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3 MITTEILUNGS- UND NACHWEISPFLICHTEN DES ARBEITNEHMERS

3.1 A NZEIGE DER D IENSTVERHINDERUNG

3 Mitteilungs- und Nachweispflichten des Arbeitnehmers

3.1 Anzeige der Dienstverhinderung

3.1.1 Österreich

Die Entgeltfortzahlungsverpflichtung bei Dienstverhinderung des Arbeitnehmers stellt für den Arbeitgeber eine große finanzielle Belastung dar. Deshalb werden dem Arbeitnehmer im Gegenzug bestimmte Mitteilungs- und Nachweispflichten auferlegt, deren Nichteinhaltung einen Verlust des Entgeltfortzahlungsanspruches zur Folge hat.303 Nachdem die einschlägigen Bestimmungen der § 4 EFZG und § 8 Abs 8 AngG einander weitgehend entsprechen, werden Arbeiter und Angestellte in den nachstehenden Erläuterungen gemeinsam behandelt.

Der Arbeitnehmer ist gemäß § 4 Abs 1 EFZG und § 8 Abs 8 AngG verpflichtet, dem Arbeitgeber eine Dienstverhinderung von sich aus unverzüglich zu melden.304 Dadurch soll letzterem die Möglichkeit gegeben werden, rechtzeitig die nötigen Dispositionen zu treffen und abzuwägen, ob und inwiefern das Fernbleiben des Arbeitnehmers gerechtfertigt ist.305

Aus dieser Anzeigepflicht lässt sich allerdings keine Verpflichtung des Arbeitnehmers ableiten, dem Arbeitgeber von sich aus allfällige gesundheitliche Beeinträchtigungen bei Dienstantritt bekannt zu geben.306 Eine Krankheit ist grundsätzlich dem Intimbereich des Betroffenen zuzurechnen und wird durch das Persönlichkeitsrecht geschützt. Deshalb wird der Informationsanspruch des Arbeitgebers hinsichtlich des Gesundheitszustandes auch anlässlich einer Bewerbung eingeschränkt. So muss er etwa nicht über eine Krankheit informiert werden, die nur einen zeitweiligen Dienstleistungsausfall zur Folge hat. Damit trägt also grundsätzlich der Arbeitgeber das Risiko, einen nicht vollkommen gesunden

303 So etwa Melzer-Azodanloo in Löschnigg, AngG I8 § 8 Rz 235; Drs in Zeller Kommentar § 4 EFZG Rz 1;

Melzer-Azodanloo in Resch, Lohnfortzahlungspflicht 29; Cerny/Kallab, EFZG4 115 f.

304 Vgl § 4 EFZG; § 8 Abs 8 AngG, allg dazu Kallab, Zur Mitteilungspflicht bei Arbeitsverhinderungen, DRdA 2007, 149 (149).

305 OGH 8 Ob A 2058/96 DRdA 1996, 520 = ZAS 1997/5 (Apathy) = infas 1996, A 128; Dittrich/Tades, Angestelltengesetz23 § 8 E 43 a; Schrank, Schuldhaftes Arbeitnehmerverhalten bei Krankenständen und Krankschreibungen, ZAS 2003, 158 (158).

306 LG Wien 44 Cg 32/58 Arb 6816; LG Wien 44 Cg 121/60 Arb 7244; zust Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht10 401.

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Bewerber einzustellen. Dieses Risiko ist hinsichtlich der Entgeltfortzahlung aber sowohl zeitlich als auch der Höhe nach begrenzt.307

Ausnahmsweise kann aber das Vorliegen von besonderen Umständen die Begründung eines Dienstverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar machen. Zu denken ist dabei etwa an ansteckende Krankheiten, die eine Gefahr für Leben oder Gesundheit anderer Personen darstellen. In solchen Fällen ist ein Informationsanspruch des Arbeitgebers vor allem aus seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinen Arbeitnehmern sowie aus seiner Sorgfaltspflicht gegenüber Dritten ableitbar.308 Mangels einer gesetzlichen Aufklärungspflicht stellt sich während eines aufrechten Arbeitsverhältnisses auch die Frage, ob der Arbeitnehmer den Arbeitgeber im Rahmen seiner Treuepflicht über das Auftreten von anzeigepflichtigen Krankheiten im Sinne der Sanitätsgesetze aufzuklären hat. Eine Lösung könnte hier durch eine Interessensabwägung erzielt werden. Bei einer solchen ist aber zu berücksichtigen, ob und inwiefern die betreffende Krankheit überhaupt eine erhöhte Gefährdung Dritter mit sich bringt. Ist eine Übertragung der Krankheit durch normale soziale Kontakte nach dem Stand der Medizin eher auszuschließen, so kann auch die Aufklärungspflicht des Arbeitnehmers verneint werden.309

Die Krankmeldung ist mangels einer gesetzlichen Vorschrift an keine bestimmte Form gebunden. Sie kann daher mündlich, schriftlich, telefonisch, durch einen Boten oder per Post erfolgen. Denkbar ist auch die Mitteilung per SMS, Fax oder E-Mail, sofern der Arbeitgeber über die nötigen Empfangsgeräte verfügt. Der Arbeitnehmer kann dabei zwischen allen ortsüblichen und angemessenen Benachrichtigungsformen wählen. Dieses Recht kann gemäß

§ 6 EFZG und § 40 AngG weder arbeitsvertraglich noch durch Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung beschränkt werden.310

Die Krankmeldung muss nicht persönlich an den Arbeitgeber erfolgen. Es reicht vielmehr aus, wenn die Erklärung in dessen Machtbereich gelangt. Auch von der Judikatur wird der mögliche Adressatenkreis weit gesehen: In kleineren Betrieben kann es bereits genügen, wenn die Meldung an einen im Betrieb tätigen Arbeitnehmer erfolgt, der „nicht in ganz

307 So etwa Rabanser, Fragerecht bei Krankheit, ecolex 1993, 39 (40); ders, Interessensabwägung beim Fragerecht des Arbeitgeber, ecolex 1993, 179 (181).

308 So etwa Rabanser, ecolex 1993, 179 f, 183; ders, ecolex 1993, 40 ff; Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht10 401;

Melzer-Azodanloo in Löschnigg, AngG I8 § 8 Rz 248; Martinek/M. Schwarz/W. Schwarz, AngG7 § 8, 244.

309 Rath, Aufklärungspflicht des Arbeitnehmers bei anzeigepflichtiger Krankheit?, ecolex, 2007, 273, (275 f).

310 So auch Kallab, DRdA 2007, 151 f; Cerny/Kallab, EFZG4 119; Holzer in Marhold/G. Burgstaller/Preyer, AngG § 8 Rz 36; Drs in Zeller Kommentar § 8 AngG Rz 68.

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untergeordneter Stellung“ tätig ist, sofern „der erkrankte Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass die Mitteilung seinem Arbeitgeber ohne Verzug zukommt.“311 In größeren Unternehmen mit eigener Personalabteilung kann die Mitteilung entweder an diese oder an den direkten Vorgesetzen gerichtet werden, da auch bei letzterem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten ist, dass die Krankmeldung der zuständigen Stelle zukommt.312 Auch hinsichtlich des zugangsberechtigten Adressatenkreises ist eine einschränkende Vereinbarung, wonach nur bestimmte Stellen oder Personen für den Empfang einer Krankmeldung berechtigt sein sollen, sowohl gemäß § 4 EFZG als auch gemäß § 40 AngG unzulässig.313

3.1.2 Italien

Anders als in Österreich existiert im italienischen Recht auf gesetzlicher Ebene keine ausdrückliche Vorschrift über eine Anzeigepflicht des Arbeitnehmers bei Auftreten einer Krankheit oder eines Unglücksfalls. Der Dienstnehmer hat allerdings den einschlägigen Bestimmungen in den Kollektivverträgen Folge zu leisten und den Arbeitgeber rechtzeitig, und zwar unter Einhaltung der kollektivvertraglich vorgesehenen Fristen und Modalitäten, von seinem Gesundheitszustand zu verständigen.314 Die Meldepflicht des Arbeitnehmers dient dem Schutze des Arbeitgebers: Gleich wie im österreichischen Recht soll diesem dadurch die Möglichkeit gegeben werden, drohende Nachteile für die betriebliche Arbeitsorganisation durch die Vornahme der nötigen Dispositionen zu vermeiden. 315 Diesbezüglich bestimmt etwa der Kollektivvertrag für die Arbeitnehmer in der Metall- und Maschinenbauindustrie316, dass ein erkrankter Dienstnehmer seine Firma im Laufe des ersten Tages seiner Abwesenheit von der Krankheit zu verständigen hat. Eine allfällige Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit muss der Firma innerhalb des ersten Tages der geplanten Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit mitgeteilt werden. Kommt der Arbeitnehmer seinen

311 LG Wien 44 Cg 172/63, SozM I A/b, 75; Martinek/M. Schwarz/W. Schwarz, AngG7 § 8, 244; Cerny/Kallab, EFZG4 120; Drs in Zeller Kommentar § 8 AngG Rz 69; Melzer-Azodanloo in Löschnigg, AngG I8 § 8 Rz 251.

312 OGH 9 Ob A 179/87 DRdA 1988, 354 = infas 1988, A 74 = WBl 1988, 238; so auch Melzer-Azodanloo in .

G4 120 f.

voro I 187; Falasca, Manuale di 08 per le lavoratrici e i lavoratori addetti all` industria metalmeccanica rtale/ArchivioContrattiOnLine.nsf/0/C1257226004DA4CAC1257527004032A8/$Fi Löschnigg, AngG I8 § 8 Rz 251; Cerny/Kallab, EFZG4 120

313 Kallab, DRdA 2007, 154; Cerny/Kallab, EFZ

314 Falasca, Manuale di Diritto del Lavoro 267.

315 So etwa Lauro in Napoletano, Lemmario Giuridico del Nuovo Diritto del La Diritto del Lavoro 267; Suppiej/de Cristofaro/Cester, Diritto del Lavoro3 272.

316 Sez 4 Tit 6 Art 2 CCNL del 20.1.20 privata e alla installazione di impianti http://www.portalecnel.it/po

le/09585.doc (25.09.2010).

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ung, innerhalb von fünf agen an das INAIL weiterzuleiten. Diese Bescheinigung hat neben den Angaben über

inen detaillierten Bericht über die ymptomatik der Erkrankung zu beinhalten.318

r verpflichtet, eine Bestätigung ber die Arbeitsunfähigkeit vorzulegen. Die Bestätigung nach § 4 EFZG hat zusätzlich auch

Anzeigepflichten nicht nach, so wird seine Abwesenheit grundsätzlich als ungerechtfertigt betrachtet.317

Eigene gesetzlich geregelte Anzeigepflichten bestehen hingegen für die Dienstverhinderungsgründe Arbeitsunfall und Berufskrankheit. Diesbezüglich bestimmen die Art 52 und 53 D.P.R. n. 1124/1965, dass ein verunglückter Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber jeden Arbeitsunfall, und zwar auch solche von geringem Ausmaß, unverzüglich zu melden hat. Den Arbeitgeber trifft dann seinerseits die Verpflichtung, den Arbeitsunfall innerhalb von zwei Tagen ab der Meldung des Arbeitnehmers dem INAIL anzuzeigen. Diese Mitteilung hat neben den Personalien des Arbeitnehmers auch Angaben über Datum und Zeitpunkt des Unfalles, über die Gründe für den Eintritt des Unglücksfalls sowie über die Art der Verletzung zu enthalten. Die Meldepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem INAIL besteht aber nur hinsichtlich jener Arbeitsunfälle, bei denen die Arbeitsfähigkeit laut ärztlicher Prognose nicht innerhalb von drei Tagen wiederhergestellt werden kann. Hat der Arbeitsunfall den Tod des Arbeitnehmers zur Folge, so hat die Mitteilung an das INAIL innerhalb von 24 Stunden zu erfolgen. Neben der Anzeigepflicht gegenüber dem INAIL trifft den Arbeitgeber auch eine Meldepflicht gegenüber der Staatspolizei. Berufskrankheiten hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber binnen 15 Tagen ab dem Auftreten der Erkrankung zu melden. Dieser hat die Anzeige, versehen mit einer ärztlichen Bestätig

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Wohn- und Aufenthaltsort des Arbeitnehmers auch e S