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Konsolidierte Dynamik des Modells 151

SATZ 11.17 (Wohlfahrtswirkungen staatlicher Verschuldungspolitik) 122 Gegenwarts- und Zukunftskonsum seien beide normale Güter und füreinander

11.3 Staatliche Verschuldungspolitik im Modell der ewigen Jugend

11.3.1.5 Konsolidierte Dynamik des Modells 151

Da in einer geschlossenen Volkswirtschaft ohne Staatssektor Sachkapital die einzige Anlageform für das Finanzvermögen der Haushalte darstellt, gilt auf aggregierter Ebene: A, = K, bzw. in intensiver Form: a, = k,

ä, =

k,.

Unter Berücksichtigung von (Il.142) und der Faktorentlohnungsvorschriften (Il.3) läßt sich daraus die Dynamik des Modells als Differentialgleichungs-system in der Ebene darstellen:

(Il.145)

k,

=f(k,)-c, -(n+8)k, =:<l>(k,,c,),

(Il.146)

c,

= 1/'(k,)-(8 + p)f, -(17 + n)(17 + p)k, =: f(k,,c,).

Die dynamische Gleichung in der Kapitalintensität (Il.145) ist identisch zur Bewegungsgleichung für Kapital pro Kopf im Ramsey-RA-Modell (11.12). Sie ist Ausdruck der gesamtwirtschaftlichen Ressourcenbeschränkung oder äqui-valent des Gleichgewichts auf dem Gütermarkt: Die zeitliche Veränderung der Kapitalintensität entspricht dem Pro-Kopf-Output abzüglich des privaten Kon-sums pro Kopf und der realen Investitionsausgaben pro Kopf, die notwendig sind, um in einer Volkswirtschaft, die ihren Kapitalstock mit der Rate 8

ab-151 Vgl. allgemein für das folgende Blanchard (1985), S. 229,232; Buiter (1988), S. 283f.;

Blanchard und Fischer (1989), S. 121f., 122f.; Weil (1989), S. 188; Barro und Sala-i-Martin (1995), S. 114; Maußner und Klump (1996), S. l 44f. sowie Jha ( 1998), S. 276f.

Für analoge Darstellungen in zeitdiskreten Versionen des Modells der ewigen Jugend siehe Buiter (1990), S. 210f. sowie Frenkel und Razin mit Yuen (1996), S. 322.

schreibt und deren Bevölkerung mit der Rate n wächst, die gegebene Kapital-intensität aufrecht zu erhalten.

Das Modell der ewigen Jugend unterscheidet sich also nur durch (11.146) vom Ramsey-RA-Modell. Mit Rückgriff auf die voranstehende Diskussion der dy-namischen Gleichung des Pro-Kopf-Konsums folgt daraus eine enge Verwandt-schaft dieser beiden Analyserahmen intertemporaler Makroökonomik: Bei einer gesamtgesellschaftlichen Geburtenrate von null geht die makroökonomische Dynamik des Modells der ewigen Jugend in die des Ramsey-RA-Modells über;

dies beinhaltet insbesondere den Fall der Unendlichkeit des individuellen Planungshorizonts ( 77

=

0) bei gleichzeitig konstanter Bevölkerung ( n

=

0 ).

11.3.2 Steady State und dynamische Anpassung

Das Phasendiagramm in Abbildung 11.7 übersetzt die durch das Differential-gleichungssystem in der Ebene {(11.145), (11.146)} implizierte Dynamik in ein System von Pfeilen, die das qualitative Verhalten der Volkswirtschaft in der Zeit beschreiben:

c=O s

J

Abbildung II. 7 Phasendiagramm des Modells der ewigen Jugend

Mit Hilfe des Phasendiagramms II. 7 können sowohl Position und Eigenschaften des Steady States als auch qualitativ-globale Stabilitätseigenschaften des Systems { (Il.145), (Il.146)} untersucht werden.

11.3.2.1 Langfristiges Wachstumsgleichgewicht (Steady State)

Der Steady State des dynamischen Systems { (ll.145), (ll.146)} korrespondiert mit der Konstanz der Größen k und c, er findet sich entsprechend durch Null-setzen der beiden Ableitungen nach der Zeit:

fc,

= i:, = 0. Die Isokline konstan-ter Kapitalintensität, d.h. der geometrische Ort aller Paare (k,c) der Phasen-ebene, für die:

fc, =

0 gilt, entspricht der in Unterabschnitt 11.1.2.1 abgeleiteten des Ramsey-RA-Modells; sie wird wie diese durch die Gleichung:

k=

O<=:>c = f(k)-(n +ö)k

beschrieben. Die Isokline beginnt im Ursprung, da: / (0) = 0. Sie erreicht ihr Maximum bei kGR, dem Niveau der Kapitalintensität, das nach der Goldenen Regel: f'(k0R) = n + ö den wachstumsgleichgewichtigen Konsum maximiert.

Ihren Schnittpunkt mit der Abszisse schließlich gibt /t'ax, die durch:

c = 0

<=>

f(kmax) = (n

+

ö)kmax definiert ist. Die horizontalen Pfeile in Abbil-dung 11.7 geben an, in welche Richtung sich die Kapitalintensität abseits der Isokline bewegt: Unterhalb des

fc

= 0-Lokus nimmt die Kapitalintensität zu, oberhalb nimmt sie ab. 152

Den geometrischen Ort aller Paare (k,c), die einen konstanten Pro-Kopf-Konsum: i:

=

0 begründen, beschreibt die Funktion:

c

=

c(k)

=

(n + 1/)(p + 1/) k /' ( k) - ( ö + p) '

die im Ursprung beginnt und streng monoton wächst. Die vertikale Linie bei

,tA

ist die Steady-State-Kapitalintensität des Ramsey-RA-Modells. In diesem ist ein konstanter Pro-Kopf-Konsum, unabhängig vom Wert von c, nur bei der Kapi-talintensität möglich, bei der der Zinssatz der Zeitpräferenzrate entspricht:

/'(kRA) - ö

=

p. An genau dieser Stelle besitzt die Funktion c(k) einen Pol, da für: /' ( k RA)

=

ö + p der Konsum pro Kopf gegen unendlich strebt. Die i:

=

O

-152 Vgl. Blanchard (1985), S. 232; Blanchard und Fischer (1989), S. 123; Weil (1989), S.

197; Barro und Sala-i-Martin (1995), S. l 14f.; Maußner und Klump (1996), S. 146 sowie Jha (1998), S. 277.

Isokline liegt daher überall links der Vertikalen über

J!A,

nähert sich dieser aber asymptotisch an. Die vertikalen Pfeile in Abbildung II.7 zeigen an, in welche Richtung sich der Pro-Kopf-Konsum abseits der i:

=

0-Isokline bewegt: Links des

c

= 0-Lokus steigt der Konsum pro Kopf an, rechts von ihm nimmt er ab. 153 Abseits des trivialen Wachstumsgleichgewichts im Ursprung des Phasendia-gramms existiert ein eindeutiger Steady State, der durch den Schnittpunkt der beiden Isoklinen konstanten Pro-Kopf-Konsums und konstanter Kapitalinten-sität gekennzeichnet ist. Welche Eigenschaften besitzt der Steady State (k*,c°)?

Zunächst kann festgestellt werden, daß sich auch das Verhalten des Modells der ewigen Jugend im langfristigen Wachstumsgleichgewicht nicht von dem einer Solow-Swan- oder Ramsey-RA-Ökonomie unterscheidet:

SATZ 11.21 (Langfristige Wachstumseigenschaften)

Im eindeutigen nichttrivialen Wachstumsgleichgewicht wachsen die gesamt-wirtschaftlichen Niveaugrößen des Modells der ewigen Jugend: Kapitalstock, produziertes Einkommen und Konsum mit der gemeinsamen konstanten und exogen gegebenen Wachstumsrate des Arbeitsangebotes n.

Beweis. Der Beweis ist identisch zum Beweis des Satzes II.3 in Unterkapitel II.L

Da das Modell der ewigen Jugend in

J!A

eine Unstetigkeitsstelle mit einem Verlauf ins Unendliche (einen Pol) aufweist, gilt: k' < kRA. Die höhere effek-tive Rate der Zeitpräferenz im Modell der ewigen Jugend führt im Wachstums-gleichgewicht zu einem höheren Grenzprodukt des Kapitals und damit einer geringeren Kapitalintensität als im stationären Gleichgewicht des Ramsey-RA-Modells. Entsprechend sind im Steady State der Zinssatz im Modell der ewigen Jugend höher: r • > rRA = p, der Konsum pro Kopf geringer: c' < cRA als im Ramsey-RA-Modell. Je kürzer der Lebens- und Planungshorizont der Indivi-duen (je höher 77), um so stärker sind diese Unterschiede zwischen dem Ramsey-RA-Modell und dem Modell der ewigen Jugend. Für die langfristigen normativen Eigenschaften des Modells der ewigen Jugend folgt daraus:

153 Vgl. Blanchard (1985), S. 232; Blanchard und Fischer (1989), S. 123; Weil (1989), S.

197; Barro und Sala-i-Martin (1995), S. 115; Maußner und Klump (1996), S. 146f. sowie Jha(l998), S. 277.

SATZ 11.22 (Langfristige Effizienzeigenschaften)154

Das Wachstumsgleichgewicht des Modells der ewigen Jugend kann bei alters-unabhängiger Arbeitsproduktivität nicht dynamisch ineffizient im Sinne einer Kapitalüberakkumulation sein.

Beweis.155

Dynamisch ineffiziente Steady States sind verbunden mit Kapitalüberakkumu-lation, die sich in einer Kapitalintensität oberhalb der durch die Goldene Regel implizierten ausdrückt. Wie ausführlich in 11.1.2.1 diskutiert, kann die Trans-versalitätsbedingung des individuellen dynamischen Optimierungsproblems nur für p > n erfüllt sein, so daß im Ramsey-RA-Modell:

f'(kRA) > f'(k0 R) <=> kRA < k0 R gilt. Da zudem: k • < kRA ist, kann das asymp-totische Verhalten der Kapitalintensität im Modell der ewigen Jugend keiner Überakkumulation unterliegen.

Satz 11.22 steht in erstaunlichem Gegensatz zu Satz Il.13, der die Möglichkeit dynamischer Ineffizienz für den alternativen Modellrahmen überlappender Ge-nerationen, das zeitdiskrete Diamond-OLG-Modell, betont. Offensichtlich kann es nicht der endliche Lebenshorizont als solcher sein, der die Möglichkeit der Kapitalüberakkumulation in dynamischen Gleichgewichtsmodellen eröffnet.

Die entscheidende Rolle spielt vielmehr der extreme Lebenszyklus des Lohn-einkommens, den das Diamond-OLG-Modell unterstellt. Eine einfache Erwei-terung des Modells der ewigen Jugend durch Blanchard (1985, S. 235ff.) macht diesen Punkt deutlich. Um den Lebenszykluseffekt der Ersparnis für das Ren-tenalter abzubilden, unterstellt Blanchard (1985, S. 235f.), daß die Arbeitspro-duktivität und mit ihr der Lohnsatz eines Individuums im Zeitablauf mit der Rate w absinken. Im Wachstumsgleichgewicht des so erweiterten Modells wirkt die Rate der Lohnsenkung effektiv wie eine Absenkung der Zeitpräferenz, so daß Ersparnis pro Kopf und Kapitalintensität höher sind als bei flachem Lohn-profil. Die Existenz überlappender Generationen besitzt nun zwei konfligie-rende Effekte auf die Kapitalakkumulation: Die Tatsache, daß

Wirtschafts-154 Vgl. Blanchard (1985), S. 233; Blanchard und Fischer (1989), S. 124; Weil (1989), S.

197; Barro und Sala-i-Martin (1995), S. 115 sowie Jha (1998), S. 278.

155 Vgl. Blanchard (1985), S. 232f.; Blanchard und Fischer (1989), S. 124; Weil (1989), S.

197f.; Barro und Sala-i-Martin (1995), S. 115 sowie Jha (1998), S. 277.

subjekte nicht ewig leben, führt zu geringerer Kapitalakkumulation als im Ramsey-RA-Modell; je kürzer der Lebenshorizont, um so geringer das wachs-tumsgleichgewichtige Niveau des Kapitalstocks. Auf der anderen Seite be-gründet das im Lebenszyklus abnehmende Lohneinkommen zusätzliche Erspar-nis- und Kapitalbildung. Die Richtung des Gesamteffektes ist grundsätzlich unbestimmt, aber wenn der zweite Wirkungskanal dominiert, ist nunmehr:

k' > kRA möglich. Wird w hoch genug gewählt, so kann der Steady State sogar dynamisch ineffiziente Kapitalüberakkumulation aufweisen: k • > k0 R.

Die entscheidende Rolle beim Auftreten der Möglichkeit dynamischer Inef-fizienz spielt also das modellierte Lebenszyklusmuster des Lohneinkommens.

Das zeitdiskrete Diamond-OLG-Modell unterstellt ein im Lebenszyklus extrem abfallendes Lohnprofil einzelner Haushalte. Hingegen geht das Modell der ewi-gen Juewi-gend grundsätzlich von einer über das Alter unveränderten Arbeitspro-duktivität aus. Die individuell rationale, aber gesamtwirtschaftlich ineffiziente Überakkumulation von Kapital ist demnach durch die Notwendigkeit motiviert, in frühen Lebensphasen viel zu sparen, um den Lohnausfall im Alter kompen-sieren zu können; dieser Anreiz ist für Einzelne um so wirksamer, je stärker die Produktivität im Alter abnimmt. Daher kann in der Erweiterung des Modells der ewigen Jugend der Fall dynamischer Ineffizienz auftreten, wenn bei hinreichend hohem w das Lohnprofil im Lebensverlauf steil genug abfällt.

Barro und Sala-i-Martin ( 1995, S. l 16) kommen, gestützt auf eine empirische Untersuchung von Murphy und Welch (1990), zu dem Schluß, daß w ~ 0 eine gute erste Approximation der Wirklichkeit sei. Damit wären dynamisch inef-fiziente Wachstumsgleichgewichte für das Modell der ewigen Jugend ausge-schlossen. Jenseits solcher ökonomisch-intuitiver Plausibilitätsüberlegungen bleibt aber die Ambivalenz bezüglich der normativen Effizienzeigenschaften von Wachstumsgleichgewichten, wie sie in 11.2 für das Diamond-OLG-Modell festgestellt worden ist, auch im Modell der ewigen Jugend erhalten. Die nur mit Rückgriff auf empirische Evidenz aufzulösende theoretische Unbestimmtheit verlagert sich lediglich von der Frage der Konstellation zwischen Zinssatz und Wachstumsrate einer Volkswirtschaft auf die Frage des empirischen Wertes des Parameters der altersbedingten Produktivitätsabnahme w.

11.3.2.2 Transitorische Dynamik