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Kalkreiche, nährstoffarme Stillgewässer mit Armleuchteralgen [3140]

3 Ausstattung und Zustand des Gebiets

3.2 FFH-Lebensraumtypen

3.2.2 Kalkreiche, nährstoffarme Stillgewässer mit Armleuchteralgen [3140]

Erhaltungszustand des FFH-Lebensraumtyps Kalkreiche, nährstoffarme Stillgewässer mit Arm-leuchteralgen

a Anzahl der Erfassungseinheiten richtet sich nach der Nennung in Haupt- und Nebenbogen Erhaltungszustand

Bewertung auf Gebietsebene A

Beschreibung

Der LRT ist im Gebiet durch kleine Bestände submerser Armleuchteralgen vertreten, zu de-nen sich noch einige weitere aquatische Makrophyten gesellen. Sie sind an oligo-mesotrophe, kalkhaltige Stillgewässer gebunden und an den Wasserchemismus und Nähr-stoffgehalt des jeweiligen Gewässers gut angepasst. Dabei handelt es sich um klare, meist Grundwasser beeinflusste Gewässer sowohl der rezenten, als auch der Altaue des Rheins.

Unter günstigen Bedingungen bilden die Armleuchteralgen richtige Unterwasserwiesen, die wiederum für Makrozoobenthosarten und Fische Lebensraumstrukturen bieten.

Zusammenfassende Beschreibung des FFH-Lebensraumtyps Kalkreiche, nährstoffarme Still-gewässer mit Armleuchteralgen

Bewertung auf Gebietsebene A Verbreitung im Gebiet

Der LRT kommt im FFH-Gebiet kleinflächig vor allem in der rezenten Aue aber auch in der durch Dämme abgetrennten Altaue des Rheins in wenigen Gewässern vor. Dabei handelt es sich meist um Grundwasser beeinflusste, gießenartige Gewässer (Rastatter Rheinaue zwi-schen Hüttenköpfel/Saurhein und Unterer Hüttenkopf/Füllergrund, Gewässer am Auer Köpfle bei Au am Rhein), Altarmsysteme und Kolke (bei Steinmauern, am Bellenkopf am nordöstli-chen Fermasee, Salmengrund) sowie um ältere Kiesabbaugewässer mit natürlicher Entwick-lung, die als Sekundärlebensräume einen Ersatz für verloren gegangene Primärstandorte

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darstellen. Zu diesen gehören Uferbereiche von grundwassergespeisten, durch Kiesentnah-me entstandenen Seen im Kindelsgrund, am Ochsenbuckel östlich des Illinger Altrheins, am Knielinger See und der gesamte Ententeich im Rappenwört . Ein sehr kleiner, punktueller Bestand des LRT 3140 mit Nitella syncarpa wurde in einem entschlammten Bereich der Let-tenlöcher bei Neuburgweier festgestellt (SCHÜTZ 2009). Dieser wurde im Nebenbogen des eigentlichen Lebensraumtyps 3150 der Lettenlöcher aufgenommen.

Kennzeichnende Pflanzenarten und bewertungsrelevante, charakteristische Arten

Kennzeichnend sind vor allem verschiedene Armleuchteralgenarten wie Chara contraria, Chara globularis (=Ch. fragilis), Chara vulgaris, Nitellopsis obtusa, Nitella mucronata und Nitella syncarpa, Nitella batrachosperma, Tolypella prolifera sowie einige andere Gewässer-makrophyten, die ähnliche ökologische Ansprüche haben. Zu diesen gehört Dichtes Laich-kraut (Groenlandia densa), Dreifurchige Wasserlinse (Lemna trisulca), aber auch Arten wie Kleines Nixenkraut (Najas minor) und Tannwedel (Hippuris vulgaris) an mesotroph gepräg-ten Standorgepräg-ten. Großes Nixenkraut (Najas marina) und Ähriges Tausendblatt (Myriophyllum spicatum) wurden lediglich im Ententeich/Rappenwört bei Karlsruhe am Rande des Bestan-des von Nitellopsis obtusa festgestellt. Letztere ist eine Armleuchteralgenart, die meist im Tiefwasserbereich (Ententeich) siedelt und für die alte Kiesgruben wichtige Ersatzstandorte für tiefe Rheinarme darstellen (s. a. KRAUSE 1997).

Einige der Armleuchteralgen wie Chara vulgaris, Chara globularis haben die Fähigkeit zur Massenentfaltung und können dadurch rasch neu angelegte Gewässer besiedeln (KRAUSE

1997).

LRT abbauende/beeinträchtigende Arten

In sehr heißen Sommern (z. B. 2010) bilden sich Decken von Grünalgen (Fadenal-gen), die die Entwicklung der Characeen beeinträchtigen. Bei fallenden Wasserstän-den kann sich die Wasserkresse (Rorippa amphibia) stärker ausbreiten und dadurch die Armleuchteralgenbe-stände beeinträchtigen (im Salmengrund konnte das beo-bachtet werden). Die Regenerierbarkeit des LRT ist hoch, wenn die entsprechenden Standortbedingungen in den Gewässern geschaffen werden z. B. Entschlammung (Beispiel Lettenlöcher bei Neuburgweier, Salmengrund), da einige der Armleuchteral-gen als Diasporen lange erhalten bleiben.

Arten mit besonderer naturschutzfachlicher Bedeutung

Bemerkenswert ist vor allem das Vorkommen der als verschollen geltenden Nitella bat-rachosperma, die in einem klaren, sommerkalten Kolk bei Steinmauern nördlich der Murgmündung festgestellt wurde (PÄTZOLD 2003) und dort zusammen mit vier anderen Arm-leuchteralgenarten, Nitella mucronata, Chara contraria, Chara globularis und Chara vulgaris vorkommt (SCHNEIDER 2003). Allerdings konnte sie 2010, wohl bedingt durch die Witterungs-verhältnisse (langandauernd hohe Sommertemperaturen) nicht festgestellt werden (PÄTZOLD

2010, mündl. Mitteilung), was jedoch das Vorhandensein und Überdauern von Oosporen nicht ausschließt.

Art RL Deutschland RL

Baden-Württemberg RL Oberrhein Weiterer Arten-schutz

Nitella batrachosperma 0 0 0

Chara contraria 3+ 3

Chara globularis *+ *

Nitella mucronata 3+ 3

Nitella syncarpa 2+ 2

Nitellopsis obtusa 3+ 3

Tolpypella prolifera 1 !

Groenlandia densa 2 3

Potamogeton trichoides 3 !

Lemna trisulca V V

Najas minor 2 V V

Najas marina 3

* derzeit nicht als gefährdet angesehen (SCHMIDT et al. in LUDWIG &SCHNITTLER 1996), + regional stärker ge-fährdet, ! stark verantwortlich für die weltweite Erhaltung der Art

Bewertung auf Gebietsebene

Der im Gebiet in Grundwasser geprägten Auengewässern (Kolke, Gießen, Druckwassertüm-peln oder grundwassergespeisten Flutrinnen) und in alten Kiesgruben vorkommende LRT ist besonders im Bereich der Auengewässer der rezenten Aue jährlichen Schwankungen unter-worfen, die mit den Überflutungen zusammenhängen. Über viele Jahre hin betrachtet kann man trotz aller Schwankungen in Häufigkeit und Deckungsgrad der Arten sowohl bei den Vorkommen in naturnahen Auengewässern als auch in den Kiesgruben als Ersatzstandorte von einer relativen Stabilität ausgehen, wenn man rezente Erhebungen mit früheren ver-gleicht (BUNDESFORSCHUNGSANSTALT FÜR NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSÖKOLOGIE 1984).

Daraus wird ersichtlich, dass die damaligen Standorte von Armleuchteralgengesellschaften auch heute noch existieren, auch wenn sie Veränderungen ausgesetzt sind (Altwasser im Salmengrund, Altwasser im Bereich Hüttenköpfel). Sedimenteintrag kann, wie es im Sal-mengrund belegt wurde (SCHÜTZ 2010), zu einer Veränderung der Standorte des LRT, bzw.

zu deren Verlandung führen. Dynamische Veränderungen durch Überflutungen und Sedi-mentumlagerungen können aber auch das Entstehen neuer Nischen für Pionierbesiedlung zur Folge haben. Nach einem Hochwasserereignis kann ein Eintrag von Diasporen durch die Überflutung stattfinden oder diese aus der Samenbank reaktiviert werden. Das FFH-Gebiet bietet eine Vielfalt von Standorten für den LRT und ist daher als relevant für seine Erhaltung und Entwicklung zu bezeichnen.

Die untersuchten Erfassungseinheiten des LRT weisen Unterschiede in ihrem ökologischen Zustand auf. Vor allem in den Gewässern der rezenten Rheinaue ist das Vorkommen des LRT bedingt durch Hochwasserereignisse von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich. Die Ge-wässer in der Rastatter Rheinaue im Bereich Hüttenköpfel weisen einen guten Erhaltungs-zustand auf. Dabei handelt es sich um gießenartige Gewässer, in denen die drei im Gebiet am häufigsten vorkommenden Armleuchteralgen Chara contraria, Chara globularis und Cha-ra vulgaris gut vertreten sind. Letztere ist die am wenigsten gegen Eutrophierung empfindli-che Art. Das Dichte Laichkraut (Groenlandia densa), das im Hüttenköpfel vorkommt, weist auf einen guten Zustand hin.

Bemerkenswert gute Ausbildungen zeigt der LRT in den alten Kolken im Silberweidenwald bei Steinmauern nördlich der Murgmündung, wo sich größere Bestände von Armleuchteral-gen finden und zwar mit Chara globularis, Chara vulgaris, Chara contraria und Nitella mu-cronata. Die letzten beiden sind als gefährdete Arten eingestuft (LUDWIG & SCHNITTLER

1996). Der Erhaltungszustand dieser Bestände war 2009 gut, bei einer Überprüfung 2010 waren die Bestände allerdings weniger gut entwickelt und die Kolke mit einem Algenteppich bedeckt, was mit dem Witterungsverlauf und den außergewöhnlich hohen Temperaturen zusammenhängen dürfte. In der Gesellschaft der Armleuchteralgen fand sich hier auch das an Klarwasserbiotope gebundene Haar-Laichkraut (Potamogeton trichoides) sowie Dichtes Laichkraut (Groenlandia densa), die beide Indikatoren für mesotrophe Gewässer sind und auf einen guten Zustand hinweisen.

Die alte Kiesentnahmestelle im Kindelsgrund ist in einem guten Erhaltungszustand, aller-dings viel weniger artenreich und nur in einem schmalen Uferabschnitt ausgebildet. Ähnlich ist die Situation in dem durch Kiesentnahme entstandenen See am Ochsenbuckel zwischen Illinger Altrhein und westlichem Oberwald. Hier wurden die drei im Gebiet häufigeren Arm-leuchteralgen Chara contraria, Chara globularis und Chara vulgaris in stabilen, jedoch klein-flächig ausgebildeten Beständen vorgefunden. Die Armleuchteralgenbestände wurden hier

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bereits vor zwei Jahrzehnten kartiert (DISTER et al. 1993) und unterliegen jährlichen Schwan-kungen, so dass manchmal nicht alle Arten vorgefunden werden.

In kleinen, Grundwasser geprägten Auengewässern bei Au am Rhein (Auer Köpfle) fanden sich die beiden Armleuchteralgen Tolypella prolifera und Nitella syncarpa in sehr kleinen, lückigen Beständen, die im Vergleich zu früheren Kartierungen (Dister et al 1993) zurückge-gangen sind.

Im Salmengrund war der LRT infolge von Gewässerverschlammung in einem schlechten Erhaltungszustand. Die Effizienzkontrolle nach durchgeführten Entschlammungsmaßnahmen (LIFE-Projekt, SCHÜTZ 2010) ergab eine positive Bilanz, die sich in der Wiederentwicklung von Tolypella prolifera zeigte. Nitella mucronata konnte allerdings 2009 nicht nachgewiesen werden. Festgestellt wurde während des Monitorings auch Chara contraria (LIFE-Projekt, SCHÜTZ 2010). Da sich die Oosporen im Diasporenreservoir sehr lange halten können, ist nach der Entschlammung das Wiederauftreten des gesamten Spektrums der hier festgestell-ten Armleuchteralgen Chara globularis, Tolypella prolifera, Nitella mucronata und Chara contraria zu erwarten. Die aus locker gestellten Einzelpflanzen zusammengesetzte Gesell-schaft der Gemeinen Armleuchteralge (Chara vulgaris) ist in der Nähe im Flachwasserbe-reich am linken Ufer des Neuburgweierer-Altrheins sowie im FlachwasserbeFlachwasserbe-reich am NO-Ufer des Ferma-Sees relativ kleinflächig und wenig typisch ausgeprägt vorhanden.

Der Erhaltungszustand der Armleuchteralgenpopulation von Nitelopsis obtusa im Ententeich ist als gut und relativ stabil zu bezeichnen. Auch durch den geplanten Bau des Polders Bel-lenkopf-Rapenwört ist kaum eine Verschlechterung zu befürchten, da Nitelopsis obtusa auch anthropogene Eutrophierung relativ gut erträgt (KRAUSE 1997).

Im Knielinger See weist der LRT einen guten Erhaltungszustand auf.