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1. Das Feld Sozialwirtschaft und Soziale Arbeit – Entstehung und aktueller Diskurs

1.2. Das Konzept der Sozialwirtschaft

AutorInnen wie Gruber (2014), Boeßenecker (2016: 2017), Herbert Bassarak (2012) und Klaus Schellberg (2016) versuchen seit etlichen Jahren, einer allgemeingültigen Definition näher zu kommen. Im Zuge dieser Bemühungen entstand im Rahmen der Bundesarbeits-gemeinschaft für Sozialwirtschaft und Sozialmanagement ein internationaler Fachkon-gress, der Lehrenden von sozialwirtschaftlichen Studiengängen, aber auch Studierenden neue Perspektiven aufzeigen sollte (vgl. bag-sozialmanagement 2019). Eine genaue Defi-nition ergab sich daraus zwar nicht, jedoch entstand ein Diskurs darüber, was alles Sozial-wirtschaftlich sei. Diese Diskussion hält bis heute an und bringt mitunter Kontroversen her-vor, wie aus den Publikationsberichten bag-sozialmanagement (2019) ersehen werden kann.

Sozialwirtschaft kann laut Gruber (2014) auf Grundlage unterschiedlicher Hintergründe (wohlfahrstaatlicher Veränderungen usw.) und Interessen betrachtet werden. Je nach Pro-fession und Bezugsdisziplin können unterschiedliche Schwerpunkte im Fokus der Aufmerk-samkeit der Sozialwirtschaft liegen. Diese wiederum implizieren unterschiedliche Themen-gebiete und Spannungsfelder für die Sozialwirtschaft (vgl. Gruber 2014). Der gemeinsame Nenner aller Sozialwirtschaftsdefinitionen besteht jedoch nach Gruber (2014) in der be-triebswirtschaftlichen Ebene von sozialen Forschungsgegenständen. Ähnlich sieht das Wöhrle (2012), der schreibt, es gebe einen disziplinären Unterschied zwischen frühen NPOs und Interessengruppen, die sich nicht an die klassische Managementlehre anlehnen, sondern sich an einer betriebswirtschaftlichen Lehre orientieren (vgl. Wöhrle 2012: 9-10).

Die Erforschung betriebswirtschaftlicher und ökonomischer Strukturen, der Prozesse von sozialen Dienstleistungen und der Rolle von AkteurInnen erfolgt nach Alexia Meyermann, Tobias Gebel und Stefan Liebig (2016) auf Grundlage von Organisationsdaten, die sich auf unterschiedliche Ebenen (Mikro- und Makro-Ebene) beziehen und für die empirische For-schung in der Sozialwissenschaft eine zunehmend bedeutende Rolle einnehmen (vgl. Mey-ermann et al. 2016: 959). Dieser Diskurs beschäftigt sich mit der Identifikation von Merk-malen, Strukturen und Prozessen sowie mit der Evaluierung von sozialen Dienstleitungen und deren AkteurInnen (vgl. Gruber 2014: 1-2). Im Zentrum der Dienstleistung stehen vor allem Themen der Hilfe und Begleitung benachteiligter Menschen in der Gesellschaft, die zunehmende Betonung der Verknappung staatlicher Fördergelder und der nachhaltigen Verwendung öffentlicher Ressourcen (vgl. Gruber/Fröschl 2011: 288-289.). Andere wissen-schaftliche VertreterInnen wie Birgit Trukeschitz (2006: 28-29.) oder Schellberg (2012: 39-40.) charakterisierten die Sozialwirtschaft als soziale Dienstleistung, die als Hilfe und Un-terstützung von benachteiligten Personen oder Gruppen in- und außerhalb einer Gesell-schaft eingebracht werden soll – was diese wiederum zum Gegenstand der Forschungsfel-der macht. Die Frage, was mit sozialer Dienstleistung gemeint ist, wird in Forschungsfel-der Literatur weit-reichend diskutiert, die konkreten Antworten unterscheiden sich jedoch meist je nach Inte-resse der AutorInnen innerhalb eines Feldes grundlegend (vgl. Gruber/Fröschl 2011: 289).

Auf Grund dieser Komplexität des Begriffes Sozialwirtschaft spricht Gruber (2014: 1) vom

„Konzept“ der Sozialwirtschaft.

Die Definition von Sozialwirtschaft sehen Gotthart Schwarz und Armin Wöhrle innerhalb eines interdisziplinären und feldübergreifenden Kontexts. Sie gehen dabei davon aus, dass die Sozialwirtschaft ein über das Feld einer Disziplin hinausgehendes, komplexes Konstrukt ist, das sich zwischen den Disziplinen bewegt und Anwendung findet (vgl. Schwarz/Wöhrle 2012: 385).

Im Zuge der Akademisierung der Sozialwirtschaft wuchs auch an den sozialwirtschaftlichen Hochschulen für Studierende das Interesse an einer Definition der Sozialwirtschaft, wobei die sozialwirtschaftliche Relevanz in Masterarbeiten eine wesentliche Rolle spielt. Tagun-gen der BAG für Sozialmanagement/Sozialwirtschaft unter den Themenschwerpunkten

„Ansätze zur Differenzierung des sozialwirtschaftlichen Geschehens nach Ebenen“ (Stutt-gart 2015) oder „Governance und Sozialwirtschaft“ (Berlin 2016) richten sich nicht nur an Lehrende, sondern auch an Studierende, die sich am wissenschaftlichen Diskurs beteiligen wollen (vgl. Kolhoff et al. 2019: 1-3.).

Auch an der FH Campus Wien finden solche Auseinandersetzung mit aktuellen sozialwirt-schaftlichen Themen statt. Etwa im Zuge der Spring School, einer dreitätigen Tagung für Sozialwirtschaft und Soziale Arbeit. Im Jahr 2017 war das Veranstaltungsthema „Social

Entrepreneurship und Social Business“. Dabei wurde neben den Tätigkeitsfeldern eines Social Entrepreneurs und Social Business in der Sozialwirtschaft auch über ein mögliches Verständnis und eine mögliche Definition der Sozialwirtschaft diskutiert (vgl. Spring School SOWOSEC 2017). Einen wesentlichen Beitrag leistete die Masterabsolventin Eva Ober-nauer (2016) mit ihrer Masterarbeit „Social Entrepreneurship als Karriereoption für Frauen“.

Darin ging sie auf die Rolle von Social Entrepreneurinnen ein und erläuterte diese im Rah-men der Sozialwirtschaft (vgl. Obernauer 2016: 21.). Internationale VertreterInnen aus Un-garn, Schottland, Deutschland und Wien − aber auch Studierende der FH Campus Wien − nahmen an den Diskussionen und Workshops teil, eine konkrete Definition für das Depart-ment SOWOSEC entstand jedoch nicht (vgl. Springschool 2017).

Im Rahmen des Verfassens von Masterarbeiten setzen sich Studierende – auch in der So-zialwirtschaft – selbstständig mit aktuellen Themen auseinander. Eine Masterarbeit wie die-jenige von Obernauer (2016) liefern der Sozialwirtschaft neue Erkenntnisse über ein mög-liches sozialwirtschaftmög-liches Thema. Die Miteinbeziehung von Studierenden in den wissen-schaftlichen Diskurs stellt vor allem für potenzielle NachwuchswissenschaftlerInnen eine erste Chance dar, einen Beitrag zum wissenschaftlichen Diskurs einer Disziplin zu leisten.

Was aber erforschen Masterstudierende der Sozialwirtschaft, insbesondere an der FH Campus Wien? Die Masterarbeiter von Linda Spitzl aus dem Jahr 2015 zeigt erste The-menschwerpunkte auf, die sich offensichtlich am Curriculum (auch Lehrplan oder Lehrpro-gramm genannt) orientierten. Innerhalb dieser curricularen Themen wurde von ihr auch ein Themenschwerpunkt „Organisation“ identifiziert (vgl. Spitzl 2015: 24f.).

Laut Meyermann, Gebel und Liebig (2014) setzt sich in den sozialen und wirtschaftlichen Forschungen zunehmend die Erkenntnis durch, dass Organisationen und ihre AkteurInnen für das Verständnis von Forschung im sozialen und wirtschaftlichen Feld entscheidend sind (vgl. Meyermann et. al. 2014: 959). Diese Daten entstehen meist durch ein Aufzeigen von Prozessen und Strukturen, aber auch von Rollen von AkteurInnen in Organisationen sowie KundInnen im Rahmen von sozialer Dienstleistung, die im Zuge der Erforschung verschrift-licht wurden. Dabei bildet die Organisationsforschung ein Querschnittsthema in der sozial-wirtschaftlichen Forschung und zeigt, welche Bedeutung Organisationsdaten als empiri-sche Grundlage haben (vgl. Grunwald 2018a: 223).

Grunwald (2018a) beschreibt also, dass Organisationsdaten im Rahmen der Forschung von Sozialwirtschaftlichen Phänomenen eine wesentliche Rolle einnehmen. Daher wird in der folgenden Ausführung auf die Sozialwirtschaft und die Bedeutung von Organisations-daten näher eingegangen.