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2 ALLGEMEINES ZUR ENTGELTFORTZAHLUNG IM KRANKHEITSFALL

2.4 D IE ANSPRUCHSBEGRÜNDENDEN D IENSTVERHINDERUNGSGRÜNDE

2.4.2.1 Krankheit (malattia) und Unfall (infortunio)

Arbeitsfähigkeit nach einer überstandenen Krankheit notwendig ist.“ Aus diesem Grund besteht einerseits auch für diese Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge oder Rehabilitation ein Entgeltfortzahlungsanspruch, andererseits kommt es aber auch zu einer Anrechnung dieser Zeiten der Arbeitsverhinderung auf das Höchstmaß des Entgeltfortzahlungsanspruches im Arbeitsjahr.96

2.4.2 Italien

Bei den anspruchsbegründenden Dienstverhinderungsgründen wird in Italien, ähnlich wie in Österreich, grundsätzlich zwischen Krankheit (malattia), Unfall (infortunio), Arbeitsunfall (infortunio sul lavoro) und Berufskrankheit (malattia professionale) unterschieden.

2.4.2.1 Krankheit (malattia) und Unfall (infortunio)

Für den Begriff der Krankheit existiert im italienischen Recht und insbesondere in Art 2110 c.c. keine Legaldefinition.97 Der juristische Krankheitsbegriff stimmt auch nicht mit jenem der Medizin überein.98 Art 2 L.n. 33/1980 spricht lediglich von Krankheitsfällen, welche eine Arbeitsunfähigkeit mit sich bringen99, wobei dem behandelnden Arzt die Feststellung der Erkrankung und der voraussichtlichen Krankheitsdauer überlassen wird. Im juristischen Sinne versteht man unter Krankheit allerdings ein krankhaftes Leiden, welches direkt oder indirekt eine bestimmte, konkrete und gegenwärtige Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. 100 Nach einer anderen, der österreichischen Begriffsbestimmung sehr ähnlichen Definition, versteht man unter Krankheit jede Störung der normalen körperlichen oder seelischen Verfassung, welche eine spezifische Arbeitsunfähigkeit mit sich bringt.101 Unter den Begriff der Krankheit fällt nicht nur die akute Phase der Erkrankung, sondern auch die anschließende Genesungszeit. In dieser Phase muss der Arbeitnehmer erst seine normale körperliche Verfassung wiedererlangen, um die Heilung nicht zu gefährden und einem Rückschlag vorzubeugen.102

96 Cerny/Kallab, EFZG4 80.

97 N.N., Lavoro 2010: Guide e Soluzioni (2010) 665.

98 Carinci in Cester (Hrsg), Diritto del Lavoro II: Il Rapporto subordinato- Costituzione e Svolgimento (1998) 1145.

99 Vgl Art 2 L.n. 33/1980: “casi di infermita' comportante incapacita' lavorativa“.

100 N.N., Lavoro 2010: Guide e Soluzioni 665.

101 So etwa Amoroso/Di Cerbo/Maresca, Diritto del lavoro I: La Costituzione, il Codice civile e le leggi speciali3 (2009) Art 2110 c.c. 1032: “…ogni alterazione delle normali condizioni psico-fisiche, comportante

un`incapacità specifica al lavoro…”.

102 Carinci in Cester, Diritto del Lavoro II 1147; N.N., Lavoro 2010: Guide e Soluzioni 665.

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Ähnlich wie im österreichischen Recht werden auch Krankheiten, die auf Alkoholmissbrauch oder die Einnahme von Betäubungsmitteln oder Rauschgiften zurückzuführen sind, hinsichtlich der Gewährung von Vergütungen im Krankheitsfall mit einer gewöhnlichen Krankheit gleichgestellt.103

Der im privaten Bereich auftretende Unfall (infortunio) wird generell, wie auch im österreichischen Recht, gleich wie eine Krankheit behandelt. Der Begriff des Unfalls umfasst jeden Fall, in dem eine Unfähigkeit des Arbeitnehmers zur Erbringung seiner Arbeitsleistung durch eine gewaltsame Ursache hervorgerufen wird. Das unterscheidende Element zwischen Krankheit und Unfall liegt demnach in der gewaltsamen Verursachung der Arbeitsunfähigkeit.104

2.4.2.1.1 Schadenersatz bei Lohnfortzahlungsschaden

Ebenso wie in Österreich wird in Italien die Existenz eines Schadenersatzanspruches des Arbeitgebers bejaht, wenn die krankheitsbedingte Abwesenheit des Arbeitnehmers durch eine unerlaubte Handlung eines Dritten herbeigeführt wurde. Wurde der Arbeitnehmer also beispielsweise von einem Dritten durch dessen Verschulden im Straßenverkehr angefahren, so kann der Arbeitgeber vom Schädiger Schadenersatz für den dadurch verursachten Arbeitsausfall des Arbeitnehmers fordern. Für die Schadensabwicklung werden, gleich wie in Österreich, die entsprechende Entlohnung des Arbeitnehmers während der Abwesenheit sowie die für diesen Zeitraum abgeführten Sozialabgaben berücksichtigt.105

2.4.2.2 Arbeitsunfall und Berufskrankheit

Wie auch im österreichischen Recht wird in Italien sowohl zwischen einem gewöhnlichen Unfall im privaten Bereich und einem Arbeitsunfall im Rahmen der Erwerbstätigkeit als auch zwischen einer gewöhnlichen Krankheit und einer Berufskrankheit unterschieden. Die Unterscheidung ist vor allem deshalb relevant, weil für Dienstverhinderungsgründe im privaten Bereich andere Fürsorgeleistungen vorgesehen sind als für die Vorkommnisse, die im Rahmen der Erwerbstätigkeit auftreten. Auch die Kollektivverträge neigen zu einer unterschiedlichen Behandlung der verschiedenen Dienstverhinderungsgründe, wobei für die

103 Vgl Circ. INPS n. 45/1984 del 1.3.1984

http://www.inps.it/bussola/VisualizzaDoc.aspx?sVirtualURL=%2fCircolari%2fCircolare%20numero%2045%20 del%201-3-1984.htm (6.12.2010); Meroni/Motta, Manuale di consulenza del lavoro53 (2005) 1074.

104 Lauro in Napoletano, Lemmario Giuridico del Nuovo Diritto del Lavoro I 180 f.

105 Galantino, Diritto del lavoro15 357.

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Tatbestände Arbeitsunfall und Berufskrankheit generell günstigere Regelungen sowohl hinsichtlich der Entgeltfortzahlung als auch hinsichtlich des Kündigungsschutzes vorgesehen sind.106

2.4.2.2.1 Arbeitsunfall (infortunio sul lavoro)

Beim Arbeitsunfall handelt es sich um einen Unfall, der anlässlich der Arbeitsausübung („in occasione di lavoro“) durch eine gewaltsame Ursache hervorgerufen wird und der den Tod, eine fortdauernde absolute oder teilweise Arbeitsunfähigkeit oder eine zeitweilige absolute Arbeitsunfähigkeit mit einem mehr als dreitätigen Fernbleiben des Arbeitnehmers zur Folge hat.107 Voraussetzungen für die Annahme eines Arbeitsunfalls sind also einerseits der Zusammenhang mit der Arbeitsleistung und andererseits eine gewaltsame Verursachung.108

Ein Zusammenhang mit der Arbeitsleistung wird immer dann angenommen, wenn der Unfall direkt oder indirekt mit der Tätigkeit des Arbeitnehmers in Verbindung gebracht werden kann.

Durch den Unfall muss ein bestimmtes Risiko verwirklicht werden, welchem der Arbeitnehmer wegen der Ausübung seiner spezifischen Tätigkeit ausgesetzt ist. Es kann sich aber dabei auch um ein Risiko handeln, dem grundsätzlich jedermann gleichermaßen ausgesetzt ist, sofern es zu einer Risikoverschärfung durch die Ausübung der Arbeitstätigkeit kommt (rischio generico aggravato).109 Eine gewaltsame Verursachung liegt wiederum immer dann vor, wenn ein externer Faktor mit rascher und intensiver Wirkung eine Schädigung der biologischen Integrität des Arbeitnehmers herbeiführt.110

Wie im österreichischen Recht werden auch Wegunfälle (sog infortunio in itinere) unter gewissen Voraussetzungen ausdrücklich den Arbeitsunfällen gleichgestellt. Die einschlägige Regelung des Art 2 D.P.R. n. 1124/1965 erfasst dabei solche Unfälle, die dem Arbeitnehmer auf der Strecke zwischen seinem Wohnort und dem Arbeitsplatz widerfahren, sofern tatsächlich ein Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit besteht und der Weg nicht nur aus rein privaten Gründen zurückgelegt wird. Die genannte Bestimmung erfasst darüber hinaus auch Unfälle auf dem Weg zwischen zwei verschiedenen Arbeitsplätzen, falls der Arbeitnehmer

106 Falasca, Manuale di Diritto del Lavoro (2008) 270.

107 Vgl Art 1 f D.P.R. n. 1124/1965.

108 Amoroso/Di Cerbo/Maresca, Diritto del lavoro I3 Art 2110 c.c. 1034; Ferraro in Caruso/Cinelli/Ferraro, Il Rapporto di Lavoro 175.

109 So etwa Pagliero, Manuale del consulente del lavoro11 (2006) 518; so auch Falasca, Manuale di Diritto del Lavoro 271; Ferraro in Caruso/Cinelli/Ferraro, Il Rapporto di Lavoro 175.

110 Amoroso/Di Cerbo/Maresca, Diritto del lavoro I3 Art 2110 c.c. 1034.

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mehrere Beschäftigungsverhältnisse unterhält, sowie Unfälle auf der Strecke zwischen dem Arbeitsplatz und jenem Ort, an dem der Arbeitnehmer normalerweise in Ermangelung einer Betriebskantine seine Mahlzeiten einnimmt.111

2.4.2.2.2 Berufskrankheit (malattia professionale)

Unter Berufskrankheit (malattia professionale) versteht man eine Krankheit, die sich der Arbeitnehmer aufgrund seiner spezifischen Tätigkeit bei der Arbeit zuzieht. Die Berufskrankheit unterscheidet sich also von der gewöhnlichen Krankheit durch das Erfordernis eines Kausalzusammenhanges zwischen Erkrankung und Ausübung der Arbeitstätigkeit.112 Das D.P.R. n. 1124/1965 enthält in seinen Anlagen Tabellen mit einer Auflistung von gefährlichen Tätigkeiten in Industrie und Landwirtschaft und von jenen Berufskrankheiten, die von der Ausübung dieser Arbeiten herrühren können.113 Bei Auftreten der in diesen Tabellen erwähnten Krankheiten wird zugunsten des Arbeitnehmers vermutet, dass der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Arbeitstätigkeit und Krankheit besteht.

Die gesetzliche Vermutung kann nach Ansicht von Falasca114 auch auf solche Krankheiten ausgedehnt werden, die zwar nicht ausdrücklich in den Tabellen aufscheinen, welche aber dieselben wesentlichen Voraussetzungen wie die Tatbestände in den Listen erfüllen. Für andere als die in der Tabelle angeführten Krankheiten oder für solche Erkrankungen, welche auf andere als die darin beschriebenen Arbeiten zurückzuführen sind, existiert hingegen keine gesetzliche Vermutung zugunsten des Arbeitnehmers. In solchen Fällen trifft diesen die Obliegenheit, die Existenz des Kausalzusammenhanges zwischen Arbeitsausübung und Krankheit zu beweisen.115 Diesbezüglich besteht ein Unterschied zum österreichischen Recht, da in Österreich eine nicht in der Anlage 1 zum ASVG aufgeführte Krankheit, wie bereits erwähnt, nur nach Feststellungen des Unfallversicherungsträgers und mit Zustimmung des Bundesministers als Berufskrankheit anerkannt werden kann. Zu den Berufskrankheiten zählen in Italien gemäß Art 140 und Art 144 D.P.R. n. 1124/1965 schlussendlich auch die Staublungenkrankheiten Asbestose und Silikose, die als chronische Erkrankungen zu einer fortdauernden Arbeitsunfähigkeit führen.116

111 Vgl Art 2 D.P.R. n. 1124/1965, modifiziert durch Art 12 D.lgs. n. 38/2000.

112 Falasca, Manuale di Diritto del Lavoro 272.

113 Vgl Allegati 4 f D.P.R. n. 1124/1965.

114 Falasca, Manuale di Diritto del Lavoro 272.

115 Falasca, Manuale di Diritto del Lavoro 272; Ferraro in Caruso/Cinelli/Ferraro, Il Rapporto di Lavoro 175;

Pagliero, Manuale del consulente del lavoro11 542.

116 Pagliero, Manuale del consulente del lavoro11 542.

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