. Auf der anderen Seite ist sie auch in sehr extensiv genutzten Grünlandbeständen mit hochwüchsigen Seggen oder Röhrichtgräsern oder in Brachen mit dichter Streuauflage aufgrund ihres limitierten Höhenwachstums nicht in der Lage, ausrei-chend Licht zu bekommen.

Schutzmaßnahmen: Die Kuckucks-Lichtnelke ist im Grünland angewiesen auf eine Nutzung mittlerer Intensität, die immer wieder günstige Lichtverhältnisse in der bodennahen Schicht herstellt. Als Halbrosette erträgt sie ein- bis zweimal im Jahr den Wiesenschnitt (1. Schnitt ab Mitte Juni), weil die wichtigsten Assimilationsorgane bodennah wachsen und nicht mit abge-schnitten werden. Auch eine mäßige Beweidungsintensität toleriert die Kuckucks-Lichtnelke.

Die Düngung darf dementsprechend nur den Nährstoffentzug ausgleichen.

3.1.2.2 Leitart des Extensivgrünlandes: Sumpf-Platterbse (Lathyrus palustris) Verbreitung, Bestandsentwicklung in Bremen: Die Sumpf-Platterbse ist in Süddeutsch-land in den Flusstälern von Donau, Oberrhein und in NorddeutschSüddeutsch-land an den Unterläufen von Ems, Weser, Elbe sowie in Mecklenburg-Vorpommern verbreitet. Der Bremer Raum bil-det mit der großen Verbreitungsdichte in der Wesermarsch und im Hamme-Wümme-Gebiet ein Vorkommen von bundesweiter Bedeutung (CORDES et al. 2006). Nach HANDKE &

HELLBERG (2001) ist die Bestandsentwicklung nicht sicher einschätzbar. Vermutlich gibt es seit langem einen Bestandsrückgang. Die aktuell bekannten Hauptvorkommen liegen aber inzwischen in Schutzgebieten und sind stabil.

Indikatorqualität: Die Sumpf-Platterbse hat Hauptvorkommen sowohl im Uferbereich nähr-stoffreicher Gewässer als auch auf extensiv genutzten Feuchtwiesen. Ihr Lebensraum um-fasst daher Sumpfdotterblumenwiesen bis zu Großseggenrieden, Röhrichten und Stauden-sümpfen an Gräben. Ihr bevorzugter Standort sind stau-/wechselnasse, periodisch überflute-te, nährstoffärmere, basenreiche, tonige Sumpfhumusböden unter sommerwarmen Klimabe-dingungen. Die Art hat Zeigerwerte, die sie als Halblicht- bis Volllichtpflanze (L8), Feuchte- und Nässezeiger (F8), Überschwemmungszeiger und Stickstoffarmut anzeigend (N3) cha-rakterisieren. Aufgrund der Wuchsform als Liane und Spreizklimmer ist die Sumpf-Platterbse in der Lage sich auch in hochwüchsigen Beständen ausreichend Zugang zum Licht zu ver-schaffen. Über Rhizomausläufer verbreitet sie sich im Nahbereich, ist dabei aber trittempfind-lich und kommt deshalb auf Weiden nur im Rand-/Uferbereich vor.

Die Sumpf-Platterbse kann als kennzeichnend für den Lebensraumtyp „Feuchte Hochstau-denfluren“ (6430) angesehen werden, wenn sie am Ufer von Gräben oder Fließgewässern in Vergesellschaftung mit anderen Uferstauden auftritt.

Als Leitart eignet sich die Sumpf-Platterbse daher nur im sehr extensiv genutzten Nassgrün-land außerhalb des wirtschaftlich produktiven GrünNassgrün-lands.

Zustand der Population: Bei einem Vergleich der Verbreitung der Sumpf-Platterbse 1985 und 2005 zeigt sich eine erstaunliche Verschiebung der Schwerpunktvorkommen im Werder-land über die letzten 20 Jahre (AGJORDAN ÖKOLOGIS 2007). Während 1985 die

Hauptver-breitung nordwestlich des Naturschutzgebietes lag, kommt die Art hier aktuell fast nicht mehr vor, hat aber heute einen neuen Schwerpunkt im nördlichen Hove-Polder, der 1985 fast unbesiedelt war. Die Gesamtzahl der Fundpunkte ist von 43 auf 33 zurückgegangen. Die räumliche Verschiebung in den Vorkommen zeigt, dass sich die Pflanze offenbar auch über mittlere Distanzen gut generativ ausbreiten kann, obwohl Überschwemmungen als Verbrei-tungsvektoren im Werderland keine Rolle spielen.

Die Zunahme im Hove-Polder ist aufgrund der unter Auflagen eingeführten extensiven Streuwiesennutzung mit zwischenzeitlichem Brachfallen gut nachvollziehbar. Förderlich hat sicher auch die Anhebung der Wasserstände gewirkt. In den Dauerbrachen am Ökopfad und in den Pferdeweiden fehlt die Art hingegen. Vermutlich sind hier die fehlenden episodischen Bodenverwundungen und die Streuauflage hemmend für die Keimung und Etablierung.

Die Vorkommen der Sumpf-Platterbse im Werderland wachsen zwar oft an Grabenrändern, sind aber i.d.R. mit Großseggenriedern ohne höheren Anteil von Hochstauden vergesell-schaftet und somit nicht Bestandteil von feuchten Hochstaudenfluren des LRT 6430.

Gefährdung und Beeinträchtigungen: Die Hauptgefährdung liegt in einer Intensivierung der Grünland-/Streuwiesennutzung. Mehr als ein später Wiesenschnitt nach der Samenreife ist unverträglich, weil die Sumpf-Platterbse ihre gesamte oberirdische Biomasse verliert und nicht mehr regenerieren kann. Unter intensiven Beweidungsformen mit rasiger Grasnarbe und hoher Trittbelastung ist sie nicht überlebensfähig. Als Leguminose ist sie empfindlich gegenüber N-Düngung.

Schutzmaßnahmen: Wichtig ist die Sicherung hoher Grundwasserstände, der Ausschluss von (N-) Düngung, eine sehr späte, meistens 1-schürige Mahd (frühestens Mitte Juli), die auch nicht jedes Jahr stattfinden muss und der Ausschluss von Beweidung (höchstens schwache Nachbeweidung), da die Pflanze keinen Nährstoff-Speicher im Rhizom anlegt und daher trittbedingte Verletzungen nicht toleriert.